kw12

 

das graublaubraune auf dem bild ist blankes spiegelndes eis, und nein, es ist überhaupt kein blitzeis.

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ich glaube, ich würde gern später noch ein kind kriegen und mich dann so darüber freuen wie praschl. (hey, er hat ja seitdem weitergeschrieben, was für eine schöne überraschung.)

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ich habe inzwischen eine alte gitarre gekauft, über ebay, ich würde sie gern mal von einem könner gespielt hören, ich weiß nicht einmal, wie gut sie wirklich ist, sie ist schön laut im gegensatz zu gregorzwillings nylongitarre. mich begeistert sie, das genügt für eine anfängerin vollkommen. wenn sie doch nicht soviel taugt: pas mal, sie war nicht teuer. ich würde gerne auch musiktheoretisch etwas auf den baum kommen, mein grundwissen reicht grad mal zum tonarten zusammenstoppeln, mit zählen (ganz-ganz-halb usw.), über die tonarten und über die griffe verfügen kann ich natürlich gar nicht. beim klavierspielen reicht es ja völlig, sich die kreuze und bs zu merken, da bin ich niemals auch nur in die nähe einer meta-ebene geraten, das ist auch heutzutage noch so beim kinderuntericht, theorie gibts gar nicht, wobei davidzwilling immerhin gerne improvisiert und kleine stücke selber baut am klavier, durch reines trial&error, das geht natürlich genauso gut, nur: es fällt ihm schwer, sich an seine ideen zu erinnern, weil er nirgendwo notation lernen kann/darf/muss. david benutzt garageband als lückenfüller, aber nur die aufnahme-, nicht die notationsfunktion. in der schule lernen die kinder so etwas natürlich auch nicht, also dort wird keinerlei musiktheorie vermittelt. eigentlich kaum verständlich, es ist ja ein bisschen wie sprachenlernen ohne grammatik.

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putzfrau weggeschickt. habe ihr 4 wochen vorher bescheid gesagt, damit sie ev. noch was anderes finden kann, sie versteht: einen monat nicht kommen, dann alle vier wochen. sie weint, als sie es richtig versteht. ich schenke ihr zum abschied einen deutschkurs, die kinder finden: das ist ganz schön gemein. jetzt konzentration auf das angenehme dabei, keine blicke mehr in die schubladen, nicht mehr dieses bei aller rationalisierung doch noch spürbare unangenehme gefühl, jemand anderen dein klo putzen zu lassen, und die hässlichen gedanken, die der egoschutz ganz selbstläuferisch dabei auffährt: sie muss ja nicht so einen unsicheren job machen, sie könnte ja endlich deutsch lernen, das ist halt so bei putzjobs, es ist nicht mein problem. ich schätze sie bisschen älter als ich es bin, sie hat mehr kinder als ich, alle erwachsen, die enkelkinder bereits kommun… äh- die kommunion gibts nicht passiv, sie ist ein aktiver akt! merk dir das.

 

worte für schnee

gerade wollte ich schreiben, dass dieser winter uns wie den eskimos mehr worte für schnee bringen wird, aber die schöne geschichte mit den vierzig worten war nur ein rural myth, da ist eine metaphorische formulierung eines ethnologen ins tatsächliche gerutscht. die inuit kennen vier worte dafür, alles andere sind verknüpfungen, stimmungen, alles andere ist also der mensch im schnee.

momentan verlässt mein vokabular für schnee alles beschreibende und reduziert sich aufs uneigentliche, aufs fluchen und hrmpfen, ich möchte das wort gar nicht verwenden. aber wenn ich das abstreife und so tue, als sei ich kein lineares wesen, als bewussten akt, wie das schön kleiden trotz kälte, oder das schminken trotz dunkel, als sei ich mein hund, zum beispiel, der bei jedem spaziergang große freudensprünge macht, als würde er den schnee zum ersten mal sehen, viermal am tag, dann …

heute morgen versucht, den spaziergang als asana zu begreifen oder als meditationsübung, dafür durch einen längeren tunnel gemusst, weil der winter schon so lang dauert, aber dann einen kleinen ort perfekter idylle gefunden, wie einen bildauschnitt in der wahrnehmung, einen magischen raum auf einem bild, der sich der interpretation verweigert, keine geschichte hat, nirgends hin will, nur der schönheit verpflichtet, neige pour la neige, auch wenn ich jetzt, wieder zuhause, eher ein generisches auch schön zustandebringe.

