7. august 2025, locarno

heute noch mal filmfestival, und ich dachte bis zum aufstehen, mein erster film sei um 11 uhr, dann sehr erleichtert, dass es 14:30 ist. gemütlich hingefahren, in der stadt wieder 15 minuten hin- und her, bis ich mein ziel gefunden habe, google maps zeigt einfach alle strassen in der nähe grün an, also als meinen weg, dann 15min verloren, um eine neue parkapp zu installieren (4sfr für 6h scheint mir absolut angemessen).

(achtung, es folgen spoiler)

zum glück haben sie mich trotz verspätung noch ins proppevolle riesenkino gelassen, für das kurzfilmprogramm mit bleifrei 95, randaghi, l’avant-poste 21, primera enseñanza.

bleifrei war angemessen deutsch-finster, junge frau hat dauernd sex, mit ihrer freundin und deren mutter, empfindet das als grenzüberschreitung, fühlt sich benutzt, hat auch sex mit leuten, bei denen sie nur kurz mitfährt, geht dann zur bachelor-party ihrer freundin. neben mir im kino ein älteres paar, sagt „diese zeiten sind sehr lange her bei mir“ und geht dann, bei mir auch eher ochnööö, empfinde den gezeigten spannungsbogen von „wir zeigen alles, und unsere protagonisten leiden darunter“ als hm, spießig? jedenfalls deprimierend.

genauso wie der folgende animationsfilm, der auch zwei punks als hauptfiguren hat, die sich begegenen, herumfahren, wieder verlieren, von bösen wölfen zerrissen werden, dann relativ unvermittelt als elegante katzen wiedergeboren werden. mochte aber das dichte feld, in dem die handlung stattfand, und die vespa, auf der die figuren herumgefahren sind.

danach l’avant-post 21, zeigt drei junge frauen auf engem raum miteinander, auch wieder sex ohne grund (sollte ja im leben eigentlich ein normalzustand sein, mich nervt das nur wegen meiner komplettverdrängung, da single, daher hab ichs in filmen lieber hergeleitet oder plotbedingt), eindruck einer besonderen situation, sie machen party, bis der nachbar klingelt, was sie denn machen würden, es sei mitten in der nacht, darauf die eine: „sie hat einen abort“. die frau setzt sich aufs klo, die freundinnen dicht dabei, der abbruch wird ein bisschen wie eine geburt gezeigt, mit drücken und schmerzen etc. den film mochte ich sehr, er zeigt, was sache ist, zeigt die gemeinschaft der frauen und schafft es dabei, den abgegangenen embryo in einer kleinen von den frauen improvisierten zeremonie zu begleiten.

bei primera esenañza hören wir eine gruppe von mädchen bei einer gesangsstunde, eine bekommt von einem arzt ein sprech- und singverbot, um knötchen von den stimmbändern zu heilen, daraus ergibt sich dann eine beklemmende situation. bin vor schluss gegangen, wollte zum nächsten film.

danach nur 500m bis zum nächsten kino, wo sehnsucht in sangershausen läuft. episodenfilm, die protagonistinnen finden alle einen blauen stein, den sie hochheben und bei sich behalten, haben alle eine offenheit für das besondere im alltag, sind beweglich im geiste, obwohl ihr umfeld die bewegung ignoriert oder nicht darauf eingehen will, weil die kontaktaufnahme eine grenze überschreiten müsste, der klasse, des interesses, der aufmerksamkeitsökonomie. beginnt mit einer szene im 18. jh, wo ein dienstmädchen in ihrer freizeit gezeigt wird, sie findet einen stein, wir erfahren, dass sie bei herrn novalis arbeitet. die nächste szene spielt in der neuzeit, eine junge frau arbeitet als putzfrau und kellnerin, dabei begegnet sie einer band, begleitet die sängerin einen tag, schenkt ihr einen gefundenen stein, bietet zeit und ein auto, wird nicht wahrgenommen oder erinnert von der band. in der nächsten episode geht es um eine junge frau aus afghanistan, aber da bin ich weg, wollte zum nächsten film. fand den film sehr/zu leise und poetisch in seinen aussagen, bin mir nicht sicher. es ist mir leicht gefallen, früher zu gehen, ich war nicht richtig drin, es blieb abstrakt, mehr ein film über als ein film, mehr schreiben über als schreiben, ich bin da empfindlich.

dann spaziergang zurück zur piazza grande, wollte mir einen stoffbeutel kaufen, es gab (an tag 2 von 12) aber keine mehr, hab danach ü-ber-all leute mit diesen beuteln gesehen. man kann sie im onlineshop kaufen, muss dann aber 20€ fürs versenden zahlen, mehr, als für post aus den usa, die haben echt eine meise. hole mir eine pizza und eine cola light, spaziere noch ein bisschen herum.

dann ins nächste große kino, um legend of the happy worker zu schauen, von dem ich nur wusste, dass colm meaney mitspielt, den ich ja sehr schätze. sehr besonderer film, ich glaube, eine art metropolis des 21. jh. eine parabel, ein kinderbuch, ein western, of all things, aber das passt sehr gut, wie im western wirken gut und böse klar unterschieden, aber weil wir ja in der gegenwart leben, verläuft die grenze im film nicht zwischen gut und böse, sondern zwischen oben und unten, buchstäblich, und zwischen nicht wissen und wissen.

