11. februar 2024

gestern abend um 23 uhr rief der gregor-zwilling an und bat um eine pin zum filmegucken, er war beim david-zwilling in halle zu besuch und die beiden haben auf prime die eine folge einer serie entdeckt, die vor 15, 16 (18, es sind 18 jahre, schluck.) jahren einem zwilling angst gemacht hat. wir haben das dann gestern per watchparty spontan zusammen geguckt, das war ein sehr schöner familienmoment.

heute nach der wahl, bei der kaum jemand da war, noch mit einer freundin im bodemuseum getroffen, um screen von polyviou anzuschauen, auf lucy raven in der neuen nationalgalerie hatten wir auch lust, aber es ist weiter weg und bei nieselregen etc.pp. wege zur kunst. die freundin ist kunsthistorikerin und wusste überall etwas zu sagen, es ist schön, so mit offenen augen durchs bodemuseum zu laufen und dabei zu plaudern, dafür ist so ein verregneter sonntag grade richtig. die video-arbeit von polyviou war virtuell gut eingebunden in die räumlichkeiten, es gab auf einer vielleicht 2x2m großen leinwand bilder, filme, animationen mit textzeilen darunter, kirche, kunst, geschichte und weg in den untergang, passt vor allem zu den vielen christlichen skulpturen, reliefs, großartigen holzarbeiten der sammlung. die picassos haben wir nicht gesehen, davon habe ich erst nachher gelesen, müssen wir halt nochmal hin. american cheesecake und kakao im cafe mit dem weiten blick in die große kuppelhalle, davor noch paar bücher gekauft (ich weiß! ich weiß es ja.), die dann in die regenhose gewickelt und so trocken im fahrradkorb nach hause bekommen.

heute wieder drastische klimanews, vielleicht kann ich meine neuen viel zu dicken norwegerpullis ja doch noch mal tragen.

mit dem ausmisten begonnen, dinge umgeräumt, unter anderem steht jetzt so ein legoobjekt in einem bücherregal, habe es vor wochen gebaut und noch nicht wieder auseinandergenommen, weil ich immer noch spass am anblick habe. überlegt, ob ich das so einem date zeigen würde, andererseits gehen die letzten dates irgendwie automatisch davon aus, dass die party in ihren wohnungen stattfindet. wir haben uns mit ende 50/anfang 60 halt alle eingerichtet in unseren leben, ich kann mir gar nicht vorstellen, bei einem anderen einzuziehen zb, wenn es dann mal zu einer intensiveren beziehung kommen würde. home = castle.

kw 3

die hochhaustürme im ernst-thälmann-park und die plattenbauten in den randlagen des bezirks haben eine beruhigende wirkung auf mich, ich war da seit emmas tod nur noch ein oder zweimal, statt täglich, und es fehlt mir etwas, als ausrichtung meines stadtgefühls, aber warum? weil ein unterschied erkennbar wird zu den durchsanierten vierteln, in denen ich ja sehr gern lebe, ohne ganz dazuzugehören, wie ich mir einbilde, weil die soziale differenz nicht wegsaniert worden ist. mir fehlt das alte berlin mit all seinen gegensätzen immer noch, oder nein: als die gegensätze nicht hauptsächlich finanziell waren, sondern sich ganz selbstverständlich zeigten als unterschiedliche stile, schulen, kunstformen, geschmäcker, altersklassen, was auch immer. ich hoffe, es liegt nur an meinem alter, dass ich die ganzen nuancen nicht mehr wahrnehme.

ist aber auch die lebensphase, wo das gespräch oft aus heiterem himmel aufs thema alterssicherung kommt, was planst du, wird es gehen? in meiner generation erzählen dann grad die freiberufler nicht von reiseplänen, dochnoch gitarre, endlich französisch oder ähnlichem, sondern sagen nichts mehr nach ein paar zynischen worten.

jedenfalls. mal wieder vorgenommen, häufiger zu kochen, was ich kaum noch tue, seit die jungs ausgezogen sind. ich nehme gefühlt zu, wann immer ich abends was esse, aber das kann ich ja ignorieren, oder ich könnte mein asia-gemüse-repertoire mal reanimieren. schon vorgenommen, mit den nachbarn zu essen, dann lohnt sich auch mal wieder ne lasagna. lasagna-kilos sind goldene kilos. grade selber mit einem husten beschäftigt, also die erste hühnersuppe des jahres, mal nach einem empfohlenen rezept von herrn droste selig, mit ingwer, curry und honig. mal schauen, vor parmesan mache ich aber halt.

habe auf ebay einen alten edlen norwegerpulli erstanden, wohl aus den neunzigern, für wenig geld, und er fühlt sich an wie eine ganze behausung, warm und leicht. er riecht nicht, hauptgrund gegen den erwerb gebrauchter kleidung, ein zweiter, für noch weniger gekaufter, roch bisschen, also nur einen tick, nach alten leuten, den hab ich gründlich gewaschen, jetzt ist er wie neu. tragen das auch die menschen in norwegen und island? oder sind die da total untragbar, wie etwa ein fransenhemd oder ein, … – mir fallen keine untragbaren klamotten ein, halt, eher: werden sie dort nur in einem definierten kontext getragen, wie eine lederhose oder ein dirndl? der große hat auch so einen zum geburtstag bekommen, allerdings neu, und trägt ihn sehr gern.

