es ist wie es ist

in den achtzigern war ich ja schon in berlin, in meiner uni- und freunde-blase, hatte noch keine genaue ahnung, was ich mit meinem leben machen soll, zuviel war noch abgrenzung von all dem, was ich nicht war. ich habe zu wenig gelesen für mein studium, aber ein paar autoren haben mich erwischt, wie man halt mit paarundzwanzig erwischt werden kann. ein seminar mit rainer niehoff war dabei, das erinnere ich noch heute als intensiv und leicht und leidenschaftlich klug. ich habe nicht viel gesagt da, hab aber verstanden, was literaturwissenschaft sein kann, brücke und fluß, und was nicht. es ging um hans henny jahnn, immerhin heißt der g.-zwilling mit zweitem namen henny, die bücher stehen im regal, ich lese alle paar jahre mal ein theaterstück nach, wenn jemand das inszeniert, aber für die romane fehlen mir inzwischen geduld und glauben, oder nein, es fehlt die zeit, vor allem, die fähigkeit des abtauchens in eine welt, die das wert ist.

es gibt ja autoren wie hesse, sartre, camus, chatwin, kurze bücher, die vor allem von zwanzigjährigen gelesen werden, ich bin mit dem großen in seiner hesse-phase vom see aus nach montagnola ins museum gefahren, hab mich gefreut, als beim g.-zwilling ein band sartre lag, allerdings auch gemerkt, dass ich den jungs außer paar gemeinplätzen kaum was dazu sagen konnte, es ist zu lang her, meine lebensumstände haben mit literatur nichts mehr zu tun, es gibt nur noch ein paar fragile fäden ins literaturnetz, immerhin glitzernde fäden.

ich versuche das mit diesen besonderen büchern alle paar monate mal, bleibe ein paar dutzend seiten, lese nicht oder selten zu ende. vielleicht ist es lesegruppenmaterial, aber wie früher in der uni kapitelweise, als eine art lesebegleitung, das gabs doch beim ersten knausgård, wenn ich es richtig erinnere? für all diese monolithe, vielleicht auch für den tunnel von william gass, oder den horcynus orca von d’arrigo, dann die sorge, dass auch diese bücher im rückblick verschwimmen, nicht mehr die meilensteine sind, die sie ungelesen und im vorfeld noch waren, so als sehnsuchtsobjekt, das buch, in dem ich endlich verloren gehen darf oder mich wiederfinden kann. die glastonbury romance von powys ist da anders, der roman funktioniert auch in auszügen, da lese ich gelegentlich als eine art ausflug ins grüne drin herum.

ich schaue allerdings auch gelegentlich indiana jones, aus ähnlichem impetus. egal. wochenende!

eine freundin, die literatur unterrichtet, hat mir gesagt, das heutige buch der jugend sei allegro pastell von leif randt, und naja, wenn ich das probelese, also sagen wir, ich nehme dann mein alter wahr, es liest sich wie nahtlos aus dem leben gegriffen, zwanzigjährige schreiben tagebuch, was sie unbedingt tun sollten, aber es sind halt uninteressante zwanzigjährige. dann lieber drama, intensität, grenzen, fremde weltgebäude.

hmm. ein versuch, mich selber ins lesen hineinzubloggen, und das hat ja schon mit dem daten nicht wirklich gut funktoniert.

leipzig, mp

mit frühem zug los, die pension nimmt erst ab 14 uhr auf, also bin ich dann noch ein paar stunden durch die stadt gelaufen, was ich in fremden städten sowieso immer am liebsten mache. an der nikolaikirche gleich vorbeigekommen, sobald ich drin war, rief der g.-zwilling an, zum telefonieren brav rausgegangen, mit ihm verabredet und danach noch eine führung durch die kirche mitgemacht, bei der ich einfach so mitlaufen konnte. der schwerpunkt der führung lag auf dem widerstand gegen die ddr, der in der kirche begann, sehr schön erzählt, viele kommen wohl auch hauptsächlich deswegen dorthin. mich hat die kirchengeschichte mehr interessiert, johann sebastian bach hat da 1723 seine stelle als kantor angetreten, hat in den ersten beiden jahren wöchentlich kantaten geschrieben, eine nach der anderen. eine zeitlang vorgenommen, den kindern jeden sonntag die passende kantate vorzuspielen, aber wie es so geht, es kommt dann anders.

mit dem g. weiter in die thomaskirche. ich wusste nicht, dass bach dort begraben liegt, hatte dann ein fangirl-herzflattern an der großen schwarzen platte im altarraum. es gibt auch einen fanshop, ein glaskasterl zwischen kirche und thomanerhaus. vor der kirche war ich mit gregor im buchhandel, er suchte ein buch von 50 cent, fühlte mich deshalb voll berechtigt, ihn in den fanshop von bach mitzunehmen. kugelschreiber, aufkleber, tshirts, kaffeetassen. ich hätte alles kaufen können, war aber brav, habe trotzdem 35€ dort gelassen für irgendwelchen pipifax, inclusive der playmobilfigur von jsb. überall im zentrum hört man bach, strassenmusikanten spielen bach, in den cafés läuft bach, mir kam die welt plötzlich als friedlicher ort vor, bis der g.-zwilling zu recht darauf hinwies, dass es ja auch noch andere komponisten in leipzig gegeben habe, mendelssohn bartholdy, die schumanns, grieg, mozart war dort, mahler, richard wagner wurde in leipzig geboren, was ich auch nicht wusste vorher. heute teilt der g.-zwilling noch mit, auch karl liebknecht sei in leipzig geboren, nur ein paar häuser von seiner wg entfernt. am haus griegs sind wir vorbeigelaufen, es steht eine kleine statue im garten, aber die statue bachs ist natürlich um einige meter größer. stelle mir vor, wie all diese komponisten eigene fanclubs unter den honoratioren der stadt haben, die sich dann um gelder, museen, veranstaltungen und feierlichkeiten balgen.

selbstverständlich ist nichts auf der welt so schön, so perfekt, so etc. wie die matthäuspassion, weil. und sie wäre fast in vergessenheit geraten, wenn nicht der sehr junge mendelssohn bartholdy sie hundert jahre nach der ersten aufführung und 70 jahre nach bachs tod zu ostern 1829 das erste mal wieder aufgeführt hätte, und sie damit zum teil der moderne hat werden lassen. heinrich heine, friedrich schleiermacher und hegel waren teil des illustren publikums an diesem abend, das erinnert bisschen an das foto mit delon, faithful und jagger nebeneinander auf demselben sofa.

