stammzellen zu betazellen!

so gern ich das lese, so wenig glaube ich an eine heilung, weiß auch nicht wieso. alle ca. jahrfünfte gibt es eine neue idee*, von der man dann nie wieder etwas hört, weil die forscher inzwischen etwas anderes machen, weil es keine gelder mehr gibt, oder weil es dann doch eine sackgasse war, vielleicht auch tatsächlich wegen der pharmaindustrie (beliebte theorie unter diabetikern, die krankheit ist sehr profitabel). für diesen prof sprechen seine uni, harvard, und seine motivation, als vater von kindern mit diabetes. ob seine merkwürdigen anderen hobbies für oder gegen seine fähigkeiten sprechen, bleibt abzuwarten, wie man so schön sagt: er hat auf der suche nach dem ewigen leben mäuse zusammengenäht – männer mit diesem master of life&death – dingens sind mit vorsicht zu geniessen, zumindest was ihre versprechungen angeht.

*gut, hier ist nochwas aus diesem jahr, zwei grundverschiedene ansätze, die innert 3 monaten publiziert werden, das hebt den schnitt.

wobei, wenn die beiden sich zusammentäten, der eine erschafft betazellen, der andere verhindert deren zerstörung durch das immunsystem, beide bemühen sich um die möglichkeit industrieller produktion, wie es scheint – dann wärs doch ein schuh, oder? dann würde ich denen glatt ein paar aktien abkaufen.

 

kw 31

2 wochen kinderfrei, kaum aus dem quark gekommen. erdbeerquark. die karls-erdbeeren sind die besten der stadt, reif, süß, intensiv, gibt es heut zum letzten mal, saisonende. die ganze zeit kaum sinnvolles gemacht, auch das handwerkszeug nicht allzu ergebnisorientiert angegangen, lieber ausgegangen. gemerkt, dass mein hirn vollkommen untrainiert ist, nichts zuende gedacht, man kann das denken endgültig verlernen, dann ist alles zu spät, mir vorgenommen, texte zu lernen, dann kann ich zumindest ein bisschen durch schöne oberflächen navigieren. ich weiß nichtmal, ob ich jetzt erholter bin, oder ob ohne die kids nicht doch zuviel struktur fehlt, das alte-hasen-dümpeln-syndrom* unter alleinerziehenden, wollte mir ja eigentlich einen irgendwie-gefährten suchen für die beiden wochen, aber es gab eine so riesige auswahl, da wollte ich mich nicht entscheiden. sopranos erste paar staffeln geguckt, bis mir das einfach abknallen zu langweilig wurde, schlachtensee. fingernägel, halten aber auch ohne kinder nicht allzulange. maniküren lassen: ich könnte mich dem luxus so anschmiegen, wenn ich reich wäre, glaube ich, alles unangenehme machen lassen, jemanden kommen lassen, infinitiv passiv als betriebsmodus* bis das bezahlen können das gehirn tapeziert hat, mit lilien, und der luxus auf ne yacht umgezogen ist.

umsonst gesehen, ich weiß nichtmal, ob ich den jetzt empfehlen soll oder nicht, ich mochte die berlinbilder, der ganze film ist in einem radius von vielleicht 2km um das kino herum entstanden, in dem ich ihn gesehen habe, er zeigt einen dieser nachmittage, die wir alle mal hatten in dem alter, die ich heute mit etwas zwischen langeweile und wehmut betrachte, weil die unsicherheit und losgelöstheit der protagonistin sie zu nichts neuem führen muss, außer in den nächsten tag. der sprung in eine rahmenhandlung „filmdreh“ am ende des films ist in seiner beliebigkeit auch ein schönes berlinbild. klug und dicht war die mutter-tochter beziehung, über die man nach den paar szenen alles zu wissen glaubte.