abenteuer zahnspange

spätnachmittags höre ich davidzwilling plötzlich leise vor sich hin weinen. „ich muss nochmal raus“ sagt er, will nichts erklären, und ist weg. ich schicke die anderen beiden hinterher, vielleicht hat er munition draussen verloren, es ist schon stockfinster, sie können ihm suchen helfen. sie finden ihn nicht, nicht im hof, nicht vorm haus, kein david. dem großen fällt dann die lösung ein: „wenn es so wichtig ist, hat er bestimmt etwas wertvolles verloren: seine zahnspange! nicht so doofe plastikmunition.“ ich nehme den anderen zwilling mit, der große soll stellung halten, wir gehen mit einer taschenlampe den ganzen langen spazierweg von heut nachmittag zurück. dazwischen anruf vom großen: david war wieder zuhause, es ist wirklich die spange, er ist wieder raus zum weitersuchen, wieder allein, er gibt nicht auf. david gibt niemals auf. denke kurz an den größenunterschied zahnspange und prenzlauer berg, ich meckere, der große hätte ihn da behalten sollen, denke kurz an die mutterregel  vier, „logistik “ (die ersten drei lauten essen, trinken, pflaster), aber das nützt jetzt auch nichts mehr. ich bin mit gregor schon anderthalb kilometer weg von zuhause, wir suchen jetzt zumindest einmal den ganzen weg ab. er hatte die spange in ein taschentuch gepackt, um die superekligen leckeren pommes vom flohmarkt essen zu können, und dann in die jackentasche – stellen sie sich die suche nach einem weißen taschentuch mit einer kinderzahnspange drin vor, im teilgeschmolzenen, plattgetrampelten berlinschnee. im dunkeln. mit leerem magen – aber was soll man denn tun? das ding war neu und es ist teuer. wir laufen die ganze strecke bis zum flohmarkt, durch den mauerpark, mit der taschenlampe, ich suche auch mein kind, das mir doch wichtiger ist als die spange, obwohl der ärger das ein bisschen vernebelt grade. das kind kann ja notfalls auch von der polizei gesucht werden, aber die blöde spange, das nimmt uns keiner ab. kein david, keine zahnspange, natürlich nicht. als ich grade mit einem stock im mülleimer herumwühle, in den die kinder ihre pommesschalen geworfen haben, dabei mit dem sich schon abgefunden habenden mutterblick versuche herauszufinden, welche zeitung da im müll unter den kaffeebechern liegt, klingelt mein handy, david ist zu hause. er erzählt: er ist auch beim zweiten mal fast die ganze strecke zurückgelaufen, da war ein mann im dunklen cantianpark, vor dem hatte er angst und ist ein paar schritte zur seite getreten, und da lag, genau vor seinen füssen, ein papiertaschentuch, da hat er dann reingesehen, und sie war drin, seine spange. er hat sie wiedergefunden, auf einer schneewiese im dunkeln. ein gottesbeweis, wenn sie mich fragen, „ich hab so gebetet“, sagt er später, und hält gefaltete hände hoch. ich hab gefragt, ob sie nicht vielleicht einfach in der zweiten jackentasche gelandet ist, und ihm das peinlich … ? nein. er hat sie wiedergefunden. ich glaube ihm, er ist nämlich ein gründlicher sucher und kein panikkind. er weint wirklich nicht so leicht.