inzwischen kann die kälte gerne länger dauern, ich mag es auch, wenn ich so verschwinden kann in winterkleidung, meine italienische jugend ist einfach sehr lange her. berlin ist ja leider immer einen tick zu warm und zu belebt für richtig guten schnee, er taut, gefriert wieder, man rutscht, es wird alles ein schmutzig graues elend.

falls ihr gesund seid, geht bitte auch dieses we auf eine demo gegen rechts, schon zur selbsttherapie, soviele menschen sind da unterwegs, alle altersklassen, von schüler*in bis rentner*in, ich hab da so ein wir-gefühl bekommen, wie sehr lange nicht mehr, wir haben etwas zu sagen, und es spielt eine rolle, was wir zu sagen haben. inzwischen habe ich sogar den eindruck, dass die demos etwas bewirken, anders als noch letzte woche, einfach weil es so viele sind, überall, andauernd. sie sind hilfreich bei der selbstvergewisserung als mehrheit. ich weiß nicht, ob sie jemanden vom wählen der afd abhalten, vermutlich nicht, aber es gilt weiterhin: keinen fußbreit den faschisten und nazis.

kw 2

kälte ist selten geworden, dabei kommt sie ja jedes jahr für ein paar tage. erinnert ihr euch an die jahre mit minus 18° bis in den märz? das grün-blau schimmernde eis auf den bürgersteigen bei den hunderunden, vorbei vorbei. die kälte beisst noch in die beine beim radfahren, man vergisst sie nicht, auch wenn man im warmen sitzt, sie bleibt in der wahrnehmung wie etwas solides, das mag ich, innen und außen sauber getrennt. auf der strasse war es nicht glatt, überall sonst schon, komme mir auf dem rad aber eher dämlich als cool vor. ich mag dieses jahr auch das bewusste einkleiden, schicht um schicht in die wärme, baumwolle-seide-wolle, fast schade, dass es schon wieder über null grad sind.

genervt von der stadt berlin, die mit der inflationszulage (pdf) nicht herausrückt, dabei hatte ich die praktisch schon ausgegeben, und nicht, weil ich auf großem fuße lebe, sondern weil die gasnachzahlung ein riesenloch gerissen hat. silly me. januar bis märz wird es werden, also wohl april, wenn wir glück haben. fühle mich und meine arbeit nicht gewertschätzt, dabei geht es mir ja noch gut im öffentlichen dienst, obwohl ich für größere rücklagen nicht genug verdiene. weiß nicht, wie die mitarbeiter der privaten und kirchlichen träger durch die angespannte lage navigieren können, also ohne unterstützung durch partner*in oder familie. wir können ja wohngeld beantragen, wenn es eng wird, sagte im november der verhandlungsführer der tdl. pff.

edit: es wird in berlin doch schon im februar überwiesen, alles gut.

morgen auf eine demo gegen die afd gehen, obwohl ich nicht weiß, ob das wirklich hilft. inzwischen bin ich ja eher im alter für die omas gegen rechts, egal, sucht euch was aus, die aufrufe werden bis morgen vielleicht noch mehr. bei der einschätzung dieses treffens in potsdam bin ich eher beim kommentar aus der taz, zuviel aufmerksamkeit für diese paar traurigen gestalten, aber jetzt rollt die welle, man kann sie nicht mehr aufhalten, nur noch reiten. auf der demo wird es bestimmt sprüche für ein verbot geben, afd, nee nee nee, aber der weg dahin ist lang, das ergebnis unsicher, wie ein verfassungsrechtler im zdf erläutert, das ist frustrierend. also die rechtsradikalen positionen dieser partei als faschistisch oder präfaschistisch kennzeichnen, die grenzüberschreitung sichtbar machen, als demokratiefendlich deklarieren? damit jeder weiß, wen er da wählt.

hmm. schwierige lage. ich hoffe, da sind profis dran, harhar. zur erinnerung der sehr lesbare text von eco (auf englisch) über seine kindheit im faschistischen italien, mit den berühmten 14 punkten, an denen sich faschismus zeigt.

der soundtrack dazu. gleich festgehört, wollte nur mal wieder winterreise, weil mitten im tiefen winter usw., und für die bekannten versionen (die von matthias goerne mag ich zb) ist die zeit dann doch zu offen, unklar, brüchig, you name it, und maurenbrecher hat wirklich was neues draus gemacht. omg, ist das auch schon wieder 10 jahre her? das ist bitter.

hups, wieder soviele links, bitte um entschuldigung. ich hoffe, meine ausflüge ins politische geschehen bleiben so fremdverankert sozusagen, ich möchte nicht, dass die politik einen größeren teil in meinem alltag hat, demokratie lässt einen ja in ruhe, nur die despoten wollen einen teil an allem haben, überall mitmischen, den ganzen menschen. ich bleibe lieber allein damit beschäftigt, mein schiefes geheimes selbstbild gradezurücken (dieser satz ist ohne rechten zusammenhand, er stand als erster im posting, den hab ich mir irgendwann mal notiert und wollte ihn einbinden).

