wie eigentümlich schwierig es ist, einen mann zu finden.
wie eigentümlich schwierig es ist, einen mann zu finden.
in der einen hand bananenschalen, eine leere wasabidose, klopapierrollen und drei eishölzchen, in der anderen zwei gläser und zwei einzelne socken und ein maßband, so steht man vorm fernseher, aufgehalten vom kind, dass einem die tolle stelle im soundtrack in den letzten minuten des abspanns vom grand hotel budapest noch vorspielen will und dabei eifrig whatsappt.
die optikerin, bei der ich die im internet intensiv beworbene gleitsichtbrille erstehen möchte, als ich beim unterschreiben des auftrags den kopf zurückschiebe, um unter der brille durchzugucken: das müssen sie dann bald nicht mehr machen. wir haben uns kurz alle wesentlichen lebensdaten mitgeteilt, als rauskam, dass ich grade eine hundeausbildung mache (wo arbeiten sie? ich: vorm computer und im feld) und sie schon eine hinter sich hat, trainerschein rallye obbedience, kommt raus, ruft sie in den hinterraum, und ihre beiden angeleinten hunde laufen in den laden. skonto bekommen. dann beim gatten bezahlt, der vom skonto nix wissen wollte.
wenn ich nach solchen situationen aufwache, ist immer der notarzt da. die scham kenne ich auch, sie entsteht nicht nur wegen möglichen fehlern, sondern stammt aus einer sehr tiefliegenden bewusstseinsschicht, du hast mich total hilflos gesehen, der allgemeine wahn der selbständigkeit in allem machts nicht einfacher.
7:31, die haustür fällt ins schloss, letztes kind raus. draussen ist es sehr hell, blauer himmel mit wolken, auf denen schon die sonne leuchtet, lesen ohne lampe. first time this year: winter überstanden, nur noch die trockenheit und kälte müssen besser werden.
eine zweidrittel-mehrheit der kinder, die ich kenne, lernen ein instrument. zwei davon sind, wie sich herausgestellt hat, zur musik geboren, eine studiert jetzt klavier in hamburg, und der grosse sohn hat einen gitarristen in der klasse, der jedes wochenende mit einer seiner bands auftritt, jemand, der sich in seinen solos verlieren kann und schon recht anhörbar herumjammt.
(alle paar monate ein ähnlicher text, als auffrischung)
alle anderen lernen es, wie man eben lesen lernt, nicht jeder, der schreiben und lesen kann, wird ja zum schriftsteller, ein vergleich, der fast zu albern scheint, obwohl beim schreiben lernen ja auch grammatik, syntax und stilistisches gelehrt wird, all die aufsätze und interpretationen und vorträge, anders als bei der musik, wobei nein: eine musiklehrerin hat mit einem 32er-satz schulgitarren mit allen schülern einer 8. klasse ein stück geschrieben, gelernt und vorgetragen, beim schulkonzert, dazu gehört natürlich außer großem engagement auch das vorhandensein von schulgitarren, aber es ist schon ein schritt aus der komfortzone heraus, ins musikalische handeln. komposition lernen nur die wirklich begabten, alle anderen sind auf zufallsergebnisse beim singen in der dusche angewiesen, wobei programme wie garageband und andere da sehr viele barrieren entfernt haben. vielleicht ändert sich das weiterhin mit neuen technologien, das bloggen hat die (öffentlich) schreibenden verhundertausendfacht, plattformen gibt es ja auch für musik genug.
in meinem umfeld entdecken viele erwachsene das musizieren noch einmal neu, oder zum ersten mal, kaufen sich notfalls ein instrument und suchen sich einen lehrer und haben dann normalerweise einen weg in die demut vor sich, je nach grundlage, aber auch in die freude, noch einmal lernen zu dürfen. sobald wie möglich eine band suchen, wird mir empfohlen, das traue ich mir allerdings überhaupt nicht zu, vielleicht, wenn die band aus < 2 menschen besteht, alle betrunken, die mich nicht kennen und die ich nie wieder sehen muss. keine rampenasu bin ich, nie karaoke, und beim einzigen öffentlich vorgetrageneme lied habe ich daneben gesungen, wenn auch nur um einen halbton, weil ich kaum geübt hatte.