 

last winter day

die zwillinge vergessen ihren anderthalbstündigen ich-will-aber-keinen-ausflug- streit sofort, als sie am ende der sandkuhle im grunewald den gefrorenen tümpel entdecken, wusch, stürmen sie den hügel herab, hund hinterher.

wir haben keinen schlitten mit, es liegt auch nur noch auf den wegen und im waldschatten schnee, aber die zwillis holen sich große dicke eisbrocken aus dem gewässer und versuchen darauf, die paar verbliebenen schneeflächen runterzukommen, es klappt perfekt, die eisstücke sind überhaupt nicht steuerbar, drehen sich, rutschen unterm hintern weg, zerbrechen, dann muss man neue holen oder auf immer kleineren flächen den hang runterrutschen. es macht ihnen so einen spass, ich muss es nichtmal verbieten vorher. fürs familienleben ist das wichtig, da sie ein schlechtes erlebnis nie vergessen und bei jedem zukünftigen ausflugsplan neu einbringen können (die guten werden pragmatisch erinnert, eis=notschlitten wird bleiben, und märz=südhang schneefrei).

zuhause gibts eis auch noch von oben, versenkt in frischgekochtem heissen kakao mit schlag, und schokokekse. jetzt stille, der große schläft nach dem gerenne, die zwillis spielen irgendwas. ich überlege, ob ich die sechste staffel lynley wirklich noch zuende ansehen  soll, so düster und freudlos, wie sie daherkommt, der mord interessiert nicht wirklich, der symbolische überbau ist mächtiger als der plot, die figurenentwicklung steht der dramaturgie im weg. die autoren lieben ihn sehr, ihren lynley, sie wollen ihn für sich behalten, er wird immer sturer und wortkarger.

das vollkommen neue gefühl, heute genug licht bekommen zu haben, wie der grünmangel in den alten lichtmangel diffundiert. diese winterwaldfarben wie aus den fünfzigern, all das vergangene, das ein stück weiter weg scheint, nur weil man da noch nicht auf der welt war, so dass nichts davon unsere nerven berührt haben kann. das große mischmasch in sepia.  mehrere männer in norwegerpullovern gesehen, ein schöner anblick, und der eine, der nicht jünger war als ich, hatte bestimmt nur wegen der kälte so einen roten kopf, und nicht wegen dem flachmann, den er benutzte.

der preis

ärgerkram zwischendurch. was prägt vertrauen? gute erfahrungen, gute antworten, hilfestellung und gemeinsamer spass, näää, das meine ich gar nicht, richtiger muss die frage lauten, ob ich jemandem glauben soll, wenn er etwas erzählt, das zu meinem finanziellen schaden und seinem finanziellen nutzen ist. das grundvertrauen ist wackelig, ich wurde angelogen, aber das ist jahre her, der mann ist fremdgegangen, als ich mit einjährigen zwillingen zuhause war, das regt mich schon lang nicht mehr auf,  aber den kern vergesse ich nicht. ich habe ihm geglaubt, wenn er von viel arbeit, kongressen und überstunden gesprochen hat, er könne nichts dafür, es tue ihm auch leid – während ich total kaputt mit den drei kindern die abende und wochenenden allein verbracht habe.

jetzt muss ich entscheiden, ob ich übers jugendamt eine pfändung beantrage, damit der rückstand an unterhaltszahlungen endlich kleiner wird. der mann sagt, er könne nicht mehr, er sei immer total am limit, aus anschlag, tief im dispo, könne sich nichts, aber gar nichts leisten, ist freundlich und übernimmt klaglos sportverein und -klamottenkäufe für eins der kinder, und überhaupt müsse der unterhalt dann komplett neu berechnet werden, er glaube nämlich, er müsse eh zuviel zahlen, er hätte soviel andere kosten. wenn ich also den damals errechneten unterhaltsbetrag in anspruch nähme, wäre ich die böse, die sein leben runiniert, er bittet um mein verständnis, er habe schließlich eine neue familie. kann der wirklich so pleite sein? er hat ein haus gekauft, sein freundin arbeitet auch – argh, hasse solche entscheidungen.