diese nachmittage, an denen ich stundenlang auf dem rad durch mauerberlin gefahren bin, ohne schatten oder ziel, noch ohne den fortlaufenden inneren comment aus design oder ach oder kritik, überhaupt ohne absichten. inzwischen gibt es ja rhabarberschorle, da lohnt es den versuch wieder.

berlin ist sehr heiß gerade, man mag nichtmal tanzen gehen, die luft ist im körper so warm wie draussen, bestes sommergefühl seit jahren. diffusion, osmose.*

es ist gar nicht so ein irrer gewinn fürs wohlbefinden, zeit für fingernägel zu haben, weil ich den lack nicht vermisse, wenn ich keine zeit dafür habe. alles wieder entfernt, liebe den geruch vom nagellackentferner.

morgen seh ich die kinder wieder und freue mich sehr auf sie. totally.

fast sechse, vielleicht doch mal packen? dicke kamera mit? nee, wozu, die neuen bilder legen sich auf die der alten jahrzehnte, da reicht die knipse, für die kids und freunde ist die auflösung nicht wichtig. jedenfalls bin ich ne weile am lago und ohne internet, kommen sie bitte wieder ende august!

*ich packe nämlich immer noch nicht, hier noch ein halbsatz, da noch eine metapher (ich liebe metaphern, im gegensatz zu den alk-leuten), der tinnitus sirrt so gemütlich, ich könnte wahrscheinlich ellenlange texte schreiben, eine elle internet sind zwei bildschirme hintereinander weg, wenn ich etwas anderes zu tun hätte.

 

kw junihälfte

kaum ist es mal ein bisschen sommerlich, schon gibt es hitzefrei und man kommt zu gar nix mit drei jungs im haus. mahne ich ruhe an, heißt es: warum hast du dann überhaupt kinder gekriegt? dann singe ich ihnen ein lied von liebe, und keiner hört mehr zu, ausser dem postmann, der grad ein paket bringt, auf dem „haribo“ steht, er sagt: naja, hier haben sie schon wieder gummibärchen. (ich bestelle haribo colorado in 3kg – paketen gegen unterzuckerungen und darf die nicht gut verstecken, weil ich sie sonst im notfall selber nicht mehr finde. die jungs sind gnadenlos damit.)

eigentlich wollte ich rockstars machen, oder kleine feenkinder, oder lausbuben mit borte oder sowas. alexanders, ann-sophies und maries, wo seid ihr?

die chance auf lange fingernägel zum gitarrespielen sinkt um die hälfte mit jedem kind mehr, und ich habe richtig immer ca. zweieinhalb lange nägel an den händen. plus haushalt. darum sowenig gitarristinnen?

die schlechte laune, wenn kleid und haar am körper kleben, obwohl man doch im süden aufgewachsen ist und hitze gewöhnt, und der andere völlig entspannt mit freundlichem lächeln fragt, ob er das fenster öffnen soll, außerdem portemonnaie nicht mit im supermarkt, auf der gev klassenlehrer von kind 1 lautstark mit elternteil verwechselt, beim überholen eines exmannes auf dem rad fast ins gleis gefahren, unschick gebremst. nur sowas heute. so mal unter uns euphemistinnen: deutliches undankbares mittelalt-gefühl. meine zähne werden ausbleichen wie knochen in der wüste, wenn ich weiter alles mit humor nehmen muss.

was ich später nicht vermissen werde: kabel, besonders die mit proprietären enden.

keine lust, nach dem tag noch zu kochen. macht euch brote, sage ich. „mama, die eltern meiner freunde machen ihnen sogar mittagessen, und die sind auch alleinstehend, teilweise.“ („teilweise“: wortwahl liegt am gymnasium) ich: „na dann zieh doch zu denen“ er: „mach ich vielleicht.“ kein respekt mehr vor stullen, die jugend.

(leicht verkatert)

der sechziger-typ im porsche aus dubai, der mich auf okc anschreibt, ich sage ihm nein, ich suche wen in der stadt, er: ich kann in ein paar stunden bei dir sein, „if all goes really well“. die kinder so: yeah.