kw fast rum

ich kann gar nicht entscheiden, ob ich dieses jahr zu weihnachten stress haben werde oder nicht, aber sagen wir mal, es würde mich überraschen, ich mach das ja nun schon eine weile alleine. zuviele geschenke, immerhin diesmal auch eine kleinigkeit für mich, mit einer grandezza gekauft, die ich schauspielern musste, sehr stranges und gutes gefühl, dabei immer die hausfrauenstimme, die bist du irre? du bist irre sagte. das war sehr lustig. noch kein baum im haus, heut keine zeit, da mit freundin nachmittags in die philarmonie. ganz gut gefüllt, es gab chormusik, am schönsten das letzte, ein federleichtes, fein und einen tick zu glatt durchharmoniertes te deum von charpentier, es hat uns mit einem alles-wird-gut-gefühl in den frühen abend entlassen. am liebsten mochten wir die paukistin, sie wirkte sehr gut gelaunt. dies jahr kein wo gehört, dafür die matthäuspassion, immerhin, immerhin. mir vorgenommen, endlich mit brahms anzufangen, weil ihn jemand auf bluesky jeden morgen spielt. herreweghe ist eine gute brücke, da ist der weg nicht allzu weit.

kann mich nicht erinnern, jemals nach einem besuch in der philarmonie nicht viel mehr klassik hören gewollt zu haben, genau, die gute absicht verläuft sich schon im satzbau.

neulich auf einem 60. gewesen, mehr frauen als männer zu gast, zwei in der runde hatten in der letzten woche jemanden beerdigt, und ich bin nur nicht hingegangen, auf die beerdigung, sonst wären wir zu dritt gewesen. wir reden über erd-vs feuerbestattungen, was uns lieber wäre, und wie man ev eine urne entführen kann, wenn man sie lieber im eigenen garten hätte. wir reden über unsere großen kinder, die jobs, unser alter, wir sehen alle jünger aus, noch ein weile, noch dieses jahr, vielleicht das nächste.

multitudes*

diese woche 2 streiktage gehabt, einen halben mit sehr vielen leuten auf einer demo der gewerkschaften verbracht, lange mit kolleg*innen durch die kälte gelaufen. jetzt gab es wohl gestern doch noch das erste angebot von arbeitgeberseite, heute ist letzter verhandlungstg, ich rechne mit nur symbolischen gaben, aber es ist schon besser als vor einer wand zu stehen und dort herumzudemonstrieren. bei mir überraschend ein schönes gefühl in der menge, eine gute masse, keine indifferente, die gemeinsamkeiten größer als die unterschiede. wie früher bei den demos der 80er, als vielleicht die projektionen noch einen größeren anteil in der selbstwahrnehmung hatten. mir haben diese tage geholfen beim ankommen im beruf, ich kann inzwischen mit gewissem selbstverständnis sagen, was ich mache im leben und fühle mich ggü all meinen freund*innen mit karrieren und jobs in chefetagen, unis und kliniken nicht mehr so anders.

edit: es gibt eine tarifeinigung, ich hoffe, die gilt diesmal auch für den tv-l in berlin.

in den letzten beiden wochen am freitag nach feierabend vor eine synagoge gefahren, um dort als eine art mahnwache zu stehen für die menschen, die am freitag nach sonnenuntergang den sabbat beginnen wollen. wenigstens irgendetwas tun können. im oktober hatte es dort einen brandanschlag gegeben, vor dem eingang ist ein großes areal abgesperrt, fast eine hausbreite. die gemeinde stellt für uns kekse und tee bereit, rabbi dovid roberts kommt nach dem gottesdienst zu den menschen und bedankt sich, meine freundin und ich haben einen kloss im hals. unfassbar alles, und ich zögere, als nichtjüdin shabbat shalom zu wünschen, weil ich das noch nie gemacht habe, trotz lebensalter und agnostizismus. es wurde zeit. die hoffnung, dass der anschlag ein einmaliger akt irgendwelcher idioten gewesen sein möge, aber man weiß es nicht, man weiß es nicht. eher nicht. kommt doch am sonntag zur demo gegen antisemitismus.

wie das online-daten die wesentlichen elemente der debütantenbälle des 19. jh wiederaufnimmt, der große marktplatz, jeder sein eigener ball, die sichtbaren und unsichtbaren fäden, an denen wir alle hängen. am hilfreichsten die äußerung einer therapeutin zu einer freundin: darauf achten, ob der mensch einem gut tut, und ob es ihm wichtig ist, wie es mir geht mit ihm. ob er fragen stellt und zuhört. und dann ist es doch nur wieder olle magie.

adventszeit ist dieses jahr unruhiger als sonst, es ist zuviel bewegung überall, zum jahresende vermisse ich die bücher, die ich nicht gelesen habe, es sind zuviele. wieder mehr ins theater gegangen, dabei die schaubühne komplett ignoriert, weil sie mir zu weit weg ist. bequemer geworden, müder gewesen. einmal oper. paar gute konzerte. keinmal getanzt, nur paarmal ein bisschen gewippt, das ist verrückt, ich werde das noch nachholen müssen. zuwenig sex, aber es war schön. okayes jahr für mich, aber die welt macht mir zum ersten mal seit teenagerjahren (atomkrieg) richtig angst, mit dem klimawandel an platz eins und dem ganzen rest danach. ignorance wäre bliss.

