29. april 20

immer wenn ich über leute lese, die sich im leben dauernd selber wieder aus dem sumpf gezogen haben, rattere ich eher gebetsmühlenartig meine blessings herunter („ist gar kein sumpf“), bevor ich ermüdet auf die couch sinke, mit einem tunnelblick auf meinen computer.

das zeitgefühl ist völlig anders. die letzten wochen sind vergangen, als wäre es nichts, weil es gar keinen rahmen dafür gab, keine arbeitszeit, keine ferien, erschöpfend auf eine enervierende und unbefriedigende weise. beneide menschen mit homeoffice, oder auch nur mit klaren aufgaben. ich bewerbe mich so herum, bekomme oft nicht mal eine bestätigungsmail, sonst nur die bestätigungsmail, dann nichs mehr. ein leerer raum.

leute sind unterwegs wie bisher, sehe mehr masken, bei vielleicht 10-20% der passanten. in der schlange vorm eisladen ist der abstand eher so lala, da scheint die reihenfolge in der schlange ein höheres gut zu sein. ich bin immer noch gerne zuhause, leider zu unproduktiv, die zeit bis zur konzentration ist vergeudet.

habe kein genaues gefühl für die gefahr. man liest gruseliges, schäden an den endothelien, außer der lunge sind auch nieren und hirn gefährdet, aber in jeder statistik gibt es ja auch die 90 von hundert, denen nix passiert. ich versuche, mir die 5000 infizierten auf einem stadtplan vorzustellen, lauter kleine pünktchen, wie wahrscheinlich wäre ein begegnung im supermarkt?

auf netflix „win the wilderness“ geguckt, fasziniert. meine erste reality-show. zwei menschen in alaska wollen ihr haus an jemanden weitergeben, der dort leben will, „200 meilen von der nächsten strasse“. fand die aufgaben nicht so schwierig, mit bisschen handwerklicher begabung ist das wohl alles zu schaffen, die herausforderung liegt bei so einem projekt in der langstrecke. es reizt mich nicht, allein im wald zu leben, weit ab von jeder zivilisation, immerhin wäre man da fern von allen möglichen viren, mir wäre eine cicely-lösung lieber, mit einer kleinstadt in der nähe. überraschend, dass es solche orte noch gibt. über das siegerpaar gefreut, aus gründen. die gewinner hängen noch fest in england, können noch nicht nach alaska, corona und visa sind noch im weg. werde das blog der beiden (spoiler) weiter verfolgen.

spass an ganz alten filmen (prime), matrosen, pazifik, cary grant und tony curtis, wo dem krieg eher schnoddrig begegnet wird, noch ohne das unerträgliche heldenpathos der neuzeitlichen kriegsfilme aus den usa. das helle licht und das meer, die männer mit freiem oberkörper. mir fehlt das meer.

22. april 2020

heute einen vollen tag gehabt, zwar ordentlich prokrastiniert mit porzellankauf, andrerseits war es nur ersatz für kaputtes und angeschlagenes. texte gesucht und gelesen, ich werde nach jahrzehnten mal wieder eine facharbeit schreiben, freue mich darauf, weiß aber noch nichts genaues über das thema, gerade genug um ein bisschen das umfeld abzuschnuppern.

mittellange hunderunde, parks sind relativ voll, viele am telefon und mit dem gesicht in der sonne. aperitiv im park mit zwei freundinnen, auf abstand, eine hatte drinks mit eis in der thermoskanne dabei, und gläser. wir haben uns wochenlang nicht gesehen, es war sehr wohltuend. das ordnungsamt geht an uns vorbei, erleichterung. viele sportler, paare, familien.

abends dann der anruf von einer nahen freundin. ihr mann ist am sonntag gestorben, an einem herzinfarkt. es ist, es war auch ein freund von mir, wir kennen uns seit 30 jahren, er war ein paar jahre älter. er hinterlässt frau, zwei kinder, zwei kleine enkelchen, er war ein weiser, irlandliebender, gitarrespielender mann, […], der ein irrsinniges loch reissen wird, noch reisst, es hat ja grade erst angefangen, wenn der tod eben erst passiert ist. ein familienmensch im besten sinne, eingewachsen und aufgehoben in seinen menschen, im guten wie im schlechten, aber was weiß ich schon, ich kenne ihn ja nur so. es fühlt sich bisschen übergriffig an, darüber zu schreiben, er hat ja seine angehörigen, dort sollte euer mitgefühl hin, aber es ist nicht wichtig, das merke ich auch, keiner von ihnen liest blogs. es wird schon nicht weiter stören. er ist tot. ich werde auf der beerdigung nicht dabei sein können wegen corona (beerdigung. unfassbar.), das fehlt. ich bin traurig.

heut nacht noch den todestag im kalender eingetragen, auf dem handy, dabei ein kreuz gesucht, stattdessen eine liegende acht gefunden, das passt genausogut: für uns ist es für immer.

was für ein roher text. carpe diem, freunde.

