fotos machen

es ist ja eigentlich zuhause hier. um das feriengefühl wachzuhalten, nehme ich überall meinen neuen fotoapparat mit. er hat das richtige gewicht, ist einen tick retro, sieht nicht nach profi-im-urlaub, aber schon nach intention aus, wie fast jede kamera heutzutage, die meisten machen ja alles mit dem handy. schaue nach jahren 0hne kamera sofort anders ins umfeld, suche details, perspektiven, insekten, situationen, es intensiviert meine wahrnehmung. das fotografieren macht mir spass, nicht die  bilder, die kamera, nicht das bearbeiten, die bilder habe ich mir kaum angesehen bis jetzt, meistens ist darauf der grund fürs foto nicht erkennbar, ich muss mich also daran erinnern und erinner dann alles umstehende gleich mit: heißer tag, du bist stehengeblieben, weil da schatten war, dann ist dir das riesige spinnennetz aufgefallen, aussehend wie ein feines nie entwirrtes fischernetz, mit dellen, blättern, staub darin, ganz hinten in einem trichter die spinne, die selber wie verknotet aussieht und vielleicht schon lange nicht mehr lebt. das foto gibt den dinglichen teil dieser wahrnehmung wieder, als ganzes, leider ohne auswahl und ohne drama und sonnenschimmer, den ich kann es einfach nicht gut, dafür aber mit allen details, weil die heutigen kameras so gut sind.

mag beim motivsuchen den prozeß, wenn das grün vorm haus nuancen bekommt, wenn baum- und blattformen sichtbar werden, wenn der blick von der konzentration auf die ferne oder den monte rosa umschaltet auf fläche und struktur. wie die touri-familien auf dem markt, die kinder mit buntem plastikspielzeug, die väter mit kamera, die mütter mit sonnenhut, und umgekehrt, die im foto überall auf der welt sein könnten, die ein gelungenes foto ergeben, wenn das besondere an ihnen entweder verschwindet oder ins auge springt, glaube ich, meine bilder sind eher beliebig geraten. oder wie die alten leute, die morgens vor der bar an ihren tischen sitzen, mit kaffee und brioche und freunden, plötzlich aus der zeit fallen, und schon immer da gewesen sein können.

ich kann einen knopf hinten an der kamera mit 12 funktionen belegen, zb wenn ich in die zukunft sehen kann und weiß, welche ich davon brauchen werde. heute hab ich innert sekunden eine mauer neben einer madonna dei ciclisti eingefangen, in einer unübersichtlichen kurve kurz stehenbleibend, das wäre mit handy sicher genauso gut gegangen, aber weniger scharf. so kann ich die namen um die beiden reliefplatten lesen, luigi ganna, der den ersten giro d’italia gewonnen hat, und einen gewissen alfredo binda, der aus cittiglio stammt, 5 giri gewonnen hat und mit dem spruch „ein leben für den radsport“ verewigt wurde. drumherum lauter namensplaketten. in der mitte der wand: eine pedale samt zahnkranz. ich bin da lang gefahren, um einen freund abzuholen, der oben in den bergen mit seinem rennrad einen platten hatte.

(uns sonst: heut noch paar mal die schönen texte bei kaltmamsell, im bärenblog und bei herrn rau gelesen. ist bergaufbloggen grade, ich warte noch, dass die betroffenheit abfällt.)

