kw 43

bei herrn schneck festgelesen. würde gern hunderte leser dort hinbringen, aber mein blog ist grad scheintot, also bitte: verlinkt das weiter, weil es so gehen kann, mensch für mensch, im miteinander. buddenbohm, kaltmamsell?

herbstferien ohne licht, im halbdunkel. füttere vitamin d und versuche, das haus schön zu machen, also ohne machen, eher: schönzudenken, weil mir für alles andere die energie fehlt, ich bin ein sonnenmensch. wenig ausgegangen, einmal im kammermusiksaal eine jazzoper vor wenig publikum, schön frei in ihrer unbestimmbarkeit. take my otherness heißt sie, yesplease, denkt man, und wird aufmerksamer auf die otherness der frauen dort auf der bühne, liebevoller der eigenen gegnüber. die texte  plakativ und weniger komplex als die musik, es funktioniert aber, weil die eingängigkeit sich mit der vertonung reibt und weil man sowieso nur die englischen texte sofort verstehen kann. gesungen wird in allen möglichen sprachen, die künstlerinnen kommen aus „iran, georgien, ghana, albanien, china, spanien, taiwan, türkei und deutschland“ (programmheft) nachher gedacht: vielleicht sind diese art texte als zitat popkultureller frauensongs zu verstehen, wo stärke und freiheit in slogans aufgerufen werden? als ein weg der autosuggestiven selbstermächtigung, meine assoziation sind dabei die lieder, die von baumwollarbeitern gesungen wurden, um die arbeit erträglicher zu machen. die kompositionen waren aber aufregend, das wiedererkennbare wunderbar eingearbeitet in wirklich neues, bisschen bach, bisschen die jeweiligen musikalischen traditionen aufnehmend. hier wohl eine radiosendung über das projekt, irgendwie nicht verlinkbar.

aus: I Spy: Treasure Hunt, Walter Nick/ Jean Marzollo, Cartwheel Books
aus: I Spy: Treasure Hunt, Walter Nick/ Jean Marzollo, Cartwheel Books

gefreut über schreibtischbilder im netz, finde aber keine worte dafür (ernsthaft, meine sprache verschwindet, kennt das jemand? wo kann sie sein, wo ist das leck im system, oder ist das nur ein besonders gemeines symptom der herbstdepression? meine stimmung ist dabei gar nicht besonders mies, aber die sprache ist halt haupttor zwischen welt und geist, in beide richtungen, und grad ist es ein einspuriger bergweg mit pflastersteinen. es fehlt alles drumherum). hatten wir nicht mal mehr dieser arbeitsplätze in blogs? herr giardino hatte neulich mal eins bei twitter, aber die büroschreibtische bleiben halt systemimmanent hauptsächlich der effektivität verpflichtet.

das pokemonspiel ist schon wieder total out, sagen die jungs, vielleicht wünschen sie sich das aber auch bloss, weil die manie an ihnen vorübergegangen ist.

der große hört dauernd mozart oder vivaldi und räumt selbstständig die küche auf, mit mozart. er wird achtzehn in zwei monaten, unfassbar. man schenkt reisen im umfeld, den führerschein will er gar nicht so unbedingt, party wird gemacht, muss aber keine aufwändige all’italiana sein. er wünscht sich ein echtes altmodisches fotoalbum mit allen seinen bildern, ich vermute eine vorweggenommene wehmut vor dem imaginierten übermorgigen auszug.

jetzt in den tiergarten mit hund und kindern söhnen, arbeiten danach, wenn etwas luft durchgeatmet wurde.