18. april 20

gestern den heutigen 19. geburtstag der zwillis vorbereitet. sie bekommen jeder ein fotobuch mit ihren kinderbildern und meinen aufzeichnungen über die ersten jahre, wer wann was gemacht hat, bestellt bei cewe, weil das direkt aus dem fotoprogramm nicht mehr geht. einband und papierqualität sind schlechter als bei apple, oder vielleicht nur: dünner, ich hätte bei „ganze kindheit“ lieber mehr material in der hand. hatte wegen corona schön viel zeit dafür. d.-zwilling bekommt eine sonnenbrille, seine erste, er hat seit ein paar tagen einen dramatischen undercut, sieht ein bisschen aus wie ein franziskaner, und will jetzt endlich eine. bei fielmann steht jemand, der am eingang die hände desinfiziert und uns masken gibt, die ausprobierten brillen werden auf ein tablett mit küchentuch gelegt und danach erst desinfiziert. wir brauchen 20 minuten, dann hat jeder eine ausgesucht, montag gibt es einen termin für die glasanpassung. sehr professionell und angenehm alles. kind freut sich. g.-zwilling bekommt meine brilli-ohrstecker, die mir sein vater vor ca. 23 jahren mal geschenkt hat, seine neue festplatte habe ich leider nicht zum laufen gebracht, hoffe, das kriege ich noch hin. plus bücher, im buchladen auch spray am eingang, kaufe für jeden ein buch und eins für beide, naomi kleins green new deal. außer mir noch 2 leute im laden, alle kaufen was, vielleicht gibt es weniger schmökerer? ich geh ja sonst gern zum anlesen ohne feste kaufabsicht in buchläden, mache ich nicht zur zeit. sie haben so verkehrshüte im sicherheitsabstand um die kasse und um den rechner im hinteren raum gestellt. lasse alle drei bücher einwickeln, weil mcpaper geschlossen ist und ich kein geschenkpapier mehr habe. den rest verpacke ich zuhause in packpapier, wie schon an weihnachten, jetzt halt aus anderen gründen. dazu gibts je einen fuffi von der großmutter. teig, streusel und apfelfüllung für den kuchen habe ich gestern abend noch vorbereitet und heut früh nur gebacken, sehr lecker geworden, die kerzen darauf sind allerdings immer wieder umgefallen, weil der kuchen noch zu heiß war. was sie sich wünschen fürs neue lebensjahr? „ausziehen, studium anfangen und vögeln“, sagt einer und der andere sagt „genau“. alles gut. heute abend gibts lasagna. (das zitat nehm ich gleich wieder raus)

gestern noch erfahren, dass ich ab mai einen neuen job brauche, macht schon auch unruhig. werde mich auch in allen möglichen sozialen einrichtungen bewerben, bin aber eigentlich als risikopatient nicht einsetzbar, bisschen doof grade. bin eigentlich optimistisch wie immer, irgendwas wird sich finden, finanziell kann es eh nur besser werden, hoffe ich zumindest.

hab mich beim einschlafen abgelenkt mit der erinnerung an die geburt der zwillis, mehr bilder als gefühle, besonders für den zeitraum seitdem habe ich gar kein gefühl, neunzehn jahre, das klingt und ist so lang, trotzdem ist in der gegenwart dieser beiden menschen immer die ganze vergangenheit gleichzeitig präsent, anders als bei meinen eltern oder meiner schwester, weil dies ganze warme gegenwart so fest mit meiner verwachsen ist.

auf einer liege im gang im krankenhaus, es war ein kaiserschnitt mit termin, 38. woche, wegen beckenendlage und diabetes. die pda, nach der ich kurz fast weggekippt bin und keine luft mehr bekam, wie die ärztin sagte, „einen moment bloß“ und es mir nach sekunden wieder gut ging, meine entspanntheit bei der sache, der winzig kleine op-raum in der pulsklinik am westend, der ex neben mir am kopfende, wir beide hinter dem vorhang, wie der ex kurz aufstehen wollte, um hinzuschauen, und die ärzte ihn wieder runtergedrückt haben. das geruckel am bauch, wie schnell alles ging, die jungs mit nur 2 minuten abstand auf die welt gebracht, ich vergesse am anfang immer wieder, welcher von beiden der erstgeborene ist, wie dann einer der ärzte lächelnd mit den beiden auf dem arm um den vorhang herumkam, um sie uns zu zeigen, beide noch in käseschmiere. „ich mach ihnen eine schöne narbe!“, sagte die operierende ärztin, und das hat sie auch getan. meine kaiserschnittchen. grad sitzen sie gackernd auf dem sofa des einen und gucken irgendwas, dauernd anrufe, die sie zusammen beantworten. dankbar.

ein freund der zwillis ist im abitur und weiß bis heute nicht, ob und wann er nächste woche prüfungen hat. eine zumutung, das kümmert natürlich keinen. schulen und berlin.

heute bisschen husten, immer noch frosch im hals, die zwillis fühlen sich auch nicht gesund, wir tippen auf erkältung. erkältung und insekten werden uns alle überleben.

