ob sich die leute wohl mehr an das erinnern, was man geschafft hat, oder mehr an das, was nicht gelungen ist? ob es neben den eigentlichen themen, neben der ausgelebten persönlichkeit nicht noch etwas verborgenes gibt, wie ein mitlaufender streunender hund, der immer noch futter bekommen hat, wenn keiner hinsieht, obwohl eigentlich kein platz für ihn da war.
wie sehr filtert meine wahrnehmung das selbstbild des anderen? vielleicht gehört zum abschiednehmen auch dazu, den anderen so zu erinnern, wie er sein wollte, im besten licht. den toten als vollendet begreifen, in jedem sinn.
(die freundschaft als erinnerung, es ist ja keine beziehung mehr möglich, es wird zum selbstgespräch)
die polizei kam nicht, getanzt wurde sehr, das schwarzlicht hats gebracht. um sechs uhr früh gingen die letzten gäste. der große ist am ersten januar volljährig geworden und hat reingefeiert, rauschend und sehr sehr laut, mit geliehenen monsterboxen, und mit allen seinen freunden. und freundinnen! ich war dafür bei meiner mutter am stadtrand und hab mich mit ihr unterhalten, vor den stones auf 3sat, das hatte auch irgendetwas. diese achtzehn jahre sind so so schnell vergangen und waren eine freude, das kind ist wunderbar und kein kind mehr! echt, merk dir das, muttern.
haufenweise sylvestervorhaben, ich brauche anlässe. jeden tag gitarre, jeden tag lesen, mehr yoga. beruflich muss ich vieles schaffen, habe aber gar keinen glauben mehr an gute ausgänge, es ist ein sehr zenmässiges naja, mal gucken geworden nach all den überraschenden wendungen ins leere und ins abseits in den letzten jahren. der plötzliche spannungsabfall von ideen als leitmotiv, die ideen sind nicht synchron mit der welt, kommen zu spät oder zu früh. dazu die wechseljahre.
in der liebe ist es genauso, da muss aber auch nichts passieren, anders als beim geld geht es auch ohne, wobei: aus der hebammenserie auf bbc die schöne erkenntnis mitgenommen, dass sich die liebe in jedem leben anders zeigt, und meines ist durch die großartigen söhne, die freunde, den hund randvoll damit. gelegentliche abenteuer füllen die paar bedürfnisse, und küsse ohne geschichte sind in ordnung, ehrlich gesagt gar keine lust auf noch mehr socken in der wäsche, einen festen mann verbinde ich hauptsächlich mit deutlich mehr arbeit.
sachen ausmisten werde ich in den nächsten wochen, platz für neues schaffen, für leere bin ich nicht so der typ. die freude an dingen, auswahl, wanderwege für den blick, wie die vielen objekte lauter geschichten haben, die ich erzählen kann oder auch nicht.
tippen geht schlechter seit einigen monaten, i/o/p geraten immer durcheinander unter den fingern, mit der linken hand hab ich das problem nicht, bin linkshänderin. alter oder was nervliches? durch den diabetes immer einen merkwürdig nicht hypochondrischen blick auf das schlimmstmögliche.
hört auf euer herz. wenn es manchmal drückt oder zieht, wenn es in einer klammer steckt, wenn euer atem kürzer wird, obwohl ihr nur mit dem einkauf die treppe raufgeht, dann geht zum telefon, jetzt, und macht einen termin beim hausarzt. der mann einer freundin ist vor ein paar wochen mit anfang vierzig an einem herzinfarkt gestorben, sie hat ihn ein paar stunden später gefunden. der notarzt hat erzählt, dass er relativ häufig zu solchen männern gerufen wird. wenn sie es überleben, sind sie immer total überrascht, weil sie ihre sterblichkeit genuin verdrängt haben bis dahin, selbst wenn es in der familie schon probleme mit dem herzen gegeben hat, weil diese art pragmatischer vorsorge nicht reinpasst in die unteilbarkeit von körper, gegenwart, identität, die immer ein angenehmes gefühl von unsterblichkeit vermittelt.