oppenheimer as himself

manhattan-netflix
links wikipedia, rechts still aus der serie manhattan, auf netflix

oppenheimer hat offensichtlich auch das zeitreisen erfunden. sogar die ohren! das licht gefällt mir, es ist ein bisschen angegilbt, das setting wirkt authentisch, weil es unsere bildliche wahrnehmung der vierziger wie einen filter mit übernimmt. manhattan (netflix) ist bisher noch nicht so spannend, dass ich ihren wahrheitsgehalt überprüfen möchte. schaue die serie mit überraschend wenig grusel und weiss noch nicht, ob ich neugieriger werde auf figuren und plots, auf angelegte brüche in vorgestellten gesellschaftlichen korsetts. was interessiert an so einem thema? ja, militärische hierarchien, geheimdienstparanoia, zweiter weltkrieg auf der einen und wissenschaftliche elite auf der anderen, da liegen gute, sogar große themen, die bisher doof einfach gelöst werden, regierung gewinnt, oder ist es als reine dokumentation gedacht? dann würde ich es mir weiter ansehen, wenn es bei serien noch um freie entscheidungen ginge, also eher: weiter als ca. folge 8, bis dahin rutsche ich auch in doofen serien gerne einfach so mit. bisher bleibt für nichtgenies der inhalt 'atombombenbau' arg abstrakt, liegt sehr sehr weit im hintergrund vor der zerstörungsgewalt der beiden gefallenen bomben von hiroshima und nagasaki. und der vielen, die es noch gibt.

 

hrmpf.

beim ernsthaften schimpfen immer aufhören, bevor man lachen muss. verliere nur die fassung, wenn morgens keine milch mehr da ist. das macht schlechte laune, dann schreib ich sowas wie unten.

okc-männer kann man danach sortieren, wann sie den kontakt abbrechen: die einen, ernsthafter suchenden, sobald sie von zahl und alter der kinder erfahren haben, die antworten einfach nicht mehr. höflichkeit ist fehlanzeige. die anderen erst nach ein paar nächten, oder wenn ich kein interesse daran habe, mit irgendwelchen typen nach einem einzigen abend im smalltalkmodus schon händchen zu halten. immer wieder: du redest über ein firstdate-thema, politik oder literatur oder die berlinale, plötzlich grapschen sie aus dem heiteren nichts nach deiner hand. vorher nicht die geringste andeutung, dass sie flirten, kein kompliment, kein blick, keine zufällige berührung. nix knistert. ich erschreck mich dann immer. am lustigsten war der eine, der auf mein reflexhaftes zurückschrecken mit einem hochkonzentrierten, leicht stierendem tiefen blick reagiert hat, als wollte er mich hypnotisieren. ich dachte, gleich kippt er vornüber. alles automaten mit einem plan im kopp.

einmal einen, der mit begeisterung interesse und komplimenten reagiert, ach, werd schon beim schreiben wieder müde. kein milchkaffee heute, furchtbar. müßig alles.

inzwischen aufkommende verachtung, mit sehr generellem rachehunger all den pfeifen gegenüber, an die ich geraten bin in den letzten jahren. bisschen rückhalt, souveranität im gefühl, bisschen phantasie, etwas riskieren für den anderen, einsatz zeigen? irgendetwas, an das ich mich gerne erinnern könnte? mit liebe rechne ich schon lang nicht mehr, aber ein hauch respekt? echt, habe schon sehr reduzierte erwartungen. aber nada. weg sind sie, früher oder später.

was reg ich mich bloss auf? weiß doch über meine unvermittelbarkeit. kurz bedürfnisse ventilieren, wozu hab ich denn ein blog.

 

 

 

dhl

einer trägt den neuen geschirrspüler die beiden stockwerke hoch, der andere trägt den alten wieder runter, jeweils allein auf dem rücken, mit zwei händen an den oberen ecken gehalten. sie sind in den dreissigern, einer hat schon bier getrunken um 8 uhr früh, ihre bewegungen sind sparsam und genau choreographiert. dann sind sie wieder weg und fahren bis mittags weiter schwere sachen aus, ich hol mir einen zweiten kaffee und setz mich an den schreibtisch. konnte ihnen nix geben, weil die kinder heut früh geld brauchten. das geld zeigt respekt auf die einzig mögliche weise, oder die einzig sinnvolle.