jaja, ich weiß. ich bin da eher konfliktscheu und im allgemeinen zu gut für diese welt. ich möchte den leuten wirklich lieber glauben als nicht glauben. seine kinder nutzt er für seine ziele sehr nonchalant, sie nehmen ihn in schutz, er hätte wirklich nix, keine kröten, der papa sei total arm, ich müsse das glauben, der ist immer so gestresst, der papa. vor den kindern müsste ich mich also auch verteidigen, erklären, relativieren, würde ich auf zahlung bestehen. keine angenehme vorstellung.

andererseits: er hätte auch einfach nicht immer fast einen hunni zuwenig überweisen können, oder?

is doch wahr.

 

berlin, berlin

mit bloggerinnen tango tanzen – im bebop, das liegt inzwischen direkt an der spree,  gegenüber von der 02-arena, sehr suggestiv, in einem loftgebäude, das seit den 80zigern bespielt wird. ich hab da mal sylvester gefeiert, also in einem der lofts, ich glaube im ersten offenen berliner winter, und wir sind nachts über die oberbaumbrücke, an deren ostberliner ende ein grenzwärterhäusschen stand, wir hatten die pässe dabei und haben ein eintagesvisum bekommen, ein grünes a5-blatt. drüben war nix, sind wir wieder zurück, aber die brücke war aufregend genug, meine ich zu erinnern.

im bebop, noch am mehringdamm, ist damals mein großartiger tangolehrer gestorben, bei einem tanz in den mai. alte zeiten, ich war danach nicht mehr da, ich hatte drei kleinkinder und bin nicht mehr tanzen gegangen, aber natürlich kriegt man den tango nicht aus dem system.

gestern abend  waren wir auf auf einer praktica, ich habe zum ersten mal im leben geführt, schwieriges unterfangen, mich dann aber doch einem mann überlassen für ein paar richtig schöne tangos zu später stunde, bisschen wackelig gefühlt, aber die musik fängt mich auf, und der tänzer, wie es sich gehört. wie immer will ich gleich weitermachen. großen dank an engl fürs mitnehmen und an wortschnittchen und anne fürs mitkommen. wir haben alle getanzt! vorwärts wie rückwärts. könnt ihr glauben. ich habs genossen, die welten ein bisschen zu verknüpfen, vorgestern und jetzt, tango und bloggen. schöne nacht.

heut um kurz vor elf an der gethsemanekirche im schnee fast vom rad gefallen, weil die glocken losgeschlagen haben, tief und laut. das sind ernsthafte glocken. ich war auf dem weg in die nächste kirche, wo der große mit seinen kumpels als konfirmand vorgestellt wurde. geborgen gefühlt, ich sollte wahrscheinlich einfach mehr in die kirche gehen, dann hat sich der agnostizismus ganz schnell erledigt. schöner morgen.

die iden des mimi

ich möchte ein bisschen rumjammern, aus völlig banalen stressgründen (selber krank, krankes kind, noch 2 kinder, hund u haushalt, und arbeit), aber dann fällt mir immer als erstes der letzte liebeskummer ein, der übers blog nur gesagt hat „selbstmitleid“ (der ist vorher selber jahrelang zum jammern zu mir gekommen, daher wahrscheinlich), dann fällt mir jorge ein (hugs an jorge!), an die schlimmst kranken will ich jetzt gar nicht denken, weil ich ja eigentlich nur ein bisschen jammern will, weil das alleinerziehen bei krankheit am meisten nervt, und ich hab ja schon die chronische grunderkrankung, die überhaupt kein zuckerschlecken ist, nee im ernst, ein bisschen jammern vom hohen podest der lebenden aus, (wie h. h. jahnn schrieb: der toten sind viele) mit noch gesunden kindern, einer wohnung und einem fröhlichen kleinen hund. verd., es war schon mal leichter, ein bisschen wehleidig zu sein, das ganze entnervende relativierungsgewese klebt am leiden wie ein rudel luftballons, ich komme nicht auf grund, nee.