(grad einen termin fürs stress-mrt gemacht, als diabetikern ist mein risiko für koronare herzerkrankungen recht hoch, meine kasse bezahlt das netterweise)
der angriff auf den weihnachtsmarkt bringt mehr wut als trauer. die blinde aggression, die gleichgültigkeit gegenüber dem wertvollsten, das rohe daran. es sind kinder auf solchen märkten unterwegs, familien, menschen, die mit äußerster gewalt zu opfern gemacht werden sollen, eines konflikts, der nur in den köpfen der mörder existiert. natürlich kriegt niemand berlin klein. die sorge, dass diese form der gewalt nur in ganz großem massstab zu verhindern ist, über bildung, chancengleichheit, dass dieser wechsel eine aufgabe für generationen ist, weil gewalt und angst da auf wirklich schlimme weise mittel wie zweck sind. gewalt als agenda, die macht und der endsieg irgendeiner auf angst gebauten herrschaft stehen weit hinten in der zweiten reihe. weiß es aber auch nicht genau, natürlich, es ist ja unvorstellbar. vielleicht ist es ja bei kriegen immer so und es ist bloss seit den großen kriegen immer weiter gegangen mit dem tabubruch gewalt. nicht mehr nur offizielle gegner, jeder kann zum gegner werden. meine hoffnung, dass dieses wegschleifen der hemmschwelle gegen das morden doch noch aufwand bedeutet, also verhinderbar ist.
schwer abzuschütteln so eine bluttat kurz vor weihnachten. bin anderthalb stunden vor der tat mit frau ziebarth da entlanggefahren, um die q-damm-lichter anzugucken. sie kommt mir zuliebe mit, ich mache das nur ihr zuliebe, ein perfektes höfliches gleichgewicht also, darüber hätte ich lieber geschrieben. jeder hätte da sein können, so banal es ist. tröste mich mit der hebammen-show auf netflix. sie bringt die ewige heutige leier der totalen selbstverantwortung wieder auf den boden der tatsachen (gut, bissken zuviel tünche, aber das muss mich nicht stören): es geht nicht alleine, erstens, zweitens: die liebe.
davidzwilling sollte eine kurzgeschichte schreiben, nach einem bild, dass ihnen die lehrerin gegeben hat. er hat sie auf meinem rechner geschrieben und die seite offengelassen, ich habs natürlich gelesen. es ist richtig gut. einer der jungs kann schreiben, der rhythmus stimmt, die bilder, er hat in einer einseitigen geschichte einen wirklich eleganten wendepunkt und eine auflösung untergebracht, gefühl, bilder, eine geschichte. große, warme freude und dankbarkeit. das ist mein hauptgeschenk, aber sagen sie ihm das nicht!
zuviel geschenke für die jungs gekauft. mach ich immer. wie jedes jahr tue ich so, als ob sie diesmal leider nur irgendwas praktisches kriegen und halte es wie immer solange durch, bis sie mir glauben, oder bis ich ihnen glaube, dass sie mir glauben. also ziemlich blank und hoffe, es kommt nichts dazwischen in den nächsten monaten. mit gregorzwilling den baum geholt, er trägt ihn locker über der schulter und hat die andere hand in der hosentasche dabei.
der große wird volljährig am ersten januar. unglaublich. er macht eine party bei uns, ich werde mit dem hund bei meiner mutter sein, und hoffe, er schafft es, nur seine geladenen gäste reinzulassen. dummerweise hat es sich schon herumgesprochen. für seine party bekommt er ein catering und natürlich mein vertrauen, aber vielleicht engagiere ich ihm noch einen türsteher.
doc buelle lebt nicht mehr. anfang november ist er verstorben, in seiner wohnung in wuppertal, genaueres weiß ich noch nicht. ich vermisse ihn, seinen ungeheuren lebens- und liebeshunger, seine intelligenz, seinen stil. die tiefe sensibilität. er war bestimmt, wie eine freundin sagte, ein wirklich guter arzt, er ging den dingen auf den grund, mit oft schonungsloser ehrlichkeit, sich selber und anderen gegenüber. seine wunderbaren komplimente. jorge raimond bülle, du wirst mir fehlen, und deinen freunden und frauen auch.
