fanmesser

letzte woche habe ich mein messer bekommen. ein echtes, es schneidet hochgehaltenes papier wie butter, es ist massiv, aber klein genug, um gerade noch so als taschenmesser dabei sein zu können, ich werde damit mein mini-mini-schweizer messerchen ersetzen. ich erzähle das, weil es der zweite fanartikel meines lebens ist, gekauft im impuls, 4 wochen unterwegs, vom zoll abgeholt (=aufwändig), und ich mich darüber genauso freue wie ein teenager, wobei die echten teenager keinerlei interesse an solchen dingen haben, sie empfinden diese wertsteigerung nicht, von der digitalen in die haptische wirklichkeit. oder sind es dann einfach keine fans?

ich bin in meinen vorlieben ganz unhinterfragbar dem dinglichen verpflichtet, mag einzigartiges, signaturen in büchern und echte bilder. sicher auch, um einem mangel an einzigartigkeit meiner persönlichkeit beizukommen, aber wenn es funktioniert, warum nicht?

darren burrows hat es mit der hand graviert und auf etsy verkauft, mit anderen metallarbeiten zusammen. er hat eine meiner liebsten serienfiguren gespielt, vor über 20 fast 30 jahren, jetzt lebt er auf einem hof in missouri, mit frau, kindern und tieren, und tut dies und das, worüber wir gelegentlich auf facebook informiert werden. dort hatte er seine stücke sozusagen inseriert. hätte ich das messer auch so gekauft? vielleicht, aber  aus den USA – nein, eher nicht. ich habe ja schon ein taschenmesser, wenn auch ein sehr kleines.

zusammen mit anderen schauspielern wollte burrows vor ein paar jahren in einem crowdfunding -projekt eine irgendwie geartete wiederaufnahme erreichen, ich weiß nicht, wie weit das gediehen ist. serien haben ja für den zuschauer sowieso ein hinreichendes maß an unsterblichkeit, mein schlechtes gedächtnis trägt dazu bei, dass mich wenn nicht die plots, dann doch die dialoge und das miteinander der figuren immer neu erfreuen können. für schauspieler und filmmacher ist die sehnsucht eine andere, vielleicht auch existenziellere. geschichten dieser art lassen sich glaube ich immer erzählen, vielleicht nicht noch einmal diese geschichte, aber mit neuen figuren geht das bestimmt.  einstweilen würde mich schon darüber freuen, wenn ein streamingdienst sich der serie annähme, zum gelegentlichen gucken ohne aufstehen.

andere serien haben es mit ähnlicher grundidee versucht, dort gab es gelegentlichen charme und ein, zwei einfälle, wie bei men in trees, aber keine spur magie, dort war die skurrilität meist auf kosten einer figur, oder als bestätigung eines clichees, immer mit einem preis, nie so selbstverständlich und unkommentiert und normal wie bei NE, als teil des menschseins. in dieser grundstimmung lassen sich ohne brüche im tonfall auch klaviere werfen oder mammuts essen, es war einfach begnadet schön geschrieben, ich hoffe, gute drehbücher sind zeitlos.

meinen bildungsauftrag habe ich da erfüllt: für den großen ist es die beste serie aller zeiten. er ist damit nicht allein, auf seiner wanderung hat er dauernd neue menschen getroffen, einmal waren zufällig alle in der gruppe (aus canada, australien und den usa) große fans. diese liebe ist also noch sehr lebendig. habe das herrn burrows erzählt auf fb, er hat daraufhin den sohn grüßen lassen, womit ich ihm eine freude machen konnte. es ist einer von den guten, und er hat mir ein messer graviert.

(ich wollt eigentlich nur drei zeilen über das messer schreiben, aber bei NE blubbert es immer noch eine weile)

 

kw 41

großer sohn zurück, mit riesigem rucksack und voller geschichten. er ist mit bestem freund 6 wochen lang durchs land, wollte sich unistädte und studis ansehen, sie sind mit bus, bahn und per anhalter gereist. das trampen sei kein problem gewesen, sagt er, die beiden sahen mit ihren riesigen rucksäcken genauso aus, wir wir alle mal zwischen abi und ausbildung, sie wurden vielleicht einfach wiedererkannt. vollkommen zeitlos. er sagt, er habe lauter wunderbare menschen kennengelernt, erzählt viel und schnell und gut, sie haben viel erlebt. sie haben freunde und verwandschaft abgeklappert, und dazu gehören auch herzmenschen aus der bloggeria. es gibt ein selfie mit caro und den jungs! schön, das er wieder da ist, habe ihn vermisst. es gibt jedenfalls noch genug parties in den unistädten, und die mensas sind toll.