dann höre ich ein bisschen zu und bin sofort wieder drin. sie beginnt ja mit dem verrat, keine lebensgeschichte, keine bergpredigt, wir werden gleich ins zentrum der osterpassion geworfen, und sein opfer weiß es alles schon vorher. die trauer, wenn sie singen ach, nun ist mein jesu hin!, als er abgeführt worden ist nach dem verrat von judas. jesus schweigt zu lügen stille, antwortet nicht auf die vorwürfe, und bittet um geduld, wenn mich falsche zungen stechen (tick zu inbrünstig mit wunderlich, aber classics go!). ob er gottes sohn sei, fragen ihn die priester, er bestätigt und das wars dann, er wird zum tode verurteilt, in einem leichten, kurzen und etwas hämischen chörchen, man hört, es kostet sie nichts, kein nachdenken, keine überlegung, sie tun es einfach. es folgt das wunderschöne wer hat dich so geschlagen, obwohl du nichts getan hast, fragt der chor. petrus verrät ihn derweil ein weiteres mal, ob er ihn denn kenne, wird er gefragt, nein, sagt er, jesus? nie gehört. mittlerweile ist es nacht geworden, dann wieder morgen, und petrus erinnert sich an die prophezeihung, er würde jesus dreimal verraten haben, ehe die sonne wieder aufgeht. ihm wird anders, er weint, und während man noch zweifelt, ob man ihm denn jetzt noch glauben könne, planiert bach mit erbarme dich jeden zweifel. da sitzt man dann und verzeiht einfach allen und allem und jedem, für diese paar minuten. das muss man erst mal 294 jahre lang schaffen.

schall und rausch. inzwischen wirft der reuige judas den hohepriestern das geld wieder hin und bittet in der einspielung der chapelle royale (ich glaube, es singt peter kooy) fast freudig: gebt mir meinen jesum wieder! (leider nirgends online gefunden, lieblingsaufnahme von 1985, hier eine weniger leichtfüssige, aber auch bisschen tänzerische version von viel später, mit mertens bei ton koopman), und dabei schon erleichtert klingt, weil er einen schritt in die busse getan hat, oder bei karl richter sehr bestimmt und fordernd, als sei es sein recht. bei bach kommt dann als antwort ein tröstliches und leises „befiel du deine wege„, auf die melodie vom schlager der passion, der erst später mit allen stimmen gesungen wird, wenn jesus zum kreuz gehen muss, „o haupt voll blut und wunden„. erstmal bieten die hohen richter dem volk noch einen austausch an, das klappt nicht, lasst ihn kreuzigen singt der chor am ende des gesprächs in einem geschlossenen, schnellen kreislauf, da gibt es kein entkommen mehr. keine chance. dann geht es noch ein bisschen hin und her, aber barrabas wird freigelassen, jesus wird gepeitscht und geschlagen, es ist vorbei. dann singt der alt, gefasst, man hört, der j. ist verloren, aber er ist noch da, da steht jemand noch am anfang der trauer, noch ganz abgewandt vom geschehen, ganz für sich, noch fassunglos, aber schon in der akzeptanz, als sei er schon gestorben. das hat mich früher immer so aufgeregt, der generelle mangel an revolutionären aktionen bei hinrichtungen jeder art. man nimmt sie hin. jesus stirbt dann neun stunden lang, am ende erkennen die menschen ihren fehler, aber es ist zu spät. er wird vom kreuz genommen und joseph übergeben, der ihn beerdigt, mit reinem herzen.

menno, jetzt ist schon 00 uhr, nur weil meine liebste einspielung nicht online ist. besorgt sie euch, es ist die beste. und ja, ich bin agnostikerin, außer beim hören dieser musik. dann wird alles schlüssig sozusagen, schlüsselfertig, besenrein.

edit: heute früh mit dem dringenden traum wachgeworden, ich müsse noch schreiben, dass ein bach-sohn direkt nach dem auftritt als sänger der mp verstorben sei, und dass die passion auch deswegen so lange nicht mehr aufgeführt wurde, weil ein persönlicher leidensweg damit verbunden war. im traum habe ich das am sonntag im bach-museum gelesen, in einem text zu seiner familie, aber in meiner dicken bachbiographie finde ich das nicht, auch nicht im netz. schräg. war mir sehr sicher heute früh. vielleicht, weil der g.-zwilling dem d.-zwilling und mir auf dem spaziergang von einem unfall in chile erzählt hat, bei dem er ein paar meter in freiem fall in einen abgrund gestürzt ist, aufgehalten von so einem absatz im fels, hoch über einem vereisten see. wurde mir sehr anders, als ich das hörte. er musste dann „20 km mit verstauchtem fuss“ zurücklaufen. (heute frei, da kann ich bachforschung betreiben).

es war jedenfalls in leipzig richtig kalt, hätte fürs stundenlange herumlaufen doch eine schicht thermowäsche drunterziehen müssen, vor allem die kälte war anstrengend. vor einem jahr war ich im kurzurlaub um den frauentag beim großen in trier, da hab ich auch gefroren, diesmal immerhin mit warmer wollmütze. märzkälte beisst.

am abend ist noch der d.-zwilling dazugekommen, halle ist nur eine stunde mit der s-bahn entfernt, wir haben beim g tee getrunken und sind dann essen gegangen, in ein riesiges lokal mit offener küche, vietnamesich-japanisch. wir haben gut gegessen, aber nicht gut genug für den preis, ich habs genossen, die beiden an einem tisch zu haben. beim plaudern und reden läuft bei mir immer der zweite film im hintergrund, die erinnerung an die 18 jahre, die ich die kinder zuhause jeden tag beim essen um einen tisch hatte. worüber haben wir geredet? es gab wenig heftige diskussionen, wie ich es bei anderen eltern immer mit einem gewissen respekt beobachtet habe, soviel intellektuelles engagement, andauernd, es war bei uns schon eher bewusst friedfertig, versöhnlich, eher den konflikt vermeidend und dabei auch mal ins smalltalkhafte gleitend, oder erinnere ich das falsch? manchmal sorge, dass das alleinerziehen die gute beziehung zu dem einen hauptzuständigen elternteil wichtiger macht, es bei zwei eltern leichter ist, auch mal mit allem ins kontra zu gehen. ach nee, es gab gar nicht soviele konträre punkte früher, mit den kindern bin ich mir in den meisten grundlegenden dingen einer meinung. nach dem essen haben wir den d.-zwilling noch in die illustre albertina begleitet, wo er abends noch lernen wollte, für eine klausur heute. hat mich sehr beeindruckt.

am nächsten tag musste ich um 10:30 auschecken, sonst noch einen tag bezahlen, bisschen frech, also frühstück beim g., dessen wg zufällig nur 100m neben meiner pension liegt. danach sind wir ins grassi – museum für angewandte kunst spaziert, wo wir erstmal einen kaffee und ein süppchen zu uns genommen haben (der stoffwechsel der jugend!). ich bin da 2 stunden herumgelaufen, fand es entspannend, die ganzen schönen gebrauchsdinge, die keine meinung erfordern, viel porzellan, allerlei kram aus dem alltag in anderen jahrhunderten. überraschend eine toilette aus dem 18. oder 19.jh, in reich geschmückter blaublüten-keramik, sehr schön, das wäre doch was! würde ich lieber reinigen als die ewig klinisch weißen unserer tage. der g. ist dann zurück in seinen sonntag, mich hat es noch ins bach-museum gezogen, wollte unbedingt einmal ein paar manuskripte sehen, dicht davor stehen, im gleichen raum sein mit ihnen, yadda yadda.