wer von euch spielt ein instrument, hat wieder angefangen oder überlegt es sich grad? wieviele eurer kinder?
für alle nochmal zwei empfehlungen für die zeit zwischendurch, wenn das instrument nicht dabei ist, gibts auch fürs handy. immernoch musicopoulus (link in den itunesstore), die mir das mobile notenlernen auf der gitarre ermöglicht, bin gespannt, ob ich da mal rauswachse. auch für andere instrumente tauglich, leider nicht für die ukulele:
muss mir klarmachen, dass ich schon ordentlich weit gekommen bin, von untergelegten noten am anfang („guides on“), bis jetzt, wo ich nur noch beim a“ und a“# die bünde zählen muss. und wenn die ersten vier dann einigermassen sitzen, kann man auf den bünden fünf bis 8 weitersuchen, oder den umgekehrten weg gehen, also von der saite zur note, und nochmal von neuem eher dumm dastehen:
dieses trockenüben hilft wirklich. wobei das bild hier geschummelt ist, ich hab mit weniger bpm geübt.
faszinierend, wie schwer das hirn generalisiert, der weg bei musikopoulos von der note auf notenlinien zur richtigen stelle auf den saiten ist für mich, als kind mit klavierunterricht, viel leichter ein bisschen einfacher als der umgekehrte, von der saite zum notennamen. wenn ich dann, als lernzielkontrolle, mit der gitarre vor einem notenblatt sitze, also naja, „vom blatt spielen“ nennen das nur schwermütige phlegmatiker oder tiere im winterschlaf, 2-5 sekunden pro ton, aber hey, es geht überhaupt! schneller werde ich schon noch. in meinem an erfolgen armen leben genügt das schon für ein yep. wenn ich das lernen kann, schafft ihr das auch, und es ist viel sinnvoller als die meisten daddelspiele. die erste app erklärt dabei auch wirklich alles, ist damit selbst für musikalische analphabeten wunderbar geeignet. die zweite, fret quiz, eher nicht so, die finde ich nicht mal mehr im store, sie ist „nicht freigegeben“, was immer das heissen mag, keinen ansprechenden ersatz gefunden, nur sowas barock verkompliziertes wie das hier (itunes, nur fürs ipad leider, aber gratis und mit vielen knöpfen, gut ist, dass man die bünde einschränken kann, was das frustlevel um 90% senkt.)
ich gehöre zur braut ist ein in italien entstandener dokumentarfilm über eine reise quer durch europa. einer von vier regisseuren ist heute dabei, gabriele del grande. del grande ist außerdem noch schriftsteller, journalist und blogger, er erzählt, wie er mit einem freund am bahnhof einen kaffee getrunken hat und von einem mann gefragt wurde, auf welchem gleis denn der zug nach schweden abfahren würde. der mann hatte das große bootsunglück auf dem mittelmeer überlebt und wollte weiterziehen nach schweden, in ein land mit großzügigerer flüchtlingshilfe als italien. del grande, der selber schon für reportagen nach syrien gereist ist, hat dann mit freunden darüber nachgedacht, wie man denn jemanden ohne papiere nach schweden bringen könnte, verkleidet als japanische touristen vielleicht, mit sonnenbrillen und kameras? dann kam ihnen die idee mit der hochzeitsreise, mit ein paar freunden zusammen haben sie das abenteuer organisiert und sind einfach losgefahren, eine kamera an bord, vier tage lang bis nach malmö, schweden, die italienisch/französische grenze die anstrengendste, da sind sie über einen steilen bergpfad zu fuß bei ventimiglia über die berge, die braut im hochzeitskleid. den rest der strecke mit vier autos in einer hochzeitskolonne, weisse blumen an den antennen.
