leichte abos, schwere abos

am leichtesten wiegt der new yorker. für 5€ pro monat kann ich ihn komplett digital lesen, für ein paar cent mehr auch haptisch. monatlich kündbar.

am liebsten würde ich die süddeutsche abonnieren, die die landet aber mit ihren 20€ monalich schlicht jenseits der schmerzgrenze. warum? weil ich auch andere zeitungen lesen will. die faz, die taz, plus noch ein paar nichtdeutsche. nicht vollständig, mein gott, wer liest denn digitale zeitungen vollständig?

ein dünnes wochenmagazin lässt sich vielleicht schlecht mit einer dicken tageszeitung vergleichen, aber ich habe die digitale washington post bei einem angebot im letzten jahr für 20 dollar im jahr abonniert, da kann man vielleicht mit der wohl sehr viel höheren auflage argumentieren – aber auch repubblica+, auf italienisch, kann ich digital für 3€ monatlich buchen, ohne die erpresserische ein- oder zweijahresbindung (was soll die bescheuerte geiselnahme? angst und gier. niemand sonst kann es sich leisten, so mit kunden umzugehen: „gut, ich liefere gern, aber nur, wenn sie mir das zwei jahre lang abkaufen, zahlbar im voraus“),  und habe das sofort, und spontan, getan. auf dem großen rechner im browser finde ich allerdings die zahlgrenze der repubblica nicht einmal und kann alles sofort lesen, ein rätsel.

habe das nie verstanden, warum die zeitungen hier sich so sehr gegen die vorzüge des digitalen vertriebs stellen, und nur versuchen, den leser auszuschließen, statt verlockende angebote zu entwickeln. die ätsch-methode mit den teasertexten bei der sz finde ich ärgerlich, ich bin doch keine fliege, die in einer falle landen möchte. warum denn bloss keine schwellenlosen abos mit variablen und niedrigen preisen? die masse kommt bestimmt, wenn es billiger wird. umgekehrt wird das nüscht.

oder ein offenes papierabo, montags die sz, dienstags die berliner, freitags die sz, jeden tag eine andere zeitung. würde ich machen, dazu bräuchte es aber wohl ein praktisches monopol oder sowas.

so, nun hab ich mich von den abofallen gut abgelenkt und werde heut abend frei und souverän ins buch wechseln, allerdings keine 50 seiten lang.

no lullaby

alma har’el hat das auf twitter gepostet, und wer ist alma har’el? die regisseurin des wunderbaren bombay beach, den ich vor 5 jahren sehr gern gesehen habe. passt.

(der song heißt „quiet“ und ist von milck. es klingt wie eine lullaby, ein sirenengesang. sofort ins herz geschlossen)

 

 

kw 3, magdeburg

wochenende mit freundinnen, wir kennen uns seit vor unseren zwanziger jahren, das heisst seit ca. frühachtziger. meine beiden besten freundinnen sind vor ein paar jahren nach magdeburg gezogen, unabhängig voneinander, beide aus beruflichen gründen, sehr vermisst, die wollten wir zusammen besuchen. wochenende mit fünf frauen, viel leben zu erzählen. sehr intensiv und lustig, es gab einen eimer köstlichen borschtsch, den ich ab sofort dauernd essen will. kinder und hunde haben wir zuhause gelassen.

sehr verguckt in den dom von magdeburg, er liegt mitten in einem sehr gesichtslosen neubauviertel, magdeburg wurde genau heute vor 72 jahren in 30 minuten in schutt und asche bombardiert, es ist kaum was übriggeblieben, auch der dom wurde getroffen. wir sind in der kälte hindurchspaziert, er ist ein paradies für kuhis, ein schatz neben dem anderen, und dazu der wunderbare kreuzgang. baubeginn war 955, der schlussstein im turm wurde 1520 gesetzt, dann kam luther und der dom wurde evangelisch, danach hat der dreißigjährige krieg 1631 magdeburg zerstört, der dom wurde wieder katholisch, aber geplündert und verwüstet. das gebäude  diente eine zeitlang als schafstall, schinkel wollte ihn abreißen, könig friedrich willhelm III hat ihn dann restaurieren lassen, da wars schon das 19. jh., ab 1869 diente er wieder als evangelische kirche. die gesamte geschichte der region hat dort spuren hinterlassen, jeder krieg, jeder konflikt hat etwas zerstört, aber es hat auch jede kunstepoche werke erschaffen, mit einem schwerpunkt auf wirklich aufregend schöner bildhauerei. das taufbecken soll laut kunstführer aus dem römischen 2. jahrhundert stammen, sie sehen, ich kann das selbst gar nicht glauben.