auf netflix neue serie gefunden, mindhunter, wirklich überraschend gut,  über serienmöder. sie kommt ohne visuelle gewalt aus, ohne die ganze elend billige todesangstspannung, die mir nur den blutzucker hochtreibt, ohne den ganzen anbiedernden gewaltpornokram, den ich sofort weiterspulen will. spielt in den sechzigern, hauptfiguren ein echter cop und ein klassischer fbi-typ, den man sofort wieder vergessen würde, der interessant wird, als er den mund aufmacht und eigene wege zu gehen beginnt. die serie begleitet auf eine nicht sensationsgeile weise die entwicklung des psychologischen profilings, glaube ich, gegen widerstände und zweifel, und beschreibt das als charmantes learning by doing, in einem fensterlosen kellerbüro in quantico. man spürt den ehrgeiz der beiden helden und bekommt die auseinandersetzung zwischen akademie und polizeiarbeit mit und versteht sie. mit vor- und rückschritten, unsicherheiten, fehlern und glücksfällen. gewalt ist natürlich dabei, aber sie bleibt das andere, das fremde, das es zu verhindern und auszuschalten gilt, man sieht sie in verwischten schwarzweißfotos und hört sie in den interviews mit den tätern, sie wird also erzählt und nicht gezeigt, weil die serie die visuelle gewalt nicht braucht, nur in halbsekundenlangen bildern im vorspann, wo wir auf den einen serienmörder hingewiesen werden, von dem die helden noch nix wissen, den es zu fangen gilt.

ein feiner triumph, oder nicht? es geht, es erfordert halt gute schauspieler, gute drehbücher, liebe und genauigkeit in schnitt und ausstattung. großartig. die sechziger sind in drehbuch und figurenzeichnung auch dabei, die hauptfigur eher spießig, ohne das zu wissen, seine partnerin fortschrittlich, an der uni, selbstbewusst und frei, die zeit eher eine diskrete präsenz, aber wiedererkennbar, wie ja auch die konflikte in der moderne mit den gegnern der moderne nicht immer im mittelpunkt stehen, sondern am rande des alltags oft sehr komisch vor sich hin holpern. großartige serie.

erinnert vom dramaturgischen her an diesen sehr guten film über die befreiung der botschaft in teheran, ohne einen schuß, wie hieß der noch? argo? gucke gleich weiter jedenfalls.

erste mammografie gemacht, zwei jahre nach dem termin. nach vier tagen die gute nachricht, alles okay, merke, dass ich mich in einer art tilt-shift-dingens erlebt habe in diesen tagen, genauer und gleichzeitig fiktiver. normalerweise bin ich dem tod gegenüber eher entspannt und fürchte ihn nicht sonderlich, aber in diesen tagen war er greifbarer, als möglichkeit, und da hätte ich doch gern noch 20 jahre oder so. eine verjüngende erfahrung.

 

kw letzte schulwoche

umbruch. den großen sehe ich bis zum herbst nicht mehr, er ist die ganze zeit unterwegs, macht eine kleine ausbildung, geht auf festivals, schaut sich unis und städte an. verspüre eine vorahnung von phantomschmerz, habe aber grad so vorferienmäßig nichtmal mehr lust zum kochen und kümmern, es entgleitet mir in dieser letzten schulwoche ins sommerlich-entspannte. bin auch einigermaßen erschöpft.

nach den ferien geht meine jobvertretung noch bis zum ende des monats, danach ist das vorbei. möchte unbedingt wieder so einen 30h-job, es hat unglaublich gut getan, einen anderen boss als mich selber zu haben, einen sehr souveränen noch dazu. bisschen angst davor, wieder nix zu finden.

ach, jetzt geh ich mit dem großen auf dem sofa einen blöden film gucken, irgendwas mit blood und dicaprio, um das nebeneinandersitzen und kommentieren bisschen aufzusaugen.

paul beutel

es braucht ein dorf um ein kind großzuziehen, diese olle kamelle hab ich  erst irgendwo in northern exposure kennengelernt, als ed mal wieder seinen vater sucht und stattdessen ein dorf bekommt, da war ich schon erwachsen, mag das bild seitdem. eine gruppe, ein netz, eine vielzahl an stimmen. so ein dorf hab ich für meine kinder seitdem gesucht, es sollte weder peergroup sein, noch irgendwas mit einem lehrplan, es soll da gar nicht um die kinder gehen, im idealfall sind sie einfach ganz selbstverständlich dabei. weil sie selber ja selber auch einfach da sind, in dieser zeit und dieser stadt, und so weiter.