15. april 20

in einer auseinandersetzung mit einem zwilling, der für ein paar tage zu einem freund ziehen will, unbedingt weg von zuhause. seine argumente sind alle nachvollziehbar, meine aufgabe ist es, mein nein zu begründen, aufs interesse der allgemeinheit zu verweisen, infektionsschutz vs bedürfnis des einzelnen. er sagt, er sei gesund, sein freund auch, sie würden eben dort isoliert bleiben. die lage ist ja eh unklar. es ist eine vertrauensfrage, sagt er, ich bringe die wahrscheinlichkeit ins spiel. jetzt warten wir, ob solche besuche erlaubt werden oder nicht, wobei eine erlaubnis ja nichts daran ändert, dass ansteckung leichter durch dritte als im eigenen haushalt erfolgt. ich möchte jedenfalls lieber nicht infiziert werden.

ein naher verwandter schickt den kindern einen tag, nachdem ich sie ihm mit dem auto gebracht habe, statt sie anderthalb stunden mit den öffentlichen fahren zu lassen, einen haufen links, die sie verteilen sollen. darin wissenschaftler mit belegen zu seiner überzeugung, es sei alles u.a. ein who-schwindel, um mehr impfstoffe verkaufen zu können, die sterblichkeit läge bei <1%, man müsse grundimmunisierung durch offene schulen vorantreiben, etc. als würden solche leute nur den elfenbeinturm kennen, als hieße wissenschaftliches denken vor allem, von gegenargumenten ungestört eigene theorien in die welt zu setzen. nichts bringt solche typen in die krankenhäuser von new york oder norditalien, wo die folgen dieser argumentation so offensichtlich sind. nicht nachvollziehbar. na, der mensch hat die kinder im auto zurückgebracht, der rest soll mir wurscht sein.

bleibt schwer zu begreifen, warum intelligente, studierte leute ihre zeit mit all diesen psychoterrorisierten verbringen oder selber welche werden. sie glauben, sie stünden an irgendeinem abgrund, den sie mit aufgerissenen augen und vorgeschobenem kiefer vollumfänglich verkünden (immer lange videos), und sind bloss hoffnungslos im abseits, ihr größter schmerz, nicht gehört zu werden, obwohl sie doch alles besser wissen. macht ratlos. beim versuch, zu verstehen, rutsche ich in was anamneseartiges, schaue in meinem dicken berger unter paranoia und wahn nach und bins zufrieden. zum glück bloss internet. abschütteln, fenster auf.

(und diese leute auf twitter, hoffentlich nur eine kleine blase, die sich um die sozialschwachen kinder sorgen, wenn die schulen länger geschlossen bleiben, und sich aufregen, wenn man in diesem hinweis kein argument für sofortige coronaparties schulöffnung sieht. ja, es ist schwieriger für diese kinder, alles ist schwieriger in solchen familien, das bestreitet doch niemand, trotzdem ist eine längere schließzeit zu befürworten. leute, die ampeln abschaffen wollen, weil ein teil der bevölkerung farbenblind ist. schräge welt. weniger twitter tut not.)

meine tage sind kürzer geworden, weil ich mehr zeit für die einzelnen schritte darin habe. aufstehen, hunderunde, bespassung der jugend (zuwenig, sie wollen nicht), essen, haushalt, jobsuche und bewerbungen und fortbildung durch lesen – alles bekommt jetzt eine eigene kleine blase im tag und kann sie füllen, bis der druck weg ist, der hund müde, nur eine statt drei bewerbungen geschrieben, das erste kapitel nochmal gelesen, weil vergessen. vielleicht prokrastiniere ich sonst gar nicht, sondern brauche schlicht mehr zeit für meinen kram.

alles in allem okay.

13. april 20

zum ersten mal seit der sperre allein zu hause, sofort total k.o. und müde. keine lust auf hunderunde, der hund schläft zu meinen füßen. sie verliert grad ihr winterfell und ihr körper findet dabei irgendwie kein ende, das ganze dichte und leicht filzige unterfell ist schon weg und sie verliert immer noch büschelweise fell. sie sieht ganz zart aus.

die jungs heut von mittags bis abends beim vater, ich hab sie hingebracht, damit sie der bvg fernbleiben können, genieße die leere der wohnung sehr. bin in den letzten wochen auf mich zurückgefallen, ich habe mich sowenig verändert im kern, merke ich erst, wenn das außengerüst abfällt mit verhalten, gewohnheiten, abläufen, beziehungen und all den anderen bedingungen des alltags, die genauso formen wie halten, aktiv wie passiv. bald bin ich wieder bei lyrik. bisschen schade, dass ich kein home-office machen kann, würde gern herausfinden, ob das noch geht oder nicht.

spass am rumwurschteln mit dem rechner vom g.-zwilling, der total hinüber ist, jetzt warte ich auf eine neue ssd-festplatte. habe mein aaps aktualisiert und werde einen weiteren rettungsversuch beim edison versuchen, dessen antenne nicht mehr geht, man kann ihn wohl versuchsweise neu flashen, mit einem pc statt mac, das hat ja bei der smartwatch auch wunder bewirkt. es beruhigt mich, es ist mit den großartigen und idiotensicheren anleitungen im netz genau wie malen nach zahlen, das ist ja auch sehr meditativ.

meine rolle in der familie hat etwas flirrend-unklares bekommen, will die jungs zu sinnvollem anhalten, lesen, bewerben, lernen, loslaufen, was sie ja seit ihren abis selbstverantwortlich tun sollen, sie waren da im selben fluss wie fast alle ihre freunde, reisen, jobs, vielleicht ein praktikum, dann studium oder lehre. jetzt fehlt ihnen die erfahrung der fremdheit, die grand tour, die sie so gebraucht haben, um von zu hause und von der kindheit wegzukommen. die meisten spielen, sagen die jungs, übers netz verbunden, jeden tag ein paar stunden. der eine kumpel, erstsemester irgendwo, den alle insgeheim ein bisschen bewundern, ist allein zu hause, eltern im ferienhaus, ernährt sich von nudeln mit ketchup und spielt den ganzen tag.