im chor steht eine der ersten europäischen skulpturen eines afrikaners, von 1250, sie stellt einen der namenspatrone des domes dar, den heiligen mauritius.

oder die kanzel! sie ist mit einem sehr feinen und verspielten alabasterrelief bedeckt, incl. kleiner frösche und einem igel, sie stammt aus der spätrenaissance. der künstler hieß christoph kapup, das netz kennt nur diese kanzel von ihm. einige der arbeiten sind wirklich so schön, dass man sofort bücher drüber schreiben will, ausdruckstark und humorvoll, eine freude.

an einem tisch sitzt eine magdeburgerin und erzählt, von herrscher zu herrscher springend, von kunstwerken und anekdoten durcheinander. er sieht kühl und etwas karg aus, wenn man reinkommt, aber ein genauer blick wird sehr belohnt. und er steht vor allem immer noch, nach über 1000 jahren.

mit den freundinnen viele gespräche, die mich immer auch ein bisschen still machen, weil ich so wenig weit gekommen bin. vielleicht ist das aber auch eine ansichtsache, bei der ich halt („einfach“) mich selber umdeuten muss. bis dahin identifiziere ich mich sofort mit einer der törichten jungfrauen in einer seitenkapelle des domes, auch sagenhafte 767 jahre alt. das ging den freundinnen aber auch so.

ich hab ja vor allem viel verschiedenes gemacht, es war halt alles nicht betriebswirtschaftlich oder sonstwie nachhaltig. habe zb ’89 einen verlag gründen wollen, mit ostberliner germanistikstudentinnen, als gmbh, das hat damals kaum was gekostet, und wir wollten unbedingt neue literatur. als die ostberlinerinnen, darunter eine namhafte regisseurin (irgendwas mit film wars, aber an den namen kann ich mich nicht erinnern, kurzifix! muss mal wühlen gehen.) abgesprungen sind, weil sie die 5000 mark in unsicheren zeiten lieber nicht in den sand setzen wollten, hab ich es halt auch nicht weiter verfolgt, oder mir neue partner gesucht. die partnerin hat sich dann in einen schweden verguckt und ist ausgewandert, in ihrer wohnung in der novalisstrasse war ich dann zur untermiete, ab 1990, drei außenwände und gasomat und telefon mit geteilter schnur übern hinterhof. 40dm.

ich mag ideen eh lieber als umsetzungen.

bowie

warmer abend mitten in der woche. sie haben von ihren bowies erzählt, die künstlerin fehmi baumbach und die verlegerin frau frohmann, beim zuhören ist die ganze zeit wieder lebendig geworden, die musik damals in unseren köpfen und in den zimmern, wie nah diese und überhaupt musik am wirbelkanal war. das ist heute so anders, als wäre man mal fisch im ozean gewesen und würde jetzt regelmässig ins hallenbad gehen. beim zuhören mich dran erinnert, wie wichtig und unbeliebig in diesem plusquamperfekt die grenzen waren, das innen und außen, dazugehören, nicht dazugehören, und wie einfach sich das in der musik ausleben ließ, ein klares ja oder nein. bowie war anders, er hat damit gespielt, war alles hintereinander, ist durch viele rollen gegangen, er hat mich damals glaub‘ ich eher irritiert mit dieser freiheit. oder ist das schon wieder ein blick von heute in die vergangenheit, war er früher auch immer nur das eine? weiß ich nimmer. ich mochte aber das nicht bedrohliche daran (ich hatte angst vor kiss und ac/dc, konnte das laute und brüllende daran nicht ironisch oder als sexiness sehen), es wirkte so spielerisch und albern und mühelos, und musik war doch etwas ernstes, ganz oder gar nicht, das meiste war sogar hochpolitisch und wurde laufend gesungen. wir waren sehr ernst mit all unseren entscheidungen, ich hatte anfang der achtziger eine sehr ernstgemeinte dauerwelle.

holger schulze hat mit auf dem sofa gesessen und seinen text zu bowie angekündigt, in seiner rede fügte sich alles ganz klar und elegant ineinander, als könne man anders gar nicht über bowie schreiben, sehr magischer moment.