für uns ist die kirche zu diesem dorf geworden, und in den jahren seit der konfirmation ist es der diakon paul beutel. die teenies kommen mehrfach in der woche zu ihm in die junge gemeinde und bleiben so lange, wie es geht und cool ist und bis der abend eben vorbei ist, und tag darauf kommen sie eventuell wieder, mal schauen, wer so da ist, und am wochenende macht einer von ihnen da eine party. wo seid ihr denn da? na bei paul! sagen sie.

es ist ja das alter, in dem die kids nicht mehr erreichbar sind, also im nicht metaphorischen sinne, sie sind halt woanders und gehen nicht ans handy. ich weiß auch nicht genau, was sie bei paul in seiner kirche so machen, hab gelegentlich nachgefragt: kickern, gespräche, fußball gucken, tischtennis, reden und chillen. essen und trinken. es hört sich an wie zuhause, das ist ein guter grund, irgendwo hinzugehen, wenn man da zu hause sein kann.

ohne paul wär das alles nichts. paul ist immer da, er wohnt dort, seine küche steht offen, er kocht und kauft ein und macht witze, sein haus ist ihr haus, er macht diesen ort und damit irgendwie die ganze kirche drumrum durchlässig für die vielen teenies und jungen menschen, bevor die zu leuten werden, groß sind und sich wappnen müssen für die welt, bei ihm brauchen sie das nicht, er lässt sie sein, wie sie sind. also vermute ich jedenfalls, ich war ja nie dabei, aber wenn er anders wäre, würden sie nicht so gern da hingehen, not? gibt es ein geheimnis, wenn die kinder zu einem kommen? mensch sein, hinhören, humor haben, pizza machen, er ist ihnen anker und leuchtturm, aber das pathos passt irgendwie nicht zu diesem mann, der eben einfach da ist und bleibt, rund um die uhr, wenn es mal sein muss und nur ein bisschen lächelt, wenn man sich bei ihm bedankt. seit 30 jahren.

und jetzt geht er, in ein kleines dorf im harz, und wird da pfarrer, ich würde seine predigten sehr gern mal hören, einfach, um ihn dann doch mal kennenzulernen. im dorf kennt man ja auch nicht jeden gleich gut, aber es war gut zu wissen, dass er da ist. alles gute, von herzen, und überhaupt.

kw 18


viel, viel um die ohren. die söhne haben prüfungen im mai, einer sogar abitur, die zwillis ihren mittleren schulabschluss, eine berliner variante des realschulabschlusses, den jedes berliner schulkind absolvieren muss. ich selber habe einen zertifikatsabschluss der ihk, für meine hundetrainersache. er stresst mich mehr als notwendig,  wäre alles okay, wenn es ein irgendwie staatlich anerkanntes zeugnis wäre, ist es aber nicht, weil „hundetrainer“ kein beruf ist. nach etlichen klausuren und sehr intensiven praktikumstagen kann ich bei der prüfung in eine situation kommen, bei der ich nicht weiter weiß und versage. das weiß ich so genau, weil es mir bereits passiert ist, beim ersten versuch im februar – die tiefe kränkung ist fast schlimmer als bei meinen üblichen liebes- und berufskörben, weil ich in allem dafür verantwortlich war. nicht auf alles vorbereitet, die nervosität unterschätzt, wieder einmal versagt, nicht die gewesen, die ich zu sein glaube. weil sich solche niederlagen sofort einreihen in die ununterbrechbar lange kette an niederlagen, von denen nichtmal alle nur eingebildet sind. (jorge bülle wär jetzt gut. du fehlst.) das ist die eine seite, die andere, bisschen wackelige in mir sagt achkomm, kann passieren, du kannst das, es ist keine hirnchirurgie, reiß di zsamm.

ein zwilling hat eine klausur über kognitivismus geschrieben und mir seine thema in wenigen worten so zusammengefasst: das einzige, was dir aus einer reihe von niederlagen heraushilft, sind erfolge. bei gaga neulich gelesen (facebook, link nicht mehr gefunden), dass emotionen die wirklichkeit verändern können, liest sich glücklicherweise wie ein übernahmeversuch der esoterik auf die wissenschaft – mit meinen emotionen habe ich schon so genug ärger, die sollen schön im innenleben bleiben.

ich vermisse meine denkfähigkeit jedenfalls zur zeit mehr als sonst. mein leben verläuft immer gerade so an der belastungsgrenze, jedes zusatzelement geht an die substanz. normal, not?