sonntag, keine pläne

erster tag ruhe. nach dem gewitter war es heut früh endlich unter 30°, emma hat sich zufrieden auf den balkon gelegt und hat sich an die kühlen kacheln geschmiegt. ich hab weiter aufgeräumt, habe ärger mit dem bz, schwankungen ohne erkennbaren grund, brauche mal 6, mal 9 und mal 12 einheiten für mein frühstück, obwohl die sensitivität nur um 20% schwankt. nervig. was kann es sein? wenn sich nichts findet, war es nichts beeinflussbares, dann tauscht man eben alle systeme und guckt nach vorne. nachmittags in der ruhe des hauses mit den diab-apps rumgepuzzelt, muss eine aktualisieren, dafür wird sie neu kompiliert, android studio meldet aber immer einen fehlercode, den ich nicht verstehe, weil ich ja das ganze programm nicht verstehe, es nur den app-aufbau ausführen lassen kann.  nutze vielleicht eine zu alte git-version. überlegt, meinen gesamten 11 jahre alten laptop auch mal zu aktualisieren auf ein neues os, was mir eigentlich ziemlichen spass macht, dann gibt es plötzlich auch für die dienstprogramme neue versionen. aus alt mach neu! habe ich bisher gelassen, weil nicht sicher ist, dass meine photoshop-version auch auf 10.10 oder 10.11. läuft, andrerseits weiß ich nicht mal mehr, wann ich das programm zuletzt selber genutzt habe, und nicht für freunde oder kinder. brauche es also nicht wirklich, anders als aaps. geht aber erst, wenn ich an eine festplatte fürs backup komme, meine liegt natürlich in berlin auf dem schreibtisch. 1tb gibts für 45€, zeiten …

mit d.-zwilling telefoniert, ihm ist ein eichhörnchen ins rad gelaufen, er  wollte es erst zum tierarzt bringen, aber es ist in anderthalb minuten gestorben. es hat ihn beschäftigt, und er ist morgens um sechs noch mal hingefahren, hat es mitgenommen und im park beerdigt. „ich konnte es nicht so liegenlassen“. inzwischen geht es ihm wieder,  denn „solche dinge passieren.“

g.-zwilling einen film mit sting (twitter, aber wer?) in einer norddeutschen kneipe geschickt, wie er eher herzschmelzend sachen singt, die gregor die ganze zeit spielt, er: „oha, richtig gut, so werde ich auch mal“, ich: „weißt du, wer das ist?“ er: „nee?“ ich: erklär. er: irgendeinen freundlichen smiley. ach ja.

ich weiß, kinderfreie zeit, aber ich brauche ein paar tage, um mich dran zu gewöhnen.

abendpläne abgesagt bei 350 mg/dl steigend, ich werde einen schönen whisky vorm sonnenuntergang trinken, die mücken verscheuchen und warten, bis der spiegel sich wieder einebnet, bis dahin nichts essen. kopf voll behalten den ganzen tag, dazwischen an die mama von frau hingst gedacht, hilflos gefühlt, wieder abgelenkt. mir kommt alles so lebendig vor gerade. die abendsonne scheint ins zimmer, es ist schon wieder um die 30°, aber ich habe jetzt einen ventilator.

leben

tage voller leben, vor allem. gestern ist emma entwischt, durch eine offengelassene hintertür, wir alle ins auto, weil sie wahrscheinlich runter ins dorf gelaufen sein wird, es gibt hier sonst nur wald, und sie ist ja ein großstadthund. beim fahren sehe ich sie hinter einem hohen drahtzaun stehen, steige in die bremse, gregor ist in zwei sätzen über den zaun, hebt sie drüber, und da ist sie wieder und freut sich sehr, uns zu sehen – sie mag solche abenteuer. abends pizza essen, gregor wirft zum ersten mal (sagt er) eine 2€-münze in einen automaten und bekommt sofort den hauptgewinn, unmengen von weiteren 2€-münzen. daraufhin wirft er in den zweiten automaten auch noch eine münze und bekommt wieder den hauptgewinn. allgemeines staunen. keiner will ihm eine hosentasche zur verfügung stellen, er rennt also den rest des abends mit zwei handvoll und zwei badehosentaschen voller münzen herum. heiterkeit und neue karrierepläne. heut früh um achte los, die jungs nach lugano zum zug bringen, dort angekommen, fehlt eine interrailkarte, also zurück, karte im mülleimer finden, wieder hin, kids verabschieden. wieder hier merke ich, dass die vorräte wirklich restlos als reiseproviant mitgegangen sind, parmaschinken, aperol, brötchen, pizza, focaccia et.al. esse cracker. fange an, aufzuräumen, betten abziehen, ventilatoren zusammenbauen, die heute angekommen sind. es zieht ein wind auf, der himmel wird dunkel, es wird ein gewitter geben, seit vier tagen angekündigt. mache das haus sicher, weil die gewitter hier alles in den grundfesten erschüttern. den wilden regen genossen und den hund getröstet, die füße nassregnen lassen, langsam zur ruhe gekommen. dann von mlle readons (mutmaßlichem) tod am 17. 7. gelesen, in der irish times, mit ziemlicher fassungslosigkeit, seitdem traurig und vor mich hin reden schwingend, was hätte ich tun können, direkten kontakt versuchen, aber das haben einige wohl getan, ohne erfolg. mit 31 das leben zu beenden wegen so einer geschichte, das ist sehr bitter. es war eine unschöne geschichte, die viele leute zu recht aufgebracht hat, aber das leben sollte weitergehen, sie hätte einen weg finden können, es hätte, wäre, könnte, das leben, ach das leben ist so kostbar. wirklich traurig.  dabei, weil es ja alles im internet stattgefunden hat, auch die leise hoffnung, dass nur ihre persona gestorben ist, und dass die frau dahinter noch eine chance bekommen hat. aber das wäre ein leichtfertiger umgang mit so einer tragischen geschichte. möge die erde dir leicht sein, mlle hingst.

