android wear 1.5.

[das wird eher langweilig]

ein anderes projekt fordert vor allem meine geduld. ich habe eine sony smartwatch 3, die auf ein vorheriges os zurückgesetzt wurde, um auf ihr wieder nfc betreiben zu können, habe damit meinen libre sensor ausgelesen. das ist nicht mehr notwendig, ich könnte die uhr aber dazu verwenden, meinen pancreas-algo übers handy zu betreiben, dazu muss ich sie allerdings erst wieder von android wear 1.3. auf 1.5. bringen, was sich bei gerooteten uhren als eher komplex erweist.

jemand hatte vorgeschlagen, einfach den google play store auf der uhr zu ersetzen, aber das hat nicht funktioniert, immerhin hab ich beim versuch den respekt vorm umgang mit den nötigen anwendungen verloren und einfach drauflosgepusht. die uhr teilte mit, das update wäre nicht passend, erst dann ist mir eingefallen , dass eventuell auch all die leute, die solche tips geben, nicht immer genau wissen, was sie tun. die sony-companion-software weiß ebenfalls nicht weiter.

bisher habe ich hier ein ota-update (over the air-update) auf mein gewünschtes betriebssystem gefunden, und es übers terminal und mit adb auf die uhr bekommen, aber installieren kann ich das update leider nicht. irgendwelche sony debug build nummern sind falsch, weil die uhr ja gerooted worden ist, denk ich. vorher habe ich schon ein paar andere versionen versucht, die wollten aber auch alle nicht. rücksichtslos flashen, hab ich irgendwo gelesen, ich bin bisher immer rücksichtslos dabei gewesen, natürlich eher, weil ich keine ahnung habe, wo das eine aufhört und das andere beginnt.

was würde flash gordon machen?

kurz davor, über ebay irgendeine andere smartwatch zu kaufen, dann fällt mir aber ein, dass ich das ding eigentlich gar nicht wirklich brauche, weil alles übers handy genauso gut geht, ich das handy eh immer am leibe tragen muss etc. pp. aber im winter? denkt es dann, mit handschuhen und dicker jacke? es wäre nett, das zu haben, das genügt ja eigentlich.

natürlich mache ich das hauptsächlich, weil es mir spass macht, aber mein anspruch im umgang mit diesen dingen ist inzwischen ein hauch mehr als dabei-sein-ist-alles. ich könnte jetzt weitere stunden nach etwas unklarem suchen, aber muss ja nicht. habe mir sowieso vorgenommen, erfolg bei der lebensplanung mehr in den vordergrund zu rücken.

kurzfilm

blick auf den see vom eingang des museums aus

in einem kleinen ort am seeufer ist im vorletzten jahr ein kurzfilm gedreht worden, der in los angeles einen preis bekommen hat. das dorf eignet sich als drehort gut, weil alles wichtige an einen einzigen platz liegt, kirche, läden, der see, die beiden gassen und die straße, die auf den platz führen. bilder vom drehtag hier.

gestern war die uraufführung vor publikum, alle aus dem dorf sind gekommen, ein sehr eleganter älterer herr  im smoking, wohl aus der verwaltung, die wunderschöne schauspielerin (hui. zuwenig an hat sie auf den meisten bildern) im glitzernden abendkleid auf halsbrecherischen schuhen, der regisseur leger, die dorfbewohner in abendkleidung oder jeans. kulturleute der nächstgrößeren stadt, zwei frauen von eos, einer organisation, die sich mit dem thema des films beschäftigt und wohl als sponsor mitfirmiert, es geht um gewalt gegen frauen. die beiden sehr ähnlich gekleidet und aussehend wie mutter und tochter. vorher ein sehr leckeres büffet mit prosecco und feiner foccaccia, alles bei entrata libera.