um die kinderprüfungen kümmere ich mich im rl, darüber gibt es wenig zu schreiben, sie lassen mich eh kaum dran. mir gefällt der aspekt der passage, es sind jeweils übergänge ins erwachsenenleben und ins ende der schulpflicht, da passiert also sehr viel grad, aber sie wünschen keine blogtexte darüber, und wenn sie welche wollten, dann könnten sie die selber schreiben. won’t happen.

neuer job (vertretung bis august), macht großen spass, ist anstrengend, in vertrautem umfeld, bezahlung reicht  nicht ganz fürs leben mit klassenfahrten, prüfungen, kieferorthopäden, autoreparaturen, aber mit dieser häufung an zahlungen ist das nur der besonders üble mai 2017. ab juni werde ich also sehr glücklich sein, wenn der ganze salat vergangenheit ist, und mich von dem ganzen aufwand für die hundesache verabschieden, wenn es nicht geklappt hat, in der stillen hoffnung, dass sowas auch anderen menschen schon geschehen ist, selbst in der heutigen zeit, in der alle alles schaffen.

teenager

das unausgesprochene in der begleitung der söhne, wie sie größer werden, eigenständiger, „ich bin 18“, wann immer ich etwas gegen seinen willen durchsetzen möchte, wie helm aufsetzen beim rennradfahren im januar, aber es geht ja nicht ums durchsetzen, das war immer nur die letzte zuflucht, eine grenze, auf die auch die kinder sich verlassen können, der große und ich haben sie aufgegeben, weil er volljährig ist. die redundanz dabei. sie entscheiden selber, haben aber diese wunderbare offene stelle, wenn sie mir zuhören, erzählen, um rat fragen, mein einfluss läuft so mit. das nein des großen eine zielmarke für ihn, wegmarke für mich nach all den gemeinsamen jahren. die sorge, bis er wieder hier ist, unbeschadet, mit seinem grinsen. er trägt die schiffermütze seines urgroßvaters, ein dauerping an die rührung für mich, eine art türstopper ins mutterschiff für ihn, hoffe ich. liebe.

wild und grau

… sind die zeiten.

am wochenende nach einer unangenehmen, eventuell aber auch rein koffeinbedingten panikrunde in meinen üblichen situation-pragmatismus gerutscht, der fehlenden eingriffsmöglichkeit geschuldet. belese mich über bannon und seinen machthunger und verfolge mögliche gegenstrategien der restregierung, der cia oder der heimatschutzbehörde. der fbi ist ja wohl draussen. ob es überhaupt noch möglich sein wird, kann ich nicht beurteilen, was tun, wenn gerichtsbeschlüsse einfach ignoriert werden? warum überhaupt dieser ganze aufruhr, warum hat er es so eilig mit der dekonstruktion der demokratie? als wären wir in einem marvel-film. es macht nur sinn als testangriff, als probe aufs exempel.

zuviele fragezeichen, liegt auch an eigener politischer unbelesenheit. der atlantic setzt als hauptantrieb gier voraus, und stellt sich eine autokratie vor, ein relativ mildes bild (italien grüßt), lässt aber den rechten rassistischen ideologen bannon völlig außen vor. anders yonatan zunger, er sieht mehr auf die ideologischen aspekte und entwirft etwas viel dunkleres, aus der sicht einiger bereits jetzt angegriffener wie der muslime oder der latinos.

man müsste die bösen jungs wahrscheinlich kapern und hinter gittern setzen, die ganze üble bagage, und darauf hoffen, dass die tea-party noch nicht ganz aufgewacht ist nach der langen existenz als splittergruppe. die republikaner geben bisher ein bestürzendes bild ab.

ich bedauere meinen mangel an staatsphilosophischer und volkswirtschaftlicher bildung, habe auch keine zeit, da jetzt noch aufzuholen. ich hoffe, die zeiten gestatten so eine lücke weiterhin. hab mich wieder beruhigt jedenfalls. der dezember war ein blöder zeitpunkt, mit dem twittern anzufangen, weil da andauernd neue texte hochkommen.

(nur notiert, um die guten links zu sammeln, wer noch was hat, gerne in die comments)

zu feiern gibt es heute (außer der wunderbaren kitty koma) den geburtstag von christian frederick martin, im jahr 1796 in markneukirchen geboren, von dort anfang des 19.jh nach new york emigriert, hat sich dort als gitarrenbauer selbstständig gemacht, in deutschland war das wegen restriktiver zunftbestimmungen schwieriger. heute werden bei martin guitars die besten massengefertigten gitarren der welt gebaut, von martins ur-ur-urenkel. 6 generationen, die jüngste ist eine tochter und darf selber entscheiden, ob sie dem vater folgen will, sie ist ca. 12 jahre alt. geschichten von emigranten.