*auch dieses jahr wieder ein ein lieblingssong.

november, november.

merke die weltlage an einer nervosität, die alles unterlegt, die konflikte sind immer nur einen gedanken weit weg. die zeitschrift micromega, die ich schätze, stellt sich klar auf die seite der palästinenser und differenziert nicht zwischen hamas und zivilisten, ich merke beim lesen, wie sehr ich da bei habeck bin. unfassbar, dass eine zeitschrift die nachrichtenlage nicht hinterfragt und sich nicht um faktencheck bemüht, anderslautende berichte (israel habe eine bombe aufs krankenhaus geworfen vs eine beim start explodierte rakete von der hamas) schlicht ignoriert und vom „genozid“ an den palästinensern schreibt, der 7. oktober wird nur nebenbei erwähnt. selbst wenn es schwerfällt, sich für eine version der geschichte zu entscheiden, gehören beide genannt. zur weltlage habe ich das interview mit dem autor etgar keret gern gelesen. der antisemitismus, der sich auch in berlin zeigt, ist jedenfalls unerträglich.

bei der kaltmamsell den hinweis auf einen blogpost bei rungholt gefunden, den ich euch ans herz lege.

händel-schlager für den grauen november. grad fällt mir ein, wie ich diese arie mal den söhnen vorgespielt habe, „das ist eine oper“, und die kids: „ja, opa singt.“

es sterben weiterhin menschen aus meinem umfeld, mit ende fünfzig/anfang sechzig scheint es da eine art erster runde zu geben, krebs oder herz-kreislauf, mit mitte sechzig ist der fluss dann hoffentlich schon fast überquert. die statistik klärt die wahrnehmung, es geht eben jetzt los, ab mitte 50 sterben mehr als doppelt soviele menschen wie bis 50, ab dann geht es in ähnlichen schritten weiter. ich rechne nicht damit, besonders alt zu werden, würde es aber gern, deshalb kümmer ich mich so gut wie möglich um meinen diabetes, der nach wie vor schwer einstellbar ist. mein eigenes leben findet seit jahren, sehr zu ungunsten meiner karriereplanung, deutlich mehr im augenblick statt, ich freue mich dauernd über irgendwas, einerseits aus bewusster entscheidung ob der unsicherheit des lebens allgemein, andererseits weil ich ein eher geruhsamer mensch bin. ich weiß, dass ich mich kümmern muss und tue das, und kann leute nicht richtig verstehen, die ihre gesundheit als gegeben ansehen, statt als geschenk, dass es zu hüten gilt, sry für satzbau.

im letzten jahr hatte ich in einer mischung aus nostalgie und sentiment meinen söhnen adventskalender zugeschickt, richtig originelle (für den angehenden bio-lehrer einen insektenbausatz), mit dem hinweis, damit erst am 1. dezember zu beginnen, woraufhin der kalender auf einem schrank landete und dort erst ostern wieder zum vorschein kam. ich hab die lektion gelernt und dieses jahr nur für mich einen gekauft, einen trekkie-kalender, mein hausgast ist zum glück auch pro weihnachten. oh, der ist schon vergriffen, hätt ich mal früher gepostet! aber der mit einer mini burg blaustein ist noch verfügbar.

jetzt, wo mein eigenes leben nicht mehr prekär ist, wird die welt zunehmend prekär, oder scheint das nur so, weil ich kapazitäten freihabe dafür?

julian lage, institut français

vorgestern mit den öffentlichen zum konzert des jahres gefahren, riesiger fehler, habe 90 minuten bis zum q-damm gebraucht, statt der geplanten 40 minuten, also nur noch einen platz in der drittletzten reihe bekommen, mit glück, der saal war voll. musste den letzten kilometer mit dem taxi fahren, sonst wäre ich zu spät gekommen, erst um kurz vor acht die vier stockwerke hochgestiegen bis zum boris vian saal. drinnen über das publikum gefreut, es war mehrheitlich viel jünger als ich, hab bisschen bedauert, mich nicht mehr um begleitung bemüht zu haben, weil bei mir die begeisterung eigentlich ein gegenüber braucht. die stühle dort haben lehnen, die sehr weit hinten sind, es fühlt sich an wie 45°, also aufrecht geblieben, weil ich näher dran sein wollte. das ging vielen so, am ende habe ich mich vorne an die wand gestellt, weil es mich nicht mehr gehalten hat auf dem sitz

erst nach ein oder 2 minuten konzert habe ich den ärger loslassen können, es hat einen ordentlichen punkt auf meiner anti-berlin-liste gegeben. aber es ist julian lage da vorne auf der bühne, und wenn er spielt, wird meine gesamte aufmerksamkeit gebündelt, wie eisenspäne von einem magneten, ich erinnere das von den anderen konzerten, und kann zusehen, während es passiert, die mühelosigkeit dabei fühlt sich magisch an.

julian lage und jorge roeder auf der bühne des institut français in berlin

zusammen mit dem bassisten jorge roeder, die beiden habe ich 2018 schon in empoli gesehen. ich erkenne die stücke nicht, habe jetzt beim suchen gemerkt, dass die gefunden aufnahmen lange nicht so wild, schnell und frei sind wie gestern beim konzert, die waren fast schwindelerregend perfekt. und wie er dann auf unerwartbare harmonische lösungen kommt, aus zb einem rasend schnellen lauf über das gesamte griffbrett, um dann in großer schönheit ein paar sekunden lang runterzukommen in etwas unerhört schönes. und das mehrere male in jedem einzelnen stück. das publikum ist total mitgegangen, gab viel ah und oh beim zuhören, so unwillkührliche ausrufe, ist mir auch paarmal passiert, obwohl ich das eigentlich mega blasiert finde, aber hey. es wurde gelacht und geyeaht und es gab szenenapplaus, akkordapplaus, lage hat sich nach der ersten halbzeit beim publikum bedankt, es hätte tiefgang (depth meine ich gehört zu haben), es sei außergewöhnlich fun, hier zu spielen, aber das sagt er vielleicht immer? ich fand sein spielen atemberaubend. nach der ersten hälfte hat er sich kurz die hand gehalten, gleich sorge, dass ein normaler organismus so ein spiel gar nicht aushalten kann, aber er ist ja noch jung. er hatte beim konzert eine akustische gitarre, ich glaube, die collings.