2. versuch: ich hab fieber; ein kind muss kotzen, die anderen streiten, sollen aber a) lernen oder b) rausgehen, ich hab einen hund, ich muss essen machen, ich muss betten beziehen, streit schlichten, bezugsperson bleiben, geld verdienen, aber ich bin echt platt grade. nicht mal komplexe rezepte sind möglich, ich werde die hühnerbeine mit gewürzen bepasten und in den ofen schieben, mehr nicht, von komplexen sätzen ist ja schon lang nichts mehr zu sehen.

wobei, was ich alles nicht muss: müll runterbringen, trockner leeren, hund rausbringen, fällt mir da ein, gell, zu irgendwas waren die letzten 9 jahre allein mit drei kindern ja doch gut, sie machen all das nach nur 4 bis 5 aufforderungen, was ich für einen guten schnitt halte, da hab ich doch was geschafft, oder? ich würde mich jetzt gern 9 jahre ausruhen, bitte danke.

(in zukunft schreibe ich immer nur noch: 9jahre!, dann ist allen klar, was ich sagen will, oder?)

 

handel, projekte, musik.

bei der suche nach einer bespielbaren alten sog. westerngitarre grossen spass. lese mich abends durch gitarristenforen und suche auf ebay und auf seiten mit kleinanzeigen. eine hatte ich schon zuhause, 40 jahre alt, klang super, zuhause habe ich die saiten entfernt (oder sagt man: sie entsaitet?) und dann einen riss entdeckt und innendrin etwas, das wie schimmel aussah. zurückgebracht, ohne saiten, ärger bekommen, ich soll über meinen umgang mit mitmenschen nachdenken. eine nächste ist unterwegs, der verkäufer wortkarg und bildarm im netz, das wird wohl auch eher nüscht, aber ich hab ja zeit und mein jagdfieber ist geweckt.

man ölt gitarrenhälse mit lemon oil, sehr wohlriechend, und sollte sie angenehm temperiert aufbewahren, wie alte bücher, zwischen 45 und 55% luftfeuchtigkeit. ihr holz richtet sich durch das spielen an den klangwellen entlang anders ein, darum verändert sich durchs spielen der klang von vollholz- instrumenten, bei sperrholz nicht, weil es durch die leimschichten unflexibel geworden ist.

oder die geschichten über das beste holz.

natürlich sollte ich lieber alle energie in die pflege des herdfeuers job- und kundensuche investieren, aber das handeln, die ergebnisse, die selbstläuferische realisierbarkeit dieses neuen unterfangens erinnert an das leichte leben und die guten zeiten, zauber im anfang. anders als das herumstochern im dunkeln ohne echo und erfolge.

gestern noch eine führung durch die fabrik der altmeister angesehen, danach fällt es schwer, einen nachbau in betracht zu ziehen, die es in guter qualität zu einem viertel des preises gibt, also nicht für mich, ich brauche ein preiswertes anfängerding, aber so als traumobjekt. diese martins waren schon früher der rolls unter den opels, freund g. hatte eine, sie wurde im koffer transportiert und war perfekt, silbrig, rund, warm. kann aber auch sein, dass das die zeit war, und nicht die gitarre.

ah geh.

wow. immer etwas mit den bestandteilen abwehr, selbstmitleid und vorfreude (also ironie, bitterkeit und glück), wenn ich sowas lese, weil ich ja weiss, dass es mich irgendwann haargenau so wieder einmal umhauen wird, die freude darauf liegt tief in den rezeptoren verborgen, die auf diese stürme warten.

es gibt ja immer so ein leichtes endorphinöses rauschen, wenn eine erkältung losgeht, weil das immunsystem herumhüpft und endlich was zu tun kriegt, etwas in der art. das freut den körper, aber dann, aber dann, nee nee.

lieber anders als durch liebe.