neujahr

IMG_2088

diesen januar 12 jahre alleinerziehend. phantasiere manchmal darüber, auch vierstellige leserzahlen zu haben, wenn ich nur mehr über die schwierigen teile meines lebens schreiben würde, allein mit drei kindern und hund, den diabetes, den mangel überall, aber ich hab das blog ja grad als alternative zum alltag, als spielwiese. ob ich meine ganze grause lage mit anderen texten vielleicht ändern könnte? das glaube ich nicht. es wären dann auch andere leser wahrscheinlich, ich mag ja meine sehr.

bisschen neues design wäre ja mal ein anfang, not? mal schaun.

letzte woche mit frau ziebarth den kudamm entlanggefahren, um ihr die wunderschöne weihnachtsbeleuchtung zu zeigen, in jedem baum lauter kleine weiße lichtbälle, die ganze allee entlang. danach wollt sie noch in eins ihrer geschäfte mit kunsthandwerk aus asien, sie hat sich etwas gekauft für ihre sammlung, ich aus solidarietät einen ring aus silberbronze, nepalesisch. habe dann die nägel hellblau lackiert und den ring spazierengetragen.

 

IMG_2078

in der 9. sinfonie gewesen mit den kindern, ich hab sie überhaupt zum ersten mal live erlebt. herr herbst war auch dort, hab ich grad gesehen, und hat viel mehr gehört als ich. wir sassen über dem chor im zweiten rang, am besten konnte man den schlagzeuger sehen von dort, der immer wieder mit den händen die paukenfelle leicht angeschlagen hat, mit dem ohr fast auf dem fell, um ihre unversehrtheit zu überprüfen, glaube ich. die zwillis haben im dritten satz kurz geschwächelt, der große fand ihn am schönsten, ihre wahrnehmung geht schon auseinander, mit den beiden jahren abstand. wie das thema im vierten satz auf den basslinien zuerst auftaucht, ganz leicht und unpathetisch. fast befreiend, den berühmten chorsatz mal da zu hören, wo er hingehört, ich schließe sonst immer meine ohren und mag mich dem pathos nicht ergeben, hab dann beim konzert die mögliche hingabe mitgenommen.

 

IMG_2092

sylvesterparty mit alten freunden in der kollwitzstrasse, wunderbar, mit feinem essen und vielen gesprächen, in einer sehr großzügigen dachetage. meinem kind nicht gleich gratulieren können, er ist am 1.1. siebzehn geworden und war auf einer anderen party, wie seine brüder auch, jeder woanders, und wir sind noch bei O2, da kann man erst am ersten morgens wieder telefonieren. in der letzten nacht des jahres doch noch angeflirtet worden, zum ersten mal in diesem dummen jahr, wie sich dann alles nervenschnell verändert, das lachen größer wird, die selbstdistanz verschwindet, man wieder schlagfertig und schnell wird, ganz selbstvergessen.

es gibt da einen auf okc, bisschen hippie, dem hab ich in so einer auchegal-haltung schon in der zweiten nachricht von meinen kindern erzählt, und wie jung sie noch sind, und er hat geantwortet, weil er ein hippie ist, denke ich, lang und dünn ist er, nicht so beweglich mit der sprache. die eigene unvermittelbarkeit ignorieren. das nächste mal antwortet er nicht.

im berliner ensemble mit dem großen sohn faust eins und zwei geguckt, von bob wilson bebildert, wieder mit frau ziebarth, die ich wunderbar häufig sehe gerade. frau ziebarth geht nach dem stück immer noch in die kantine und setzt sich an ihren tisch, der mit dem „technik“- schild drauf. sie ißt ein mett- oder schmalzbrötchen und trinkt eine apfelschorle, wir reden über das stück, der große konnte bei faust 2 nicht folgen, weil er das noch nicht gelesen hat. macht, geld, sex versteht man in den szenen aber auch ohne textkenntnis. wir sind alle begeistert, am ende des abends kommt der große, großartige christopher nell sogar noch herunter in die kantine, gekleidet wie ein gentleman, mit kamelmantel und hut, umarmt und begrüßt frau ziebarth und schüttelt sehr freundlich auch dem jungen und mir die hände. aww! er ist ein phantastischer mephistopheles, es ist sein stück. und er kann jodeln. unbedingt den hamlet mit ihm sehen, aber er ist grad in wien für den handke, sagt er, nur für den faust kurz in berlin. im märz wieder, gehen sie hin.

wahnsinnig müd für einen jahresanfang. wenig hoffnung, dass sich da was ändert. kopf nicht klar genug für mehr zeilen über den mephisto oder den janowski, das finde ich nicht so gut.