nach der reise waren die regisseure wieder in mailand und haben ihren film ein paar firmen vorgestellt, auf der suche nach einem produzenten, dem fernsehen und so, aber niemand hatte interesse, die türen blieben allesamt zu. also versuchten sie ihr glück auf indiegogo, ohne erfahrungen im crowdfunding, und hatten einen riesigen erfolg, wahrscheinlich, so del grande im gespräch nach dem film, weil es so etwas konkretes war, anders als die vielen petitionen immer. der film ist für die filmfestspiele in venedig fertig geworden und dort außerhalb des wettbewerbs gelaufen, cannes wollte nicht, sagt der regisseur, seitdem ist er auf tournee, war schon in vielen eurpäischen, aber auch arabischen ländern. es ist eine sehr schöne geschichte, weil sie vollkommen unprätentiös und ohne ein einziges politisches nebengleis von den menschen erzählt, die da unterwegs sind, und weil dieser streich dem eiskalten bürokratismus ein schnippchen schlägt, mit einem lächeln und einem brautpaar. ein kind ist auch dabei, ein junger begabter rapper aus syrien, der mit seinem vater auf der flucht ist, die braut stammt auch aus syrien, mit deutschem reisepass, sie ist als schmugglerin dabei, bis zu fünf menschen darf man nämlich schmuggeln, ab dann erhöht sich das strafmass gewaltig, so erzählt der regisseur nachher, und auch, dass schmuggeln eben die einzige möglichkeit ist, wenn alle anderen wege verschlossen sind. del grande ist freundlich auf eine art, dass man ihm sofort hausschlüssel und kinder anvertrauen würde, dabei sehr klar und geradeaus in seinem handeln, das mögen die leute so, er tut einfach, was er kann. ein wunder. jemand fragt ihn, was wir denn machen können, so als normalos, er sagt: reisen, viel herumreisen, die ignoranz sei der hauptgrund für rassismus, und einfach auf augenhöhe sein mit den menschen, türen aufmachen, leute auch mal aufnehmen.
Bin gerade wieder in einem sehr großen, alten, wunderbaren Hotel unterwegs, erfunden vom britischen Autor James Gordon Farrell. Handlungsort ist das Hotel Majestic, ein schloßähnlicher riesiger Kasten mit verschiedenen Flügeln, vielen Türmen, einem Ballsaal und einigen hundert Zimmern. Es steht an der irischen Küste am Meer und hat Anfang des 20. Jahrhunderts seine besten Tage lange hinter sich, wie fast all diese großen Hotels in der Literatur, es kommen kaum noch Gäste, nur eine größere Menge alter Damen mit nachlassender Zahlungsmoral, die nicht wieder abreisen, das Hotel wird Stück für Stück sich selbst, den Katzen und dem Efeu überlassen, der es von außen zumindest für die ersten drei viertel des Romans noch zusammenhält.
Ein Major überlebt den ersten Weltkrieg nur knapp und will seine Braut besser kennenlernen, die Tochter des Hotelbesitzers. Es kommt ihm dann eine Weile immer wieder etwas dazwischen, die Dinge entwicklen sich anders als erwartet, aber der Major bleibt erst Wochen, dann Monate im Hotel kleben, auch weil er nicht genau weiß, was er jetzt mit seinem Leben anfangen soll. Farrell gelingt im Buch ein Tonfall, wie man ihn zuletzt in der Erzählerstimme des Grand Hotel Budapest gehört hat, unerschütterlich (ein häufiges Wort im Roman) höflich, mit einem zurückhaltenden und sehr trockenem Humor. Die Leserin gewöhnt sich daran, bis der Autor zum Ende hin die Dosis steigert, ganz langsam, dabei absurder und drastischer wird, immer im Tonfall souveräner Wohlerzogenheit, es gibt sogar Schüsse, einen glamourös verunglückten Ball und eine leidenschaftliche, wenn auch unerfüllte Liebe und jede Menge dramatischer Ereignisse.
So ganz nebenbei beschreibt Farrell dabei den Rückzug des anglo-irischen Landadels aus der Gegenwart, die kleiner werdenden Aufgaben, es gibt 1919 kaum noch Handlungsspielräume für die alten Herrschaften, die traditionelle Landwirtschaft mit Pächtern hat sich überlebt, die Politik findet weitab in Dublin oder London statt, und so spielen sie Karten, warten mit wechselndem Erfolg auf ihren Tee oder eine Mahlzeit, und versuchen halbherzig, die übriggebliebene Dienerschaft zum Arbeiten zu bewegen. Farrell hat dabei auf jeder Seite neue Ideen und Geschichten, ganz nach alter Schule wird jeder Handlungsfaden zu einem Ende gebracht, auch das Hotel wird zu einem Ende gebracht, man hat das Gefühl, er könnte noch viel mehr erzählen und würde aus dem großen Panoptikum nur die wirklich besonderen Verwicklungen aussuchen. Der Stoff hätte für zehn andere Romane gereicht, schon die alten Damen sind jede Zeile wert, die Farrell über sie schreibt, und über die vielen Hunde schreibt er eigentlich auch zu wenig.