das museum ist im bose haus, dem haus der familie bose, die mit den bachs gut befreundet waren, es liegt direkt gegenüber der ehemaligen thomasschule, in der bach mit seiner familie gewohnt und gearbeitet hat. das museum ist schön eingeschmiegt ins haus, es gibt sehr viel musik zu hören, das mochte ich, auch wenn die displays zur auswahl nicht mehr top of the line sind. gut gemacht, sie schaffen es, mit den wenigen objekten, die es aus bachs lebenszeit noch gibt, ein paar seiten noten, eine schatztruhe, eine orgel, dieses bunte und so vielseitige und wirkungsvolle musikerleben nachvollziehbar zu zeigen.

endlich freitag.

gestern wg ko einen ko-tag genommen (1 tag krank ohne krankschreibung), da aber allerhand dinge zu hause erledigt, haare nachgefärbt habe ich auch. abends zahnprophylaxe, auf die frage, wann denn die letzte gewesen sei, wusste ich keine antwort, jedenfalls hat mir damals niemand stundenlang an den zähnen herumgeschmirgelt und gekratzt, da habe ich nur so eine detektivpaste auf die zähne bekommen, die dann zeigt, ob man richtig oder falsch putzt. ich dachte, das gehört so! jetzt ganz neues zahngefühl. plane den erwerb von zahnseide. unter anderem hat mir der zahnarzt erzählt, dass die naturfarbe der zähne eher gelblich ist, nur der schmelz darauf ist so weiß. der wird mit der zeit dünner, das gelb scheint mehr durch, also wenn ich das da mit weit offenem mund liegend, dem unangenehmen gerät lauschend, richtig verstanden habe. ich war etwas unentspannt. ich fragte nach dem blendamed-lächeln der schauspieler*innen und hab gelernt, dass es sich dabei nur um so eine art abdeckung handelt, die aufs vorhandene gebiss verfertigt wird, und das wird vorher dünner gemacht, damit die masken platz haben. den d.-zwilling mit den strahlend weissen zähnen gefragt, ob sein gebiss noch echt ist, darauf hin rief er am selben abend noch an. sehr gefreut. vielleicht sollte ich in zukunft einfach mehr fragen aus der luft greifen, dann meldet er sich häufiger. seine zähne sind echt, er ist ja auch erst 21.

das erstaunliche an den gesprächen zum krieg und zur politik ist die häufig lückenlose sicherheit der argumentationsketten, und wie die menschen davon ausgehen, auf der seite der wahrheit zu stehen, alles zu wissen, eine erklärung parat haben, die ihnen recht und dem anderen unrecht gibt. es gibt keine grauzone, die meinung muss klar und eindeutig sein. mir ist das unheimlich, ich bin ja nicht so ein meinungstyp. es sterben sehr viele menschen, und jeder tote im krieg ist einer zu viel. das finde ich sehr schwer auszuhalten, dieses sterben, das leben ist kostbar und einzig. keine chance habe ich im gespräch, versuche es allerdings auch gar nicht wirklich, da ich eh kein russisch kann, ich weiß also nicht, was die russische seite sagt.

fahrt nach leipzig gebucht, freu mich sehr. wollte mit dem g.-zwilling in dieses bowie-stück gehen, aber er sagt, da würde er schon mit dem großen hingehen, wenn der ihn besuchen kommt. gibt es tips für so einen kurzen wochenendtrip, was außer dem bach-museum soll ich auf jeden fall anschauen gehen?

kw 7/8

im dhm mit freundinnen andere möglichkeiten erkundet, mit rad hin, leider keine zeit für den kaffee davor gehabt. roads not taken heißt die ausstellung, sie findet die angelpunkte der deutschen geschichte, an denen ein historisches ereignis ganz anders hätte laufen können, von heute aus nach hinten ausgerollt, also rückwärts durch die geschichte. vom mauerfall 1989 bis zur revolution von 1848, über den zweiten weltkrieg, hitlers machtergreifung, den ersten weltkrieg. im 2. wk gibt es die berühmte brücke in remagen, die von den nazis gesprengt werden sollte, was nicht gelang, so dass die amerikanischen truppen tagelang ungestört den rhein überqueren konnten. wäre die brücke wie geplant zerstört worden, wäre das vorrücken und die versorgung der alliierten soldaten nicht mehr möglich gewesen, dann hätten die amerikaner eventuell eine atombombe auf ludwigshafen werfen können, um den krieg zu beenden. im pei-bau. (sehr voll, ich ohne maske da vergessen, nicht ganz frei gefühlt.) diese kleinen momente machen weltgeschichte, das ist angesichts der jetzigen lage beunruhigend, ich hoffe, dass wir in 10 jahren entspannt auf die vielen unwägbarkeiten der jetztzeit zurückblicken können, weil es gut gegangen ist, wie es seit jahren immer irgendwie gutgegangen ist. die macher schreiben, sie hätten nur mögliche, und von den damals beteiligten schon erdachte oder befürchtete andere ergebnisse dargestellt, es ist also kein wildes storyboard, sondern es sind einzelne texttafeln mit erklärungen, das kommt leider ein bisschen zu karg und abstrakt rüber, nur die mögliche atombombe ist sehr nachvollziehbar bebildert. die stattgefundene geschichte wird in einfacher sprache und klaren, kurzen abfolgen erzählt, mit großen bildern nahegebracht, die mögliche geschichte bleibt ein bisschen trocken und theoretisch, da hat der titel der ausstellung zu viel versprochen. wie die freundin sagte: eigentlich eine ausstellung für historiker*innen. sehr faszinierend war die konzentration auf diese momente, mal offen, wo viele menschen an einer entscheidung beteiligt sind, es prozesse, wahlen, demonstrationen, parlamente gibt, es also einen raum für den richtungswechsel gibt, mal wie bei den diktatoren als geschlossenen raum, da braucht es den blanken zufall, wie eine nicht gesprengte brücke und eine unter einen tisch geschobene aktentasche (20. juli).

der rundgang ist recht leseintensiv, da ist dann jeder für sich im eigenen tempo durchgelaufen, in manchen museen kann man sich gut über die kunst unterhalten, wenn man mit freunden durchläuft, in anderen ist man sich selbst überlassen, ob diese wirkung teil der überlegung beim gestalten sind? es war aber auch einfach zu voll und zu eng, um eine weile herumstehen und nachdenken zu können. nachher haben wir uns noch auf einer bank am ausgang unterhalten, wurden aber rausgeworfen, da 18 uhr.

zur wahrnehmung von geschichte via mikrobi einen text gefunden, über den gefühlten frieden in der ddr.

plane ein wochenende in leipzig, solang der g.-zwilling da praktikum hat, er will mir die stadt zeigen, bin sehr gespannt auf seine auswahl. ich war noch nie in leipzig, unfassbar. werde dafür mein date verschieben müssen, aber kinder gehen natürlich vor. vielleicht sage ich es auch ganz ab, verspüre gewissen unwillen. vielleicht lieber auf den frühling warten?