(ein bisschen: abdankungsreden halten und nicht merken, dass der saal schon lange leer ist, aber hey, es ist februar. reden wir lieber über sex.)

 

 

try harder

die meisten menschen singen gerne. letzte woche bei einem essen mit guten freunden, der mann des hauses holt nach der nachspeise (applecrumble, danach singt man quasi von alleine) seine gitarre raus, nach ein paar minuten sind wir alle dabei, kinder wie erwachsene, die erwachsenen in den ersten takten leise und vorsichtig, dann vergisst man sich und singt einfach mit. es entspannt und macht ruhig.

jetzt überlege ich, noch mit gitarre anzufangen, obwohl die lagerfeuerjahre mit den kindern eigentlich fast rum sind, also die, wo ich dabei sein darf. weiss jemand, ob man in ein oder zwei jahren auch als erwachsener noch in den fluss kommt? mit ein paar grundlagen, für die klassiker? lohnt sich das? als linkshänderin hätte ich einen startvorteil.

ich habe ja sogar einen strassenmusiksommer gehabt (wenn ich mir die bilder so ansehe: hach ja. schöner sommer war das.) ich kann also noch einen haufen erster strophen. einer hatte früher immer eine gitarre dabei, das lag sicherlich am jahrgang, aber auch an der breiteren musikalischen alphabetisierung in italien, wo jeder ein paar dutzend lieder singen kann, oder konnte, in den endsiebzigern und achtzigern zumindest. wir haben folk gehört, als er mainstream war, wir konnten live at budokan auswendig, die italienischen liedermacher sowieso, ein uferloser schatz.

außerdem ist der gitarrenlehrer vom kind, nun ja, der hat mal für maurenbrecher gespielt, von dem würde ich auch gerne etwas lernen. kind meint allerdings, das wäre extrem peinlich, aber man muss ja nun nicht auf jedes gefühl der gören rücksicht nehmen.

 

auch, wie anders man im winter die eigene wohnung bewirtschaftet, ich fülle sie neu und dehne das zuhausesein auf jeden dunklen winkel aus, die papiere sind mal stapel, mal berge, mal weggeräumt, ein langsamer atem, grade spiegelt sich ich in jeder anhäufung, den alten notizbüchern, den buchstapeln, den sockenwaisen, alles wird zuviel zeug, zuviel bindung, lieber kabelkasten in der schreibtischschublade, du bist größtenteils überflüssig, aber ich habe platz für dich, du musst nicht mal notwendig sein, und der kleine visitenkartenstapel auf der fensterbank birgt eine unmenge an möglichkeiten. wer ist jutta overmann? eine beraterin, und f&k fotodesign werden mir vielleicht einmal das leben retten. könnte sein. viamala raststätte thusis dankt mir mit 1 tasse merkur kaffee, ich müsste allerdings erstmal hinkommen. und auf einem anderen brett sitzt der holzfrosch zwischen den beiden bisschen staubigen japanischen figuren, mann und frau, als würde er dorthin gehören. tut er vielleicht ja auch, alle drei haben klapperaggregate, die figuren ein glöckchen, das klingelt, der frosch hat einen hohlen bauch, über den man ein stöckchen ziehen kann, wenn man es denn wiederfände. im februar merke ich immer, das vieles im leben womöglich hauptsächlich auf diese weise zusammenhängt, dann könnte man es einfach umsortieren, müsste es nicht vorher ausreissen und aus geschichten herauslösen. das zuhause als sichere geschichte.