(ich habe mich in meinem leben schon in drei martins verliebt, zwei davon waren männer, die sind zu anderen lieben weitergezogen, die dritte ist eine lady aus fichte und palisander, und gibt viel mehr zurück, als sie von mir bekommt, mit meinen unsortierten januarhänden. eine hd 28. true love.)

ärger mit pcs. tl;rl: geht unten weiter. ärger mit pcs interessiert am tag danach nichtmal mehr mich selber. löschen ist aber auch irgendwie unhöflich, not?

es sind viel zu viele dinge an einem tag, der große aufgespannte fächer, unter den alles will, ferien, eine herausforderung für alleinerz. berufst. mütter.

ich sitze also im berliner januar herum, und schaue nach meinen feinheiten, den farben, den wünschen, dem punkt, an dem alles sich bündelt und zu etwas gutem werden kann. muss lernen eigentlich, aber es bleibt nix haften, alles rutscht ab und verschwindet im unwesentlichen, und es kommt nichts zurück. streusandbox ist das passende symbolbild.

„wild und grau“ weiterlesen

kt 1

die polizei kam nicht, getanzt wurde sehr, das schwarzlicht hats gebracht. um sechs uhr früh gingen die letzten gäste. der große ist am ersten januar volljährig geworden und hat reingefeiert, rauschend und sehr sehr laut, mit geliehenen monsterboxen, und mit allen seinen freunden. und freundinnen! ich war dafür bei meiner mutter am stadtrand und hab mich mit ihr unterhalten, vor den stones auf 3sat, das hatte auch irgendetwas. diese achtzehn jahre sind so so schnell vergangen und waren eine freude, das kind ist wunderbar und kein kind mehr! echt, merk dir das, muttern.

haufenweise sylvestervorhaben, ich brauche anlässe. jeden tag gitarre, jeden tag lesen, mehr yoga. beruflich muss ich vieles schaffen, habe aber gar keinen glauben mehr an gute ausgänge, es ist ein sehr zenmässiges naja, mal gucken geworden nach all den überraschenden wendungen ins leere und ins abseits in den letzten jahren. der plötzliche spannungsabfall von ideen als leitmotiv, die ideen sind nicht synchron mit der welt, kommen zu spät oder zu früh. dazu die wechseljahre.

in der liebe ist es genauso, da muss aber auch nichts passieren, anders als beim geld geht es auch ohne, wobei: aus der hebammenserie auf bbc die schöne erkenntnis mitgenommen, dass sich die liebe in jedem leben anders zeigt, und meines ist durch die großartigen söhne, die freunde, den hund randvoll damit. gelegentliche abenteuer füllen die paar bedürfnisse, und küsse ohne geschichte sind in ordnung, ehrlich gesagt gar keine lust auf noch mehr socken in der wäsche, einen festen mann verbinde ich hauptsächlich mit deutlich mehr arbeit.

sachen ausmisten werde ich in den nächsten wochen, platz für neues schaffen, für leere bin ich nicht so der typ. die freude an dingen, auswahl, wanderwege für den blick, wie die vielen objekte lauter geschichten haben, die ich erzählen kann oder auch nicht.

tippen geht schlechter seit einigen monaten, i/o/p geraten immer durcheinander unter den fingern, mit der linken hand hab ich das problem nicht, bin linkshänderin. alter oder was nervliches? durch den diabetes immer einen merkwürdig nicht hypochondrischen blick auf das schlimmstmögliche.

 

 

 

KW 51

der angriff auf den weihnachtsmarkt bringt mehr wut als trauer. die blinde aggression, die gleichgültigkeit gegenüber dem wertvollsten, das rohe daran. es sind kinder auf solchen märkten unterwegs, familien, menschen, die mit äußerster gewalt zu opfern gemacht werden sollen, eines konflikts, der nur in den köpfen der mörder existiert. natürlich kriegt niemand berlin klein. die sorge, dass diese form der gewalt nur in ganz großem massstab zu verhindern ist, über bildung, chancengleichheit, dass dieser wechsel eine aufgabe für generationen ist, weil gewalt und angst da auf wirklich schlimme weise mittel wie zweck sind. gewalt als agenda, die macht und der endsieg irgendeiner auf angst gebauten herrschaft stehen weit hinten in der zweiten reihe. weiß es aber auch nicht genau, natürlich, es ist ja unvorstellbar. vielleicht ist es ja bei kriegen immer so und es ist bloss seit den großen kriegen immer weiter gegangen mit dem tabubruch gewalt. nicht mehr nur offizielle gegner, jeder kann zum gegner werden. meine hoffnung, dass dieses wegschleifen der hemmschwelle gegen das morden doch noch aufwand bedeutet, also verhinderbar ist.