g.-zwilling erzählt von eve, ein sandbox-mmo-spiel, wo sich seit 2003 ganze zivilisationen bilden, wo man alles sein kann, was man will, in einer galaxie voller welten. fasziniert mich, auch wenn es in den erklärbärvideos eher um kriegsführung geht als um handel. „so ein titanschiff ist so groß, da kannst du nicht mehr steuern, da jumpst du dann irgendwo hin und bleibst da, bis der kampf vorbei ist“, so der moderator in einem let’s play-beitrag, als wäre die kämpferei, wie so ein reiner geldjob, eine notwendige, aber lästige verpflichtung, um im spiel bleiben zu können. einen geldjob muss sich der spieler in eve auch suchen, um weiterzukommen. erinnert mich an tad williams‘ otherland, in dem die menschen über physische plugins ins netz kommen und dort um ihr leben kämpfen, wenn ich das richtig erinnere. parallele universen. wenn ich da nur forschen oder reisen oder raumschiffe ausprobieren könnte, wäre ich dabei, mich interessiert die umsetzung von raum und weite in die wahrnehmung des spielenden, dabei ist das bestimmt das leichteste beim programmieren.

ich habe alle brettspiele wieder aus der kammer geholt vor zwei wochen oder so, bisher hatten wir ein paar zweierspiele wie boggle (ein paar zweier wäre einen versuch wert, das ginge auch zu dritt, wenn einer doppelt spielt), weil wir das gemeinsam spielen nicht mehr gewöhnt sind, das ganze konzept brettspiel ist uns aus dem fokus gerutscht. lust auf malefiz oder monopoly, werde es inszenieren, also etwas größer machen als die selbstverständlichkeit, die dem spielen gebührt in einer familie. meine höflichen kinder spielen dann meinetwegen mit, es fühlt sich nach schauspielerei an, es dauert eine weile, bis es wieder ums gewinnen geht, dann sind auch sofort die hahnenkämpfe der jungs wieder da, um coolness, pointen, gemeinheiten, dann sind sie wieder teenager und nicht fast keine mehr.

wir reden beim abendessen miteinander, wir wollten abwechselnd kochen, was nicht immer klappt, dann gibts es auch mal stullen. für gemeinsames programm wie spielen, filme, hunderunden verabreden wir uns, wir leben in unserer wohnung, als wäre es die welt, nicht ausgehen heißt im eigenen zimmer bleiben, ausgehen heißt küche oder wohnzimmer.

bisschen heiser, gliederschmerzen und großes schlafbedürfnis, gelegentliches niesen, kein husten, isf bei 130%.

1. april 20

falle sehr in einen ruhigen teil meines wesens zurück. ich bin mit wahrnehmung häufig schon ganz glücklich, mich stresst ja sonst eher der aufwand, den ich mit der welt treiben muss, bis ich mich wieder der kontemplation hingeben kann.

in den letzten wochen beim buchsortieren bin ich vom erwerb neuer bücher grundsätzlich abgekommen, ich hab so eine sehnsucht nach einrichtung und entstapelung, andererseits bin ich etwas bibliophil und liebe neue bücher, als versprechen wie als objekt, gerade jetzt, wo ich zeit fürs lesen habe. fürs versprechen gibt es den kindle oder secondhand oder bibliotheken, nur, was mich umhaut, darf bleiben, da werden vermutlich die meisten neuen bücher wieder gehen müssen, ich habe mich beim sortieren etwas radikalisiert, das trennen fällt mir leicht inzwischen.

die lust auf den gegenstand buch muss ich irgendwie anders bedienen. habs schon mit nur einem buch pro zeitraum x versucht, funktioniert nicht, da geht der lustgewinn verloren über die strecke, die extra großen und dicken bücher haben auch nicht geholfen (ach, da hab ich ein posting im entwürfe-ordner vergessen, über ein comic- und ein pop-up-buch. hol ich nach), im inneren karteisystem zählen sie auch nur als ein buch. in meiner not habe ich mir einfach eine komplett neue zweite bibliothek in die erste gebaut, in eine ecke von einem bücherregal. ich habe dafür winzig kleine bücher genommen, man kann sie zwar schlecht oder gar nicht lesen, aber ich konnte jede menge davon kaufen, und es passen noch mehr hinein, wenn es mich wieder überkommt. a library in a library, mit regalen, ein bisschen einrichtung. und mit beleuchtung. ein befriedigender und genügend alberner kompromiss. bisschen riskant niedlich, aber was solls, der ruf ist eh ruiniert. (massimo listri hat das bild geschossen, dass ich für die perspektive benutzt habe)

heute nur einen kleinen aprilscherz gemacht, von keinen anderen gehört, lange hunderunde gedreht, emma an der leine, kontakt mit familie und ein paar freunden gehabt, von den jungs wenig gesehen. sie haben lange zusammen auf dem balkon vom d.-zwilling gesessen und sich unterhalten. nicht gekocht, nichts gebacken, kaum haushalt, dauernd den wochentag vergessen.