ich hatte ja ein bisschen angst vor zu abstrakten ansätzen, weil ich meinen großen dabeihatte, den frischesten und jüngsten bowiefan des abends. überflüssige sorge, vor allem weil ja caro buchheim dazu aufgelegt hat (ausrufe-ausrufe-ausrufezeichen). ich habe sie also endlich kennengelernt, sie hat sich sofort herzen lassen, ein strahlender mensch im glitzerkleid, bringt mich jetzt beim schreiben noch zum lächeln, und sie hat die wunschtitel vom großen aufgelegt! er hätte fast getanzt.

nach dem programm war ich noch etwas uncool und habe mich ein paar leuten vorgestellt, die ich sonst nur aus der ferne bewundere, nämlich den veranstaltern des abends, und hab mich gleich selber wieder wie in fanzeiten gefühlt. (zur zeit eh laufend momente totaler uncoolness, schiebe ich wie alles auf die wechseljahre – nee, stimmt nicht. probe das ein bisschen als lebensform, muss vielleicht noch das exzentrische darin bearbeiten, aber hej.) ruhepuls und ronsens wissen ja schon von meinem fantum, die waren auch dabei. sehr feiner abend, vielen dank!

(aufgeschrieben für die stattkatze)

lost sheep

rückzahlbare unfallversicherung für die kids läuft bis zum ende des 17. lebensjahres, den betrag bekommen wir aber erst ende des 19. lebensjahres ausbezahlt, versicherung läuft aber nicht weiter – wtf? sie behalten die summe einfach, um ein bisschen spass damit zu haben. ich soll der allianz so einen kram unterschrieben haben? genauso ernüchtert bin ich vom brief einer privaten rentenversicherung, die mir pro monat eine rente von euro 22 pro eingezahlte 10.000 € garantiert.

u2, stadtmitte

der mann in der u-bahn, schmal, mit eng an den knochen liegender faltiger haut, große puppenaugen, gute schuhe, aufrecht. er trägt mit beiden händen eine tasche mit rolls royce logo und sieht anders aus als alle anderen leute im wagon, vielleicht nur eine eigene form von altsein, er ist zeitlos alt. er macht mir angst, ich kann seinen blick nicht einfangen, er scheint alles anzusehen. der mann sieht endgültig aus.

leerstellen

ob sich die leute wohl mehr an das erinnern, was man geschafft hat, oder mehr an das, was nicht gelungen ist? ob es neben den eigentlichen themen, neben der ausgelebten persönlichkeit nicht noch etwas verborgenes gibt, wie ein mitlaufender streunender hund, der immer noch futter bekommen hat, wenn keiner hinsieht, obwohl eigentlich kein platz für ihn da war.

wie sehr filtert meine wahrnehmung das selbstbild des anderen? vielleicht gehört zum abschiednehmen auch dazu, den anderen so zu erinnern, wie er sein wollte, im besten licht. den toten als vollendet begreifen, in jedem sinn.

(die freundschaft als erinnerung, es ist ja keine beziehung mehr möglich, es wird zum selbstgespräch)

5.1.17

um 6:30 klingelt der wecker, wie jeden morgen im berlinwinter kurze fassungslosigkeit über die tiefe dunkelheit, wecke dann die kinder und mache kaffee. die kaffeemühle dient zuverlässig als endgültiger weckruf, die kids entern die dusche, ich mache frühstück, ich freue mich, weil ich endlich einen yoghurt für den notorischen nichtfrühstücker gefunden habe.

um halb acht sind sie weg, ich leg mich für ne halbe stunde wieder hin und lese im netz. dann mach ich bisschen haushalt und gehe mit emma ihre morgenrunde, um neun rum sitz ich am schreibtisch und bin guter dinge. draussen ist es hell und grau. zwei stunden arbeiten, dann mach ich die post auf und lese mit einigem entsetzen die hohe hausgeldrechnung, blick aufs konto verdirbt mir die laune, es ist ja erst der fünfte. war aber auch der erste blick drauf in diesem jahr, januare sind ja bekanntermassen etwas heikel. kaufe hundefutter im netz, mache wäsche, denke an etwas anderes und setz mich wieder hin.