überlege auch, die haaransatz nicht mehr nachzufärben. bei mir wird es an den schläfen grau, weiß bisher noch nicht, vermutlich, ich lasse es ja nicht so weit kommen. bisher entgraue ich eher fürs wahrgenommene alter im spiegel, und aus alter italienischer frauendisziplin. meine mutter ist immer noch blond, mit 88.

gestern besuch von einer alten freundin bekommen, die nach wien gezogen ist. wir haben geplaudert und gekocht, wein getrunken, sehr nett, das hat noch mehr spass gemacht als bloggen, eigentlich wollte ich noch ein bisschen über die ausstellung nachdenken, die ist nun auch schon wieder zwei tage her (es ist jetzt dienstag kurz vor 6 uhr), trotzdem habe ich sie noch im kopf, das ist schon ein erfolg des konzepts mit der konzeptkunst.

heute werde ich fasching feiern in einem kostüm, das vermutlich keiner der anwesenden erkennen wird, ich habe sogar extra neue batteriechen in meinen communicator gebaut. um einem sichtbaren verkleidungsgrad näherzukommen, werde ich dazu eine leuchtend blaue perücke tragen. es wird eine gaudi.

… und von luft und liebe.

aus diversen winterfrustgründen neue kleidung bestellt, bei yoox, von dort habe ich fast alles schöne, was ich trage. und jetzt war die jacke zu eng, eine hose auch, die andere, selbe größe, sieht unangenehm nach 80ern aus. es waren auch blümchen darauf, weiß auch nicht, was ich mir da gedacht habe. geht alles zurück. überlege, mir am wochenende ein vollbad zu gönnen, nagellack, und dann eventuell den aufbau vom lego-aston martin, der immer noch in der schublade liegt, plus marktrunde mit freundin, vielleicht noch der eggleston im c/o mit einer anderen freundin.

frau kaltmamsell fragt, wovon wir leben, ich finde die frage auch total interessant, und schwierig, weil sie so sehr mit werten und vorstellungen und vorurteilen verbunden ist. ich glaube, es war keine nonmention, aber es passt so gut: ich hab zwar alleine drei kinder großgezogen, hatte aber leider keinen reichen mann, habe keinen cent unterhalt gesehen, für die kinder hat er aber bezahlt, wenn auch nicht viel. als mein vater 2003 starb, habe ich geld geerbt, das ich in den erwerb meiner wohnung gesteckt habe, vor der immowelle, schon ein paar jahre danach hätte ich das überhaupt nicht mehr bezahlen können. das war ein glücksfall und es ist meine alterssicherung, meine rente wird nicht ausreichen. es waren anstrengende zeiten, meine jobs waren keine hobby-nebentätigkeiten, sondern existentiell wichtig, auch wenn ich zu wenig damit verdient habe, teilzeitjobs, aufträge, texte, einmal tierghostwriterin für den rbb, sekretärinnenjobs. ein paar missglückte projekte, einmal wollte ich so eine art biographie auf dvd anbieten, mit interviews und bild/filmzeugnissen der personen, das war eine eigentlich schöne idee, die ist wohl an mangelnder fachkenntnis gescheitert. dann wollte ich diabeteshunde ausbilden und habe eine teure ihk-fortbildung dafür gemacht, dann kamen die blutzuckersensoren auf den markt und meine warteliste löste sich in wohlgefallen auf. also weiter jobs und aufträge und bewerbungen. als die jungs aus dem haus waren, gab es für die jobs kaum noch geld, weil sich die zeiten gewandelt hatten, sonst würde ich das eventuell heut noch machen- oder nein, wenn ich ehrlich bin, ist eine freiberufliche tätigkeit sowieso nicht das richtige für mich gewesen. als feste freie ging es gut, ganz selbstständig gehe ich verloren. jetzt bin ich mit fast vollzeit im öffentlichen dienst, of all things! außerdem verdiene ich etwas mit der vermietung eines zimmers dazu, das geht aber noch komplett an die söhne. auf die paar hundert euros mehr freue ich mich, wenn die jungs fertig sind mit ihren studien. ich bin seit 20 jahren alleinverdienerin in meinem haushalt.

ein date ausgemacht, mit einem mann, der mich freundlich angeschrieben hat. erst dabei ist mir aufgefallen, dass das fast niemand tut, viele männer schreiben im profil, sie würden die likes nicht sehen (weil sie die gratisversion der app nutzen), darum solle man sie anschreiben. auf die idee, selber mal den ersten schritt zu gehen, kommen die wenigsten. solche prinzen schreibe ich nie an. ich will mein ziel, eine handvoll männer zu kontakten, bis zum sommer erreicht haben, und das leidige thema datingbörsen wieder für ein paar jahre vergessen. oder für immer, echt, was soll der quatsch, ich bin eh zu alt für den markt.

mit dem blog würde ich gern was dazu verdienen, vg wort bringt um die 40-50€ im jahr, da reicht nicht mal für den blogunterhalt. müsste dafür viel häufiger schreiben, es genügen ja auch ganz kurze texte, vielleicht mit irgendeiner fortsetzungspassage, um die 1800 zeichen für die vg wort vollzukriegen? schon oft vorgenommen. ich bin ja eher abend- als morgenbloggerin, ich könnte wie früher einfach den tag durchs blog laufen lassen. die leser für hohe zugriffzahlen bräuchte ich dann natürlich auch, bisher sind es so um die 100-120, wenn ich was poste, also sehr viele, wenn ich mir euch als einzelne menschen vorstelle, mehr wären mir auch fast unheimlich, da kenn ich dann ja keinen mehr von, das ist ja wie auftreten vor publikum! ich mag ja das hotel mama als geheimtipp. na, nicht unschwierig. die kaffeekasse über paypal jedenfalls hat bisher insgesamt 8,50€ eingebracht.

februar ist aber auch ein rechter bremsschuh für neue projekte, man sollte sich was ungesundes vornehmen, das dann eh nicht klappt, wieder rauchen! mehr käse.