der kurzfilm spielt in den vierzigern, 1. szene in der kirche, junge frau von hinten, weinend, mit einem messer in der hand. an der wand gentileschis judith und holofernes. schnitt, dorf, menschen im alltag der 1940er, mit spinnrad, ziegen, schuster, sehr süßen schmutzigen kindern, hunde, viel dorfleben. die junge frau aus dem ersten bild verkauft sizilianische canelli vom fahrad aus, ein älterer mann sieht sie, verfolgt sie nach feierabend, vergewaltigt sie, man hört lange ihre schreie. zum schluss wird die anfangsszzene in der kirche wiederholt, junge frau alleine, weinend, mit messer, eine alte frau kommt dazu, sie sehen sich an. laut wikipedia bringt die alte dame in der kirche die junge frau dazu, statt mit einem mord lieber mit einer anzeige zu reagieren, hab ich aber nicht erkennen können.

hmm, dachten wir. angekommen ist die verzweiflung und das alleinsein danach, wie unvermittelt es zu gewalt kommen kann, und die solidarietät unter frauen als einzig mögliche hilfe unter gewissen umständen. alle hielten reden, der regisseur stammt aus dem nachbarort und erzählt, wie sie innerhalb von zwei wochen film und dreh auf die beine gestellt haben, zeigt seiten aus dem storyboard, erklärt arbeitsschritte und bedankt sich bei den beteiligten, das war unterhaltsam und ganz spannend. am ende sprechen noch die beiden frauen aus der hilfegruppe, erzählen viel zu lang und ausführlich aus dem nähkästchen, wie die gewaltbereitschaft unter umständen schon im kleindkindalter gesäht wird, wie es dann in grundschule, oberschule, erwachsenenalter weitergeht, vor einem publikum, das offensichtlich nicht wegen ihnen da war. ausführlich. kann man machen, man könnte aber auch die chance nutzen, das publikum irgendwie anzusprechen, die eigene orga vorstellen, interesse wecken.

(eine alte dame neben mir wetterte die ganze zeit, dass sie sowas schon seit 20 jahren am fatebenefratelli (klinik in mailand) anbieten, und überhaupt, wer sei das hier überhaupt, nie gesehen hätte sie diese beiden. sie war bestimmt der einzige gast, der aufgrund des filmthemas gekommen ist.)

ambiente sehr schön, innenhof von einem altem museum, direkt an dem platz, wo der film gedreht wurde, unter freiem himmel, angenehme 25° unten, nachher mit den freunden noch ein bierchen direkt am see.

wildwuchs

der sturm neulich hat die beiden akazien, die mitten in die aussicht gewachsen sind in den letzten 15 jahren, deutlich gelichtet. umgefallen sind leider andere.

der weg ins dorf geht ein stück durch einen steilhang mit sehr ungepflegtem wald, an den straßenrändern mit brombeeren auf der einen und holunder auf der anderen seite, drumrum dichtes unterholz und von kletterpflanzen umrankte bäume. kastanien und akazien sehen gesund und munter aus, viele andere sind unter dem gestrüpp längst morsch und faulig, bei jedem sturm fällt irgendwas um, meistens jüngere bäume mit stämmen zwischen 10 und 15cm, diesmal ist allerdings auch eine richtig große esche (glaube ich) umgeknickt, die hängt da jetzt auf halbmast im dickicht, die krone liegt grade neben der straße und welkt ganz langsam vor sich hin, kein schöner anblick.

habe neulich auf twitter eine eher brutale praxis der entrindung gesehen, um in einem wald für totholz zu sorgen, damit platz für insekten und kleintiere ist, davon gibt es hier genug. vielleicht wurde der wald früher besser gehalten, ein paar prachtvolle alte bäume mit anderthalb meter dicken stämmen stehen dort auch, die müssen vor dem schlingzeug hochgekommen sein. beim größten, einer eßkastanie, sieht es aus, als habe sie selber mit unzähligen austrieben ihren stamm geschützt, efeu ist da nur als ein paar einzelne zweige zu erkennen. sie ist nach ihrem umfang über 400 jahre alt, das erzähle ich grad allen, denn damals ging hier die renaissance grad zu ende, so sehr damals ist es, in mailand regierten die sforza, die lombardei ging zwischen den spaniern und den schweizern hin- und her, nach der blütezeir folgte ein langer, ökonomischer abstieg, vielleicht wurden ihre kastanien damals noch gesammelt und verwendet. die beiden kleinen mädchen, die immer bei den hunderunden mitkommen, weil sie in emma verguckt sind, hören stets interessiert zu und sagen höflich toll!, oder ja?