 

kaum durchblick

wie ich dann aus allen ritualen rausfalle, sobald die kinder beim vater sind. zweiter feiertag, die stille bleibt, im kopf eher ein leeraum, den ich fast lieber mit ritualen oder zumindest mit alkohol füllen sollte. um meinen kleinen platz herum fast alle fenster dunkel, als wären es wirklich alles junge leute, die noch zu ihren familien fahren.

den kindern go geschenkt, seitdem versuche ich es zu lernen, mit einer app. hemmungen, gegen einen guten spieler als anfängerin herumzustoppeln, meine lernhaltung ist älter als das internet. mißtraue den einfachen regeln, faszininiert davon, wie damit so komplexe spielsituationen erschaffen werden können, die ich nur leider noch nicht begreife. ein paar partien durchspielen, irgendwann werde ich verstehen, warum sie verloren sind.

erster wein um 16:16, angemessen, aber eigentlich keine zeit für pausen, weil mir ein gericht am tag vor weihnachten eine klageschrift geschickt hat, in zwei wochen irgendwie zu beantworten, sie wollen offensichtlich auch noch die verdiente entspannung torpedieren. macht mich nicht freundlicher gesonnen, dieser termin. (hatte für das konfirmationsessen im juni mit 33 gästen 20% weniger bezahlt, weil der wirt die reservierung tatsächlich komplett vergessen hatte, wir übelste plätze auf dem weg zum klo hatten, stundenlang warten mussten und die hanseln keine karten nahmen, so dass ich nachts noch zum automaten musste, um die anzahlung abzuheben. sieht er nicht ein, der wirt, er könne nämlich glückliche gäste erkennen.) es hängt wohl von der meinung des richters ab, bei meinem glück erwische ich garantiert einen, der mich als zechprellerin sieht. das neue jahr fängt an, wie das alte aufgehört hat, bin allein verantwortlich dafür, wie für den rest ja auch. der nietnagelneue geschirrspüler streikt auch schon, also weiter spülen, spülen, spülen, und es wird nicht sauber, das glas. geh mir weg, 2015.

„na, immerhin“ sagen, in den stillen nachmittag.

kw 38

mit der schwester ein paar tage verbringen, sie begleitet ihre tochter, die nach berlin gezogen ist. wunderbar, wir verstehen uns wortlos und sehen uns viel zu selten. wir spazieren herum, mitte und prenzlauer berg, ich wundere mich über die touridichte und die menschenströme auf den strassen. die kunstwerke lassen uns und andere vorzeitig in ihre neue ausstellung, etwas über die sehnsucht nach dschungel, gelungen ist sie, eine empfehlung, ein paar sehr sehenswerte arbeiten über phantasie, natursehnsucht und modernes leben. einen laden für hundezubehör entdecken wir, mit eleganten leinen und schönem anderen kram, kaufe nix, weil ich alles schon habe und in einem soliden pragmatismus lebe.

ein abend mit freunden, einer mit docbuelle und s., in alter tradition im due forni, sehr schön und warm. freut mich immer, wenn ich meine römische schwester mit in meine zusammenhänge bringen kann.

gestern dann ein paar museen, die ausstellung im dhm zu homosexualität_en, sehr lehrreicher überblick über den umgang mit schwulen, lesben und transmenschen in den letzten 200 jahren, mit vielen sehr persönlichen videozeugnissen (wie heissen selfies als video?) übers coming out, jeder menge teils so skurriler wie finsterer objekte aus der langen geschichte der gesellschaftlichen ächtung. leider war der katalog sehr chaotisch aufgebaut, bild nach bild nach bild, ohne eine erkennbare struktur, ansonsten hätte ich den für die jungs mitgebracht, die sind ja noch ein bisschen in limbo und bestimmt neugierig. großartiger neubau von i.m. pei ums zeughaus herum, war da irgendwie noch nie mit vollem bewusstsein drin, sehr repräsentativ und großzügig, elegante toiletten, mit glastüren und marmorbecken, alles sehr edel da, klar hab ich als mutter sofort die schulen und ihre miserable ausstattung im kopf, aber das dhm ist ja eine stiftung des bundes und steht ausschliesslich in der öffentlichkeit, anders als die schultoiletten, in die ja nicht mal die schüler gehen.