schwer abzuschütteln so eine bluttat kurz vor weihnachten. bin anderthalb stunden vor der tat mit frau ziebarth da entlanggefahren, um die q-damm-lichter anzugucken. sie kommt mir zuliebe mit, ich mache das nur ihr zuliebe, ein perfektes höfliches gleichgewicht also, darüber hätte ich lieber geschrieben. jeder hätte da sein können, so banal es ist. tröste mich mit der hebammen-show auf netflix. sie bringt die ewige heutige leier der totalen selbstverantwortung wieder auf den boden der tatsachen (gut, bissken zuviel tünche, aber das muss mich nicht stören): es geht nicht alleine, erstens, zweitens: die liebe.

davidzwilling sollte eine kurzgeschichte schreiben, nach einem bild, dass ihnen die lehrerin gegeben hat. er hat sie auf meinem rechner geschrieben und die seite offengelassen, ich habs natürlich gelesen. es ist richtig gut. einer der jungs kann schreiben, der rhythmus stimmt, die bilder, er hat in einer einseitigen geschichte einen wirklich eleganten wendepunkt und eine auflösung untergebracht, gefühl, bilder, eine geschichte. große, warme freude und dankbarkeit. das ist mein hauptgeschenk, aber sagen sie ihm das nicht!

zuviel geschenke für die jungs gekauft. mach ich immer. wie jedes jahr tue ich so, als ob sie diesmal leider nur irgendwas praktisches kriegen und halte es wie immer solange durch, bis sie mir glauben, oder bis ich ihnen glaube, dass sie mir glauben. also ziemlich blank und hoffe, es kommt nichts dazwischen in den nächsten monaten. mit gregorzwilling den baum geholt, er trägt ihn locker über der schulter und hat die andere hand in der hosentasche dabei.

der große wird volljährig am ersten januar. unglaublich. er macht eine party bei uns, ich werde mit dem hund bei meiner mutter sein, und hoffe, er schafft es, nur seine geladenen gäste reinzulassen. dummerweise hat es sich schon herumgesprochen. für seine party bekommt er ein catering und natürlich mein vertrauen, aber vielleicht engagiere ich ihm noch einen türsteher.

 

 

 

zwillis+

hihi. während sonst eher ein „naja, aber was hast du sonst schon erreicht?“ den stolz irgendwie überflüssig macht (kinderhaben ist doch keine lebensleistung, wie eine bekannte einmal fallenließ), es ist ja auch etwas eher normales, finde ich mich nach dem lesen kurz doch ziemlich toll. ich hatte zwillinge und einen zweieinhalb jahre älteren erstgeborenen und ich war und bin allein mit meinen mäusen, krankheiten, alltagslogistik, erziehung, diabetes und dem hund, in der summe: dem leben et.al.

 

11/9

erschöpft und erschüttert am 9. november, dabei extra noch um 5 aufgestanden und mit den jungs aufs sofa gesetzt, mit croissants! ich dachte, es wird ein interessantes ereignis, und wollte sie irgendwie in meine aufregung der letzten monate miteinbeziehen, vom ersten eher amüsierten lesen (er hat was? echt, das war boulevard, den man lesen musste) hin zum genervten zur kenntnis nehmen. hab die ganzen analysen, essays, reportagen sehr gern gelesen, sie waren gekonnt, pointiert, gut geschrieben, fein beobachtet, und sie haben überhaupt nichts genützt.