 

wahl oder pflicht

kurzbios in den medien: „wahlberliner„* – immer den pflichtberliner dazugedacht, aber sogar die wehrflüchtigen hatten ja eine wahl, waren nicht die ostberliner die letzten ohne freien wohnsitz? menschen, deren betriebe nach berlin auswandern und die ihren jobs folgen müssen, gab es es ja seit dem bonn-umzug auch nicht mehr so häufig. wahrscheinlich verbindet man als wahlberliner mit der stadt viele hoffnungen mit schwankender realisierbarkeit, weil zufall, auswahl und gelegenheit teil des konzepts sind, anders als bei berlinwahlen, wo all das vermieden wird. dabei meint es seit kennedy glaub‘ ich eher das ausmass der identifizierung, als wappen und konsequenz, plus den kleinen trotz aus (westberliner) mauertagen, als man mit der stadt auch noch das fehlende umland und das bedrückende wissen um die ddr in kauf nehmen musste, wie heute das morsche und spröde. mochte irgendwie die früheren wahlberliner lieber, die noch nicht den kapitalistischen lebenstil suchten, oder wie das heisst, wenn man nicht nur genug, sondern viel geld machen will, aber bestimmt haben die bloss keine kurzbios in der presse und es gibt noch genauso viele von ihnen wie immer – klar, muss nur mal meinen freundeskreis durchgehen.

ich mag meine stadt sehr, die mischung aus hoffnung und kreativem, das neben- und ineinander von lebensentwürfen, wie ideen hier noch immer wichtiger sind als geld. anyway sind nur die kinder echte pflichtberliner. ich habs gut, ich bleibe überall berlinerin, weil hier geboren.

*ich verwende lieber startpage als google, obwohl ich mir dabei albern vorkomme, harmlos, wie ich bin. man möchte glatt ein paar gefährliche dinge suchen im netz, wie in dem ollen witz mit dem ami, der seiner mutter in england nicht beim umgraben ihres gartens helfen kann und ihr einfach einen anonymen brief schickt, dem er einen plan über im garten verbuddelte waffen oder so beilegt.

 

fallen

da hatte jemand eine schöne idee, wie schade, dass die personen alle erfunden wurden. ich schau bei den spätabendlichen hunderunden jedesmal herum, wo noch licht brennt, es gibt die mit tagheller beleuchtung über eine deckenlampe, die schon von aussen unangenehm grell wirkt, oder die zimmer, wo immer ein kleines lichtlein brennt, als hätts jemand vergessen. die ewige schreibtischlampe, die ich aus dem küchenfenster sehen kann, da kenn ich den bewohner sogar. das fenster in der dachgeschosswohnung mit einer anscheinend 24/7 laufenden glotze. wahrscheinlich ist ca. 1 uhr nachts die grenze, ab der arbeitende menschen endgültig in die horizontale müssen, die wahren nachtwesen findet man dann ab 2/halb drei. happyschnitzel hats gefunden.

es gibt ja ein archiv von post secret, wusstet ihr alle schon, oder? gleich mit in die rolle genommen.

habe einen plan für okcupid, will mindestens zwei dates im monat, eigentlich viel zu wenig, ich rechne mit zwischen 80 und 100 versuchen, bis es mal schnackelt. an die richtig schönen männer traue ich mich noch nicht ran, dabei habe ich eine blöde schwäche für sie. mir vorgenommen, möglichst ein paar gute nächte mitzunehmen, weil ich ja nun deutlich nicht jünger werde. wish me luck, und nein, warm wird mir nicht bei diesem projekt. in jede wichtige geschichte bin ich bis jetzt head-over-heels gefallen, mal sehen, ob es auch anders geht.