über die linden ging eine größere gruppe menschen mit weissen kreuzen, abtreibungsgegner, of all things, dass die immer noch so laut werden wollen! es waren sogar frauen dabei, und sehr viele polizisten. bei der abschlusskundgebung, die wir hören, als wir uns vor dem dhm noch vor dem regen unterstellen, spielen sie eins der schöneren kirchenlieder, „von guten mächten wunderbar geborgen“, weil bonhoeffer sich wohl in seiner ethik gegen schwangerschaftsabbrüche geäußert hat, was mich überrascht. aneignung von schönen liedern übers aufgehobensein, um eine praxis der entrechtung und lebensverändernder übergriffigkeit zu propagieren, sehr unangenehm manipulatives vorgehen.

hab mir für den tag mein rennrad vom großen ausgeliehen, fand es schwer bremsbar (bremsen viel zu weit vorne am lenker) und war wahnsinnig schnell damit, auch beim bergauf fahren alle überholt, wie von selber ging das, meine langsamkeit liegt wohl doch am ollen tourenrad und nicht nur am alter. es hat geregnet, doof ohne schutzbleche, habe aber mein guccitäschchen über dem hintern platziert und so stilvoll mich und die anderen geschützt, rennradfahren ist schon etwas für eher zierliche gesäße.

 

ferragosto

gestern ferragosto total im regen ersoffen, dichter, gleichmäßig rauschender regen. die stille um das rauschen herum. heute dann ein gleissender sommertag, tiefblauer himmel, weiße sauber geknüllte wolken, glitzernder see, angenehme 28°. eine freundin zeigt uns ein altes industriegelände, hinter einem park versteckt, mit felsen und ruinen direkt am wasser, die kinder können hohe sprünge machen, darüber ein senkrechter felsen, unbefestigt, eine badestelle wie aus den fünfzigern, davor meine kinder, braungebrannt und beweglich, auf dem spazierweg dahinter die mädchen und ragazzi in kurzen hosen und polos, die damen in hohen schuhen und mit perlenketten am arm der eleganten alten männer, vorsichtig der menge nachlaufend, dazu ein eis.

wir sind früher an den felsen bei s. caterina del sasso schwimmen gegangen, durch den garten des klosters kam man über einen überwachsenen saumpfad runter an den see, vor dem kloster liegt die tiefste stelle des sees, das wasser war dort auch an heissen tagen kalt und klar. jetzt ist alles touristisch erschlossen und renoviert, es ist schöner und nicht mehr so leicht verwahrlost wie in den achtzigern, der weg zum felsstrand ist seit jahren mit neuen toren versperrt. daran muss ich denken, als die jungs allein auf den ruinen bei caldé herumturnen, der platz da hat bestimmt eine ähnliche zukunft.

wir sind im ferienhaus, ein dutzend oder so kilometer südlich der kleinen stadt, die mir genauso nahe ist wie die andere kleine stadt, von der man anderthalb kilometer steil den berg rauf zum haus gelangt. in caldé liegen auch zwei freunde von mir auf dem friedhof, ich wollte eigentlich noch die mutter von einem anrufen, jetzt wird es schon wieder knapp. dieses jahr habe ich lange gebraucht, um aus der erschöpfung aufzutauchen, um anderes als das gewohnte zu unternehmen.