das harte leben von anderen

versuche, weniger auf twitter zu sein. grad wieder hat irgendwer eine sammelaktion iniziert, für eine mutter, die die beerdigung ihres sohnes nicht bezahlen kann – das will ich nicht wissen. kenne keinen der beteiligten, reagiere aber sofort mit haufenweise gefühlen. grad hat jemand auf facebok darüber geschrieben, wie er die vielen todefälle im bekanntenkreis nicht mehr mitgeteilt bekommen möchte, es sterben ja andauernd menschen überall, wenn es ein junger mensch ist, ist die tragik natürlich riesig, aber hey, ich brauche das nicht, ich bin dankbar genug, solange mir nix so schlimmes widerfährt. oder folter von menschen, von kindern, diese ganzen schockererlebnisse brauche ich nicht, es gibt soviel davon zu lesen, dass ich mich schon frage, welcher zweck dahinter steht, meistens unterschriften, klicks, geld, demobeteiligung oder wahlstimmen. das elend anderer wird benutzt, zu ihrem wohl, okay, aber nicht nur, auch zu unserem. und ich brauche nicht alle details, um mir die lage vorstellen zu können.

schlimm war zb dieser von nazis gefolterte junge mann, dessen tod in allen einzelheiten beschrieben wird – wozu? was ändert das? ich lese aus gutem grund keine bild! ausrufezeichen. als wären die leute nur über möglichst schreckliche geschichten zur vernunft zu bringen, dabei braucht es nur normale menschlichkeit und mitgefühl, wenn man nicht vollkommen abgestumpft ist. natürlich ist das alles realität. schlimm genug. meine eigene phantasie meidet gewalt, ich sehe keinen grund, das zu ändern.

überhaupt lese ich am liebsten nyt, wo solcherlei ereignisse wie früher auf den hinteren seiten abgehandelt werden, analytisch, nicht mit dieser detailversessenen blutrunst, mit dieser unheiligen lust am elend, wenn es beweisbar ist, dann darf ich es so erzählen, es ist ja so passiert, das musst du aushalten, doch doch, sonst bist du irgendwas mit eskapistisch, nein, ich mache das nicht gerne, ich bade nicht gern in andrer leute schmerzen, ich muss das tun, es ist mein job, und die kleine gewaltgeilheit, die du beim lesen zu spüren meinst, die geht auf dein konto, du verwöhnte mitteleuropäerin. dabei passt viel mehr in eine solche geschichte, wenn sie anders erzählt wird, mit ein bisschen distanz und auswahl, mit irgendeiner metaebene, wenn sie erträglich gemacht wird, zum verstehen beiträgt, statt sich mit dem entsetzen zufrieden zu geben. alles eine zumutung. ja, auch die flüchtlingshorrorgeschichten muss ich nicht dauernd in allen einzelheiten vor der nase haben! ich spende schon, danke. ich tu, was ich kann.