eine andere kastanie sieht bis zwei meter über der erde aus wie mehrere bäume, der stammteil unten ist ein paar meter breit, lässt auf ein alter von einigen hundert jahren schließen. jetzt ist der stamm im gestrüpp kaum zu erkennen, lebendige und tote bäume stehen dort dicht an dicht, alles bleibt im ständigen halbschatten. der hang ist seit dem tiefsten mittelalter sich selber überlassen. der dicke baum verdient eine geschichte, dacht ich, und wollte ihn mal aus der nähe erkunden.

von einem pfad unterhalb des wäldchens wollte ich mich hineinwagen, hab dazu sogar sneaker angezogen, aber die dornen stehen dort bis auf den boden, darunter schlamm, dazu um die 45° steigung:  ich müsste mir alles freischneiden, im grunde mit einer säge, also nee. dafür reicht der erkenntnisgewinn nicht. ein wunder, dass sich die bäume da halten können, wenn es nicht umgekehrt ist, und die bäume das gelände halten, bei den andauernden sturzregengüssen.

also weiter ins dorf gelaufen, bei der nächsten freistehenden kastanie angehalten, sie trägt eine lange stola, und sieht auch sonst sehr elegant aus. die könnte ich ja messen, wenn ich ein maßband hätte. so stand ich da kurz herum, allein im wald, und dachte mir so, du kannst den umfang auch mit deinen armen messen, zweimal ganz rum bin ich gekommen, die stola ist überraschend weich. dann habe ich die jungen ausflügler gesehen, die grad vorbeiliefen, natürlich, als ich meine arme noch um den baum hatte.

ich werde aber auch ideell zum treehugger auf meine alten tage, erhöhte baumsensitivität seit den sequoias 2012. kastanien können ja genauso alt werden wie sequoias, der älteste baum europas ist eine kastanie, geschätztes alter liegt zwischen 2000 und 4000 jahren, sie steht auf sizilien und trägt immer noch früchte, sie tragen erst ab 30 jahren, sagt wikipedia, und am ertragreichsten sind sie ab 100. kastanien sind so nährreich wie kartoffeln, wißt ihr, oder? seit den alten römern werden kastanienwälder angelegt, sie haben die bevökerung norditaliens durch einige hungersnöte gebracht, aus ihrem mehl kann man backen, wenn man es mischt, es ist glutenfrei, süß, vielseitig verwendbar. ein ehrwürdiger baum, hier überall zu finden, im oktober liegen hier die esskastanien zentnerweise herum. er wird auch noch angebaut, mehr in süditalien und in der toscana, im piemont gibt es auch noch ein paar.

ich könnte ja mal, dachte ich beim herumlaufen, nach alten schönen bäumen suchen, gemerkt, das geht auch über google, hier hat ein guter geist in ganz italien nach besonderen bäumen gesucht, nach provinzen sortiert, sehr toll. sollte mal wieder in die villa taranto und auf die isola madre fahren.

habe den jungs auch von den bäumen erzählt und ihnen fotos geschickt. sie meinen, dass ich wohl langsam genug entspannung hatte und teilen mit, ich sollte jetzt lieber wieder nach hause kommen.

madre viva

am ersten ferientag mit dem putzen begonnen, dabei auch in die oberen kühlschrankfächer geschaut. ins glas mit der mutterhefe noch mal reingeschnuppert, bevor ich es entsorge, und siehe da – ein feiner, eleganter hefegeruch kommt mir entgegen, wo ich das aroma des verfalls erwartet hatte. sie hat wochenlanges vergessen werden überstanden, also hab ich sie gebadet, schaue, ob sie noch wächst, und werde sie in den urlaub mitnehmen müssen, denn was lebensformen angeht, bin ich eher dem ahimsa verbunden, aus pragmatischen gründen. hurra.