 

aplomb

ein bekannter erzählt von seinen schwierigkeiten, ein künstlerisches projekt auf die beine zu stellen, weil die leute, die er anspricht, sich nicht mehr melden, nicht schnell genug arbeiten, kein risiko eingehen wollen. weiß nicht, welcher aspekt davon sein projekt am ehesten verhindert, aber die unhöflichkeit bei desinteresse ärgert ihn am meisten.

kenn das von mir selber, grad ein anspruchsvolles projekt sozusagen weiterziehen lassen und nicht eingestiegen, weil mein erfolg zweifelhaft und der megastress wahrscheinlicher waren, diese projekte, für deren durchführung man erst ein paar grundlegende persönlichkeitszüge ändern müsste, die man aber eh schon immer mal angehen wollte, warum also nicht mit bezahlung und richtig druck? wie das ein oder zwei ticks zu kleine perfekte kleid. schon bei so leichten entscheidungen den zweifel, ob ein größeres oder mit bisschen wahn angeheiztes selbstvertrauen da nicht mehr genützt hätte, anstatt der langen erfahrung mit dingen, die eher nicht so gut klappen. einsicht oder resignation?

(aplomb jetzt mal so als vergessene tugend. im ballett meint es auch die fähigkeit, in einer bewegung innehalten zu können, ohne schwanken, mit eleganz. wie gern könnte ich das, innehalten, schon weil man dann die bewegung davor zulassen kann, wie ja überhaupt die selbstkontrolle viel mehr sinn macht, wenn man damit bewegung gestaltet und nicht nur stillstand moderiert.)

andrerseits die erkenntnis, wie sehr vielgründig ein gelingen oder misslingen ist, wie beim yoga, wo manchmal sogar die krähe gelingt, also ein oder 2 sekunden lang, wieviele der so unterschiedlichen zyklen in körper, seele und geist da gleichzeitig im lot sein müssen – also bei nicht-daueryogis wie mir, wahrscheinlich ersetzt regelmässige praxis einen haufen dieser notwendigen sychronizitäten. aber nicht vollkommen. ich denke da viel drüber nach, weil mein diabetes mich dazu zwingt, diese zyklen so viel als möglich wahrzunehmen, aber warum zbsp. der gleichgewichtssinn mal gut und mal nicht vorhanden ist – der mensch ist ein wunderwerk an komplexität. vielleicht ist ein ständig umkippender baum ein zeichen dafür, dass grundloses auf einem bein stehen dem kleinhirn gerade nicht notwendig erscheint, es ist ja offensichtlich, dass bewusstsein und restmensch nicht immer dieselben dinge gut finden –  trotzdem klappt es in der nächsten stunde hervorragend, auch wenn man nicht heimlich mit dem kleinen finger an der wand lehnt.

politiker

heute das interview von lauer in der taz sehr lustig und bisschen beunruhigend, soviel strom und paranoia, als sei er keine interviews gewöhnt, eigentlich nichtmal dialoge generell, jeder satz eines anderen als minenfeld, voll mit diesen kleinen tretminen. oder es ging ihm um etwas ganz anderes dabei, ein altes und vielleicht privates thema,  die fragen und umstände des interviewers kommen gar nicht zu ihm durch, die beiden bewegen sich auf zwei vollkommen unterschiedlichen ebenen. als müsste er nur mit genau diesem generischen interview etwas beweisen, irgendwas wichtiges, hat aber den den faden verloren, schon vorher, es wirkt wie eine einzige übersprungshandlung.

ich lese aber auch fast nie politiker-interviews, vielleicht gehören die auf genau diese weise interessant, dabei menschlich schwierig und thematisch ins leere zielend.

maps

neulich, als das entscheiden in ein nachdenken übers entscheiden überging, hab ich die illusion des offenen weges vermisst. tatsächlich hilft es schon, die parameter in ihrer vielzahl genauer wahrzunehmen, auch wenn sie in der überzahl sind, denn manchmal genügt schon der kleinste freiraum für eine entscheidung. grade bei repubblica (der tageszeitung) eine app entdeckt, die all die verschiedenen ebenen radikal vereinfacht und als algorhythmus durchrechnen kann: eine choicemap. so verlockend wie ernüchternd.