was mich eigentlich fast mehr als das finanzielle interessiert: was macht ihr auf eurer arbeit, womit verbringt ihr eure zeit? was davon ist fachwissen, das ihr gelernt habt, was musstet ihr euch selber erarbeiten? inwiefern war eure ausbildung für den job entscheidend?

nachtrag: dem sohn vom posting erzählt, und er liest grade zufällig das buch von julia friedrich übers erben. sie berichtet darin, wie dadurch die ungleichheit perpetuiert wird, wie es zu kriegen, morden und konflikten geführt hat, und wie schwierig dabei die gefühlslage aller beteiligten sein kann, erben und nichterben. es sei keine neiddebatte, sondern es ginge um wichtige gesellschaftliche themen, sagt der große, wie wir weiter leben wollen, und wie sich die teilung der gesellschaft in arm und reich verlangsamen lässt. interessant.

wechselstrom

eigentlich wollte ich mir heute meine kamera umhängen und dann spazieren gehen, aber es gab einfach gar kein licht, also nur dinge erledigt und im sessel gesessen. ich hab mich ein paar mal in den sessel gesetzt, und jedes mal ist ein mann auf den balkon gegenüber getreten, um eine zu rauchen. fühle mich beobachtet, bis mir eingefallen ist, dass der arme mensch einfach dauernd rauchen muss, dieser egosumpf immer im berliner februar, wo wenig erkennbar ist außer dem selbst, alles außen im ungefähren halbdunkel verschwindet. ihm zugewinkt und den vorhang zugezogen.

gestern meldete sich noch der sich selten meldende d.-zwilling, er wolle mit seiner freundin geschenkte möbel von berlin nach halle transportieren, ob er das auto haben könnte. kann er, ich war auch kaum nervös, er ist ein vorsichtiger fahrer, aber es war seine erste lange strecke allein, und es gibt dieses mütterliche fatalismus-ding, weil man ja außer vertrauen nichts tun kann, vertrauen als aktive lebenskunst sozusagen. große freude, als er heil wieder hier war.

die jungs wollen ihren vater über eine intervention dazu bringen, seine aggressivität in einer therapie in den griff zu bekommen. der große meint, er sei das seinen halbschwestern schuldig, die mit dem mann ja aufwachsen müssen. ich habe ihm gesagt, dass der vater für seine aggression verantwortlich ist, niemand sonst, bin gleichermassen besorgt und gerührt und glaube nicht, dass sowas funktionieren kann, es ist vielleicht eher der job der mutter, da wegzugehen mit ihren kindern, aber wenn sie das nicht will oder kann, gibt es wenig möglichkeiten.

wegen meiner viel zu hohen stromrechnung einen zähler gekauft und den kühlschrank drangehängt. der 24 jahre alte bosch verbraucht strom für ca 16€ im monat, das ist weniger als erwartet, vielleicht sollte ich den zähler doch noch genauer einstellen, oder ihn länger als drei stunden laufen lassen. jedenfalls interessant. ich würde mich freuen, das alte ding behalten zu können, er hat außerdem noch so einen schönen schwarzen „achtung volksbühne“- aufkleber drauf, die gibt es nicht mehr, die ganze volksbühne gibt es ja so nicht mehr.

versucht, beim stromlieferanten nachzufragen, ob es da vielleicht ein missverständnis gab, ob vielleicht der stromzähler falsch ausgelesen wurde, aber da ist kein durchkommen. es würden grade wegen der preiserhöhungen sehr viele leute anrufen, deshalb müsste man bis zu 2 stunden warten, in der leitung zwei stunden warten, echt ey, das führt zum kurzschluss. auf meine mail hat auch noch keiner geantwortet, nicht mal eine automatisierte antwort. vielleicht ist der ganze laden mit dem vielen geld der kunden einfach im großen strom untergetaucht, den adern des netzwerks folgend, hinfort durch alle dosen, auf nimmerwiedersehen im großen kreislauf verschwunden?

*grade eben nach einem freundlichen hinweis einfach einen vertrag bei einem anderen anbieter geschlossen, der dann beim alten anbieter kündigen wird. die absurden 440€ stromkosten für januar und februar sind dann wohl weg.

körper arbeitet

anstrengendsten arbeitstag ever gehabt. so kaputt, und es waren außerdem 9h statt 7, weil ich verpeilt hatte, meine spätschicht abzugeben, danach noch einkaufen, bin kaum die treppen raufgekommen, heute immer noch k.o., aber nach der dusche geht es besser, ich gehe also arbeiten, schon weil ich die kollegin nicht allein lassen möchte. erstaunlich, wirklich. habe vor, das wochenende über nicht aufzustehen. in zukunft impfen am donnerstag, freitag freinehmen, wochenende zum erholen.

umlauf

der rechnerkauf vom freitag den 13.1. beschäftigt mich immer noch, vor allem deshalb, weil das gerät trotz der händlerwerbung mit „1-2 tage lieferung“ noch nicht hier ist, telefonnummern gibt es nicht, auf mails antworten sie „innerhalb von 3 tagen“ – jetzt hatten die heute den gleichen rechner für weniger geld und als „neu“ statt „wie neu“ im angebot. hab ich den gekauft, hoffe, dass der erste hier und zurücksendbar und der betrag zurückgebucht ist, bevor die kreditkarte anfang februar abgebucht wird. genau dieser ablauf wird auf der webseite empfohlen, der fall scheint häufiger vorzukommen. naja, selbst schuld, wenn sie langsamer versenden als angekündigt.

merke, wie ich beim studieren des riesigen angebots all dieser läden im internet die computer zunehmend wie eine ware wahrnehme, die man eben kauft und verkauft, verschickt und wieder zurück erhält, als wären es nicht diese für mich sehr riesigen projekte – ich gebe ja sonst eher gar kein geld aus. vor meinem inneren auge habe ich bei diesen netzläden immer einen mediamarkt oder eine saturn-filiale, weil das angebot so breit ist, und wenn man dann bei den läden mal jemanden anruft oder den besitzer googelt (oft junge männer), fühlt es sich doch eher wie eine garage mit einem bis zwei mitarbeitern an, es gibt ja viel lagerraum im nichthauptstadtbereich. fühle mich jetzt gleichzeitig bisschen verwegen und bisschen bescheuert, und habe eher mulmige gefühle wegen meines blinden vertrauens in diesen händler, der standpunkt jetzt schlechter performt als behauptet. ich sehe mich schon fortwährend einen rechner nach dem anderen kaufen und wieder zurückschicken, und keinen jemals benutzen (hatte im dezember den ersten versuch, da wurde mir eine andere version als die gekaufte zugeschickt), andrerseits ist das ja das wesen des handels, geld und ware bleiben im umlauf, keine pause jemals, und es ist gar nicht wichtig, wie lange der kram in der zwischenzeit in irgendjemandes eigentum länger verbleibt. hrmpf.

und mein arm tut weh, gestern 5. impfung.