détaché

es ist mir heut zwischendurch mit ein paar |plings| wieder eingefallen, warum ich so schlecht aus dem mögen wieder herausfinde.

ich erinnere mich an ganz früher, als die beziehung zu meinen nächsten erwachsenen eine fluchtbereitschaft enthielt, eine vorsicht, wie ich nie ganz selbstvergessen war, und wie wir in der liebe gehalten wurden, wenn mal wieder was schief gegangen war, wegen seiner kindheit, seinem stress, seiner erziehung, immer aus gründen, die nichts mit uns zu tun hatten, und wir mögen bitte hingehen und ihm sagen, dass es uns leid tut, weil er so drunter leidet. ich bin während der eskalation deeskalierend bis unsichtbar, danach verständnisvoll bis ironisch, so habe ich es gelernt, es ist mir erste natur inzwischen.

texte beamen

die verbindung zwischen einem buch und dem leseerlebnis ist unmittelbarer als bei einem e-book. die ersten augenblicke, der weg vom digitalen in die vorstellung ist eine zusatzstrecke, die energie kostet, konzentration einfordert, mehr phantasie benötigt. beim lesen will mein kopf das gerät ausblenden, das leuchten der oberfläche, und versucht, die wandelbarkeit der buchstaben zu vergessen. weiß nicht, ob die unmittelbarkeit bei papierbüchern frühe prägung und lange gewohnheit ist. auch bei hörbüchern rematerialisiere ich das gehörte immer erst, gebe ihm tiefe und raum zurück, dass es wieder welt wird, das dauert von den ersten worten an ein paar sekunden. diese medien bleiben bewußt, bis der inhalt durchs eindämmungsfeld durch ist, vor allem vorgelesenes ist frei verfügbar im raum, wie ein gespräch am nachbartisch oder ein radio in der küche, außerdem ist es ja schon mal gesprochen und erlebt, und muss mich erst erobern, als ob mein leserherz sagt: du text, du hast doch schon ein zuhause, warum soll ich dich haben wollen? und wenn dann so eine schöne sinnliche stimme liest, bin ich schon wieder abgelenkt durch einen nebenstrang.

kw langes wochenende

erkenne mich nach all den jahren in allem wieder, was mich ausmacht. es fühlt sich an wie eine entfremdung, als könnten alltag und lebensumstände auf keinen fall spurlos an einem vorübergezogen sein.

will mir ein neues bett kaufen, beim nächtlichen suchen eins gefunden und nicht gebookmarkt, rücken aus einem einzelnen breiten, schön gemasertem palisanderbrett, in frankreich. nicht wiedergefunden. denke kurz: dann halt doch erst neuer mann, dann neues bett.

die wünsche inzwischen luftgetrocknet und auf den schrank gestellt, gelegentlich noch auf vollzähligkeit überprüft und wieder vergessen.

ich schaffe es nicht, wieder mit gitarre anzufangen, sondern verschiebe es immer auf morgen.

schaue grad auf prime eine alberne serie, aus wirklich großer müdigkeit, und hab viel spass am entspannten umgang mit sex und gewalt, weil beides erzählt und nicht gezeigt wird, die befreiende  abstraktion der sprache, nur tom ellis ist zum glück dauernd halbnackt. mein kopf ist für text und gesprochenes viel zugänglicher als für bilder, die (bei gewalt) sofort auf gegenwehr stoßen. gewalt scheint mir nach der serie als natürlicher teil der menschlichen diskursmasse, sex wird wieder selbstverständlich.

ich kann den lievito madre nicht in meinen alltag integrieren. das brot ist zu aufwändig, geht erst eine nacht, muss dann dreimal alle 3-4h neu geknetet/geformt werden, bevor ich es abends in den ofen stelle, wenn keiner mehr essen mag, weil der tag vorbei ist. erwäge, die hefe auszusetzen oder weiterzugeben.

william mc carthy

mal wieder auf ein konzert, von mir unbekanntem singer-songwriter. wurde netterweise mitgenommen, in ein altes wunderschönes kino gleich hinter der brotfabrik (nicht schokoladen, sorry), in pankow, mit ungestrichenen wänden und nicht so toller anlage, aber sehr charmanter crew und toller bar. es gibt bier bier für 2,50€.