und dann dieses datum dazu! ein beängstigender sieg der irrationalität, denk ich zuerst, aber es ist ja nicht reine abkehr von politischer vernunft, die massen haben ausserdem einen rassisten und frauenverächter und xenophoben narzissten gewählt, sie haben ihm macht gegeben, sie haben hass und angst den weg freigemacht. in den letzten wochen wohl gewusst oder geahnt, dass all diese trumpisten kein interesse haben an der nyt und der wapo, dass sie keinen anlass haben, sich aus ihren vorurteilen und ihrer leichtgläubigkeit zu lösen, dass sie zuhause sind in einer welt, in der trumps lügen nicht relevant sind. seit heut morgen ein paar statistiken gelesen und ein paar geschichten gehört, und es ist schlimmer, es sind nicht nur die verlierer, soviele verlierer gibt es gar nicht, wobei es ja gar nicht um reale verhältnisse gehen muss. die angst schafft ja ganz eigne welten. es sind eine grosse menge weiße wohlhabende männer dabei, die über ihre privilegien nicht mehr nachdenken wollen oder müssen, es sind weisse collegestudenten dabei, viele. trumps persona hat sie nicht davon abgehalten, ihn zu wählen, es macht jetzt keinen unterschied mehr, ob diese wähler echte arschlöcher oder einfach merkbefreite republikaner sind.

die sorge, dass meine filterblase alle meine informationskanäle umschliesst, und dass die trolle und rechtsaussen-kommentatoren mehr als nur die üblichen verrückten sein könnten. immer gewusst, dass die mehrheit der menschen anders denkt als ich, aber den unterschied nie für dramatisch gehalten, immer vertraut, dass bestimmte übereinkünfte für alle gelten, in stein gemeisselt. ich halte extremismus und intoleranz jeder art immer noch für eine offensichtlich pathologische geisteshaltung und finde es sehr erschreckend, dass es mehrheiten dafür gibt. bin als hase aber auch dabei, mir den sieg als achtlosigkeit zu erklären, nicht als zeichen des weltuntergangs, habe also hoffnung, dass die amis wirklich ein problem mit ihrem bildungsstand haben. kurz froh, dass meine söhne in drei jahren wahrscheinlich ihr abitur haben und frei entscheiden können, wo sie leben wollen. ihr englisch fördern. sie nicht zu krav maga anmelden (so ein quatsch, es sind freundliche, ironische jungs, die gerne böhmermann hören und south park lieben), sondern lieber einen dicken kakao mit sahne trinken und den hund kraulen. meine mutter sagt, ich soll mich beruhigen, immerhin habe am 9.11. auch ihr vater geburtstag gehabt, ein gegner der nazis und menschenfreund. ein hoch auf die menschenfreunde!

 

kw 43

bei herrn schneck festgelesen. würde gern hunderte leser dort hinbringen, aber mein blog ist grad scheintot, also bitte: verlinkt das weiter, weil es so gehen kann, mensch für mensch, im miteinander. buddenbohm, kaltmamsell?

herbstferien ohne licht, im halbdunkel. füttere vitamin d und versuche, das haus schön zu machen, also ohne machen, eher: schönzudenken, weil mir für alles andere die energie fehlt, ich bin ein sonnenmensch. wenig ausgegangen, einmal im kammermusiksaal eine jazzoper vor wenig publikum, schön frei in ihrer unbestimmbarkeit. take my otherness heißt sie, yesplease, denkt man, und wird aufmerksamer auf die otherness der frauen dort auf der bühne, liebevoller der eigenen gegnüber. die texte  plakativ und weniger komplex als die musik, es funktioniert aber, weil die eingängigkeit sich mit der vertonung reibt und weil man sowieso nur die englischen texte sofort verstehen kann. gesungen wird in allen möglichen sprachen, die künstlerinnen kommen aus „iran, georgien, ghana, albanien, china, spanien, taiwan, türkei und deutschland“ (programmheft) nachher gedacht: vielleicht sind diese art texte als zitat popkultureller frauensongs zu verstehen, wo stärke und freiheit in slogans aufgerufen werden? als ein weg der autosuggestiven selbstermächtigung, meine assoziation sind dabei die lieder, die von baumwollarbeitern gesungen wurden, um die arbeit erträglicher zu machen. die kompositionen waren aber aufregend, das wiedererkennbare wunderbar eingearbeitet in wirklich neues, bisschen bach, bisschen die jeweiligen musikalischen traditionen aufnehmend. hier wohl eine radiosendung über das projekt, irgendwie nicht verlinkbar.

aus: I Spy: Treasure Hunt, Walter Nick/ Jean Marzollo, Cartwheel Books
aus: I Spy: Treasure Hunt, Walter Nick/ Jean Marzollo, Cartwheel Books

gefreut über schreibtischbilder im netz, finde aber keine worte dafür (ernsthaft, meine sprache verschwindet, kennt das jemand? wo kann sie sein, wo ist das leck im system, oder ist das nur ein besonders gemeines symptom der herbstdepression? meine stimmung ist dabei gar nicht besonders mies, aber die sprache ist halt haupttor zwischen welt und geist, in beide richtungen, und grad ist es ein einspuriger bergweg mit pflastersteinen. es fehlt alles drumherum). hatten wir nicht mal mehr dieser arbeitsplätze in blogs? herr giardino hatte neulich mal eins bei twitter, aber die büroschreibtische bleiben halt systemimmanent hauptsächlich der effektivität verpflichtet.