(selbstredend nichts für mich, auf einige meiner fehler möchte ich wirklich überhaupt nicht verzichten)

northern exposure ’13

gestern ein päckchen aus den usa im briefkasten, nicht wie sonst nur der hinweis vom zoll, weil der versender die rechnung klugerweise aussen drauf geklebt hat.

alle zwei jahre oder so falle ich ein paar tage lang in meine in den neunzigern entdeckte lieblingsserie northern exposure. es gab kein internet damals, es gab ausser dieser serie keinen ort auf der welt, wo so ein leben möglich schien, ich sass abends um 10 auf dem bett und schaltete das verrauschte rtl2 an, in meiner 2 raumwohnung in der schönholzer strasse, und war in einer stimmung wie vor einem date, warm und aufgeregt und tierisch neugierig und, doch, richtig froh darüber, wenigstens als publikum an so einem lebensgefühl teilnehmen zu können.

ich hab also im herbst 2013 beim gucken mal wieder den schauspielern hinterhergegoogelt und gemerkt, dass es fast allen NEX-fans so geht, sie bleiben dabei, auch nach inzwischen über 20 jahren. auf einer seite entdeckte ich ein buch von darren burrows („ed chigliak“), das es offensichtlich noch zu bestellen gab. paypal schien sicher, ich hoffte also auf ein staubiges restexemplar aus der garage des autors oder so, war mir aber sicher, nie wieder etwas davon zu hören. stattdessen kam gestern ein buch mit 2 dvds*, direkt aus der druckerei garage, veröffentlicht im november 2013, taufrisch finanziert mit einer indiegogo-kampagne, in der dvdbox ein a4 blatt mit einer liste der drehorte, innen ein handgezeichneter stadtplan der stadt, wo die serie gedreht wurde, aussen als abgetippte googlemapslinks (oder hier), auf einem lesezeichen ein rezept für burritos von burrows frau, einer köchin, mit „2 dz“ eiern. er hat sie über diese burritos am set kennengelent, sie hat das catering besorgt – klar mag ich solche wahren geschichten. das rührende dieses ganzen fantums nimmt der schönheit der serie einiges, weil es unweigerlich die unschuld übertüncht, das sonnenuntergangsfoto, aber besser so als garnichts.

was man nicht oft genug anmosern kann: den in der TV- ausstrahlung gesendeten wunderbaren soundtrack kann man nirgendwo mehr hören. auf den dvds gibt es nur äußerst desinteressiert ausgewählte belanglose fahrstuhlmusik. burrows dazu:

„What is jarring, on the DVD, is that the music is horrible. […] they did not clear home video rights and had to put in a poor substitute. I think they simply didn’t care. If they had, having goofed once [bei den ersten staffeln] and lost the rights I think a reasonable amount of effort would have yielded a far more suitable substitute track. With whomever the fault lies, this person is not sitting at home tonight thinking: ‚We’ve really goofed on that one.‘ They’re sitting at home thinking ‚Well … whatever …'“

(grad bei frau groener gefunden: eine andere serie lebt auch weiter)

*bei den interviews mit den schauspielern: wie groß der anteil der actor-persönlichkeit an der filmfigur ist. unbelievable. nur cynthia geary ist in reallife eine so entspannte wie kluge frau und hat wenig von der naiven cheerleader-sexiness ihrer figur

 

KW 2

der jetlag nach den ferien immer. abends schlagen andauernd türen, die kinder streiten und diskutieren und lachen miteinander, als wären sie grade aufgewacht, 23:22, ein besuchskind ist auch dabei. wieder ne tür, gute nacht mama, sagt der grosse, wieder ne tür, zwilling eins, mama, gute nacht, und morgen gehen wir in kino!, tür wieder zu, tür wieder auf, zwilling zwei, nacht, mama, tür wieder zu, wieder auf, besuchskind muss noch mal. einer pfeift ein lied. der grosse smst noch mit jemandem, der mich nichts angeht, und kichert und gluckst dabei. mein herz ist fast entspannt und nur teilgenervt und freut sich darüber, schon so alt zu sein, steinalt, schwerer, fester stein, der hört nix mehr, da können ewig türen auf und zugehen.