im publikum lauter fans, einer mit konzertshirt von den augustines, zu denen mccarthy als gitarrist mal gehört hat, ein energumeno, er füllt bühne und raum allein mit einer kleinen gitarre und sonst nichts. es klingt wie ein einziger song, mit auf und abs, geschmetterten refrains, das publikum singt mit, leider konnten wir keinen text verstehen, werde es aber nachlesen. es sind songs für eine band und große bühnen, sie brauchen alle kraft und den ganzen körper beim singen, haben dabei eine magische leichtigkeit und viele feine schöne linien. starke musik, im sinn von kräftiger musik, lauter musik, genau so gemeinten texten, die ich nachlesen werde! weiß noch nicht, ob die songs auch ohne raum und fans und lautstärke tragfähig bleiben, zum mitsingen sind sie aber unbedingt.

der schiere willen, den ganzen raum zu füllen mit seiner stimme, er holt uns dazu, wir sollen dabei sein, und freut sich, als ein paar junge frauen ausgelassen herum tanzen vorne an der bühne. bei einem song stöpselt er die gitarre aus, läuft ins publikum, steigt auf einen tisch und singt von da, man konnte seine perfekten zähne sehen und wurde mitgerissen und abgeholt von wo auch immer. viele zugaben, er hat das publikum aus den stühlen bekommen an einem arschkalten berliner maitag, das schafft nicht jeder.

bin zwar mehr beeindruckt als begeistert, das kann aber auch an meiner großen müdigkeit gestern liegen, ich war froh, einen sitzplatz zu haben und einen tisch unter meinem bier. oder werde ich alt? egal. mehr konzerte sollten möglich sein.

normbereich

blick auf den holzkörper der gitarre vom sohn gibt wohlbefinden. palisander, in der maserung eine schattierung von zartbitter auf nougat.

arbeite zuviel. bin so erledigt abends, schlafe sofort ein, noch vorm abendessen, muss mich dann mühsam wieder in gang setzen, spätestens um elf bin ich platt. gleich bisschen dummes gefühl ggü all den selbstverständlichen arbeitsbienen mit 50-60h-wochen, allein – das bin ich nicht. ist vielleicht auch ein stoffwechselproblem, mein insulinbedarf sinkt seit ein paar monaten, ich nehme ab, kann mich schlecht konzentrieren. ich freu mich zwar, dass ich zahlen habe und nicht nur gefühle, aber meine nette ärztin ist keine hilfe und weiß nichts zu sagen, und sie denkt natürlich auch nicht weiter. vielleicht ist einfach mal wieder alles im wandel. unbefriedigend.

heute auf einem 50. fast der gesamte freundeskreis ist inzwischen durch, nur mek, die kekstesterin und frau modeste fehlen noch, als nächstes, fällt mir da auf, kommen die 60. geburtstage. so froh, kinder und einen hund zu haben, die halten mich wenn nicht jung, so immerhin in bewegung, und meine freunde natürlich.

mann fehlt nach wie vor nicht, auch weil es im alltag keine situationen mehr gibt, wo mir ein mangel auffiele, es ist einfach zu lang her. grad neulich im gespräch mit freundin darüber, wieviel arbeit ein mann machen würde, lieber heute entspannt kaffee im bett trinken und im alten pyjama noch mal umdrehen, das ginge ja ev auch mit mann, aber das scheint mir schon nicht selbstverständlich. er müsste schon eine bereicherung sein, niemand, den man in kauf nimmt, um nicht partnerlos zu sein, dabei pflegeleicht, ein lustiger, sexyer, lebensliebender, kinderreicher, der durch hoch und tief gegangen ist und weiter läuft, einer wie ich eben (ich lache nicht).