oder, wie immer, sehnlichst erwünscht: ein gewaltfilter.

afa

schon eine woche und einen tag hier. die ersehnte große langeweile hat noch nicht angefangen, weil g.-zwilling mit zwei freunden seit ein paar tagen hier ist, bisher haben sie einen tag verlängert, mal schaun. also haushalt wie immer ein faktor. sehr warm, habe ventilatoren bestellt, eine idee, auf die ich bisher noch nie gekommen bin, kein windhauch zu spüren, sehr unnatürlich, alles hängt fest in einer hitzeglocke. emma leidet vor allem. tagsüber liegen wir sehr angenehm am see unter bäumen, ich plaudere mit altem freund, die jungs miteinander. hotel mama hat 5 sterne, sagen die jungs, nur die nächte seien etwas warm, das gäbe sternabzug.

die berliner

neben unserem stückchen strand liegt ein großes grundstück mit haus und seezugang und pool, bewohnt von „dem berliner“, einem zehlendorfer immobilienmenschen. zu sehen sind meistens ein oder mehrere seiner kinder, junge erwachsene mit 3 bis 4 freunden. der berliner kauft den kids jedes jahr ein neues spielzeug, vor ein paar jahren ein riesiges trampolin im wasser, an dem wir immer vorbeischwimmen und wo jeder erstmal draufklettert, weil es so verlockend ist, bevor jemand aus dem haus das verbietet. das schnelle motorboot haben sie schon ein paar jahre, dieses jahr sind zwei scooter und ein surfbrett mit motor dazugekommen, die alle mit höchstgeschwindigkeit in größtmöglicher küstennähe betrieben werden, in einem wirklich irrsinnigen tempo ziehen sie enge, schnelle kreisel umeinander, sehr nah an den schwimmern entlang. wir strandnutzer beobachten das in so einer ungläubigen und leicht genervten faszination und spenden beifall, wenn mal einer ins wasser fällt. sie verstoßen gegen ein paar gesetze und wurden schon angezeigt, haben ihre strafe bezahlt und dann einfach weitergemacht. erstaunlich ist vor allem, wie laut sie ihren spass haben müssen, der lärm ist erheblich. sie tun halt, worauf sie lust haben, für jede metaebene ist da weder zeit noch raum.

meine gäste (ein zwilling mit zwei freunden) haben auch neues spielzeug bekommen, ein gummikanu für 2 personen, sie pumpen es gemeinsam auf, losen, wer zuerst dran kommt und paddeln dann 3km weit, bis zum kloster santa caterina del sasso, während einer hinterherschwimmt, und wieder zurück. sie sind abends sehr hungrig, sehr müde, haben einen kleinen sonnenstich und planen, heute bis zu den felsen hinter dem kloster zu kommen, von wo man prima ins wasser springen kann. sie plaudern über wirtschaft, pop und die neue staffel house of cards, und zeigen bilder von den pyrenäen, wo sie zwei wochen lang mit zelt und rucksack wandern waren.

heute auf dem liegestuhl hab ich mir versucht vorzustellen, wie die kinder des berliners das restjahr über anständige, ehrenamtlich tätige und konzentriert arbeitende junge leute sind, aber es war deutlich einfacher, sie nach ihrem verhalten zu beurteilen. wenn die berliner nicht da sind, genießen alle die ruhe.