krieg

muss einiges anpacken dieses jahr, auch noch anpacken, die hoffnung, dass jede lebensträgheit einen ausgang findet und leerrinnt wie eine sanduhr, weil ihre zeit jetzt abgelaufen ist.

wie jeden januar würde ich das jahr am liebsten einem buch widmen, weiss noch nicht, welchem, notfalls halt wieder montale, ich wollte auch mal jeden nobelpreisträger seit 1901 lesen und bin gleich beim schauerlichen quo vadis steckengeblieben, wg. der vielzahl von hollywoodreifen szenen, der autor berichtet von einem disput mit seneca und nero darüber, ob frauen eine seele haben, wird leider nicht weiter erläutert, sofort danach wird der held von zwei hünenhaften badedienern auf einen tisch von cypressenholz getragen, „der ganz mit schneeweissem Byssus aus Aegypten bedeckt war. Nun tauchten sie die Hände in wohlriechendes Olivenöl und begannen den schöngeformten Leib zu reiben.“ – das ist doch was. die meisten dieser autoren sind nicht mehr allzu bekannt, ihre werke vergessen, es scheint verlockend, da nochmal reinzulesen. ausserdem mag ich die über zvab beziehbaren alten ausgaben, die ersten paar jahre liegen hier schon.

muschelseide. heute nur noch in sant'antioco auf sardinien hergestellt, von einer einzigen frau.

nebenbei lese ich seitenweise in der grosse krieg, als buch überraschend vorhabensvoll für so einen alten krieg, aber ob ich 900 einzelseiten schaffen will? die ganzen schlachtstrategien, so befremdlich zu lesen, männer und krieg, die im planungseifer verborgene euphorie, endlich mit echten menschen und schiffen krieg spielen zu dürfen, im text spürbar wie woanders beim reden über sex, als spannungfeld, das nicht ans licht muss. die gewaltlust gehört vielleicht als teil des menschen einfach besser ritualisiert, wenn abschaffen schon so ungeheuer unmöglich ist, das ist gar nicht schwer, wenn man bei kindern nicht allzu viel falsch macht, ein gleichgewicht zwischen ausleben und selbstbeherrschung vermitteln, gewalt als ein trieb unter anderen, die auch nicht zum untergang führen, sondern gestaltbar bleiben. heikles thema für ahnungslose wie mich, aah, mehr zur gewalt lesen. haben mich die erinnerungen an meinen urgrossvater draufgebracht, außerdem wird er hundert, der erste wk, da schadet ein grundlagenbuch nicht.

 

filofax reloaded

apple hatte neulich all meine kalender- und adressdaten auf ihre server entführt, ohne ausdrücklich danach zu fragen. wie bei einem trickdiebstahl, man wird in ein angenehmes gespräch mit schönen menschen verwickelt und bemerkt die schnelle hand nicht unter dem tollen stadtplan. ich hab die daten wieder, aber sie fühlen sich bisschen benutzt an, nachdem sie einmal um die welt gerauscht sind und ein paar internationale datenbanken von innen gesehen haben.

also habe ich im altkram-kasten auf dem schrank die alten agendas gesucht und gemerkt, dass sie noch leben, das leder nachgedunkelt und altmodisch wirkend, zitat des zitats, die benutzung mehr geste als funktion, ein symbol der achtziger. nach den organizern kamen ja erstmal  palm und blackberry, aber die haben sich irgendwie nicht so aufgedrängt wie das smartphone später, da war der männer-wichtig-macht-aspekt in der symbolik deutlicher als die vereinfachung der oberfläche, außerhalb des CEO-bereichs waren die geräte schnell albern.