zwei häuser weiter wohnen zwei junge berlinerinnen im teuren gentrimobil, airbnb, sagen sie. ich will eigentlich keine berliner mit touareg hier haben in meinem refugium, die beiden passen auch nicht zu ihrem auto, können es kaum manövrieren, aber es hat berliner kennzeichen. es ist ein so privater ort hier, vor berlin und der komplizierten gegenwart, oder einfach nur auf eine ältere art kompliziert, mit mir verwachsener, nicht mehr zu trennen von der, der ich bin, die wir geworden sind. die beiden sahen netter aus als ihr blöder luxusschlitten, sie trugen eher berliner klamotten, als irgendwas italienisch-überlegtes, die italiener hier neigen eher zum kleineren auto und dafür zu schönerer kleidung, schon weil man mehr zeit auf der piazza als auf den engen strassen verbringen möchte. oder will ich bloss das einzige berlin hier sein? weiss aber, wie uneinpassbar so ein gedanke ist in die realität. neue zeiten. airbnb werden wir hier bestimmt auch irgendwann machen, so what.

das feuerwerk findet dann am montag danach statt, aber da regnet es auch und wir verzichten, ich biete den jungs halbherzig an, sie hin- und wieder zurückzubringen, aber die couch, die handys und das fernsehen locken mehr. grmpfe ich sie kurz an, bin aber selbst dran schuld, weil sie das tollste mögliche feuerwerk schon gesehen haben, das in venedig.

 

sense8

sense8 geguckt. ob es eine entscheidung war, die serie mit reinem pathos zu beginnen? also nur pathos, ohne klare orientierungspunkte, ich wusste auch nicht, worum es gehen sollte. hat mich an angels in america erinnert, vom großen gestus her, macht aber ungeduldig, weil wir heute anders sehen als vor ähm jahren, eiliger, wir suchen das besondere nur im bekannten, es macht fast aggressiv, wenn man in den ersten minuten in eine opernhafte sterbeszene geworfen wird und mit was einfacherem, verständlicherem gerechnet hat.

die idee der empathie als bedrohung des systems mag ich sehr, schön sixities und flowerpower, aber es hat gedauert, bis ich sie im film verstanden habe (nicht gespoilert vorher), die wachowskis setzen bedeutung voraus, statt sie im drehbuch wachsen zu lassen, sehr unbescheiden und im impetus schon fast wieder gut, wenn es nicht etwas merkwürdig jesusfilmhaftes hätte. absurd, wie dann im verlauf der staffel alle konflikte ausschließlich mit gewalt gelöst werden, als gäb es im kopf der regisseure zwei konzepte, die total gegensätzlich sind und nichts voneinander wissen, anders als die sensates im film. (die gewalt fand ich ernsthaft bescheuert und musste mich häufiger mit dem gedanken an die kohlköpfe beruhigen.)

mochte die vielen länder mit sehr tollen kamerafahrten, die serie immer dann gut, wenn etwas neues passiert, die biographien der figuren funktionieren halbwegs, selbst wo sie chlicheehaft sind. sie sind alle traumatisiert, oder in einer position der gesellschaftlichen ächtung, das ist ungewöhnlich für eine serie aus den usa, alle in einem laufenden konflikt, der in der ersten staffel nicht aufgelöst wird, fand ich auch interessant. alles sehr gemütlich aufgebaut leider, da hätte eine ordentliche verdichtung gutgetan.

auffällig viele schöne männer, also diese pinup- schönheit, bei der es gar nicht mehr wichtig ist, was die leute tun oder sagen. wenn die leute in der zweiten staffel endlich die welt retten statt immer nur einander, oder etwas wirklich revolutionäres tun, würd ich weiter gucken, die verfolgerei durch den regierungsschurken wird jetzt langweilig. bin außerdem für gewaltfreie versionen, wo wie in stummfilmzeiten immer nur steht „sie prügeln sich“ oder „sie ballern rum“.