am frühen nachmittag kommen zwei von drei jungs, entern den kühlschrank, machen musik und tv an und chillen erstmal. ich bleib sitzen, mache um halb vier schluss und dann noch ein bisschen ablage, das heisst briefe öffnen und dabei eine grundsätzlich andere ordnung meiner unterlagen überlegen, eine, die funktional und gut und professionell ist, nicht so selbst gewachsen und nach mäandernden zusammenhängen gewuchert, reisse mich aber zusammen und beginne nicht, alles neu zu sortieren. gut wäre die ordnung, wenn jeder sofort alles findet, nicht nur ich, wenn das licht gut steht

mit dem grossen eine kurze hunderunde, er unterschreibt seinen ersten dauerauftrag, der den ab januar an ihn gezahlten kindesunterhalt an mich zurücküberweist. gewähre ihm ein skonto, obwohl es eigentlich kein taschengeld ist, sondern lebensunterhalt. kind fragt, ob es mir irgendwie komisch ginge dabei, ich hätte so einen blick gehabt. erkläre ihm, dass es sich nicht gut anfühlt, vom kind mehrere hundert euro überwiesen zu bekommen, obwohl das ja alles seine richtigkeit hat. ärgere mich über den kindsvater, der jede chance nutzt, es mir nicht leicht zu machen. versuche positiv zu denken, so ist das ja unter erwachsenen, man zahlt für seinen lebensunterhalt, aber er ist eben noch nicht erwachsen, eigentlich sollt er den unterhalt erst bekommen, wenn er wirklich auszieht. klappt also so mittel.

spätnachmittags hypo, die mir in die lektüre knallt, mache dann erstmal wäsche und gehe einkaufen. risotto für die bande, dann hätte ich yoga, aber der blutzucker ist dafür inzwischen zu hoch, lass es sausen und lege mich mit wärmflasche und buch ins bett.

um neune klingelt das telefon, die yogarunde fragt, ob ich nicht noch für ein gläschen raus wolle – klar will ich, gehe mit emma ins lieblingslokal und rede mit den freundinnen, sehr wohltuend. laufe noch ein stück mit dem hund, es ist wirklich kalt geworden, es liegt ein hauch schnee, und lande um halb elfe wieder beim buch. die wärmflasche ist noch warm.

(hab jetzt vergessen, wie das heisst mit dem monatsfünften, kann mir apokryphen (ja, genau) akronyme nie, nie merken, mach ich morgen. es ist 22:53, höchstens noch eine halbe stunde für mein tägliches 50-seiten-pensum, die zeit reicht nicht für links.)

sollten 7h brennen, tun es seit 123.

 

star trek -1

ab mai wird es eine neue serie aus der star trek reihe geben. ein weiteres prequel, wie es scheint, sofortige große unlust. zur sicherheit hab ich mir die letzte show nochmal angesehen, also die erste folge von „star trek: enterprise“. vom lagerfeuer- folksong- soundtrack werden mir ja schon vor beginn die augenbrquen hochgezogen. ich möchte nicht mit kitsch in eine scifi-serie gelockt werden, oder ist das ein selbstironischer verweis auf die ewig gestrigkeit der alten fans, also auf mich? na, danke auch!

die vorgeschichte einer zukunftsversion interessiert mich nicht sehr, ich will mehr zukunft, will wissen, wie es weitergeht, nicht die klingonen, das beamen und warp 5 neu entdecken müssen. sie verkennen ihre stärken, den zukunftsentwurf, und verkriechen sich ins bekannte, und vergraulen damit sogar ihre langjährigen fans, denen das neue in bekannten strukturen gefallen hat, das spielerische, der zuwachs an weltraum und wissen, die gute autorität, stattdessen gibt es hier als motiv die unausgegorenen machtverhältnisse einer jungen crew – na gut, das kann man machen.

als trekkie gefällt mir die irdische gesellschaft des 24. jahrhunderts als funktionierende und eher sorglose utopie, deren genaue ausprägung für den handlungsverlauf nicht wichtig ist, denn es geht ja um kurze plotbögen, nicht um realistische weltentwürfe. klar geht es besser ohne geld, und es ist ein hübscher gedanke, dass die menschheit sich nur noch um humanistische ideale bemüht. get over it, sagen die serien, und erzählen ihren kram, als sei all das längst vergessene voraussetzung für die entdeckung des weltraums.

ich finde das alles tröstlich, vor allem mochte ich aber die zuverlässige überwindung von schwierigkeiten, also das ende der auseinandersetzungen mit den klingonen, cardassianern, borg, dem dominion. darüber hinaus finde ich diese filmkonflikte nicht interessant genug, um sie mir nochmal anzusehen. erfindet halt neue völker, neue konflikte, neue technologien und raumschiffe, anstatt die alten wiederzukäuen. habt mut, seid ein bisschen mehr frei vom geld, seid mehr wie die erde bei star trek.