es gab zwei zugaben, von denen die erste sensationell gut war, die beiden haben sich über den abend gefreut, so mein eindruck, ich würde so gern mal eine einschätzung der künstler hören, wie bei den fußballern nach dem spiel, „ja, bei „northern shuffle“ haben wir uns bis zum thema richtig schön zeit gelassen“ oder so (wusstet ihr, dass es eine seite extra für setlists gibt?)

auf dem wiederum anderthalbstündigen heimweg bedauert, keine kopfhörer mitgenommen zu haben, um noch ein bisschen länger im musikalischen raum bleiben zu können. das war nach dem geburtstag neulich schön, im stillen, dunklen taxi nach hause gefahren mit mek, fürs nächste konzert überlege ich mir das.

8. oktober 2023

die absurden gegensätze dieses tages. der krieg in israel macht druck auf der brust, versuche bisschen darüber zu lesen vorm aufstehen, aber die fassungslosigkeit wird nicht kleiner, die angst und sorge. ich schaffe es ehrlich gesagt noch während dem frühstück gut, das dann komplett zu verdrängen, und gehe voller vorfreude auf einen lang geplanten museumsbesuch mit dem g.-zwilling, der d.-zwilling konnte leider nicht, wir waren jedenfalls endlich noch einmal im pergamon, bevor es auf jahre schließen wird. ich nutze für die berliner museen jahreskarten und brauch keine zeitfenstertickets, musste aber trotzdem 25 minuten anstehen, um die neue karte zu kaufen. früher gabs die im abo, das ich immer vergessen habe zu bezahlen, jetzt holt man sich halt jedes jahr ’ne neue, das ist einfacher. habe dem sohn gleich eine ermäßigte spendiert, der war aber beim kauf noch nicht da, also ich mit foto von seinem studiausweis, ließ die bemerkung fallen „man muss sie ja zwingen zur kunst“, und die trotz riesenschlange und hunderten von leuten entspannte mitarbeiterin entgegnete mir energisch: „nein, das stimmt nicht, das funktioniert nicht“, und erklärte mir, warum das bei ihr nicht funktioniert habe, ich sagte meinen zweiten eher blöden satz „sie sind ja jetzt im museum“, sie „ja, an der kasse“. wir gingen mit einem lächeln auseinander, ich hab sie sehr bewundert. das museum sehr voll natürlich, aber die kunst ist so groß und wirkmächtig, das stört gar nicht. mit g. rede ich darüber, dass die kunst eigentlich nicht hierher gehört, er erzählt von den forschern, die zu dritt oder viert eine unmenge an stücken untersuchen sollen, wollen, müssen, und bis das geschehen ist, können die sachen nicht zurückgefordert werden, weil sie noch erforscht werden. es wird also noch jahre oder jahrzehnte dauern, und es klingt sehr nach einem arbeitsmodell, bei dem das eigeninteresse des museums im vordergrund steht.

dummerweise im museumsshop vorbeigekommen, der ist da schrecklich, riesengroß, voller kram, der nice to have ist, „es ist schrecklich hier“, sagte ich an der kasse, „ja, das sagen viele“ antwortete die kassiererin, bevor ich noch einen kleinen sticker mit nofretete (wozu? um himmels willen, ich werde den nie tragen) in die schale lege. es war ein teurer, aber sehr schöner tag im museum.

nachher bin ich mit dem g. noch in den neubau gegenüber dem bode-museum ins café gegangen, wir haben uns das pergamon- panorama angesehen und haben einen kaffee getrunken, mit bester aussicht auf die museen, ein toller ort, nur die focaccia war alle. danach ist er weiter und ich bin noch kurz rüber in die alte nationalgalerie, um mir die secessionen-ausstellung anzusehen, das kleine triumphgefühl, wenn man an der sehr sehr langen schlange einfach vorbeilaufen kann, wegen jahreskarte, das hab ich dann einfach genossen. maske vergessen, leider, aber wenig gehuste, die saison beginnt erst noch.

bis heut früh noch dieses körpergefühl „hund“ in den sinnen gehabt, wo liegt sie, was braucht sie, bewusst gedacht: sie ist wieder weg. gefühl zwischen vermissen und erleichterung.

kw frei

beim verfolgen der reise von mek + k nach spitzbergen ein mir unbekanntes stück land entdeckt, eine große insel, die zu europa gehört, nowaja semlja genannt. eine weile gefreut, neues land, wie aufregend, warum kenn ich das nicht, über google earth bilder geguckt, schöne, karge und kalte landschaft, keine stadt gefunden, nur ein paar einzelne häuser. dann nachgelesen, seitdem entsetzt; es ist ein testgebiet für atomwaffen. hunderte wurden da gezündet bis 1990. die menschheit verdient wirklich alles, was auf sie zukommt.

mit der hündin und mit frau wortschnittchen und ihrem max eine hunderunde gemacht, mit anschließendem kuchenessen mit frau modeste, wie früher eigentlich, wunderbar. heute werde ich frau ruhepuls sehen, nach jahren.

auf den spaziergängen mit der hündin treffe die menschen, die sich an mich mit emma erinnern, sie freuen sich und zeigen daumen hoch, fragen nach, dann erkläre ich meinen urlaubshund. ich bin mir ja nicht einmal sicher, ob ich diese bekanntschaften ohne ihre hunde wiedererkennen würde, mit ein zwei ausnahmen, wo die freundschaft einen weg ins restleben gefunden hat. vermisse das entspannte soziale mit- und nebeneinander auf hunderunden.

