mit dem neuen gerät teste ich mal safari als standardbrowser, und habe dort in den lesezeichen dutzende von blogs gefunden, die es nicht mehr gibt, nach sprachen sortiert. von den 40 italienischen blieben 4, von den xx englischen bleiben 6, viele wurden gelöscht, ein paar haben dann eben die letzten beiträge oben, von 2003, 2005. ein paar mal als letztes posting der hinweis auf ein buch. ich sollte vielleicht einfach schauen, was nachgewachsen ist. blogs sind ja häufig so äußerungsformen für bestimmte phasen im leben, dokumente eines übergangs, leute wie ich, die den kram auch ohne großen aufwand seit 2004 betreiben, als echokammer fürs ich, sind eindeutig in der minderheit, einerseits, andererseits gibt es fast alle blogs, denen ich folge, schon seit mindestens 15 jahren. es ist wie ein freundeskreis, der sich im lauf der jahre verändert, auch da ist der raum für neue kontakte irgendwann besetzt, es bleibt keine zeit übrig im alltag, die geduld fürs kennenlernen geht woanders drauf. im wirklichen leben sind dann irgendwann nur noch 5 freunde übrig und man wundert sich, im virtuellen gerinnt die illusion, sich zu kennen, zur wirklichkeit, wir lesen ja nur, nehmen nicht teil, gehen nicht miteinander aus (oder zu selten), haben eine sehr passive rolle. wir sind, wie neulich geschrieben, ersatz gewöhnt.
seit 2 stunden wach, immer noch dunkel. es ist 8:05. genieße die ruhe, wobei ich beim ausgeruhten aufwachen wie heute den trubel der kinderjahre doch einen hauch vermisse. vor ein paar tagen ist mir klargeworden, dass dieses jahr nur ein sohn die ganze weihnachtswoche hier sein wird, der andere nur über die beiden feiertage, g.-zwilling bleibt in chile. ich hoffe wirklich, dass zumindest ein bis zwei söhne sich später mal im berliner raum niederlassen, dann kann man sich zum pranzo della domenica treffen oder mal zum kaffee. im älteren freundesumfeld vergehen bis dahin um die 5 bis 10 jahre, bis berufe gefunden, familien gegründet werden. bei der weltlage grade ist es schwer abzuschätzen, was bis dahin alles passieren kann. lieber ausflüge, kultur, essen planen, um die kids zur anwesenheit zu verführen. lieber gegenwart.
neulich beim heimkommen auf einer fensterbank ein neues buch gefunden, fretten von helena adler. vorne hat jemand mit kugelschreiber „helena adler“ reingeschrieben, vielleicht habe ich also ein signiertes buch gefunden. ihr schreiben ist sehr dicht gefüllt mit vergleichen, metaphern, alliterationen, mit sprachspielen, die das geschriebene mit bildern und bedeutung überfüllen, die aussageebene ist gar nicht mehr erkennbar. es ist sprachlich opulent und sehr barock, mir ist das nach 30 seiten zu viel, ich glaube, mich stört, dass die interpretation und wahrnehmung der inhaltsebene so sehr vorgegeben ist durch die vielen bilder, da bleibt wenig raum für eigenes empfinden.
es ist ein dominanter text, ich mag das zuweilen, wenn der/die autor*in einfach um eine gewisse vollständigkeit bemüht ist, also detailliert und vollständig beschreibt, was zu sehen oder fühlen gibt, obwohl ich da auch manchmal das vertrauen in mich als leserin vermisse. die expressionistische bildlichkeit, ihre übertreibung ist eine interessante neue variante von dieser art inhaltlichem horror vacui, weil ihr ziel eine ebene tiefer liegt, in meinen kopf hinein will, weg vom text. sie lässt keinen raum für meine interpretation, meine eigene textwahrnehmung, ich kann nur das überaus intensive empfinden der autorin im text rezipieren sozusagen. sie findet großartige bilder, sinnliche, reich an gerüchen, körperlichem, das ist einzigartig. vielleicht ist es mir zuviel, weil ich gerade wenig erlebe, ein reduziertes leben führe und es genieße? werde das buch zurückbringen aufs fensterbrett.