diese besonderen männer, denen man so begegenet im laufe eines lebens, alle in anderen geschichten verankert, vielleicht sind wir mit ihnen zusammen in einem der parallelen universen, herz an herz, wir wissen nichts davon, aber erkennen sie trotzdem, mit jeder zelle.
die gefährlichen geschichten, die ich mir vorstelle, weil die lust darauf so gut und sicher hinter schloss und riegel steckt.
was will ich? nichts, darling.
es wäre eine enttäuschung, wenn es nicht viele universen, sondern nur unbegrenzte dimensionen in diesem einen gäbe, ohne ausweg.
seitdem mir einmal vor vielen jahren bei einer schweren unterzuckerung der gesamte bach verloren gegangen ist (passenderweise hörte ich damals tagaus, tagein das musikalische opfer, es hat jahre gedauert, bei bach kopf und herz wieder zusammen zu bringen, etwas zu fühlen, die juvenile identifikatorische intensität ist nicht wieder gekommen, die verschwindet aber bestimmt sowieso mit einem gewissen alter, not?), vertiefe ich mich jetzt bei hypos immer in unfruchtbare gedankengänge, ängste, hindernisse, mache die musik aus, lege buch und gitarre weg, bis der blutzucker wieder oben ist. internet lass ich an, das wär ich ja ganz gern mal los.
hirn und hypo, einer der spannenden nebenbeieffekte, zu denen es niemals studien geben wird.
dass ich dieses buch gelesen habe, verdankt sich vermutlich seiner bewegten entstehungsgeschichte. der erste entwurf wurde von d’arrigo im jahr 1961 bei seinem verleger abgegeben, für die korrektur der fahnen hatte er selber 14 tage veranschlagt, es hat aber tatsächlich 15 jahre gedauert, gefüllt mit intensivster arbeit an einem roman, der seit der veröffentlichung einiger kapitel daraus in der literaturzeitschrift menabò als italienischer uliysses angekündigt worden war. (vgl. hier, worin man außerdem erfährt, dass d’arrigo im film accattone einen auftritt hatte.)
Da chi ebbe modo di frequentarlo in quegli anni egli è ricordato come un uomo totalmente posseduto dal demone dell’arte e dedito notte e giorno, anche a costo della salute, a uno sforzo creativo rivolto soprattutto all’invenzione di una lingua inaudita che affondasse le sue radici ultime nel magma delle numerose lingue (dilalettali e non) di cui lo Stretto di Messina è stato punto d’incontro e di filtraggio. (von hier)
großer sohn hat erstes valentinsdate seines lebens, mit seiner freundin, sie gehen schlittschuhlaufen, nachmittags, und danach „mal sehen, weiß ich nicht“. er fragt mich, ob er sie einladen soll oder nicht, sie wünscht sich eine weiße rose, glaubt er, weil sie so nebenbei mal erzählt hat, wie sehr sie weisse rosen mag, „und das ist doch ein hinweis, oder?“ er versucht, es zu verbergen, aber er leuchtet ein bisschen, so in den mundwinkeln und im blick, ich bin still, was mich einiges kostet, vor allem wünsche ich mir, dass er nichts vergisst von all dem. er sammelt noch keine momente wie wir großen, es ist alles sehr undramatisch und auf eine geschützte art normal, keine erfahrungen und keine ängste, blanko, und sie wissen ja noch nicht, was wichtig werden wird von dem, was sie erleben. es macht ihm sorgen, worüber sie reden sollen, wenn es mal eine pause gibt, das beschäftigt ihn am meisten. es scheint, als ob die tvshows, das internet und das gerede genauso aussen vor bleiben wie die phantasien der erwachsenen, ich denke, also so von meiner position persönlicher ahnungslosigkeit, wenn sie mit ihren special ones allein sind, dann ist der raum gut gefüllt mit gegenwart und synchronizität, da passt kein gerede dazwischen.