nach einer unterzuckerten nacht mal wieder ans projekt cgm gemacht. mit meinem derzeitigen blutlosen messsystem von abbott kann ich eine sony smartwatch 3 verknüpfen, die die gemessenen werte empfängt und sie an ein android-handy weiterleitet, dass dann alarm geben kann, sobald die werte unter x oder über y gehen.
so etwas kann die ssw3, weil der sensor die messdaten mit nfc an ein lesegerät weitersendet, und diese uhr einen nfc-chip an bord hat. man lädt dann eine app auf die uhr, die den sensor auslesen kann. über synchronisation werden die werte in eine weitere app auf dem handy weitergegeben, mit der man alarme einstellen kann. so einfach!
mitnichten, natürlich, ein bisschen sport ist wie immer erforderlich. erstmal habe ich gar kein android-handy. mein tolles iphone hat zwar einen nfc-chip drin, den man zb zum bezahlen benutzen kann, aber apple hat ihn nicht freigegeben für entwickler. und sony hat den nfc-chip in der uhr mit mit seinem aktuellen betriebssystem ausgeschaltet, ich muss also die uhr downgraden, damit der chip wieder läuft. what? fragt man sich da, aber warum machen die das? aus irgendeinem firmenintern relevanten grund. es wird nicht aus reiner kundenfreundlichkeit sein, not? nein. aus dem mir in meinen alltäglichen bedürfnissen immer abstruser und sinnleerer erscheindenen und tiefer in alles verschachtelte profitstreben dieser riesigen entfremdeten firmen. profit ist das ersatzkriterium für alles, es ist der schwarze joker jeder argumentationskette, das ende des diskurses, ich meine, da erfinden leute so etwas tolles, und dann wird es nicht integriert, sondern gesperrt.
außerdem muss man die uhr irgendwie direkt auf dem sensor befestigen, weil nfc nur wenige zentimeter weit sendet, mit einer selbstgebastelten halterung – mal schaun, wie weit ich komme. die hilfreichste anleitung werd ich verlinken, also die, bei der es geklappt hat. bis dahin muss ich mich ans system smartwatch gewöhnen, durch desensibilisierung meiner ästhetischen werte, schaut her:
sieht aus wie ein schicker skalierungsfehler, not? „musst du wissen, mama“ meinte der große dazu. auch wenn ich das armband verkürze, ist der klopper immer noch breiter als mein komplettes handgelenk. wollte die dose tagsüber als uhr tragen, das cgm brauch ich ja nur nachts, aber das wird wohl nix, wenn ich meine unterarme nicht dicker füttern oder trainieren will. wesentlich dicker.
erschöpft und erschüttert am 9. november, dabei extra noch um 5 aufgestanden und mit den jungs aufs sofa gesetzt, mit croissants! ich dachte, es wird ein interessantes ereignis, und wollte sie irgendwie in meine aufregung der letzten monate miteinbeziehen, vom ersten eher amüsierten lesen (er hat was? echt, das war boulevard, den man lesen musste) hin zum genervten zur kenntnis nehmen. hab die ganzen analysen, essays, reportagen sehr gern gelesen, sie waren gekonnt, pointiert, gut geschrieben, fein beobachtet, und sie haben überhaupt nichts genützt.
und dann dieses datum dazu! ein beängstigender sieg der irrationalität, denk ich zuerst, aber es ist ja nicht reine abkehr von politischer vernunft, die massen haben ausserdem einen rassisten und frauenverächter und xenophoben narzissten gewählt, sie haben ihm macht gegeben, sie haben hass und angst den weg freigemacht. in den letzten wochen wohl gewusst oder geahnt, dass all diese trumpisten kein interesse haben an der nyt und der wapo, dass sie keinen anlass haben, sich aus ihren vorurteilen und ihrer leichtgläubigkeit zu lösen, dass sie zuhause sind in einer welt, in der trumps lügen nicht relevant sind. seit heut morgen ein paar statistiken gelesen und ein paar geschichten gehört, und es ist schlimmer, es sind nicht nur die verlierer, soviele verlierer gibt es gar nicht, wobei es ja gar nicht um reale verhältnisse gehen muss. die angst schafft ja ganz eigne welten. es sind eine grosse menge weiße wohlhabende männer dabei, die über ihre privilegien nicht mehr nachdenken wollen oder müssen, es sind weisse collegestudenten dabei, viele. trumps persona hat sie nicht davon abgehalten, ihn zu wählen, es macht jetzt keinen unterschied mehr, ob diese wähler echte arschlöcher oder einfach merkbefreite republikaner sind.