habe die woche frei, bis jetzt hab ich keins der dinge getan, die ich mir vorgenommen hatte, schreibtisch (den ich nicht mehr nutze seit dem neuen job) aufräumen, bücher fertig lesen, meine konzentration ist grade nicht nachweisbar. gitarre spielen. silber putzen. der herbst fängt einfach nicht an, es bleibt kurzärmelig warm, das gefühl ist befremdlich. wenn die grenzen der jahreszeiten so verschwimmen, sich auflösen, ganz woanders liegen, scheint nix mehr sicher, auf eine nicht nur negative weise, vielleicht ist viel mehr änderbar, als ich glaube, vielleicht sind sogar neuanfänge noch möglich, so ganz unauffällig mitten im geschehen, naaa, ich fang zu plaudern an.

25. september 23

nachmittags anderthalb stunden über einen friedhof spaziert, um ein grab zu finden. m. hat geburtstag, er wäre jetzt so alt wie ich. der einzige weg, wie sich der altersunterschied zwischen zwei menschen vergrößern kann. wie altert jemand, der tot ist? eine weile nachgedacht, was ich anziehen soll, weil er schöne schuhe liebte, mich dabei nicht albern gefühlt, mal schauen, wie sich das entwickelt über die nächsten jahre. noch jemanden mit blumenstrauss getroffen, ich rufe seine familie an, die andere frau findet schließlich das grab, es liegt direkt neben einer dicken, vielleicht anderthalb meter hohen hecke, die bei der beerdigung im letzten november noch nicht da war. auf dem grab ist eine fahrradklingel befestigt, sehr schöne idee. das radeln nach kreuzberg genossen, ein warmer, sonniger septembertag. durch die sucherei war es zu spät, um am grab zur ruhe zu kommen, aber in zukunft werde ich es wiederfinden können. alles intensiv wahrgenommen, das leben ist kostbar.

kws 37 + 38

familienfeste sind schön geworden, seitdem wir sie selber veranstalten. der moment, wo wir alle abends im garten sassen und der große von einer kleinen runde mit einem ausgestopften mäusebussard zurückkam, „hat jemand rausgestellt“, kurz drauf kam noch eine etwas zombiehafte elster und noch ein vogel dazu. der bussard wurde an die wand gehängt, aber niemand wollte sich darunter hinsetzen. später lief ein reh durch den vorgarten, aber das hab ich nicht gesehen. es gab großartiges essen, selbstgebackenes brot, gespräche, fotos, geschichten, einen spaziergang an den fluss mit füßen im wasser. gefühl einer übergabe an die nächste generation, die jugend unter ca. 30 war in der mehrheit, lächeln, lachen, gegiggel und geplauder überall. eine tolle familie, vielen dank an die cousine, die das in ihrem haus und garten veranstaltet hat. rückfahrt mit beiden zwillis, der freundin des einen und meiner mutter, das war auch eine sehr nice sache.

neulich früh auf der stargarder (fahrradstrasse) lauter polizisten, die autofahrer anhalten, sehr erfreulich. die eine dame im dicken bmw-suv mit münchner kennzeichen, die das fenster runterlässt und „ich bin anlieger!“ brüllt, „anleger, anleger“, will man da antworten, aber es fällt mir natürlich nicht schnell genug ein.

die jungs fehlen mir. das nachgekaufte lego ist bei mir eine sentimentale erinnerung an die zeiten, als hier dauernd lego gebaut wurde, an die weihnachtsabende im steinübersähten wohnzimmer, überhaupt an das viele spielen und bauen in der wohnung, die stimmen und streits, das aufräumen und das chaos. wenn die söhne mal hier sind, ignorieren sie mein lego, natürlich, sie sind da rausgewachsen, es ist meine trauer, nicht ihre.

heute zum kaffee mit einer liebsten freundin ins cafe am neuen see geradelt, bzw es versucht, nicht durchgekommen, der gesamte tiergarten war mit hohen stellzäunen abgeriegelt, wegen einem skatermarathon, ich konnte nicht einmal den radweg am 17. juni nutzen. die angst der leute vor gewalt ist bestürzend und fühlt sich übertrieben an, besonders natürlich, wenn man deswegen viel zu spät kommt. oder fürchten die veranstalter quereinsteiger? ich erinnere jedenfalls das eine mal, als ich mit den kindern innerhalb des abgesperrten 17. junis war, irgendein fussballsieg, und wirklich gestresst davon war, nicht einfach durch den park weggehen zu können, wegen den meterhohen zäunen, man fühlt sich wie ein kaninchen im gehege, ein hamster im rad.

das café nach der renovierung dann ein echter reinfall, viel zuwenig personal, überall steht benutztes geschirr auf den tischen oder regalen herum, die himbeerlimo schmeckt nach wasser, der kaffee kam kalt nach einer halben stunde. meiden sie das, es macht traurig. wir aber lagen in den sofas und haben es genossen, uns mal wieder zu sehen. das rückradeln dann auf umwegen, aber ganz schön, herrliches wetter, wollte dann noch schuhe gucken am hackeschen markt und musste erneut feststellen, dass die zeit nicht stehenbleibt, keine läden übrig, nur camper und luccicco.

volksbühne – mein gott, herr pfarrer!