es ist so schnell gegangen mit der netzwelt, mir scheinen die dinger älter und entthronter als sie sind, dabei gibt es haufenweise youtube-filme, in denen frauen ihre filofaxe durchblättern. mein haltung also eher vorhut-hochmut. wie gefühlt überall das digitale ist, eigentlich ein wunder, wo es doch nur einzwei bereiche des lebens betrifft und zuwenig platz für klebebildchen und bunte heftklammern bietet.

die alte agenda ist da wo sie liegt und nicht heimlich noch überall sonst, es gibt für sie nur anwesenheit oder abwesenheit, das sentimentale ist ein nettes optional. ich werde sie andauernd verlegen und in meinen handtaschen verlieren, aber die daten sind dann eben nur da oder weg – oder ist das dann wie geld unter der matratze? die datenwährung stell ich ja nur zur verfügung und verdiene selber nix dran, bei verlorener kontrolle, scheint mir doof. wildwestzeiten der datenära, oder doch pensionär mit banknoten in der kaffeedose? we’ll see.

in der agenda lauter sehr alte und sehr vergessene tokens, ein cd-verleih-ausweis, 1000 berlin 65, wedding, da hab ich auch mal gewohnt irgendwann

[ich weiss nicht, ob vor oder nach neukölln, nach neukölln bin ich ’91 gleich in den osten gezogen, novalisstrasse 4, dort war ich im vierten stock, drei aussenwände, zwei zimmer, ein allesbrenner, telefon mit nachbarin geteilt, kabel über den hof, immerhin hatten wir einen der fünf hausanschlüsse, die es zu ddr-zeiten gegeben hat. im erdgeschoss lebte betty hoffman, die bessere zeiten gesehen hatte, wie die bilder von ihr in weissem kleid auf einer jacht zeigten, hand im haar, haar im wind, in den dreissigern des letzten jahrhunderts. sie war dorthin umgezogen worden, ihre großen möbel standen kreuz und quer im raum, es waren zuviel möbel für die ein oder zwei zimmer, „ich kann dann um ein paar ecken herumlaufen  wie früher“, sie heizte mit ihrem gasherd und stand elegant am fenster zum hof, klein, zierlich, um die 80-90 jahre alt. ich hab ihren hibiskus gerettet, der immernoch auf meinem balkon blüht],

eine karte der biblioteca comunale di milano, mit terroristenfoto. eine quittung über „250“, ausgestellt von der frauenärztin für eine IUS, im mai 2002, da hatte ich grade die zwillinge abgestillt. ein ticket für pussy-könig der piraten am schauspielhaus zürich, 16.12.2000, von der besten freundin inszeniert. zu allem fällt mir was ein, an nichts hätte ich mich ohne die zettel wieder erinnert, wieder mal gedacht, schnipsel reichen, kein mensch liest alte tagebücher.

das hier: filo-seite mit elias’ geburt

es gibt noch einlagen dafür, hab sie bestellt, mal versuchen, ob ich mit meiner zeitplanung zurück kann ins analoge, für die eher umfangreichen adressdaten wird es zu spät sein, das kopieren zuviel arbeit und zuviel möglichkeiten für fehler. mit dem kalender/den neuen daten endlich ein ende der unsicherheit darüber, in welchem rechner welche daten stehen, schluss mit nicht- oder doppelt oder dreifach synchronisierten terminen, all der vollkommen unausgegorene scheiss wird wegfallen, vor allem mit dem fehlenden standpunkt zur datensicherheit muss ich mich dann nicht mehr befassen, aber hey, werde ich mich ärgern, wenn das ding mal irgendwo liegenbleibt.

DSC_0036

außerdem im pocket-filo hinten drin eine uhr gefunden, die auch mal wieder ans licht muss.