die sorge, dass meine filterblase alle meine informationskanäle umschliesst, und dass die trolle und rechtsaussen-kommentatoren mehr als nur die üblichen verrückten sein könnten. immer gewusst, dass die mehrheit der menschen anders denkt als ich, aber den unterschied nie für dramatisch gehalten, immer vertraut, dass bestimmte übereinkünfte für alle gelten, in stein gemeisselt. ich halte extremismus und intoleranz jeder art immer noch für eine offensichtlich pathologische geisteshaltung und finde es sehr erschreckend, dass es mehrheiten dafür gibt. bin als hase aber auch dabei, mir den sieg als achtlosigkeit zu erklären, nicht als zeichen des weltuntergangs, habe also hoffnung, dass die amis wirklich ein problem mit ihrem bildungsstand haben. kurz froh, dass meine söhne in drei jahren wahrscheinlich ihr abitur haben und frei entscheiden können, wo sie leben wollen. ihr englisch fördern. sie nicht zu krav maga anmelden (so ein quatsch, es sind freundliche, ironische jungs, die gerne böhmermann hören und south park lieben), sondern lieber einen dicken kakao mit sahne trinken und den hund kraulen. meine mutter sagt, ich soll mich beruhigen, immerhin habe am 9.11. auch ihr vater geburtstag gehabt, ein gegner der nazis und menschenfreund. ein hoch auf die menschenfreunde!
bei herrn schneck festgelesen. würde gern hunderte leser dort hinbringen, aber mein blog ist grad scheintot, also bitte: verlinkt das weiter, weil es so gehen kann, mensch für mensch, im miteinander. buddenbohm, kaltmamsell?
herbstferien ohne licht, im halbdunkel. füttere vitamin d und versuche, das haus schön zu machen, also ohne machen, eher: schönzudenken, weil mir für alles andere die energie fehlt, ich bin ein sonnenmensch. wenig ausgegangen, einmal im kammermusiksaal eine jazzoper vor wenig publikum, schön frei in ihrer unbestimmbarkeit. take my otherness heißt sie, yesplease, denkt man, und wird aufmerksamer auf die otherness der frauen dort auf der bühne, liebevoller der eigenen gegnüber. die texte plakativ und weniger komplex als die musik, es funktioniert aber, weil die eingängigkeit sich mit der vertonung reibt und weil man sowieso nur die englischen texte sofort verstehen kann. gesungen wird in allen möglichen sprachen, die künstlerinnen kommen aus „iran, georgien, ghana, albanien, china, spanien, taiwan, türkei und deutschland“ (programmheft) nachher gedacht: vielleicht sind diese art texte als zitat popkultureller frauensongs zu verstehen, wo stärke und freiheit in slogans aufgerufen werden? als ein weg der autosuggestiven selbstermächtigung, meine assoziation sind dabei die lieder, die von baumwollarbeitern gesungen wurden, um die arbeit erträglicher zu machen. die kompositionen waren aber aufregend, das wiedererkennbare wunderbar eingearbeitet in wirklich neues, bisschen bach, bisschen die jeweiligen musikalischen traditionen aufnehmend. hier wohl eine radiosendung über das projekt, irgendwie nicht verlinkbar.
aus: I Spy: Treasure Hunt, Walter Nick/ Jean Marzollo, Cartwheel Books
gefreut über schreibtischbilder im netz, finde aber keine worte dafür (ernsthaft, meine sprache verschwindet, kennt das jemand? wo kann sie sein, wo ist das leck im system, oder ist das nur ein besonders gemeines symptom der herbstdepression? meine stimmung ist dabei gar nicht besonders mies, aber die sprache ist halt haupttor zwischen welt und geist, in beide richtungen, und grad ist es ein einspuriger bergweg mit pflastersteinen. es fehlt alles drumherum). hatten wir nicht mal mehr dieser arbeitsplätze in blogs? herr giardino hatte neulich mal eins bei twitter, aber die büroschreibtische bleiben halt systemimmanent hauptsächlich der effektivität verpflichtet.
