apple hatte neulich all meine kalender- und adressdaten auf ihre server entführt, ohne ausdrücklich danach zu fragen. wie bei einem trickdiebstahl, man wird in ein angenehmes gespräch mit schönen menschen verwickelt und bemerkt die schnelle hand nicht unter dem tollen stadtplan. ich hab die daten wieder, aber sie fühlen sich bisschen benutzt an, nachdem sie einmal um die welt gerauscht sind und ein paar internationale datenbanken von innen gesehen haben.
also habe ich im altkram-kasten auf dem schrank die alten agendas gesucht und gemerkt, dass sie noch leben, das leder nachgedunkelt und altmodisch wirkend, zitat des zitats, die benutzung mehr geste als funktion, ein symbol der achtziger. nach den organizern kamen ja erstmal palm und blackberry, aber die haben sich irgendwie nicht so aufgedrängt wie das smartphone später, da war der männer-wichtig-macht-aspekt in der symbolik deutlicher als die vereinfachung der oberfläche, außerhalb des CEO-bereichs waren die geräte schnell albern.
es ist so schnell gegangen mit der netzwelt, mir scheinen die dinger älter und entthronter als sie sind, dabei gibt es haufenweise youtube-filme, in denen frauen ihre filofaxe durchblättern. mein haltung also eher vorhut-hochmut. wie gefühlt überall das digitale ist, eigentlich ein wunder, wo es doch nur einzwei bereiche des lebens betrifft und zuwenig platz für klebebildchen und bunte heftklammern bietet.
die alte agenda ist da wo sie liegt und nicht heimlich noch überall sonst, es gibt für sie nur anwesenheit oder abwesenheit, das sentimentale ist ein nettes optional. ich werde sie andauernd verlegen und in meinen handtaschen verlieren, aber die daten sind dann eben nur da oder weg – oder ist das dann wie geld unter der matratze? die datenwährung stell ich ja nur zur verfügung und verdiene selber nix dran, bei verlorener kontrolle, scheint mir doof. wildwestzeiten der datenära, oder doch pensionär mit banknoten in der kaffeedose? we’ll see.
in der agenda lauter sehr alte und sehr vergessene tokens, ein cd-verleih-ausweis, 1000 berlin 65, wedding, da hab ich auch mal gewohnt irgendwann
[ich weiss nicht, ob vor oder nach neukölln, nach neukölln bin ich ’91 gleich in den osten gezogen, novalisstrasse 4, dort war ich im vierten stock, drei aussenwände, zwei zimmer, ein allesbrenner, telefon mit nachbarin geteilt, kabel über den hof, immerhin hatten wir einen der fünf hausanschlüsse, die es zu ddr-zeiten gegeben hat. im erdgeschoss lebte betty hoffman, die bessere zeiten gesehen hatte, wie die bilder von ihr in weissem kleid auf einer jacht zeigten, hand im haar, haar im wind, in den dreissigern des letzten jahrhunderts. sie war dorthin umgezogen worden, ihre großen möbel standen kreuz und quer im raum, es waren zuviel möbel für die ein oder zwei zimmer, „ich kann dann um ein paar ecken herumlaufen wie früher“, sie heizte mit ihrem gasherd und stand elegant am fenster zum hof, klein, zierlich, um die 80-90 jahre alt. ich hab ihren hibiskus gerettet, der immernoch auf meinem balkon blüht],
eine karte der biblioteca comunale di milano, mit terroristenfoto. eine quittung über „250“, ausgestellt von der frauenärztin für eine IUS, im mai 2002, da hatte ich grade die zwillinge abgestillt. ein ticket für pussy-könig der piraten am schauspielhaus zürich, 16.12.2000, von der besten freundin inszeniert. zu allem fällt mir was ein, an nichts hätte ich mich ohne die zettel wieder erinnert, wieder mal gedacht, schnipsel reichen, kein mensch liest alte tagebücher.
das hier:
es gibt noch einlagen dafür, hab sie bestellt, mal versuchen, ob ich mit meiner zeitplanung zurück kann ins analoge, für die eher umfangreichen adressdaten wird es zu spät sein, das kopieren zuviel arbeit und zuviel möglichkeiten für fehler. mit dem kalender/den neuen daten endlich ein ende der unsicherheit darüber, in welchem rechner welche daten stehen, schluss mit nicht- oder doppelt oder dreifach synchronisierten terminen, all der vollkommen unausgegorene scheiss wird wegfallen, vor allem mit dem fehlenden standpunkt zur datensicherheit muss ich mich dann nicht mehr befassen, aber hey, werde ich mich ärgern, wenn das ding mal irgendwo liegenbleibt.
außerdem im pocket-filo hinten drin eine uhr gefunden, die auch mal wieder ans licht muss.