alltag

jetzt ist sie rum mal wieder, die filmschau. zum ersten mal seit 26 jahren berlin null berlinale, auch weil ich grade glamour nicht sehen kann, er könnte einen meter vor mir vorbeilaufen, ich würde ihn nicht bemerken, glaube ich, es wäre ein mensch in schöner kleidung, die wertschätzungskette, die aus dieser person etwas besonderes macht, verläuft gerade weit hinter dem sichtbaren horizont. dort sind freunde, familie, einkaufen, essen, hund ausführen, lichtmangel, auch bisschen abwechslungsmangel, bücher und wintermüdigkeit. und weil die stadt so wunderbar groß ist, merke ich hier in meinem kleinen viertel nichts von weltereignissen, auch wenn ich jude law sehr gern mal in kameranähe gehabt hätte. ich lebe hier ganz ruhig im kulturellen abseits (als berlinerin heisst das, ich müsste bis zur nächsten kulturmöglichkeit 7min fahrrad bergrunter zur volksbühne in kauf nehmen, wenn ich nicht zu einem kino will, das näher liegt, oder zu einer galerie, die noch näher liegen würde, aber will ich ja nicht, ich bleibe hier oben und gucke vom zweiten stock aus in den grauen himmel), behalte meine millionen schnupfenviren für mich und versuche wie immer und ewig mein leben umzugestalten, am liebsten so, dass alles beim alten bleibt.

 

freie schulwahl

ohjeohje. anmeldemaschinerie für die oberschule, zwillinge. dummerweise gehört die schule, an die ich sie haben will, zu den beliebtesten des viertels, platz 2, genauergesagt. der große bruder hat es dorthin geschafft vor zwei jahren, allerdings in den französisch-zweig, trotz meiner die grenze zur lächerlichkeit überschreitenden versuche, ihn in die italienischklassen zu bekommen. der notwendige notenschnitt wird je nach menge der anmeldungen gewählt, im letzten jahr lag er bei 1,5. so gut sind die mäuse nicht. geschwisterkinder sind dem direktor egal, hat er gesagt.

der große verlässt jeden morgen singend das haus, weil er so gerne in diese schule geht. ich will also die zwillinge dorthin bekommen.

aber wie?

man bekommt von der grundschule einen anmeldebogen für die oberschule, darauf schreibt man die erste, zweite und dritte schule der wahl. klappt es mit der ersten nicht, wird die bewerbung an die zweite weitergereicht. wenn die mit erstwahl-kandidaten noch nicht ausgelastet ist, werden diese kinder dort genommen. sonst geht es an die drittwahlschule. danach beginnen ganz neue sorgen, wenn die auch voll ist, wählt nämlich der bezirk eine schule aus, an die sonst keiner will.

also sollte man zumindest die zweite schule auf der liste so auswählen, dass das kind dort eine chance hat. man kann also die sekretariate anrufen, um etwas über noch verfügbare plätze zu erfahren, aber die müssen nix sagen, sowieso sind in unserem gut durchkinderten viertel die schulen alle so gut wie voll, in beiden bedeutungen. also vorauseilende aufgabe? never. ich werde wohl drei gute schulen auswählen, wohlwissend, dass die jungs dann eine realistische gefahr laufen, auf das doofe gymnasium zu kommen, das aussieht wie eine schule, die ein paar jahrzehnte lang als strafvollzugsanstalt für jugendliche missetäter zwischengenutzt worden ist, und dann nach 10 jahren leerstand immerhin von der stadt neue neonröhren spendiert bekommen hat.

können mir meine leser bitte ein paar argumente liefern, um die jungs auf die schule ihres bruders zu schicken? es gibt in berlin gerade keine sog. „geschwisterregelung“, nach der familienmitglieder bevorzugt genommen werden. nächstes jahr gibt es die wieder. dieses jahr nicht. grrrrr.

(und nein, bitte keine kommentare mit „alle schulen sind gut“ – die nächste oberschule hier im viertel ist auch gut, aber genauso überlaufen,  die zwillis hätten da zwar eine bessere chance, weil ihr schnitt zufällig genau der an der schule notwendige ist – aber davidzwilling will da auf gar keinen fall hin, warum, habe ich nicht herausbekommen, und mir ist das italienische wirklich, wirklich wichtig, aus nicht nur sentimentalen gründen – immerhin gibt es zwei römische cousinen, die es zu bespassen gilt, meine halbe bibliothek ist italienisch, wir haben da eine wohnung, hach.)