sucht man nicht sein ebenbild? das gewünschte ebenbild, das geglättete, ohne neon, das überlebt habende. der schöne traum („der schöne traum von dir/ aber du, in der zeit, verletzlich, verführbar, sprachlos.“, so geht das gedicht von chr. meckel dann weiter. immer beides). wenn er dann gleich noch die dichtungen im bad …

manchmal träume ich von wildem sex auf eine nicht bildhafte weise, als mögliche hingabe, mit männern, auf die ich mich im traum freue. aber morgens ist es dann auch wieder gut. ich bin zufrieden, dass die bedürfnisse noch irgendwo existieren, wer weiß, wann ich die noch brauchen kann.

wunschlos

bei der liste der geschenke zum 18. geburtstag nie ganz bei den kindern, immer einen schritt im repräsentativen raum, habe lange nach einem rite du passage gesucht, dann gemerkt, dass alle, die mir einfallen, nicht nur den übergang darstellen, sondern auch eine soziale zugehörigkeit zeigen oder festschreiben wollen. die jungs selber sind da wohl erzogen und wünschen sich nichts davon, keine uhren oder autos oder reisen. ich habe keine erinnerung daran, was ich bekommen habe zur volljährigkeit, es waren aber auch keine symole notwendig (sie bleiben ja kostüm und maske, solange man sie als anreiz wahrnimmt, und nicht als selbstverständliches attribut), ich gehörte unmissverständlich dazu und wollte umso dringender weg von allem, was meine familie ausmachte. einen füller bekommen sie trotzdem. die hoffnung, dass sie mein hin- und her über die grenze zwischen zugehörigkeit und außenseitertum als etwas flüssiges wahrnehmen, als beweglichkeit, nicht als etwas falsches, nicht als behauptung.

schöne party am samstag, diese geburtstage, wo ich seit jahren immer dieselben gäste sehe, so dass sich seltsame wurmlochfreundschaften entwickelt haben, weil man sofort an ein jahr alte gespräche anknüpfen kann. ein comicbuch des gastgebers gewonnen, als ich ein rätsel lösen konnte. zu spät ins bett, obwohl ich knapp vorm tanzen rausgekommen bin, aber es war schon nach ein uhr.

bibliothek vs sammlung

gehe grade die erstausgaben durch, einige sollen auf den markt zurück, der sie meinem vater oder mir an land gespült hat in den letzten 50 jahren. die trennung zwischen pragmatismus und liebe verläuft dabei messerscharf in meinem kopf, die beiden bereiche haben wenig gemein, der pragmatismus neigt dazu, den rest lächerlich zu machen und den ganzen platz für sich zu beanspruchen.

(lieblingssignatur. ich hab den autor gefragt, warum die unendliche geschichte ein ende hat, er hat es korrigiert.)

macht der besitz von diesen dingen nicht nur sinn, wenn man auf ihn verzichten kann, wenn er luxus ist? in diesen büchern wohnt ja nur mein herz, ein paar erinnerungen sind gelagert, nicht mal alle schön,  sind sie nicht auch reine und damit hohle repräsentanz? ich habe so selten gäste, bei denen so etwas wichtig ist, eigentlich: nie, immer nur freunde und familie, und ein liebhaber, dem meine bücher etwas bedeutet hätten, ist mir noch nicht untergekommen. es gibt aber, da vertraue ich meiner wahrnehmung, immer einen aspekt der behauptung in solchen schränken, zumindest eine kleine notwendigkeit für so einen affirmativen gestus. besonders beim geerbten teil der sammlung, also bei den mittelalten (mann, jünger, hesse und so), die ganz alten haben eine andere, zeitlose wertigkeit, die sind auch nicht mit meiner komplexen vaterbindung verwoben, da sind die autoren frei in ihrer wirkung, sie stehen für sich, da freut sich mein sammlerherz ganz unbekümmert.

bei bildern ist das anders, da habe ich tatsächlich einen unmittelbaren spark of joy, jedesmal, wenn ich sie ansehe.

ich habe nur eine ahnung, ob meine söhne mal interesse an alten büchern aufbringen werden. einer ist sehr in der gegenwart und im funktionalen glücklich (nur nicht bei seiner kleidung, da zählen schein und sein gleichermaßen), einer hat respekt und sinn für das besondere, der dritte ist in seiner linken phase und sowieso gegen das privateigentum. bei keinem ist es genug, um die bücher zu vermissen, wenn sie weg sind, vielleicht reicht es zu einer anekdote (meine mutter hatte mal …). das wäre auch eher eine ausrede.