jahresendfeiern

der kühlschrank ist zu voll, bin den mütterlichen reflexen erlegen. die woche hat keine tage, es ist hell, der himmel ist weiß, mich zieht nix irgendwo hin, vor allem ist der hustenreiz endlich nur noch tief unten spürbar, meine lunge ist wieder ein freier raum, der virus ist freilich weitergezogen zum großen, trotz maske, dauerndem händewaschen und lüften etc. es hätte nur die isolation geholfen, oder weihnachten absagen, es ist ja nur eine erkältung, ausrufezeichen, da hätte ich früher nicht mal drüber nachgedacht. ich hatte meine mutter zum daheimbleiben ermutigt, sie dann aber mit den kindern kurz besucht, weil mein schlechtes gewissen mir sonst den abend versaut hätte, dadurch war heiligabend ziemlich zerfranst. beim autofahren durch den wedding in den süden der stadt null weihnachtsgefühle verspürt, das ist mir aufgefallen, relativ viel verkehr. um halb neun wieder zuhause, dann war es aber noch schön, gutes essen, ein cremant, auf den ich mich richtig gefreut hatte nach wochen ohne alkohol. es gab das strahlen bei den geschenken, für das eltern alles tun, beim d.-zwilling sogar die überraschung. mit dem g.-zwilling über whatsappvideo gesprochen, er im grünen gras und im tshirt in der sonne, in einem hostel, deren inhaber jedes jahr für alle reisenden ein riesiges weihnachtsessen kochen, unter mithilfe der gäste. abends noch die gans in den ofen, mit hilfe der jungs, leider aus versehen ober- und unterhitze bei der ersten stunde bei 220°c, da darf es nur unterhitze sein, sonst wird das tier zu dunkel, dann um mitternacht auf 80° gestellt. die söhne sind um elf noch einmal ausgegangen, haben sich mit allen berliner freunden getroffen, waren erst in den frühen morgenstunden wieder hier. vor der gans haben wir dann nach dem frühstück zusammen alien geguckt, der d.-zwilling hat mir einen dicken und sehr schönen band mit den arbeiten von hr giger geschenkt, den ich als künstler gar nicht wahrgenommen hatte bis jetzt. sehr gefreut, über die idee, das geschenk, das filmgucken. die ganze zeit immer nach kurzem herumstehen k.o. gewesen, nicht gut im treppensteigen, etc. corona die ganze zeit negativ. am montag sind die beiden söhne zum vater, ich hatte pause.

sylvester war genauso wie weihnachten, wieder keine feiertagsgefühle, das war fast beunruhigend, manchmal fürchte ich, dass der lange diabetes auch die wahrnehmung und also meine persönlichkeit beschädigt, wie ein nagetier, das löcher hinterlässt.

hatte mich selbst auf eine party eingeladen („kannst du mich nicht mitnehmen?“), die freundin ist aber selber erkrankt, also wollte ich wie so oft allein was schönes machen, war dann aber über 4 stunden damit beschäftigt, den g.-zwilling vom flughafen abzuholen, dabei hätte ich es besser wissen können. bei der hinfahrt wollte ich diesmal aufpassen und die ausfahrt erwischen, die 2 sekunden nach dem dicht beschriebenen strassenschild kommt, das als einzigstes auf sie hinweist. nicht geschafft. wenn sie mal mit auto zum ber müssen, freiwillig fährt da ja niemand hin, dann fahren sie bitte unbedingt über tempelhofer damm, von da kommt man problemlos auf die a100, in neukölln ist es nur was für profis. es bräuchte training, nach drei oder vier versuchen bei tageslicht und gutem wetter kann es eventuell gelingen. aber wozu? ich war jedenfalls rechtzeitig um 17 Uhr beim ankunft- schalter, das kind kam mit nur einer halben stunde verspätung, sein gepäck allerdings gar nicht, was wir erst nach 3h fortwährender vertröstung („kommt im nächsten flug“) begriffen haben. wir haben also gewartet, bis ein ebenfalls gepäckloser fluggast mit familie und kleinkind, auch aus santiago kommend, von einem mitarbeiter an der gepäckausgabe folgende mitteilung erhalten hat: das gepäck ist in berlin, es wurde nur nicht aufs band gestellt, ein problem, was über 3 stunden lang niemand erkannt oder gelöst hat. g. hat eine verlustanzeige gemacht, ich habe 28 euro für das parkticket bezahlt und eine weile gebraucht, um wieder gute laune zu haben. eine mischung aus who cares, personalmangel, krankheit und schlechten arbeitsbedingungen. wie die familie aus santiago sagte, die eigentlich noch nach leipzig weiterwollten: very bad customer service

mir ist ein sehr aktiver reinigungsmann aufgefallen, der die ganze zeit in den makellos sauberen hallen auf- und abging, um hier staub zu wischen, dort ein papierchen aufzuheben, wenigstens einer hat also gearbeitet am flughafen.

zuhause ist der sohn sehr schnell auf seine parties verschwunden, ich wurde noch von einer nachbarin auf ihre party eingeladen, wo auch ein paar freunde waren, sehr netter abend noch. halb drei im bett.

das jahr war heftig, ich mache keinen rückblick, das gefühl: das bleibt jetzt so, wegen alter, weltlage, lebensumständen. weitermachen, in der hoffnung, dass es nicht schlimmer kommt, oder nicht so bald. wünsche euch allen einen guten start ins neue jahr. bleibt wacker.

23. dezember 2022

habe versucht, weihnachten zu verschieben, um nur einen tag, wollte wie die italiener am 25. feiern, bescherung nach der gans oder so. die familie hätte wohl auch mitgemacht, aber die jungs haben ihre hilfe angeboten, bei den gesprächen wurde klar, dass die ganzen vielteiligen abläufe, auch wenn ich sie als leger oder entspannt wahrnehme, entscheidend und grundlegend für die weihnachtserfahrung sind. die kann man nicht einfach ändern, nicht wegen einer erkältung, oder nur vorsichtig, element für element, das datum ist zu groß, es ist nicht änderbar. ich werde aber, anders als in den letzten jahren, nicht mehr einfach nur buletten und kartoffelsalat machen, mir ist aufgefallen, dass ich das immer nur einmal pro jahr mache, ich bin einfach kein fan von kartoffelsalat, sondern ne quiche, dazu leckereien vom markt, und einen großen salat, alles brav mit handschuhen, die erkältung dieses jahr ist wohl für alle neu und sehr ansteckend, ich hoffe, an tag 10 nicht mehr so stark. die gans für den ersten weihnachtsfeiertag kommt wie immer spätabends bei 80° in den ofen und schmurgelt dann über nacht vor sich hin.