23. märz

es ist so still.

diese texte über covid-19 sind wahrscheinlich das erste mal in 20 jahren interessant, oder bei der nächsten pandemie. ich habe schon einmal an einem jahrhundertereignis teilgenommen, aber anders als beim mauerfall springt der impuls zur dokumentation jeden an, der irgendein soziales medium nutzt. mir hilft das über die unruhe, es geht allen so, jeder spricht darüber. meine erinnerung an den mauerfall hat etwas ganz privates, meine eigenen bilder sind grundlegend anders als die aller anderen, sie sind nicht symbolisch oder repräsentativ, sie sind zufällig, erlebt und nicht gesucht. ob sich die bedeutung so einer geschichte für die biographie verändert, wenn alle ähnliche bilder damit verbinden? sind die bilder stärker als die erfahrungen, geht etwas verloren oder kommt was dazu? es wird eine unwucht in richtung bilder vs erlebnisse geben, wenn die blogs und reportagen nicht gelesen werden, ein grund mehr, auch banales aufzuschreiben. vielleicht reichen ja auch memes.

bei all der digitalen gemeinschaft vergesse ich zur zeit fast, mein alleinsein und die ruhe zu genießen, dabei bin ich sehr gern allein. die jungs halten ihre zimmertüren geschlossen, wir sehen uns beim essen, und wenn es etwas zu sagen gibt. also netz aus, buch und musik an.

heute, am ersten tag der anders genannten ausgangsperre, ist die ruhe viel deutlicher. man hört gar nichts mehr. auf der strasse waren am wochenende noch relativ viele passanten unterwegs, nur sehr wenige mit maske, die meisten hielten weniger als anderthalb meter abstand, beim bäcker gehen die leute dicht an mir vorbei durch die tür, ohne hochzuschauen, auch auf der strasse lässt sich fast niemand zu einem ausweichen hinreißen, weiche ich also selber aus. ich glaube, es geschieht selten aus einer entscheidung heraus, häufiger aus so einer art trägheit, einem beharren im normalen, es gibt noch keinen schutzreflex.

ich bin ein bisschen erkältet, habe zue ohren und einen kleinen frosch im hals, war bis vor einer woche in einem umfeld mit der höchsten erkältungsdichte überhaupt beschäftigt, einem kindergarten. der eine zwilling mit allergien und asthma hustet gelegentlich, einerseits ist es die jahreszeit dafür, andererseits hat ein kumpel gestern von einem coronafall in der familie berichtet, die beiden haben sich vor einer woche in einer größeren gruppe unter freiem himmel mit ellbogenstups begrüßt, trotzdem gab es natürlich eine gewisse nähe. es ist der zweite fall in der familie, der große hatte ja auch schon einen eventuellen kontakt, immerhin wird die quarantäne in dieser zweiten woche leichtfallen, weil alle mitmachen. in der ersten woche hatten wir keine, weil wir nichts von der infektion wussten, haben aber abstand gehalten, hände gewaschen und sind nicht ausgegangen, auch die söhne nicht. ohne die jetzt verordnete strikte isolation ist das virus unter jungen menschen nicht aufzuhalten.

wäre aufregend, wenn auch der gemeine schnupfen verschwinden würde.

bis auf bisschen gemüse für die hühnersuppe, und frischem obst, muss ich diese woche nix einkaufen, habe vor, dafür eine maske aufzusetzen. bin mir relativ sicher, dass wir bald alle eine tragen werden, wir haben zuhause noch irgendwo ein paar einzelne ffp3-dinger aus einer alten bestellung, ich könnte aber noch welche nähen, baumwolle und küchenhandtücher sind ein guter ersatz, wie es scheint. eine firma näht masken in diese schlauchschals, die über mund und nase hochgezogen werden, alle ausverkauft, das kann man sicher auch selber machen, ähnliche schals gibt es für wenige euros online, sie sind ein bisschen diskreter als die masken, zumindest, solang es noch nicht wärmer wird.

ich warte auf online bestelltes mehl, bei den letzten drei supermarktgängen waren die regale leer, es gab auch online lieferschwierigkeiten, aber heute kam die versandbestätigung. endlich backen! ich verwende das gute caputo-mehl, die mutterhefe überlebt damit schon ein jahr trotz gelegentlicher vernachlässigung.

die angst vor der leeren rolle

erinnere mich an das, was ich über die anale phase gelesen habe: autonomiebestreben des kleinkindes, lustgewinn durch erste kontrolle des körpers, manchmal ins autoritäre kippelnde sauberkeitskontrolle durch die eltern.

wir wollen und wir könnten, weil das system grade runterfährt, aber wir dürfen nicht, weil dann vielleicht etwas schlimmes passiert. die bürgerliche ordnung mit ihren regeln und dem sich fügen ist so fest in der psyche verankert, und die bedrohung reicht so tief ins subjekt, da wird auf frühkindliche erfahrungen zurückgegriffen. klopapier vermittelt vielleicht ein tiefliegendes sicherheitsgefühl, haben doch die eltern damit schützende grenzen vor die anarchie des kleinkindes gesetzt, die symbolische ordnung wird aufrechterhalten, und je größer die bedrohung, desto mehr klopapier.

irgendwo gelesen, dass in frankreich kondome und rotwein knapp werden, ein umgang mit revolutionären zeiten, der mir wesentlich unterhaltsamer scheint.