die bibliotek ist verfügbar, darf herumliegen, benutzt und durcheinandergebracht werden, die sammlung macht aus den büchern etwas totes, zumindest schweigendes, lauter kleine sarkophage, weil ihr inhalt weniger wichtig ist als ihre einzigartigkeit, nur in diesem schrank, sie stehen als objekte für eine epoche, einen erfolg, eine biographie, nicht mehr als text, roman oder prosa oder gedicht, was immer da jetzt drin verborgen ist. die differenzierung im wert ist vermutlich zu ein oder zwei vierteln quatsch, denn gibt es etwas schöneres als diese einzigartigkeit? man liebt doch den einzigen, nicht die masse, den besonderen, nicht den, der wie alle anderen ist. ein bisschen nehme ich diese besonderen bücher damit aus dem kreislauf, lege sie still, gebe ihnen das zurück, was sie als unbekannte frisch gedruckte dinger hatten: einen anfang. wie in einer metonymie, steht doch ihre einzigartigkeit für die einzigartikeit des textes, den sie als erste unters volk gebracht haben. not?

ein buch, dass am anfang seines weges ist, noch nicht ins netzwerk der literatur eingegangen ist, ungelesen und mit nichts als hoffnung. (gut, die kategorie prätentiös kriegt jetzt auch einen haken.)

mehr eine hommage ans buch als an den markt, vielleicht macht das den sammler aus. der markt ist ein ärgernis, er macht die jagd nach wirklichen schätzen unaffordable statt einfach schwierig. wegen dem markt trenne ich mich jetzt von einigen und hoffe bei ein oder zweien sehr, dass der erlös den verlust wert ist, die anderen gehören eh zu jemandem, der sie lieber haben möchte.

KW 40/41

die fahrt mit dem großen im übervollen auto quer durchs land habe ich sehr genossen. wir reden und schweigen und hören radio, kein schatten nirgends. er freut sich und ist neugierig, ist so präsent und da, bei sich und bei mir, ich glaub nicht, dass die entfernung da etwas dran ändern wird. wir laden nachmittags seine kisten in die noch leere wohnung (wg wird gegründet, er ist der erste), die vermieterin ist eine zarte, weißhaarige und schön gekleidete alte dame. „die jungen haben was zu erzählen, die jammern nicht immer, wie es alte mieter tun“, darum vermietet sie gern an studierende. ich denke, dass die studis sich auch weniger stören am klo auf halber treppe, den alten kleinen heizkörpern, dem ungestrichenden charme des hauses. sie umarmt mich zum abschied, „und wenn sie sich mal sorgen um ihn, können sie ruhig anrufen“. das fenster des großen geht auf den wintergarten hinaus, dahinter ist alles grün vom verwucherten garten. wir kaufen gemeinsam eine große matratze, die auf dem dachgepäckträger ins neue zuhause transportiert wird, besorgen bretter/glasbetonsteine für sein regal, suchen nach einem schreibtisch auf ebay-kleinanzeigen.

es ist noch zeit für eine große lange runde durch trier, der  dom macht mich sprachlos, er ist elegant und würdig, kompliziert und schön, im vergleich dazu ist der petersdom nur bombast, zeichen für macht und herrschaft. rede mit einer nonne im kreuzgang, sie fragt, ob der große der neue ist, es zieht nämlich einer ein bei ihnen, der keine wohnung gefunden hat, „ein 18jähriger im kloster, hab ich der mutter gesagt, der ist bestimmt nicht glücklich darüber“ sagt sie und lacht. ob er theologie studiert, fragt sie den großen noch, das würden nämlich viele machen. sicherheitshalber sagt sie uns noch die termine für messen in den kirchen der stadt, „wer bei uns kei meß kriegt -“ sagt sie, der große:  „… der will keine“. lachen. zu den weihnachtsmärkten soll ich spätestens wiederkommen, die seien besonders hier.