ein problem des spätmittleren alters ist dieser unklare mangel, den frau nicht genau begründen kann. lässt der verstand nach, ist das gedächtnis einfach von alleine zum sieb geworden, hab ich jetzt wirklich schon mit ende fünfzig arthrose, ist es ein leichtes postcovid, oder sind es die wechseljahre? geht das vorbei, oder bleibt das so? der bauch wird wohl sicher bleiben. es ist ein kreuz mit dem frausein.

dann lieber theater, gestern erst hinten, dann wegen leeren plätzen im mittleren drittel gesessen, sophie rois und inga busch sehen beide alterslos und jung aus, da ist vielleicht aber auch die entfernung von der bühne besser als cgi oder andere maßnahmen, und nope, das vergleichen kennt kein halten, ist aber nicht mehr so existentiell bedrohlich wie früher die wahrnehmung von schönheit anderer frauen, die waren fast alle immer schöner, jetzt ist es mehr interesse. das altern schafft gleichheit, es ist sehr demokratisch.

nicht mehr alles hören können leider, aber das stück war solide, pointiert, also mehr pointen als handlungsverläufe, einzelne zeilen sind so gut, im ernst, ich versuche dann da in meinem stuhl mir die zeilen zu verinnerlichen, aber derweil geht ja das stück weiter, nicht schlimm, man kommt immer wieder rein in den flow, das synchrone vs das diachrone theater, wie immer denke ich dann beim zuschauen, ich hätte vielleicht etwas verpasst, würde gerne nachschauen (ein paar pollesch-stücke gibt es als buch, aber viele sind nicht zum nachspielen freigegeben, falls jemand weiß, wo man sie zumindest nachlesen könnte, bitte gerne!), das stück passiert im text, im wortwechsel, im gespräch.

das bühnenbild war toll, es ist mehr eigene kunstform als nur ergänzung und staffage, das gefällt mir, es gab auch einen mädchenchor, der halleluja und ein kyrie gesungen hat, ich weiß nicht, der gehörte irgendwie mehr zum bühnenbild als zum textanteil des stücks. der taz-kritik entnehme ich heute, dass der bergman-film von 1962 „licht im winter“ fürs stück eine zentrale referenz ist, nun ja, hätte ich das gewusst! es hätte nichts verändert vermutlich, das stück trägt sich selber, mit leichtigkeit. ich les ja vorher keine kritiken. so blieb ein bisschen offen, woher allgemein das thema jetzt gekommen ist, wobei die klare und herzzerreißende frage „mein gott, warum hast du mich verlassen?“ natürlich seit zweitausend jahren im raum steht, und, wie sophie rois im stück sagt: „es hat immer noch niemand geantwortet.“ auch sehr schön: „alle reden immer von erlösung, aber hier sind gar keine erlösten.“ (oder so ähnlich). sie ist ein energiebündel, wirkt wie eine tänzerin, die jederzeit alles vom stapel lassen kann, wie bei sehr guten musikern spürt man bei den leisen, eindringlichen stellen, wie gut sie ist. sie füllt den raum. benny claessens übrigens genauso sensationell, bei ihm kommt mehr emotion rüber, also wenn ich meine jetzt paar tage später aufplopppenden erinnerungen richtig deute, die körper/stimme-einheit funktioniert irgendwie anders, von seiner körperlichen präsenz ist mehr spürbar. sehr gern gesehen jedenfalls, geht hin.

danach gegenüber der vb noch ein bier vorm hostel, umgeben von sehr, sehr jungen menschen, die alle zigaretten, sogar zigarren!, und ein bier in den händen halten, teilweise gleichzeitig. sie kommen aus holland und sind das wohl gewöhnt so.

die ankündigungen vom datingportal („sie haben post!“) lese ich inzwischen mit ähnlichem gefühl wie die von der lottogesellschaft („sie haben gewonnen!“)- die nachrichten lassen sich in etwa zusammenfassen mit „hi, hier sind 3 euro fuffzich, und ich seh keine likes.“

volksbühnenlärm

ein lauter und wilder und gelegentlich zarter volksbühnenabend, zu dem ich völlig unbeleckt hin bin, ich wusste nicht mal genau, wann es anfängt, nämlich eine halbe stunde früher als erwartet, also mit dem rad hingejagt. im saal war die hälfte der leute auf der bühne, der zuschauerraum mit langen leeren sitzreihen. ich dachte mir, ich muss jetzt nicht mit auf die bühne, vielen dank, aber nein, ich bleibe sitzen. der text zum stück total überfüllt mit verweisen und namen, als hätten die autoren alles mit reingenommen, was ihnen entlang dem stück so eingefallen ist, ein wildes gedroppe von namen. licht aus.