das pokemonspiel ist schon wieder total out, sagen die jungs, vielleicht wünschen sie sich das aber auch bloss, weil die manie an ihnen vorübergegangen ist.
der große hört dauernd mozart oder vivaldi und räumt selbstständig die küche auf, mit mozart. er wird achtzehn in zwei monaten, unfassbar. man schenkt reisen im umfeld, den führerschein will er gar nicht so unbedingt, party wird gemacht, muss aber keine aufwändige all’italiana sein. er wünscht sich ein echtes altmodisches fotoalbum mit allen seinen bildern, ich vermute eine vorweggenommene wehmut vor dem imaginierten übermorgigen auszug.
jetzt in den tiergarten mit hund und kindern söhnen, arbeiten danach, wenn etwas luft durchgeatmet wurde.
es sind überwältigend viele gitarren zu sehen, und jede einzelne davon verdient wahrscheinlich eine eigene geschichte, die macher haben ja ihre meisterstücke mitgebracht. wie bei großen kunst-austellungen sortiere ich meinen überblick auf einer skala des habenwollens. in museen und gallerien such ich mir immer drei arbeiten heraus, die mich ansprechen, die ich näher heranlassen will, meistens, weil ich sie schon auf einer intuitiven grundlage begreife, bevor die auseinandersetzung mit dem kunstwerk-dingsda etwas fundiertes entstehen lässt. bin also offen für launen, hormone und subjektivität, wie sonst soll ein potentieller käufer bei 500 gitarren auch entscheidungen treffen? gitarren sind ja (fast immer) leichter zu verstehen. drei stück will ich mitnehmen wollen, nur drei sollen sich einprägen, und trotzdem hat sich auf platz drei eine ukulele eingeschlichen.
(weia, das blog rutscht mir aus dem fokus gerade. ich kann nicht mehr schreiben, nur noch beschreiben, damit verschwindet für mich neben der schönheit auch der erkenntnisgewinn. wenn ich auf diese neue art blogge, kommt nix neues dazu, soweit wie in diesen texten bin ich in meiner selbstwahrnehmung auch immer schon. ich weiß nicht, woran das liegt, es ist befremdlich. blogge also nur noch gelegentlich.)
versehentlich aufs horoskop geklickt, wirklich versehentlich, beim lesen zur sicherheit hart und spöttisch geworden, dabei nicht ganz souverän geblieben. immerhin aus der ironie bin ich rausgewachsen. ein unerbetener hinweis auf das leidige, ignorierte thema, die liebe ein ausgeleierter oller socken im kasten mit den anderen bedürfnissen und sehnsüchten, dabei denken: für dich ist es als abstraktion denkbar, für andere ist es daseinsform, der unterschied wie der zwischen kinder haben und nicht haben, oder gesund sein und krank, also umfassend, verästelt, wie zwischen sein und haben. also, freewill, du kannst mich mal.
dann doch lieber gitarren. die holy grail guitar show versammelt ein wochenende lang gitarrenbauer aus aller welt, kleine betriebe und einzelne handwerker, keine großen firmen. ich liebe diese verbindung aus handwerk, tradition und kunst, schönheit und klang. ich hoffe auf hingabe und ein paar besondere lebensläufe und will meinen mut zum probespielen zusammennehmen, vor allem werden viele musiker die schätze vorspielen, vor kleinem publikum. gespannt, ob ich die qualität und finesse überhaupt noch hören kann, oder ob es genügt, sie sich einzubilden.
bei der rückfahrt dem wunsch eines zwillings gefolgt und die passtrasse genommen.
kind sagt oben, schon für diesen ausblick hätte sich die gesamte reise gelohnt, was mich ein bisschen erschüttert (er ist ein bergmensch, wie konnte das passieren?), aber es ist natürlich wirklich sehr beeindruckend, ohne umweg, nur über eine abfahrt ist man direkt auf den wunderbarsten bergstrassen, mit kurven so eng, da passt keine kuh dazwischen. das paralleluniversum der bergradler, für die der pass ein höhepunkt mit jahrelanger vorbereitung sein wird, musste mich zusammenreissen, nicht jeden auf dem weg nach oben anzufeuern, meist männer in den besten jahren, nur zwei frauen. größte bewunderung. oben fast geschockt über die unvermittelte schönheit, so mühelos erreichbar, als wär das unverdient. dem auto liebevoll auf den hintern geklopft.