 

dazwischen

bin bisschen gespalten in den bedürfnissen, einerseits versucht, mir für die zeit schnell noch eine geschichte an land zu ziehen, klar fehlt da was, aber es fällt keiner auf in der masse der gesichter und profile, wie ein wort, das man zu oft sagt. die alternative nur-körper ist dann doch, ich weiß nicht, einfach weit weg von dem, was ich bin, und das gerede in den kneipen mit den freunden ist genau das, ein warmes/lautes hohoho in die nacht. außerdem muss ich lachen, wenn mir jemand von seinem penis vorschwärmt, echt, penis? gut, wenn einer dran ist, wenn es ein mann ist, okay. ich sehe die männer, wie sie solche mails schreiben und den langen schlingerpfad, fluchtpunkt p, den sie hinter sich haben, über berg und tal. wozu haben wir eher ganzheitlichen den langen weg der sozialisation hinter uns gebracht, dabei bedürfnisse verbunden, beim sex das resthirn erschlossen? gern etwas zwischen plüsch und dem hier, zwischen nur geist und nur körper. not?

eins null

twoday

10 jahre hotelmama, wer hätte das gedacht. vielen dank fürs lesen und kommentieren und verlinken, für die freundschaft und für die drinks!

ein paar gute texte sind dabei, vielleicht kommen auch noch ein paar, ich bleib dran und mache einfach immer weiter. bloggen ist die perfekte form der öffentlicheit für solche wie mich.

frei

frei von begehren sein, zumindest frei vom wertsystem des begehrens, ob das geht? ist der mangel schon in die grundfeste eingebaut, weil sich niemand dafür interessiert hat, was und wer und wie man eigentlich ist, oder ist die wahrnehmung des mangels so integrativ heutzutage, und dabei sofort  verfremdend und vom eigentlichen entfernt (wegen dem allgemeinen habenwollen als lebensmaxime, erfolg, liebe, geld, ökonomisch und psychosozial), dass man sich da nicht mehr ganz rausdenken kann? ungute mischung von beidem wahrscheinlich. ohne funktionierende arbeits- oder liebesbeziehung geht es wohl nur, wenn man schon vom naturell her in sich ruht, also ruhe als ein zustand, der keinen ständigen input braucht, keinen austausch, aber wäre das dann nicht schon stillstand, nichts lebendiges mehr?

mich macht die trauer darüber dünnhäutiger, als mir lieb ist. besser sublimieren, klar, bleib ich dran, aber wenn ich vor 11 jahren gewusst hätte, was auf mich zukommt, ich hätte mehr getan, um die blöde ehe nochmal zu retten. ich bin daueroptimistin und neige zur lebensfreude, aber es war wohl naiv, in meiner lage und mit der, die ich bin, auf neue häfen zu hoffen. es ist eher dauerwerft und dauerwurst. aber es muss doch, wie rühmkorf sagte, einen zweiten weg ums gehirn rum geben, not? also zufriedenheit ohne mann und mit eher imaginärer beruflicher bestätigung. habt ihr bücher oder ideen zum thema? bis dahin, liebe kinder, bleibt bei euren partnern, wenn ihr mehr als zwei kinder habt und eine frau seid, für männer gildet das natürlich nicht. gar nicht. isso.

 