20. märz

gestern vormittag bei obi mit g. nur einzeln reingelassen worden, immer nur ein familienmitglied. sie haben zwischen kasse und kunden trennwände gebaut, große klare plastikscheiben auf einem gerüst aus holzlatten, sehr baumarkt. die kassiererinnen tragen handschuhe, halten abstand, da trägt jemand fürsorge und kümmert sich im rahmen des möglichen um seine mitarbeiterinnen. beim rausgehen standen bestimmt 20 leute in der schlange. später bei DM bat man auf stelltafeln um rücksicht und abstand, drinnen stand ein wachschutzmensch, aber es war nicht so voll. keine mülltüten, kein klopapier.

nachmittags viel stress mit g.’s flug. er hätte nach kapstadt fliegen sollen, um dort bei einer freundin zu wohnen, die ein praktikum macht, und sich dann das land ein paar wochen anzuschauen. viel zeit und selbstverdientes geld sind in die vorbereitung gegangen, es war eine für ihn sehr wichtige reise, ein freischwimmen auf einem anderen kontinent und in einem anderen meer, weit weg von zuhause. er wollte hin, komme was wolle, hat am samstag erfahren, dass ab dieser woche keine deutschen staatsbürger mehr ins land gelassen werden, wollte den flug erst vorverlegen, um noch hinzukommen, muttern im hintergrund zwar unterstützend, aber auf die trägheit des systems vertrauend. am sonntag schien dann auch sein transit mit umstieg über doha nicht mehr möglich, 14 tage sollen deutsche reisende in quarantäne. trotz der so eindeutigen lage war es in 5 tagen nicht möglich, den flug zu stornieren oder umzubuchen, nur am tag vorher, für einen 0-euro gutschein. da war auf der webseite von qatar der weiterflug von doha nach kapstadt schon gecancelt. qatar verwies beim storno/umbuchungsversuch auf den buchungsservice, opodos webseite war überlastet, ans telefon ging stundenlang niemand. stundenlang. wir haben mails geschickt, aber der flug nach doha ist gestern gestartet, ohne g., der rückflug wurde gestern dann auch noch gecancelt. zum glück ist er nicht mitgeflogen, ob sie ihn mitgenommen hätten ohne aussicht auf ein weiterkommen, meinen 18jährigen? am abend kam eine mail von opodo mit der bitte, sich in doha an das deutsche reisebüro zu wenden.

g. ist wohl unfreiwillig zum no show geworden, keine ahnung, ob er von seinen 700€ etwas wiedersehen wird. die extra bei der allianz abgeschlossene reiserücktrittsversicherung verweigert corona-ersatz, alle beteiligten firmen (qatar, opodo, allianz) scheinen ausschließlich aufs eigene wohl bedacht und unfähig, sich der neuen lage anzupassen. lektion gelernt.

in den paar schönen tagen seit dem wochenende hat sich mein bücherstapel ordentlich reduziert, auch der karton mit den italienischen büchern ist leer geworden. jetzt kippt das wetter leider, g.-zwilling hat seinen reisefrust ins aufräumen gesteckt, sein zimmer zweimal komplett umgeräumt und dabei ebenfalls stapelweise büchern aussortiert, die jetzt auch alle auf dem flur stehen und arg nach etwas unfertigem aussehen. heute hat sich d.-zwilling anstecken lassen. die wohnung wird super aussehen nach dem rückzug ins private. die schulbücher könnte ich vielleicht weiterverkaufen, ein paar neue auch, aber den rest können wir, falls tatsächlich eine ausgangsperre kommt, im prinzip wieder einsortieren.

18.

leerer tag. frühmorgens die freude, dass der große negativ getestet wurde, er war in kontakt mit jemandem, der in quarantäne war, und hatte husten. in trier ist es wohl einfacher, sich testen zu lassen, er hat telefonisch bei der hausärztin um eine überweisung gebeten, die wurde an die drive-in-teststelle gefaxt, er ist hin, das fax war nicht angekommen, ist er wieder zurück zur ärztin und hat durch eine freundin die überweisung abgeholt. in der garage hat dann nach kurzer wartezeit jemand in schutzkleidung den abstrich gemacht, „aber die autoschlange war lang“, heute früh kurz nach sieben hat die praxis telefonisch entwarnung gegeben. die familie informiert, balkon gemacht, aufgeräumt, hund ausgeführt, keinen zugang gefunden zu was auch immer.

viele nachrichten geschrieben und gelesen, viel telefoniert, lauter alte freunde gehört, das war sehr schön. mit den zwillis diskutiert, grade zusammen gegessen. mein zeitgefühl ist noch nicht justiert, sonst ist sowas wie wochenende oder mittwoch mit abläufen gefüllt, die bis in die tieferen gefühlsschichten gehen, dort nerven oder freuen, erkennbar und planbar sind. jetzt ist es ein bisschen wie schiffbrüchig auf einer insel, oder ein traum vom spiegeluniversum, alles still mit winzigen leblosen bösewichtern. heut waren zum ersten mal alle läden zu, aber ich habe nichts mitbekommen. will eigentlich noch einen blumentopf kaufen. die strassen waren bei den hunderunden relativ voll, vor der apotheke standen die leute in anderthalb meter-abständen in der schlange, beim vietnamesen war es aber eng wie immer.