abends rufen der reihe nach seine freunde an und wollen ihn sprechen, aber ich weiss nicht, wo er ist, ob bei ihr oder bei seinem vater, er hat sich bei meinen nachfragen vorher aus der antwort rausgehmmst.
ich selber hatte die zweitbeste art verabredung an so einem tag (es ist so einer, weil er einen daran erinnert, ob man will oder nicht), mit meiner besten freundin, es ist kaum ein wort über männer gefallen, vielleicht ein paar lakonismen in nebensätzen.
dieses nikkor aus den achtzigern wird immer noch gebaut! das ist merkwürdig. es passt auf meine analogen kameras, die ich nicht mehr benutze, im gegensatz zur tasse behalte ich es also nur aus gründen der schönheit und der erinnerung, an eigenes, nicht an fremdes leben, und natürlich an mögliche perfektion. hab gleich die noch viel ältere vitomatic II von meiner mutter nachgesehen, die kann man bei ebay für ca. 20 euro mitnehmen, sie macht schöne bilder, die fotoalben aus kindertagen sind voll davon. sie wiegt stattliche 748 gramm und hat feine kleine scharniere mit federn und klappen, alle aus metall, mit einem analogen belichtungsmesser.
nächste woche sind winterferien, vielleicht kann ich den kindern ein paar filme überdonnern schenken und sie mit den analogen kameras mal durchs viertel begleiten, zum lernen, die voigtländer ist sofort einsatzbereit, wie die FE2, nur für die f80 müsste ich noch nach ’ner batterie sehen, glaube ich, die war zwischen der mechanischen und der akku-ära, aber warum sollen sie interesse haben an solchen umwegen zum bild? im sinn von „nur der weg ist das ziel“, gerade dem aspekt der sorgfalt und planung von bildern ist kaum etwas abzugewinnen, wenn man nicht auf ein repertoire von erfahrungen zurückgreifen kann.
ist ja schon bei sinnvollen tätigkeiten schwer, teenager in den kreativen freilauf zu schicken, meine generation eltern stürzt sich auf jede zarte künstlerische äußerung und fördert alles gnadenlos.
gibt es überhaupt noch negativfilme? gibt es, die guten ilfords für etwas mehr, die agfas und kodaks für um die 3€ pro film, entwickeln lassen kann man hier im kiez bei viertel vor acht, damit liegt man dann in der summe etwa bei einem kinobesuch, wenn man nicht alle fotos drucken will.
kinder, als ich ihnen die idee präsentierte: ach. warum denn?
die frage, ob ich die eher überraschend geschossene teetasse aus der knaufzeit benutzen soll. ihr porzellan ist dicker als das heutige, sie ist sehr groß und hat eine untertasse, von der sie auch nach einigen tees mit schuß nicht runterrutschen wird, für solide hände, sie hat zwei sehr hinreißende kleine reliefblättchen an den enden des henkels, sie passt gut zu der einen verbliebenen silberkanne im hausstand. beim herumstehen als objekt ginge der teetasse ihr daseinsgrund verloren, er wird geopfert für den neuen, sagen wir mal wertneutral: die zierde, sie ist damit als trinktasse praktisch tot. das ist doch zu bedauern, not? sie wurde für den postweg auch schon verpackt wie eine mumie. wär doch nett, sie durchs verwenden langsam fürs wohlbefinden auf- und dabei für den markt zu entwerten, nutzwert vs sammlerwert, und ich will und muss doch im jetzt leben. vielleicht bleibt sie ja auch heile, wenn ich die jungs nicht dranlasse. die kanne wird bei etwa gleichem alter auch noch viel benutzt, schon ein bisschen als eine art lebenszierde in einem alltag, der sonst eher pragmatisch als kostbar eingerichtet ist (arzberg), aber die ist ja auch massiv und eher unkaputtbar, wenn man sie nicht auf den heissen herd stellt, wie der exmann eine zweitkanne. ich hab so eine zärtlichkeit für das neue stück, wie es hier angespült wurde nach einer langen existenz, bin bisschen unentschlossen, ob ich es mehr als einmal, zum einstand, verwenden möchte, obwohl respekt und stil das erlauben.