1-satz-träume

im traum sitze ich auf einer kleinen mauer am rand einer nondescript strasse, als jemand vor mir stehen bleibt, auf dem fahrrad, und nichts sagt. ich sehe auf, und es ist m., zu dem ich 2012 den kontakt abgebrochen habe, er lächelt nicht, ich auch nicht. ein paar sekunden sehen wir uns an. er sagt: wir suchen psycho-paten, für ein flüchtlingsmädchen, jemanden, der sich um sie kümmert. dann überlege ich eine antwort, und will sagen: so jemand braucht bedingungslosigkeit, und überlege, ob das kind noch in den kindergarten geht oder schon älter ist, bin aber dabei schon wach. in den ersten paar sekunden, bevor der tag mich erreicht, habe ich das gefühl, dass er immer noch der mann meines lebens ist. zuletzt habe ich ihn mal auf dem rad gesehen, in der stadt, und wollte ein paar ampelphasen lang wieder sofort mit ihm sein.

ferien ey. lasst die träume kommen.

per aspera

zeitweise komplett genervt von meiner finanzlage. so wenig war es noch nie, und um jeden quark muss man kämpfen, kindergeld, versicherungen, steuern. beantragen, x unterlagen besorgen, hinschicken, alle paar monate. es ist bestimmt nur dewegen anstrengend, weil ich darauf angewiesen bin, die fortwährende aufwand dafür kostet zeit und macht mich nebenbei zur bittstellerin (beweisen sie ihren anspruch so oft, wie wir es für nötig erachten), obwohl es mein recht ist.

die versteigerung von ein paar erstausgaben hat wenig gebracht, das wertvollste ist liegengeblieben, ein paar jünger-bände sind im paket vermutlich an einen händler weitergegangen, eher enttäuschend. es sind vielleicht auch einfach schlechte zeiten für alte bücher, sollte kaufen statt verkaufen, aber mir fehlt grad der übermut des habenwollens. oder übersprung?

letztes gekauftes buch war eine studie über die psychoanalytische geldtheorie, weil ich zu verstehen suche, warum mir das geldverdienen so schwer fällt. liegt bisher auf dem stapel, kommt aber mit nach italien. anscheinend geht es darin hauptsächlich um frühkindliches, so richtig hilft mir das auch nicht auf die sprünge, aber interessant ist es allemal.

madre viva

am ersten ferientag mit dem putzen begonnen, dabei auch in die oberen kühlschrankfächer geschaut. ins glas mit der mutterhefe noch mal reingeschnuppert, bevor ich es entsorge, und siehe da – ein feiner, eleganter hefegeruch kommt mir entgegen, wo ich das aroma des verfalls erwartet hatte. sie hat wochenlanges vergessen werden überstanden, also hab ich sie gebadet, schaue, ob sie noch wächst, und werde sie in den urlaub mitnehmen müssen, denn was lebensformen angeht, bin ich eher dem ahimsa verbunden, aus pragmatischen gründen. hurra.

armyscheiß

ein paar jahrzehnte lang gab es einen großen armeeshop an der ecke, vollgestopft bis auf die straße, aus dem es intensiv nach naftalin und männerumkleide roch, der besitzer verlangte einen euro eintritt, stand oft im unterhemd vorm laden und trug mit seinem ungeduschtsein zur atmo bei, ein paar warzen in der verlaufsbahn der achselschweißes an die luft haltend. sogar der hund wollte die straßenseite wechseln. die jungs haben dort mal einen seesack gekauft, aus dem sie nach zweimaliger 90° wäsche den schimmel nicht rausbekommen haben. nach langer renovierung hat dort jetzt so eine gemeinschaftspraxis für ausgerechnet zahnärzte geöffnet, sehr auf edel, schön und gut gepimpt, motto: ihr geld für unser wohl. ihre tür steht immer offen, und wenn man dran vorbeiläuft, wird klar, warum: der alte mief kommt noch immer unverändert aus den räumen; schweiß, schimmel und mottenkugeln. kleine schadenfreude.