17. märz 20

erster tag zuhause, noch voll im hamsterrad-modus, bisher kaum freude über die freie zeit, ich habe schwierigkeiten mit meinem sonderstatus „risiko“ aufgrund von diabetes. ich brauche zwar gelegentliche kurze auszeiten während der arbeit bei hypos, bin deswegen aber nie tagelang ausgefallen. in den letzten monaten habe ich versucht, den diabetes sichtbarer zu machen, habe von schwankungen geredet, bolus-entscheidungen erwähnt, gesagt, dass ich die nudeln lieber nicht esse, weil mein wert grad nicht optimal steuerbar ist. seitdem ich loope, sind hunderte von diabetikern in mein leben getreten, es hat mir gut getan, nicht mehr allein damit zu sein. ich war nie krankgeschrieben wg diabetes, vom typ her habe ich da auch einen stolz entwickelt, in allem gesund zu sein.

den ganzen tag durch die leere stadt gesaust, es gab noch eine terminsache zu erledigen. hektisch bis in den abend. die realität hat mich noch nicht wieder, ich habe noch keinen zugang gefunden zur neuen situation, es bleibt sehr befremdlich, ich kann ja auf keine erfahrungen zurückgreifen, jedes wiedererkennen (sonntagsruhe) führt in die irre. es wird ein paar tage dauern, bis ich ein neues normal erreicht habe. im umkreis gehen die gefühle weit auseinander, von panik zu spott, ich bin pragmatikerin und ändere einfach mein verhalten wie angefordert. bin allerdings lebensgefahr und sehr konkrete angst um meine zukunft gewöhnt, corona ist da nur ein weiteres zusatzrisiko, wie bei dem diabeteskram tue ich, was ich kann, um die folgen zu vermeiden, und weiß doch um die grenzen meiner bemühungen. zufall, genetik und die umstände sind nicht steuerbar.

a bis z

in den letzten wochen habe ich meine bücher sortiert, nach alphabet, dabei alle doppelten reihen und stapel mit eingenordet. es war mühsam und hat lange gedauert, das aussortieren ging mit der zeit leichter, ich hab gemerkt, dass ich ein kind meiner zeit bin und eher auf neuere als auf ältere autoren verzichte, wenn ich mich weder an den/die autor/in noch an den inhalt erinnere, hab ich das buch rausgenommen. es sind sehr viele geworden, sie liegen im flur gestapelt, ich darf sie nicht wieder anschauen, bis ich einen abnehmer finde, will aber auch nicht drüberfallen, das wird also eine herausforderung.

beim bücher räumen bilder im kopf, wie die wohnung irgendwann einmal einem entrümpler überantwortet werden wird, für den all das nur gewicht und aufwand ist, oder meinen kindern, die auch nur ein paar autoren davon kennen und wenig behalten werden, vermutlich, wer weiß schon, wie sie sich entwickeln. wir leben in der gegenwart, für die gegenwart. sentimental geworden, den klardenkenden d.-zwilling in ein gespräch ziehen wollen über die vergänglichkeit, aber er hat mich gleich wieder auf den weg gesetzt („entscheide einfach, wieviel platz du brauchst“).

hinter einem zugestellten bild ein din a3 – großes fotobuch entdeckt, dream house von gregory crawson, auf den bildern lauter interieurs mit menschen drin, die menschen sind schauspieler wie tilda swinton oder william h. macy. auf jedem bild scheint gerade etwas passiert zu sein, oder wird gleich passieren, aber wir wissen nicht, was es ist. der blick darauf wirkt voyeurhaft, sie haben spannung, wirken wie filmstills, mitten aus einem geschehen heraus. in keinem der zimmer stehen bücher. gedacht, dass bei mir die bücher die geschichten erzählen, hunderte, andauernd, und keine ist ein geheimnis, keine erlangt bedeutung durch mein unwissen über das, was war oder sein wird. ich muss sie nur öffnen und weiterblättern.

kw 6

seit zwei wochen krank, zur arbeit wegen dramatischer personalsituation. jetzt total kaputt, familie, haushalt und hund sind kaum zu managen. g.-zwilling fährt ab montag mit interrail durch europa und besucht seine freunde, die auf fsj oder jobs dort sind. die kids wollten damals keine sozialen jahre oder ähnliches und werfen mir ein bisschen vor, dass ich es nicht einfach für sie organisiert habe. mir ist die eigeninitiative wirklich wichtiger, aber das ist natürlich auch eher eine bequeme haltung bei knapp volljährigen. habe allerdings schon so genug zu erledigen. d.-zwilling wird keine große reise machen, er will das auch nicht, vielleicht hätte ich ihn mehr begeistern sollen – es ist nie genug. es ist viel. nie genug.

(edit: was rausgenommen)

ach, erstmal auskurieren, dann wird das alles wieder, und das licht kommt ja auch zurück.

wo sind mit diesem nervigen neuen wordpress-layout denn die kategorien hin? finde ich nicht. mag nicht suchen, muss einkaufen gehen. aufräumen.

dt1 und seine wirren

bisschen auf kriegsfuss mit meinem körper, mein stoffwechsel lässt sich trotz der sehr fein dosierbaren insulingaben durch aaps nicht steuern. er benötigt mal 140%, mal 80% des eingestellten insulins, ohne vorwarnung springt der bedarf oft innerhalb eines tages um. ich brauche trotz des hin-und hers insgesamt nur noch halbsoviel insulin wie vor 2 jahren, was mir wurscht sein könnte, ich lebe ja nicht in den usa.