der baum liegt seit einer woche im auto, ich hoffe, der ist noch grün, denn kann heut der große rauftragen, wenn er gleich kommt, mit dem nachtzug aus trier. danach wird er hoffentlich den großeinkauf hochtragen, obwohl der bei 5°c ebensogut im auto bleiben kann, bis der d.-zwilling nachmittags kommt. vorfreude auf die söhne, ich sage ihnen, das ist wirklich eine schöne sache, haben sie bitte geduld mit ihren eltern, die sie unbedingt da haben wollen über die feiertage, das ist was elementares.

ich huste weiterhin ordentlich, corona negativ, werde lüften und maske tragen, wenn ich nicht esse oder trinke. kirchgang fällt flach, vielleicht mögen ja die jungs alleine gehen, das wäre eine pragmatische anpassung an die situation, wie in den letzten jahren, wo wir wg corona alle nicht gegangen sind. singen kann ich grad eh nicht.

habe den kindern wie jedes jahr angekündigt, dass sie diesmal wirklich keine geschenke bekommen, inzwischen bekomme ich darauf nicht mal mehr eine antwort. eine freundin dazu: ja, aber du schenkst ja auch gerne, das stimmt natürlich, und irgendwas findet sich immer, nur selten die volltreffer, aber die sind eh schlecht planbar, dazu braucht es serendipity. bei den vielen leuten im umfeld, die sich nichts mehr schenken, eine mischung aus respekt und mitleid. bekommt nicht jeder gern geschenke?

ich wünsche euch jedenfalls friedliche und schöne weihnachten, und wenn es stressig wird, sucht euch kleine momente, die ihr genießen könnt, es muss ja nicht alles toll sein.

14. dezember 2022

mehrere minusgrade. werde ich heute mit dem rad zur arbeit oder nicht? ich werde schleichen. bei eis und schnee vielleicht auf ein dreirad umsteigen, oder stützräder anbauen, wo der wechsel auf mäntel mit spikes doch ein bisschen zuviel aufwand bedeutet, vor allem, weil die kalten tage ja nur ein paar wochen im jahr betreffen, meistens als einzelne tage. mal schauen, vielleicht gibts da schon was – oh, gibt es, ist aber nicht einfach anklippbar wie ein anhänger oder so.

mehrere oleanderblüten, einige schon verwelkt, einige noch als knospe

neulich auf einem spaziergang mit jemandem über unsere (meistens) mütter geredet, die zunehmend bedürftig werden, die einsam sind und engeres kümmern einfordern, tägliche telefonate, wo sie ohne punkt und komma von ihren arztbesuchen erzählen, ohne fragen zu stellen, einkaufen, sonntagnachmittage, ein tag pro woche, alle zwei wochen, je nach dem, und es ist nie genug. der freund erzählt von einem therapeuten, der ihn da von dieser andauernden bringschuld freigesprochen hat, denn die elternteile haben sich die situation selber geschaffen, sind selbst verantwortlich dafür, allein zu sein, sie hätten freundschaften pflegen oder neue schließen können, altersheime auswählen, wgs gründen können, statt so lange im sumpf sitzen zu bleiben, bis der sie nicht mehr auslässt. ich fand diesen hinweis befreiend und beneide die leute ein bisschen, deren beziehungen zu ihren eltern dieses kümmern zu einer selbstverständlichkeit machen, die bei allem stress viel freude bringt. im umfeld gibt es viele davon, oft ist allerdings die art der beziehung gar kein thema, es ist halt so, die alten brauchen hilfe, externe betreuung oder altersheime sind zu teuer, also hilft man ihnen, ganz pragmatisch, da bekomme ich dann doch wieder schlechtes gewissen, wenn ich von der großen bedeutung, die mein ohr und meine zeit für meine mutter hat, etwas überfordert bin. mütterliches (elterliches) forderungsmanagement, die währung ist schuld, es gibt kein entkommen. nur einen atemzug später fällt mir auf, dass ich jetzt anfangen sollte, mich um mein altern zu kümmern, und nicht weiterhin darauf vertrauen sollte, wg diabetes et al eh nicht alt zu werden. natürlich werde ich meine söhne nie so unter druck setzen, für mich da zu sein, natürlich nicht, und vielleicht tun sie es dann ja auch gerne, aber schöner wäre es, gar nicht erst so bedürftig zu werden.

beim stapel verräumen ist mir aufgefallen, dass ich den letzten knausgård gar nicht fertig gelesen habe, vor allem, weil die diversen plots, neuer planet und autofiktional erzählte figuren, nicht zusammengekommen sind bis weit hinter die mitte des romans. gibt es noch einen weltuntergang wie bei „melancholia“? will nicht googeln, da steht immer zuviel drin. dann würde ich es weiterlesen. (schade, gibt kein abstimmungs-ding bei wordpress.)

28. november 22

wie ein trottel von der arbeit wieder nach hause gefahren, weil noch zu krank. jetzt dauernd alte bilder im kopf, höre aber auch alte musik, bach kantaten, das duett aus bwv 21, das ist natürlich harter tobak. lieber einfach alte playlists, aber es hülft nix, ich finde die trauer angemessen, die welt soll anhalten, wenn so ein mensch stirbt. dass ich mich damit unangemessen fühle, liegt am europäischen umgang mit trauer, der beherrscht und im rahmen stattzufinden hat, und der rahmen für gute freunde+ ist einfach unbeschrieben.

dieser tod hat mich weich gemacht, ich höre wieder musik, merke ich grad, wie sonst nicht mehr so oft, bin wieder an dem teil dran, der sich nicht verändert, der nicht altert, der keine wege gefunden hat, der fassungslos ist wie am ersten tag vor der irren landschaft des lebens, mit all den geschichten, gefühlen, wahrnehmungen, das ganze sensorium, dass wir auf halbtot stellen, als wär das normal.

jetzt sophie hunger, headlights, von ihr lief auch ein song auf der trauerfeier, neben hero von bowie.

jedenfalls.

ab jetzt weihnachtsplanung, dabei kommt eine frage auf: d.-zwilling studiert ja jetzt neuerdings biologie, ich will ihm zu weihnachten einen standard-ziegel schenken, wie den anderen beiden zu ihren jeweiligen fächern. weiß eine*r unter meinen leser*innen zufällig, was da grad das beste ist? es sollte eine inclusive e-version enthalten.