schisshasen alles. dazu ist die handlung bei :enterprise eher wirr, viel gewalt, blöde erotische duschszenen mit der sexy vulkanierin, und dieser captain wirkt volkommen unintellektuell, nur in die jeweiligen situationen verstrickt, ohne einen auftrag, der über das überleben hunausgeht. wie ein versehentlich zeitgereister cowboy, wobei der mann ja für seinen comicartigen kinn/nasen- gestus nix kann. oder ist das eben das zeitgenössische daran? gut, ich werde auch noch die zweite folge gucken. wobei: es gibt einen hund an bord, seh ich grade, das ändert alles! jetzt muss ich weitergucken.

und jetzt machen sie noch sowas. unboldly back. ach, schade. schaue natürlich trotzdem rein, schon des vergnügen wegens, bei einer 50 jahre alten show auf dem gleichen 0-wissenstand wie meine kinder zu sein. star trek XI hat ja auch als prequel funktioniert, da habe ich auch nicht mit gerechnet. die haben aber das gleiche nochmal vollkommen neu erzählt, mit humor, großartigem casting und dem mutigen überschreiben der bildsprache, enterprise schafft das irgendwie nicht, da wirkt alles wie ein alter wohnwagen, in dem kinder etwas nachspielen. also: mit gemäßigter neugierde voran.

 

kt 1

die polizei kam nicht, getanzt wurde sehr, das schwarzlicht hats gebracht. um sechs uhr früh gingen die letzten gäste. der große ist am ersten januar volljährig geworden und hat reingefeiert, rauschend und sehr sehr laut, mit geliehenen monsterboxen, und mit allen seinen freunden. und freundinnen! ich war dafür bei meiner mutter am stadtrand und hab mich mit ihr unterhalten, vor den stones auf 3sat, das hatte auch irgendetwas. diese achtzehn jahre sind so so schnell vergangen und waren eine freude, das kind ist wunderbar und kein kind mehr! echt, merk dir das, muttern.

haufenweise sylvestervorhaben, ich brauche anlässe. jeden tag gitarre, jeden tag lesen, mehr yoga. beruflich muss ich vieles schaffen, habe aber gar keinen glauben mehr an gute ausgänge, es ist ein sehr zenmässiges naja, mal gucken geworden nach all den überraschenden wendungen ins leere und ins abseits in den letzten jahren. der plötzliche spannungsabfall von ideen als leitmotiv, die ideen sind nicht synchron mit der welt, kommen zu spät oder zu früh. dazu die wechseljahre.

in der liebe ist es genauso, da muss aber auch nichts passieren, anders als beim geld geht es auch ohne, wobei: aus der hebammenserie auf bbc die schöne erkenntnis mitgenommen, dass sich die liebe in jedem leben anders zeigt, und meines ist durch die großartigen söhne, die freunde, den hund randvoll damit. gelegentliche abenteuer füllen die paar bedürfnisse, und küsse ohne geschichte sind in ordnung, ehrlich gesagt gar keine lust auf noch mehr socken in der wäsche, einen festen mann verbinde ich hauptsächlich mit deutlich mehr arbeit.

sachen ausmisten werde ich in den nächsten wochen, platz für neues schaffen, für leere bin ich nicht so der typ. die freude an dingen, auswahl, wanderwege für den blick, wie die vielen objekte lauter geschichten haben, die ich erzählen kann oder auch nicht.

tippen geht schlechter seit einigen monaten, i/o/p geraten immer durcheinander unter den fingern, mit der linken hand hab ich das problem nicht, bin linkshänderin. alter oder was nervliches? durch den diabetes immer einen merkwürdig nicht hypochondrischen blick auf das schlimmstmögliche.

 

 

 

herz

hört auf euer herz. wenn es manchmal drückt oder zieht, wenn es in einer klammer steckt, wenn euer atem kürzer wird, obwohl ihr nur mit dem einkauf die treppe raufgeht, dann geht zum telefon, jetzt, und macht einen termin beim hausarzt. der mann einer freundin ist vor ein paar wochen mit anfang vierzig an einem herzinfarkt gestorben, sie hat ihn ein paar stunden später gefunden. der notarzt hat erzählt, dass er relativ häufig zu solchen männern gerufen wird. wenn sie es überleben, sind sie immer total überrascht, weil sie ihre sterblichkeit genuin verdrängt haben bis dahin, selbst wenn es in der familie schon probleme mit dem herzen gegeben hat, weil diese art pragmatischer vorsorge nicht reinpasst in die unteilbarkeit von körper, gegenwart, identität, die immer ein angenehmes gefühl von unsterblichkeit vermittelt.