(wenn das geschirr überhaupt echt ist, tasse und untertasse gehören nicht zusammen, sie haben verschiedene buchstaben unter den schwertern, die in der knaufzeit sowieso ungewöhnlich waren, der untertassenrand ist bisschen uneben, der blaustrich im inneren der tasse hat einen ansatzpunkt, die granatkerne am tassenboden haben bisschen geschmiert beim brennen. keine fachfrau bin ich.)
ich treib mich da rum, wo es diese sachen gibt, weil ich seit jahren nach einer ganz bestimmten untertassse suche, vielleicht ist suchen zuviel gesagt, ein schlendern im selbstgespräch, bei dem man seitenblicke auf die stände wirft, mingdrache mit gold, mit glattem rand, groß, purpur, für eine einzelne tasse, über die ich auch schon mal gebloggt habe. ich hab mich natürlich grad nicht an den text erinnert, sondern an die tasse. porzellan ist sehr tiefenentspannend, das prekäre, es kann jahrzehnte oder jahrhunderte halten und bei einer falschen bewegung zerbrechen, es wird nicht alt und knittrig wie ein vielgelesenes buch, sondern ist eben heil oder kaputt, wenn es kaputt gemacht wird. so ein leben für dinge scheint mir immer noch sehr verlockend, also neben dem für menschen.
heute will das wort eher in fast jeden satz, es gibt manchmal so worte, fast alle wieder rausgestrichen. es ist eher grau und eher schwierig, es ist eher gut gegangen, es war eher unfreiwillig, eher ist ein kleiner unterschied, relativ und unentschieden, aber nicht entscheidungsschwach unentschieden, sondern offen, für den schnee nach dem gewitter grade, eher das als den rest, der auch blöd ist, aber am liebsten eher die „[3] größere Wahrscheinlichkeit bei sehr unwahrscheinlichen Ereignissen„.
das ermüdende übermaß an gewalt in so gut wie allen schnieken serien, es bleibt einem ja quasi nur noch 30 rock. geschrei, blut, schmerz, angst, weitoffene wunden, vor denen die kamera sekundenlang stillsteht, wie sonst auf nichts in den episoden. mal ein paar schöne naturstills? die geräusche so nachfühlbar, dass ich sie mit den realen geräuschen verwechsle, die ich im reallife gar nicht kenne, weder schüsse noch stürze oder das reissen von haut, die tonspur im film fast ein ersatzangebot für zuschauer wie mich, die nicht hinschauen, wenn es schlimm wird, und dann wenigstens über die ohren noch dabei sein können, oder müssen, vielen dank. im alltag hat gewalt kein geräusch, also kein so intensives, der filmschuss will mit seinem genretypischen hyperrealismus fast aus der dimension raus und zwingt die vorstellung in eine neue, 3d übers gehör. sie bereichern die erfahrung, wo man den kram nun wirklich nicht haben will. glaubt das unterbewußtsein die gewalt auch, wenn sie nur über augen und ohren daherkommt, also ohne tatsächliches erleben? will das hyperreale in meine realität? so führen die sich ja auf mit ihren nahaufnahmen und zeitlupen und dem ganzen exzess, der blick ins eklige, zerstörte und die mit schmackes ausagierte gewalt. in verletzte körper schaue ich eher ungern hinein, weil ich keine ärztin bin, sie sind tabuisiert und deutlich ein teil der privatspäre, die toten und verletzten körper in der filmszene werden sofort alle und mein körper und sind nicht mehr nur der eine fremde, der da liegt. bei den vielen szenen in der pathologie, die leichname mit den abgedeckten imtimteilen, wie jesus, wie die kameraführung dann den wechsel genießt, ganz langsam vom eros zum tod, und dort klebenbleibt, und ich guck weg oder halte die hand vors ipad, die wunde ist ja ein viel stärkeres signal als die blöße, die identifizierung damit läuft vielleicht über reflexantworten wie angst und ekel, die sind ja kaum wegzurationalisieren. wie langweilig das system grenzüberschreitung ist, so in der dramaturgie, geht ja auch nur in eine richtung, zur nächsten grenze, ein billiger ersatz für handlung/dialog, die gewalt das eine ereignis im drehbuch, das kein genaues motiv und keinen anker in der figur benötigt, es reicht völlig, wenn die täter halunken sind und kriminelle.
mehr leichen als lieben im tv, mehr autopsien als sex.