saisonale übergänge

erstaunlicher erschöpftseinsstatus. kenne ich nicht von mir, alles stresst, dauernd schlechtes gewissen, weil ich termine verschieben muss, die nur mit noch mehr stress zu schaffen sind, druck auf der brust, wach um vier, gereizt, kein überblick, mein zen ist futsch. vollzeit plus familie schaffe ich nicht, das ist schon wieder frustrierend. alter ist ein faktor, bin älter, als ich aussehe und jünger, als ich mich fühle, heute 54, und noch immer keine verdammte menopause. der job mit kleinkindern fordert auf akustisch intensive art, mir fehlt auch das denken noch immer, es läuft fast alles über intuition und erfahrung, aber nach ein paar richtigen sätzen von freunden kann ich besser damit leben, in einem kindergarten zu arbeiten. dass also eigentlich fast alles gut ist, muss ich mir grade noch stück für stück zusammenpuzzeln, es trägt noch nicht. freue mich sehr auf die freien wochen am see. ohne kids, die allein zuhause oder unterwegs sind, noch nie so viel zeit ohne kinder verbracht, vielleicht gehts mir dann doch nicht gut damit, eine trockenübung vor den auszügen wird das.

kw 27

den neuen soth mehr als sammlerin gekauft, die geschichte zum bild ist besser als das foto. mochte auch bei den früheren veröffentlichungen die texte immer sehr, eine kongeniale beziehung. das bild wird hier zur illustration der geschichte, es sind keine gleichwertigen partner. das foto brauchte drei tage von new york bis berlin, genau wie die vier platten, die ich zur unterstützung von tzadik records gekauft habe, das ist mir zu schnell.

dort spielt greg cohen den bass, mit dem ich schon mal ein paar worte gewechselt habe, womit ich damals meinen gitarrenlehrer beeindrucken konnte. jetzt muss ich nur noch den plattenspieler wieder in gang bekommen. (plattenkauf, so ein quatsch.)

mitte juli endet mein arbeitsvertrag, ich bekomme ab september einen neuen, bin aber die ganze zeit als plan und idee unterwegs, nicht wirklich fest gebunden, den pragmatismus am bein wie eine boje. freue mich sehr darauf, im sommer ein paar wochen lang zeit zum denken und herumleben zu haben.

werde die zwillis im sommer allein in der wohnung lassen und hoffe, dass sie aufräumen, zumindest, bevor ich zurückkomme. so wenig grundlegendes in der wohnung getan in den letzten monaten, wie ich immer sinnvolle plätze finden will für bücher und schränke und blumenpötte und geschirr und was sonst noch so über ist, sich dann alles einfach nur ansammelt, bis ich es entnervt wegwerfe. mag das entwertende daran nicht – als hätten die dinge irgendeine bedeutung außer dem wert, den ich ihnen beimesse. ich mag ja dinge, sie haben eine freundliche und stabilisierende wirkung auf mich, aber ohne system und struktur aka gestaltungswillen i.w.s. verlieren sie ihre eigenheit.

„Historische Umkehrung: nicht mehr das Sexuelle ist unschicklich, sondern das Empfindsame – verpönt im Namen dessen, was im Grunde nur eine andere Moral ist.“

in meinem sinnlos zerlesenen fragmente-einer-sprache-der-liebe-band nach der vox „zweifel“ gesucht, nichts gefunden, trotzdem, wie immer, eine lange weile später mit ein paar trovaillen, im sinn von schätzen, kleinen, fast dingfesten gedanken wieder aufgetaucht. (zitat aus: suhrkamp tb s. 182.)

détaché

es ist mir heut zwischendurch mit ein paar |plings| wieder eingefallen, warum ich so schlecht aus dem mögen wieder herausfinde.

ich erinnere mich an ganz früher, als die beziehung zu meinen nächsten erwachsenen eine fluchtbereitschaft enthielt, eine vorsicht, wie ich nie ganz selbstvergessen war, und wie wir in der liebe gehalten wurden, wenn mal wieder was schief gegangen war, wegen seiner kindheit, seinem stress, seiner erziehung, immer aus gründen, die nichts mit uns zu tun hatten, und wir mögen bitte hingehen und ihm sagen, dass es uns leid tut, weil er so drunter leidet. ich bin während der eskalation deeskalierend bis unsichtbar, danach verständnisvoll bis ironisch, so habe ich es gelernt, es ist mir erste natur inzwischen.