(grad einen termin fürs stress-mrt gemacht, als diabetikern ist mein risiko für koronare herzerkrankungen recht hoch, meine kasse bezahlt das netterweise)

KW 51

der angriff auf den weihnachtsmarkt bringt mehr wut als trauer. die blinde aggression, die gleichgültigkeit gegenüber dem wertvollsten, das rohe daran. es sind kinder auf solchen märkten unterwegs, familien, menschen, die mit äußerster gewalt zu opfern gemacht werden sollen, eines konflikts, der nur in den köpfen der mörder existiert. natürlich kriegt niemand berlin klein. die sorge, dass diese form der gewalt nur in ganz großem massstab zu verhindern ist, über bildung, chancengleichheit, dass dieser wechsel eine aufgabe für generationen ist, weil gewalt und angst da auf wirklich schlimme weise mittel wie zweck sind. gewalt als agenda, die macht und der endsieg irgendeiner auf angst gebauten herrschaft stehen weit hinten in der zweiten reihe. weiß es aber auch nicht genau, natürlich, es ist ja unvorstellbar. vielleicht ist es ja bei kriegen immer so und es ist bloss seit den großen kriegen immer weiter gegangen mit dem tabubruch gewalt. nicht mehr nur offizielle gegner, jeder kann zum gegner werden. meine hoffnung, dass dieses wegschleifen der hemmschwelle gegen das morden doch noch aufwand bedeutet, also verhinderbar ist.

schwer abzuschütteln so eine bluttat kurz vor weihnachten. bin anderthalb stunden vor der tat mit frau ziebarth da entlanggefahren, um die q-damm-lichter anzugucken. sie kommt mir zuliebe mit, ich mache das nur ihr zuliebe, ein perfektes höfliches gleichgewicht also, darüber hätte ich lieber geschrieben. jeder hätte da sein können, so banal es ist. tröste mich mit der hebammen-show auf netflix. sie bringt die ewige heutige leier der totalen selbstverantwortung wieder auf den boden der tatsachen (gut, bissken zuviel tünche, aber das muss mich nicht stören): es geht nicht alleine, erstens, zweitens: die liebe.

davidzwilling sollte eine kurzgeschichte schreiben, nach einem bild, dass ihnen die lehrerin gegeben hat. er hat sie auf meinem rechner geschrieben und die seite offengelassen, ich habs natürlich gelesen. es ist richtig gut. einer der jungs kann schreiben, der rhythmus stimmt, die bilder, er hat in einer einseitigen geschichte einen wirklich eleganten wendepunkt und eine auflösung untergebracht, gefühl, bilder, eine geschichte. große, warme freude und dankbarkeit. das ist mein hauptgeschenk, aber sagen sie ihm das nicht!

zuviel geschenke für die jungs gekauft. mach ich immer. wie jedes jahr tue ich so, als ob sie diesmal leider nur irgendwas praktisches kriegen und halte es wie immer solange durch, bis sie mir glauben, oder bis ich ihnen glaube, dass sie mir glauben. also ziemlich blank und hoffe, es kommt nichts dazwischen in den nächsten monaten. mit gregorzwilling den baum geholt, er trägt ihn locker über der schulter und hat die andere hand in der hosentasche dabei.

der große wird volljährig am ersten januar. unglaublich. er macht eine party bei uns, ich werde mit dem hund bei meiner mutter sein, und hoffe, er schafft es, nur seine geladenen gäste reinzulassen. dummerweise hat es sich schon herumgesprochen. für seine party bekommt er ein catering und natürlich mein vertrauen, aber vielleicht engagiere ich ihm noch einen türsteher.

 

 

 

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doc buelle lebt nicht mehr. anfang november ist er verstorben, in seiner wohnung in wuppertal, genaueres weiß ich noch nicht. ich vermisse ihn, seinen ungeheuren lebens- und liebeshunger, seine intelligenz, seinen stil. die tiefe sensibilität. er war bestimmt, wie eine freundin sagte, ein wirklich guter arzt, er ging den dingen auf den grund, mit oft schonungsloser ehrlichkeit, sich selber und anderen gegenüber. seine wunderbaren komplimente. jorge raimond bülle, du wirst mir fehlen, und deinen freunden und frauen auch.

che la terra ti sia lieve, lieber freund.