heute den ganzen tag über 200 gewesen, keine ahnung, warum. insulinbedarf heute auf 140%, inzwischen bin ich wieder unten durch aaps, das mich zum glück jede nacht wieder auf normalnull bringt. ich sollte eine ahnung haben, ich muss korrigieren, es ist frustrierend, immer nur hinterher zu jagen, mit korrekturen, die dann stunden brauchen, oder einfach gar nicht anschlagen, weil wieder irgendein dummes kackhormon in einer etwas anderen dosierung im umlauf ist. wechseljahre bestimmt, oder erhöhter insulinbedarf, weil dochnochmal menstruation, ich werde es merken, hinterher natürlich. oder irgend ein anderes problem, aber meiner ärztin fällt nix ein, sie testet dies und das, „vielleicht ändert sich grade mal wieder alles“, na super, sage ich, und lächle, wie immer. andrerseits hatte ich schon immer einen brittle-diabetes, launisch und spontan. mein anderes auge hat jetzt auch eine kleine netzhautveränderung, bisher war nur auf einem ein bisschen was zu sehen. das auf und ab hat folgen, es fällt mir schwer, das zu vergessen.

ich reagiere täglich anders auf kohlehydrate, essensplanung klappt kaum, mal gebe ich insulin 10 minuten nach dem essen, mal vorher, mal eine halbe oder viertel einheit mehr, mal anderthalb weniger, ob dosierung und zeit gestimmt haben, merke ich immer erst nachher, wenn das essen im blut ist, wenn es also meistens mal wieder nicht so läuft, wie erwartet. habe am anfang der chaoszeit, im letzten jahr, noch alles systematisch durchgetestet, aber erfolge und misserfolge waren fast nie reproduzierbar, also mache ich es jetzt eher nach intuition, die genauso oft funktioniert wie nicht funktioniert, ergebnis also das gleiche wie mit der systematik. habe abgenommen, weil ich versuche, mit sehr viel weniger kohlehydraten auszukommen, und darüber oft das essen einfach vergesse.

die katheder der pumpe machen es auch nicht leichter, gestern hat ein frisch gesetzter einfach kein insulin durchgelassen, es kam mir entgegengeschossen, als ich die verbindung schlauch/nadel gelöst habe, um nach dem rechten zu sehen. die pumpe, die ich nutze, eine dana rs der firma sooil, ist mechanisch auf dem stand der siebziger-achtzigerjahre, hat einen dämlichen luer-eingang mit rechtsgewinde, auf die all die tollen erprobten katheder nicht passen, ich muss also proprietäre des pumpenherstellers nutzen, die nichts taugen. fauche deshalb heute bisschen vor mich hin hier, ein rant, der auch nichts ändern wird.

habe grade meine alte pumpe wieder aus dem schrank geholt und update mein erstes loopgerät, den kleinen intel edison in der ticktackdose, nicht so anwenderfreundlich wie die aaps-app mit ihrer feinen oberfläche im handy, aber dafür nutzbar mit der super angenehmen und nur 15 jahre alten medtronic 722. grad läuft das update übers terminal, so angenehm, wenigstens etwas, dass ich machen und ändern kann.

wobei, sehe ich grade, das update hängt, irgendwas ist „failed“. aber was? heissa, wochenende.

oder einfach, wie jedes jahr gerne, den januar komplett abschaffen.

devise: grrr.

nachtrag: nach all dem frust bin ich auf meine alte pumpe und den vorherigen pancreas-algo ausgewichen, auf dem kleinen edison explorer, einfach, um alles mal versucht zu haben. lief ein paar tage, dann hat das rig den dienst versagt, diverse versuche inclusive neuem flashen und neu aufspielen des programms haben nicht geholfen, der funkchip ist wohl hinüber. habe ich wieder auf die neue pumpe und aaps gewechselt. openaps hat eine großartige funktion für fortgeschrittene user, genannt autotune, da rechnet das programm anhand der werte der letzten tage eine verbesserte basalrate aus und wendet sie an. nichtim verlauf eines tages für je eine halbe stunde veränderten raten, die die eingestellte basalrate um den wert x erhöhen oder erniedrigen, sondern eine grundsätzlich neue. openaps hat mir mit autotune über den tag verteilt insgesamt 2 einheiten zusätzlich errechnet, von ca. 15ie auf ca 17ie täglich, mein stoffwechsel ist damit wesentlich besser eingestellt, die sensitivität hat das programm dabei weiter erhöht, von 130-180 auf 200 (eine einheit insulin senkt meinen blutzucker um 200 mg/dl). diese höheren basalraten habe ich übernommen in aaps, heute und gestern waren die werte stabiler und weniger alpenartig. erstaunlich. kann aber auch sein, dass mein insulinbedarf einfach mal wieder ansteigt, weil irgendwas. jedenfalls, wie immer: try just a little bit …

selber tag, abends: sofort nach dem text ist der wert wieder gestiegen, ohne erkennbaren grund. habe den frisch gesetzten katheder nach 2h ununterbrochenem steigen wieder gewechselt, bei 250mg/dl, er schien vorne verknickt, dämlicher teflon-kath des pumpenherstellers sooil. dann stahlnadel an anderer stelle, danach und seitdem sinkt der spiegel, ist aber erst bei 170 um halb acht. keine kohlehydrate mehr gegessen. sensitivität auf 158%, von 160% heute morgen. vor drei tagen war es 140%, vor einer woche 95. rätsel. jetzt wage ich ein paar scheiben knäcke mit kram, komme was wolle! knäcke, dass ich inzwischen im bett essen kann, ohne krümel in den bh zu bekommen.