22. 11. 22

twitter gibt es noch, es ist für mich genauso nutzbar wie vor musk, weil ich harmlose dinge poste. dauernd neue follower, sehr schräg. damals, als twoday kurz damit drohte, dichtzumachen, habe ich mir ein weblog auf eigener domain gebaut, das war ein fortschritt, da habe ich einen tritt gebraucht. mastodon wirkt bisher weniger wie ein netzwerk und mehr wie facebook, wo jeder seine dinge kundtut, ich weiß nicht, ob das nur an der optik liegt, es hat aber noch den zauber des neuen. ich schreibe da bisher auch nix rein, nehms mir aber vor. in italien gibt es mastodon auch, es wird hie und da erwähnt, ich weiß aber nicht, ob es auch so einen ansturm gab. in meiner timeline, wenn ich auf meiner instanz (mastodon.social) nachsehe, sausen jede menge spanische, englische und italienische posts durch, es scheint im italienischen twitter aber weniger thema zu sein. gemerkt, dass mir die aura von twitter, das design, die geschichte doch wichtig sind, was bei facebook nie so war, das ist reine und oft nervige funktionalität.

hab diese woche noch zwei urlaubstage, für die ich zum glück doch keinen spontanen trip gebucht habe, weil da jetzt die beerdigung von m. stattfindet. fürchte das ein bisschen, die gemeinsamen freunde können alle nicht mitkommen, denke, ich werde da kaum wen kennen und deutlich spüren, wie wenig ich teilhatte an seinem leben in den letzten jahren.

gegenwart ist alles.

vermisse die kinder, das langsame kleine hochköcheln der weihnachtsdinge ende november, anfang dezember, die pakete und verstecke, die lebkuchenberge. susan cooper ist da eine hilfe, schneelangsam hat die stattkatze es genannt, auch wenn ich die späteren bände zu … zu bedeutungsschwanger und übertrieben dramatisch fand, da hab ich die leise, beharrliche verbundenheit mit land, winter, kindheit und rittergeschichten vermisst. es muss nicht immer um alles gehen.

fahre weiterhin mit dem rad zur arbeit, wie immer auch bei schnee oder eis. bin aber vor ein paar monaten einmal mit dem rad hingefallen, kein sturz, mehr ein umkippen nach zu engwinkligem auffahren auf eine platte in der welt der holprigen berliner strassen. schmerzhafte prellung am knie, ich weiß noch, ich sass bei frau modeste mit frau engl zusammen, die auch grade einen (viel schlimmeren) radunfall hinter sich hatte. bei mir wars ganz klar das alter, fehlende schnelligkeit beim gegensteuern, bremsen, herumreissen, es ist so weit, es geht nicht mehr zurück, ich bin keine 50 mehr. klare innere stimme: du solltest in deinem alter bei schnee und eis nicht mehr rad fahren, und dann guck ich raus, die strasse sieht trocken aus, das eis in den pfützen kann ich doch umfahren … seit dem hinfall bin ich unangenehm vorsichtig geworden, ich fahre nicht mehr einfach drauflos, sondern plane jede kurve irgendwie, ein paar sekundenbruchteile, bevor mein rad sie fährt, wie ein mentaler spiegel, der alles genau wissen will. ich hoffe, das legt sich wieder. überlegt, die von den kids stammenden knie- und ellenbogenschoner anzulegen, wenn es unter null grad sind, es ist ja berlin, da geht alles.

schon wieder.

auf einem spaziergang in einem geschäft gewesen, in dem neben blumen vor allem kram verkauft wird, es war sonntag, sie waren event-mässig offen, es gab glühwein mit und ohne. bin ohne jeden widerstand in die dekowelle eingetaucht, adventskränze für 80€! mit blumen, kleinkram, blättern und be-zau-bern-den insekten aus glitter und perlen. dazu 8-10cm lange libellen, mit pailetten und stickerei, für 29,90€, für den weihnachtsbaum, ich weiß auch nicht, was es mit insekten auf sich hat dieses jahr, vielleicht eine kleine anerkennung, weil sie uns ja alle überleben werden, so wie es grade läuft. fand sie ungelogen schön, anders als meine freundin, die eine insektenphobie hat. früher, in den 80ern in mailand, war das ein glückssystem, schöne dinge ansehen, kaufen, was man mag, zuhause hinstellen, wobei, beim genau drüber nachdenken, hat meine mama einen klassisch schlichten geschmack, adventskranz nur mit roten kerzen und sonst nix, dabei blieb es, keinerlei elemente an fenstern oder türen, ich glaube, das gehörte sich so, keine ahnung, ob das etwas mit dem protestantismus, mit geschmack oder mit klasse zu tun hat. bei mir verschwimmen langsam diese grenzen, ich sauge die weihnachtsstimmung auf wie einen zaubertrank, voll guilty pleasure. natürlich geht es dabei um etwas anderes, unstillbares, längst verlorenes, yadda yadda, aber es funktioniert, wie alle menschen bin ich ja ersatz gewöhnt. ist das nicht strange? jedenfalls blaue kerzen für den adventskranz gekauft, die tannenzweige dafür aber wie gehabt für 1€ den bund beim blumenladen an der s-bahn.

ich brauche einen richtigen zahnarzt, die eigentlich gute zahnärztin meiner kinder war irgendwann mal total beleidigt, weil ich mit den kids ein paar mal den termin vergessen hatte, dann bin ich erst mit kids und dann auch selber zu so einer kinder-großpraxis hier im kiez gegangen. beim letzten besuch hat mir da so ein junger arzt erklären wollen, dass wurzelbehandlungen einfach weh tun, er nichts dagegen tun kann, statt sich zu entschuldigen, dass er es nicht hinkriegt. da will ich jetzt auch nicht mehr hin, bei zähnen bin ich merkwürdig empfindlich, weil ich mit immer so wehrlos fühle bei der behandlung. die letzten empfehlungen aus dem freundeskreis waren immer unglaublich gut aussehende männer, das finde ich auch stressig. es ist nicht einfach. offen für tips!

gruppe von kindern um einen küchentisch, erdbeeren essend

weiter bilder von martin gesucht, ein paar schöne gefunden. werde sie seinen kindern geben. diese rückversicherung beim bilder surfen, die kindheit meiner kinder, meine eigene jugend, so viele fotos, in denen ich (oft verwackelte, es waren analoge zeiten) unbekümmertheit und nähe sehen kann, dazu muss man ja gar nicht viel tun, kinder sind so, wenn man nichts grob falsch macht, alltag, gemerkt, dass mir das fehlt. zuviel beschäftigung mit weltthemen, krieg, musk, der ganze scheiß, das alles nimmt überhand in meiner wahrnehmung, vielleicht auch daher der wunsch, jetzt aber mal alles schön zu haben, gerne lauter, weil der rest so lärmt.

extra noch aufgestanden, um ein gedicht zu suchen, dass ich vergessen hatte, ich wusste nicht einmal mehr den autor. gleich beim ersten aufschlagen des ersten buches ein anderes, auch passendes gefunden, ein hoch auf die hausbibliothek.

Ein großer blauer Falter ließ sich auf mich nieder
und deckte mich mit seinen Flügeln zu.
Und tiefer und tiefer versank ich in Träume.
So lag ich lange und vergessen
wie unter einem blauen Himmel.

(hans arp, ich bin in der natur geboren, Arche 1986, S. 10: „Märchen“)