dann kam sehr, sehr laute musik, also krach mit erkennbaren signalen, bassläufen, kreischen, es klang so, wie ich mir death metal immer vorgestellt habe, plus techno gleichzeitig. habe die ohrstöpsel verwendet, die beim einlass vergeben wurden, und mal abgewartet, aber nach 20 minuten ununterscheidbarem dj-ing oder was auch immer, mit den fingern in den ohren, wars mir zu doof und ich habe mir ein bier geholt. das publikum tanzte auf der bühne, der einlass sagte, nach einer stunde würde das theater anfangen, hab ich mich draussen aufs sofa gesetzt und gewartet. mir sind ja symbolische hinweise lieber als so ein angriff auf mein gehör, keine ahnung, was das soll, aber auf dem sofa und mit ohrstöpseln ging es. um kurz vor acht wurde es stiller, zwei frauen haben auf großen leinwänden über tolstoj, dostojewski und das leben und die liebe gesprochen, alles über mikro, dann pause. dann umbau der bühne, mit vielen riesigen fensterwänden, einem schlafzimmer, einem bad, das war toll, wie sie die wände eingeschoben und ausgerichtet haben, es entstand ein zur bühne hin geschlossener raum, nur das schlafzimmer und das bad waren einsehbar, über der bühne wird eine große leinwand aufgezogen, dann beginnt das zweite stück des abends, wir sehen es als eine art live-film, die kameraleute laufen hinter den schauspielern her, ein essen in einem großen salon, der film perfekt geschnitten, technisch und handwerklich sehr gute arbeit, leider habe ich jetzt, 4 tage später, schon wieder vergessen, worum es ging, um die liebe und das leben, aber es waren lauter geschliffene, zitierbare sätze dabei, es war spannend, toll gespielt, intensive szenen, mit sex und mord, gutes theater, halt der blick von außen auf diese menschen, die ihre letzte party feiern, immer weiter, bis dann die welt untergeht durch eine vorher rituell herumgereichte axt, alle im einverständnis, alle im wissen um ihr ende, das genau jetzt eintreffen wird – das war ein klares und funktionierendes bild.

es war dann irgendwann 23 uhr, nach 4 stunden bin ich in der zweiten pause gegangen, der letzte teil soll dann nochmals total anders gewesen sein, aber nuja, ich habe nicht den eindruck, etwas verpasst zu haben.

wochenende sehr ruhig verbracht, nur eine freundin zu einem spaziergang getroffen, samstag nicht aufgestanden, das war erholsam. lauter kram im netz gekauft, den ich nicht unbedingt brauche, eben fast noch ein dirndl, das überkommt mich jedes jahr zu oktoberfestzeiten, obwohl ich da nur in der vergangenheit einmal war, in der zukunft plane ich es nicht, dann überlegt, einen sari zu kaufen, weil die frauen in indien den ja auch bei sommertemperaturen tragen können, gemerkt, ich müsste 1 stunde früher aufstehen, um den richtig zu wickeln, würde ihn aber alles in allem lieber tragen als ein dirndl.

seit dem unfassbar lauten volksbühnenabend ist mein tinnitus viel lauter und schriller geworden, ich hoffe, das legt sich wieder, wäre ich amerikanerin, würde ich die verklagen auf körperverletzung. geht da lieber nicht hin.

peter fox in der waldbühne, 22. august 2023

der g.-zwilling war nicht dabei. wegen ihm wollte ich ja überhaupt zum konzert, er hat einen hammerjob als backgroundtänzer auf der tour von peter fox erhalten, die tour war ausverkauft, ich hab dann per serendipity über eine freundin tickets bekommen, die jemanden kannte, der welche loswerden wollte, für den 22. der g. wird leider erst einen tag später dabei sein, das hat er aber erst kurz vorher erfahren.

waldbühne berlin, peter fox mit tänzer*innen

ich war dann unsicher, ob überhaupt hingehen oder nicht, und meine begleitung war ähnlich zwiegespalten, wir haben uns dann bis paar meter vorm eingang damit zeit gelassen, die tickets wären wir zu jedem moment noch losgeworden. wir sind dann doch reingegangen, haben einen platz im oberen drittel gefunden, geschaut und geplaudert, immer mit dem gefühl, wenns doof wird, können wir ja gehen. dann kam nach anderthalb stunden erstmal der voract auf die bühne, eine paula hartmann, sehr charmant overwhelmed von der bühne, dem auftritt, dem leben, das war ganz süß, obwohl mir die songs zu sehr liebeskummer für ganz junge menschen waren („ich war noch nie verliebt„). es gab einen song, da sollte das publikum den mittelfinger zeigen, was fast alle mit begeisterung getan haben. da fühlte ich mich alt. dann laaange umbaupause. es war voll bis auf den letzten platz.

mit peter fox dann kam dann sofort sehr viel lebensfreude auf, auf die ersten takte schon, keine ahnung, wie sie das immer schaffen, das ist die hohe kunst, dass die musik sofort mit 100% im herzen ankommt, hochenergetisch, das publikum stand sofort auf, ich erst so innerlich ochnöö seufzend, stehen? aber dabei noch beim ausatmen in bewegung geraten. ich kannte die alten songs alle noch, konnte aber nicht überall mitsingen, anders als die menge wusste ich nicht immer sofort, was alt und was neu ist, aber es war auch gar nicht wichtig. gute musik ist ja eh zeitlos.

(der g.-zwilling war vorher noch nie dort, und konnte so die waldbühne das erste mal von der bühne aus erleben, was ich schon recht cool fand.)

wir sind dann geblieben bis zur zweiten zugabe, die ganze zeit getanzt, stillstehen unmöglich, und es passte einfach alles, ich fand es toll, dass er menschen wie den g.-zwilling und die anderen zum mittanzen engagiert hat, eine sehr demokratische bühnenshow, und sie waren alle vom ersten song an dabei, lauter junge leute. bei einigen passagen haben sich aus der gruppe die profitänzer herausgelöst, sich einen freiraum geschaffen, ohne sich in den vordergrund zu drängen, es wirkte ungeheuer organisch, ich mochte besonders die energiereichen dicken tänzer und tänzerinnen, habe mich beim mittanzen über jedes gramm auf den hüften gefreut. irre lebensfroh und bejahend, musik, herr fox, alles wirklich gut. platte gekauft.