das andere sehen aus einem zustand der angstlosigkeit, entspannte aufmerksamkeit vs dem blick mit fluchtreflex in den szenen mit spannungsaufbau, wie anregend und spielerisch spannung sein kann, wenn ich nicht immer mit gefahr rechnen muss und wie automatisch ich mich schon aus sicherheitsgründen ent-identifiziere, wenn die ekelgewalt absehbar ist. die enttäuschte gewalterwartung in argo, wo kein schuss fällt, und ich mich immer noch an den toten am krangalgen erinnern kann, an dem die helden im auto vorbeifahren, da konnte ich diese kleine immer mitflimmernde angst vor gewalt erst am ende ablegen, wie angst auch die intelligenz einschränkt durch den scheuklappeneffekt.
es wär mir fast lieber, wenn die gewalt nur den zunehmenden sozialdarwinismus bebildern würde, der stärkere und brutalere gewinnt, gewalt als sicherer weg, die regression ins frühkindliche, wobei ja schon anderthalbjährige lernen, nicht loszuschlagen, oder ist die frustaggression der normalen erwachsenen so groß? gewalt ist dumm, sprachlos und unkultiviert, wenn sie als kommunikationsmittel verwendet wird, mit dem ziel, zu gewinnen, und dem hinnehmen der leere danach, wenn die beziehung auf null gestellt wird, immer angenommen, die gegner bleiben am leben. wenn ein konzept dahinterstünde, aber es ist dann wohl doch eher einfallslosigkeit und ungeduld, viele volle filmminuten, spass für die maske und den choreographen, vielleicht muss auch die dosis einfach immer höher werden? wie gern hätte ich plots, mit dialogen, figuren und geschichten, meinetwegen streamingversionen, aus denen der ganze gewaltscheiß rausgeschnitten wird.
(frusttext, weil ich eine serie spontan ausgestellt habe, statt sie im zustand leichter an- und erregung mit blick auf details, kleine gesten und gelegentliche eleganz genießen zu können.) (andrerseits hat jemand neulich verso mit seinem tollen jahresendangebot verlinkt, und jetzt ist die bude wieder voller bücher.)
herrje, zu lang und nicht ausgearbeitet, aber das liegt hier sonst wieder nur rum im entwürfeordner. kürz ich noch runter.
„august“ von christa wolf kam ins haus geflogen, ein geschenk, vielen dank, hab mich sehr gefreut und gleich festgelesen.
der große geht schon wieder aus, also zum zweiten mal. erst gemischte gefühle, eher wegen der großen symbolischen änderung, beim kind selber hab ich überhaupt keine sorgen. dann denke ich nicht mehr dran und schlafe ein, bevor er nach hause kommt.
im versuch, das leben zu ändern, auf die kleinen dinge ausgewichen, die in meiner macht stehen, also eine kaffeemühle gekauft und ein kilo pechschwarze arabica-bohnen in einer malerischen großen büchse. der erste espresso aus der espressokanne schmeckt vollkommen überraschend, weil wirklich anders, als ob nicht nur einige bekannte eigenschaften von espresso verändert würden, wie ich das erwartet hatte, also vielleicht mehr kaffeeduft durchs mahlen, intensiver gereizte kaffeerezeptoren auf der zunge, sondern als ob das gesamte paket anders zusammengesetzt wäre. der espresso schmeckt nach wald! er hat etwas grünes im aroma, ist ein bisschen schärfer, es sind lauter ungewohnte aromen, die ich gar nicht einordnen kann. er schmeckt wie etwas vollkommen anderes, und das ist nur halb übertrieben, es ist wie die erste selbstgemachte hühnersuppe nach jahren mit tütensuppen, wenn man im kopf behält, dass glutamat ja auch glücklich macht, vor allem, wenn man nix anderes kennt. ich hab ja nur so ein herdkännchen, meine küche ist viel zu klein für was ernstes, ich mag in der bar sowieso tendenziell den lungo viel lieber als den normalen, die sind mir viel zu bitter. die zweite tasse aus der kanne schmeckt schon viel mehr wie die alten aus den lavazza-tüten, ist das möglich? also immer noch viel mehr aromen, aber der wald verfliegt wohl sofort. wow, das hat sich gelohnt.