 

tag 350

die ich- und die überich-blogs

wenn im winter morgends um zwanzig nach sieben die kinder aus dem haus sind, das licht in der wohnung genauso wie am abend davor um 23 uhr, wie sehr der aufräumstatus von der beleuchtung abhängt, „gemütlich“ im dunkeln. heinzelmännchen wären schön.

ich habe meine jahresvorsätze immer erst jetzt, blutzucker konstanter, 4x sport pro woche, job, nochwas.

die haar-probleme

auf dem weg an einem laden für friseurbedarf vorbeigeradelt, an meine unentrinnbar zu entsorgende lieblingsbürste gedacht, die ich schon seit wochen mit einem plastikstriegel für 2,50€ aus der drogerie ersetze, und die sogar bei den jungshaaren ziept — hinein also in die fremde welt. 4 lange regale mit ausschliesslich haarpflegeprodukten. ich nehme das haar nicht mehr so ernst wie bis ca. ende dreissig, ich vergesse in deutschland sogar das entgrauen von schläfen und haaransatz (in italien nie natürlich), ich sehe den menschen der zukunft haarlos, das kopfhaar wird dünner und gleichfarbiger werden in den nächsten paar tausend zeiten, oder immer früher ausfallen, bei beiden geschlechtern, bis nur noch eine art flaum bleiben wird, den die frauen sich natürlich abrasieren sollen. menschen als nackte, pelzlose spezies, ihr fetisch der glatten oberfläche ist allen anderen intelligenten lebensformen des weltalls unverständlich und gilt als skurril, aber niemand glaubt, wir hätten es leicht mit unserer körper/geist-kombo.

drei angestellte rennen zwischen einem raum am ende des geschäfts und dem regal mit haarteilen hin und her. ich weiche ihnen aus und sehe mich um, ich kann höchstens ein viertel der ware einer konkreten funktion zuordnen, weiss nicht, ob mich das stolz oder mutlos macht. eins der regale enthält alles an kämmen und bürsten, was man sich wünschen könnte, wenn man wünsche in der richtung hegt, viele meter mit shampoo, konditioner, spülungen in grossen flaschen und in kleinen, nach zaubersalbe aussehenden tiegeln, kein l’oreal, kein garnier.

„nimm 3, 3.4“ ruft eine frau quer durch den laden. meiner herkunft aus gutem hause zufolge bleibe ich brav vor den wildschweinborsten auf bambus stehen, aber das zauberwort antistatisch (die wüstentrockene heizungsluft) steht nicht drauf, und sie kostet auch nur 12 euro, die kann gar nicht echt sein. die angestellten rufen sich weiterhin zahlen zu, einer rennt mit einem telefonhörer nachvorne. „wer ist jetzt dran?“ „ich hatte vorhin die xxx dran, die war grad noch da“, und wusch rennt der nächste von der wand voller haarteile in den hinterraum, es liegt ein geheimnis in der haarwirtschaft, vielleicht eine echthaarauktion an geheimem, nur mit telefonen zu erreichenden ort, und die chefin, die das sonst erledigt, ist grad nicht da.

ich halte den mann fest, um ihn um rat zu bitten, weil in einem fachgeschäft die beratung zu den größten vergnügungen gehört. er bleibt lammfromm stehen, kurze haare, superglatte lippen, gezupfte augenbrauen – ich suche eine bürste, die gegen statisch aufgeladene haare mit nestern hilft! „aaah“, sagt er, während seine kolleginnen weiter hin-und herrennen, dieses aufseufzen, mit dem dir beim friseur nicht nur die antwort auf eine frage, sondern die lösung aller deiner haarprobleme serviert wird: „sie brauchen einen tangle teezer.“ einen was? wir laufen viele meter regal zurück, und da liegen sie. sie sind alle neonfarben. ich werde sie auch hinter der waschmaschine finden können, ohne dass ich erst eine taschenlampe hinterherwerfen muss. ich verlasse den laden also nicht mit einem gefühlt vererbbaren gegenstand, für den ich das regal extra hätte neu ausleuchten müssen, sondern damit.