mäanderie

freier tag. (vorsicht, folgt ein reinster ich- + tmi-text.) ich hätte tun gewollt: einen oder zwei texte fertigschreiben, die ende der woche raus sollen. zuerst versucht, einen aus dem netz gezogenen film mit ein paar minuten gitarre in irgendein programm zu bringen, mit dem ich die frames nacheinander abklappern kann, um ein griffmuster zu verstehen aka abschreiben zu können, mit dem blatt vorm rechner. dabei gemerkt, dass ich das komplette final cut studio noch auf dem rechner habe, ein paar emma-filmchen mit fcs editieren gewollt, aber die modernen formate vom iphone können mit dem alten filmprogramm nicht gelesen werden, das m4p- dingens aus dem netz geht auch nicht auf. in die tiefen von cinema tools abtauchen gewollt, obwohl ich nicht mehr sehr genau weiß, wozu das programm eigentlich gut sein soll. irgendein plugin hindert mich daran, eine geraume weile nach dem plugin („powerplant“) gesucht, ohne zu wissen, ob es fehlt oder zuviel ist, aufgegeben – es gibt powerplants, das glaubt ihr nicht. mit handbrake eine weile lang gar lustig hin-und herformatiert, an die supere quick time pro version erinnert, die auch umformatieren kann, noch viel idiotensicherer, mit .avi (quicktime rechnet einem das um) ging es dann endlich, aber bei der nun miesen auflösung hätte es deutlich mehr vorhandene musikalische fähigkeiten gebraucht. es waren eh sehr, sehr viele frames für den restnachmittag. gleich weiter gesucht nach programmen im netz, die musike direkt auslesen können, ähnlich wie garageband das mit dem e-piano macht, das programm schreibt mit, was to-tal faszinierend ist, wie beim spielen die noten über den bildschirm rauschen, als wäre es nix, aber es macht das natürlich nicht nach gehör, sondern nach midi, das ist geheimnisfrei, eigentlich, fasziniert mich aber trotzdem. gibts bestimmt auch für e-gitarren. was gefunden, es ergibt aber mehrere seiten akkordsalat, das hilft mir nicht, weil der typ aus dem netz keine akkorde spielt, sondern nur so herumpickt. grade eben noch soundtrack pro aufgemacht, liegt auch auf der platte herum, wenn ich könnte, dann würde ich jetzt mich selbst unterlegen, mit schönen flauschigen loops, in soundtrack pro liegt ein irgendwo herausgeschnittenes gitarrenintro drin rum, es heißt „fred“ und kommt mir sehr bekannt vor, es liegt da seit 2005, in einem format, dessen dateiendung mit .step aufhört, da könnte ich jetzt gleich weiter.

ich mag an diesen programmen, die man erst erlernen muss, dass sie durch diese schwelle an den aufwand erinnern, den sie betreiben, die vielen tausend kommandozeilen, bis sie zu einem ergebnis kommen. ibm hat ja einen rechner gebaut, dessen kapazität an ein menschliches gehirn herankommt, aber der braucht ein akw als energiequelle, anders als wir. wobei der heißeste scheiss ja endlich nicht mehr nur die quantität, sondern die funktionsweise des hirns zum vorbild nimmt, ltd. data wartet schon. der digitale aufwand, der zum umrechnen eines bildes nötg ist, den braucht man ja auch nur, um ein bild umzurechnen, sonst ist der zu nix gut, und unsere axone können mehrere zehntausend verbindungen eingehen. muss ich den kids alles zeigen, wenn sie mal nicht wegkönnen.

wie angenehm besänftigend das problemlösen wirkt, mir gleich einen job mit konkreten, lösbaren problemen gewünscht. nachgedacht und gemerkt, dass ich heut keins meiner probleme gelöst habe, aber trotzdem sehr beschäftigt war. versucht, das umformatieren als metapher zu nutzen, ich bin leider nahezu perfekt eingepasst in mein umfeld und bin deshalb meiner größe sozusagen ausgeliefert, wodurch mein verbleiben im mittelmaß besiegelt wird. aber größe ist ja größtenteils antrieb, und den verbrauche ich schon für den alltag. naaa, lieber mich mit einem bisschen alkohol auf eine hinreichende konzentrationstiefe komprimieren. das waren tinnitus-sätze, gleichzeitig schrill und sperrig, mit tinnitus denken ist manchmal, also nur manchmal, wie eine lange spitze eisenstange durch ein sehr enges labyrinth navigieren müssen, ohne anstoßen.

jetzt wirds bald dunkel, und ich muss mit dem hund raus, weil ich ihr blinkerhalsband noch nicht wieder gefunden habe. leichter mißmut, weil ich zuwenig kann für all meine möglichkeiten, und weil ein programm das deutlicher zeigt als ein ungelesenes buch, für das lesenkönnen genügt.

vielleicht ist es auch nur mein sammlergen, und wer löscht schon programme, bloss weil der job vorbei ist? immer mal wieder mit einem kleinen rauschgefühl in der time machine durch die monate zurückgesaust, hin zu dem moment, als die mails noch nicht geschrieben waren und die bilder noch nicht gelöscht, die projekte noch nicht beerdigt. sentimental journeys. ich hätte wenig einzuwenden gegen zeitmaschinen.

puh. zuviel kaffee?