der große ist beeindruckt. wir plaudern und reden und spazieren durch die nicht riesengroße altstadt bis es dunkel wird, kehren in einer studikneipe ein und verzehren im freien riesige portionen mit fleisch, sahne und käse. es ist weingegend, also nimmt der große einen wein und mag ihn. alles voller sehr junger leute. schöner tag.

auf der rückfahrt großartig bekocht worden von frau fragmente, endlich habe ich sie besuchen können, es ist so schön, wenn die freundschaften zwischen netz- und außenwelt hin- und herwechseln können. nach einem spaziergang zurück richtung berlin. spontan noch in weimar bei einer anderen freundin rast gemacht, dort kuchen und einen eimer walnüsse bekommen, erst um 2 zuhause gewesen, keine zeit gehabt fürs traurigsein.

hier wieder engpässe, eine hohe zahlung wird fällig, meine jobs bringen zu wenig, es geht nur, solange keine sonderausgaben anfallen. einen großen stapel erstausgaben bei bassenge angemeldet. letzte woche ist auch noch die gastherme ausgefallen, wie im jahr davor sind wir ohne heizung und warmwasser, bis der installateur zeit hat. meine sachbearbeiterin im finanzamt stellt mich zur rede, ich hätte doch gesagt, ich wolle im letzten jahr dies und das machen, was denn damit wäre, ich solle bitte ausführen. sie ist mein personifiziertes überich, andrerseits endlich jemand, der es genau wissen will.

die wohnung hat sich verändert, seit die zwillis jeder ein zimmer haben, sie scheint mir kleiner, seit einer ausgezogen ist. ich warte mit dem  aufräumen, bis alle möbel sortiert sind und. wenn ein blätterhaufen hoch in die luft gewirbelt wird und erst wieder unten ankommen muss, sowas, macht keinen sinn, vorher aufzuräumen, und ich weiß noch nicht, wo die teile landen werden. es wird alles neu gelegt.

 

bedingt frei

eigentlich schon frei, keine energie, mir für die 5 tage noch einen auftrag zu suchen. ärger über meine lage, aber ein so alter und festgewordener ärger, er stört kaum noch. ich habe mich sogar dran gewöhnt, dass ich nicht mehr richtig schreibe.

die erfahrung, dass es eh nichts nützt, ist ein alter ausgelatschter schuh in meiner psychischen landschaft. futility ist mein anker. ich versuche gelegentlich, mich bei männern oder jobs zu bewerben, richtiger einsatz ist das allerdings nicht, eher so ein immerhin-einsatz, aber die agentur für arbeit wäre unzufrieden. ob es die frühe erfahrung von vergeblichkeit ist, dass schlimme zustände eben bleiben, dass widerstand zwecklos ist? ich war drei, als mein diabetes kam, ich weiß aber kaum noch was davon – das „aber“ in dem satz fühlt sich richtig an, das lasse ich. ein diabetiker muss immer alles wissen.
meine mutter erzählt, wie sie mich auf der waschmaschine festgehalten haben für die spritzen, weil ich so gebrüllt habe, und wie sie dachte, ich könnte dadurch meine wut über die krankheit ausleben, aber es ist nicht meine erinnerung. die angst und überforderung meiner mutter, an der ich schuld war, spüre ich heute noch, die ist fest in unsere beziehung verwoben und beschwert sie noch immer.

heute ist das alles anders, der weg in den alltag wird bei allen beteiligten besser begleitet. dieses primäre und existentielle angstding bei eltern ist wohl nicht vermeidbar, hoffentlich vermitteln die ärzte ihnen einen umgang damit, holen es ans licht, machen es gestaltbar. bei mir war es schwarze pädagogik: wenn du das machst, dann kannst du sterben, autonomie ist lebensgefährlich. all die nicht ausgelebte energie macht mich traurig, manchmal, andrerseits geht mir eigentlich ganz okay. ich hab sie woanders ausgelebt.

(damit hab ich heut wieder die ein oder andere bewerbung prokrastiniert, ist es nicht prima?)