das pokemonspiel ist schon wieder total out, sagen die jungs, vielleicht wünschen sie sich das aber auch bloss, weil die manie an ihnen vorübergegangen ist.

der große hört dauernd mozart oder vivaldi und räumt selbstständig die küche auf, mit mozart. er wird achtzehn in zwei monaten, unfassbar. man schenkt reisen im umfeld, den führerschein will er gar nicht so unbedingt, party wird gemacht, muss aber keine aufwändige all’italiana sein. er wünscht sich ein echtes altmodisches fotoalbum mit allen seinen bildern, ich vermute eine vorweggenommene wehmut vor dem imaginierten übermorgigen auszug.

jetzt in den tiergarten mit hund und kindern söhnen, arbeiten danach, wenn etwas luft durchgeatmet wurde.

san bernardino

IMG_2844bei der rückfahrt dem wunsch eines zwillings gefolgt und die passtrasse genommen.

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kind sagt oben, schon für diesen ausblick hätte sich die gesamte reise gelohnt, was mich ein bisschen erschüttert (er ist ein bergmensch, wie konnte das passieren?), aber es ist natürlich wirklich sehr beeindruckend, ohne umweg, nur über eine abfahrt ist man direkt auf den wunderbarsten bergstrassen, mit kurven so eng, da passt keine kuh dazwischen. das paralleluniversum der bergradler, für die der pass ein höhepunkt mit jahrelanger vorbereitung sein wird, musste mich zusammenreissen, nicht jeden  auf dem weg nach oben anzufeuern, meist männer in den besten jahren, nur zwei frauen. größte bewunderung. oben fast geschockt über die unvermittelte schönheit, so mühelos erreichbar, als wär das unverdient. dem auto liebevoll auf den hintern geklopft.

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die steinmännchen sind ein gutes zeichen, es gibt sie in allen größen, alle so gebaut, dass sie beim umfallen kein anderes mitreißen können. platz ist genug.

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wir nehmen emma an die leine, weil die strasse so schmal ist. das panorama noch einmal einatmen, dann ab ins niederrheinische tal und nach deutschland zurück. hat vielleicht anderthalb stunden länger gedauert als der tunnel.

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weiter mit musik

ein zwilling hat seine gitarre neu entdeckt, 4, 5 mal am tag schliesst er seine zimmertür und spielt. er möchte neue literatur, „mit songs, die man richtig singen kann“, er übt läufe, nutzt youtube, ich soll nicht zuhören, aber er spielt richtig gut inzwischen. die gitarre soll unbedingt mit in die sommerferien. er ist über den berg, das spielen ist bei ihm angekommen. bei den klavierkindern ist es ähnlich, nur der grosse ist noch ein bisschen im limbo, er saust fehlerreich über die tasten, will aber keinen unterricht mehr und macht eher wettläufe als musik, der klavierzwilling spielt am liebsten filmmusik und vergisst darüber die zeit, flucht über die auszüge, die es gibt und will bessere, und erfindet manchmal so vor sich hin. schöner moment, mit den instrumenten, obwohl es ja ein entwicklungsschritt des kindes ist, aber ich hab sie auf dem weg gehalten, freu mich mit. die zwillis haben allerdings auch wunderbare lehrer, ohne wär nix davon möglich gewesen, cormelia maaz und tobias schmidt.

habe die instrumente anfangs einfach gesetzt, so normal und selbstverständlich wie sport oder gemüse, hab ihnen gesagt, sie müssten noch ein paar jahre weitermachen, wenn sie zwischendrin mal keine lust mehr hatten, und sie ans üben erinnert, mich bemüht, keine große sache daraus zu machen. sie haben allerdings auch nie ernsthaft protestiert. sie sind normal begabt, nicht drüber und nicht drunter, sie sind inzwischen viel besser geworden, aber nicht so gut wie kinder, die jeden tag eine stunde üben. ich habe im vorteeniealter so eine 15 minuten- regel als praktikabel erlebt, das geht ohne stress, sie spielen oft länger, ohne es zu merken. nicht immer. bei einer stunde müsste man bei gymnasiasten schon vor dem aufstehen anfangen. (es ist wie das fahrrad- oder autofahren: können sollte man es, tun muß man es nicht.)