die steinmännchen sind ein gutes zeichen, es gibt sie in allen größen, alle so gebaut, dass sie beim umfallen kein anderes mitreißen können. platz ist genug.
wir nehmen emma an die leine, weil die strasse so schmal ist. das panorama noch einmal einatmen, dann ab ins niederrheinische tal und nach deutschland zurück. hat vielleicht anderthalb stunden länger gedauert als der tunnel.
freude über die tapeten an den wänden der motels bei supernatural, eins pro episode. ich will nicht wissen, warum ich mir das angucke.
am zeugnistag ruft der vater an und erkundigt sich. gespräche, bei denen die kinder fast nichts sagen, weil er die meiste zeit redet. „ja“, „nein“.
letzte gitarrenstunde. wird mir fehlen. die grundlagen reichen, um allein weiterzumachen, sonst war ja nichts, rien de rien.
lieder schreiben.
manhattan geguckt, über den letzen konflikt gefreut, bei dem gut und böse nicht zuzuordnen waren, der film hat sich auch nicht entscheiden müssen. sie haben diskutiert und nicht geschossen, eine wohltat, wobei dann am ende natürlich eine atombombe fällt und alle gesprächskultur ad absurdum führt.
ein laden wie ein kleines wohnzimmer, vorne eine bar, hinten eine bühne. wer will, darf drauf, so lese ich das programm, aber heute feiern sie ihr 12 jähriges und haben ein paar special guests eingeladen. das publikum passt, ein haufen ältere -, klingt doof, sagen wir: erfahrene kämpen, männer wie frauen, sie kennen sich untereinander. jeder raucht tabak, kann mir beim anfragen die marke aussuchen, soviel luxus hab ich selten.
georgie fisher ist die erste auf der bühne, eine liedermacherin aus australien, zwischen mitte zwanzig und anfang dreissig schätz ich sie, eher jünger. sie kommt von der strassenmusik und hat ihr publikum im griff, also den teil, der zusieht und nicht an den drei tischen miteinander redet. die texte sind geschichten aus ihrem leben, über die liebe, die städte und die musik, sie sind in ordnung, und gute musik hat sie dazu geschrieben, mäandert damit an den texten entlang, es wirkt frei und leicht, wie grad erfunden. ihre stimme ist schön rauchig und ziemlich vielseitig, auf ihrer webseite beschreibt sie sich so: tabak, whisky, in honig getunkt. hab ich gleich einen schönen, alten lagavulin im kopf. hätte da gern mehr von gehört. sie hat cds dabei, für die ich ihr gerne hinterherlaufe, edel aufgemacht, mit einem gezeichneten wolf auf dem cover, mein eindruck so: sie meint das ernst mit der musik und ihr weg ist frei, hoffentlich, wär doch gemein, wenn solche frauen es nicht schaffen. heute beim hören gefällt mir ihre bühnenperformance aber besser, ohne drums und so weiter, ihre stimme hat genügend facetten und möglichkeiten, die begleitet sich selber am besten. auf der cd klingt ihre stimme weniger klar.
bei ein paar liedern auf der bühne kommt eine freundin dazu, wieder so ein stimmwunder, die italienerin laura guidi, sie singt auch eigene lieder, mit ein paar guten textzeilen über das leben mit tinder und mit viel love. sie hätte summertime singen können, die ganzen klassiker, hoffentlich versucht sie das mal. beeindruckend. gibt es viele solcher stimmen?
die anderen beiden acts hören wir nicht, weil wir draussen ins plaudern geraten sind, dabei den bewegungen von jungen demonstranten und einem grossen haufen polizeiwannen zuschauen konnten, hin und her, mal mit, mal ohne sirene. das pralle leben, dazu grillwürstchen und büffet für einsfuffzig. optimaler berlinabend. zuhause war ich schon um kurz nach zwölfe, von den zusammenstößen hab ich erst heut früh gelesen.