über mehrere generationen wird ein loch gegraben vor den malerischen felsen arizonas in utah, immer weiter, immer tiefer, die arbeiter glücklich und selbstbewusst als „good digger“.

der herr der unendlichen baustelle lebt oben in seinem büro und ist nur sich und den seinen verpflichtet, seinem großvater, dem vater, „me“. er besucht seine vielen arbeiter und lässt sich täglich von ihnen bestätigen, wie gut es ihnen geht, wie glücklich sie sind, im film sehr schön opernartig gelöst, er ruft runter, die arbeiter antworten im chor.

das system kommt kurz durcheinander, als ein alter mann, am ende seiner lebensarbeitszeit, eine frage hat, die nie jemand gestellt hat. er bittet einen jungen kollegen, dem chef diese frage zu stellen, und wir sehen, wie schwer dieses fragen fällt, der held braucht mehrere anläufe dazu, die frage ändert sein leben, nicht das des ersten fragenstellers, des alten mannes, der ein leben gebraucht hat, verbraucht hat, um sie stellen zu können, ihr seht, ich bausche etwas auf, es ist die sinnfrage, reduziert wie alles in diesem film: „why?“, und zack, ist die vierte wand im spiel. fand den film sehr mutig in seinem so klaren aufbau, es ist eine art kinderfilm für erwachsene, er hat etwas von den alten cartoons. bild und plot als perfekte entsprechung. und ja, es ist natürlich die frage aller fragen, egal, was man so tut im leben. sogar t…p könnte den film verstehen.

colm meaney spielt den bösewicht im film, er kommt mit einem wunderbar röhrenden riesigen alten auto vorgefahren, ist der onkel der hauptfigur, und will mehr, mehr von allem. er setzt riesige bagger ein, die das loch immer tiefer graben können, und der held muss dann alle entlassen, weil niemand so schnell graben kann, aber zum glück endet der versuch bald, und alle arbeiten weiter wie gewohnt.

regisseur duwayne dunham war da, auch der produzent und die schauspieler*innen waren für ein q&a am ende mit auf der bühne, der film war wohl ein jahrzehntelanges projekt aller beteiligten. dunham hat ein paar episoden von twin peaks gedreht und ist über seinen kontakt zu david lynch an einen einakter von s.e. feinberg gekommen, aus dem das drehbuch entwickelt wurde. aus dem hollywoodreporter, dort noch mehr zur fimgenese, inclusive interview mit dunham.

fand es lustig, dass der kameramann ein namensvetter von reed smoot ist, der 30 jahre lang als senator für utah eingesetzt war.

bin mit einem meter abstand an herrn meaney vorbei gelaufen, das war sehr aufregend, hab ihn aber natürlich nicht angesprochen. mir ist die beste frage für das q und a nach dem film ja auch grad erst beim schreiben eingefallen, nach dem bezug auf metropolis hätte ich sonst gefragt, und herrn meaney nach dem auto.

der große ist mit mehrstündiger verspätung wieder in trier angekommen, nach mitternacht, ich merke: niemand hat damit gerechnet, dass er mit der bahn pünktlich kommt, er nicht, ich nicht, die bahn selber wahrscheinlich auch nicht. niemand.

bei der bahn gilt es erst ab 5 minuten als verspätung, und fahrgäste dürfen erst ab einer stunde verspätung 25% ihres tickets reklamieren, ab zwei stunden 50%. es ist alles unfassbar. in italien sind 90% der züge pünktlich.

heute heulen dauernd flugzeuge über den see, es hört sich an, als fällt uns gleich der himmel auf den kopf.

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050825 #wmddgt

jetzt haben wir zufällig an einem 5. was unternommen, da bietet sich das doch an.

zu früh für ferien wachgeworden, mir und dem großen einen kaffee gebracht, fenster aufgerissen und die noch kühle frische luft hereingelassen – es gab dieses jahr noch keine dieser üblichen schwülen 35°c-tage hier, es ist tagsüber um die 28°, abends kühlt es auf 23° oder so ab, perfekt.

dienstags ist eigentlich markt in der stadt, aber ich hatte am tag zuvor eingekauft, wir konnten uns das frühe aufstehen wg parkplatznot sparen. gut gefrühstückt, ich mit mitgebrachtem müsli, der große mit salat, caprese und obst, alles klar von ihm selbst gemacht.

nach dem frühstück internet gelesen, unter vermeidung von nachrichten, da bin ich im urlaub im verdrängungsmodus.

nachmittags ist der große zu fuss zum strand gelaufen, ich bin erstmal noch in die stadt für einen einkauf, danach auch an den strand, dort jemanden verabschiedet, die zurück nach hause muss, außerdem mein seit paar jahren vergessenes schlauchboot identifiziert, also der große hat es in einem großen beutel in der umkleide, unter all denn minisurfbrettchen, flossen, einzelnen rudern uä entdeckt, mit nach oben genommen, es ist fast zu schwer zum alleine tragen. es passen 5 oder 6 leute rein, ich war in den letzten jahren halt immer allein hier.

dann schon um kurz vor 5 hoch, wir wollen nach locarno rüberfahren. der große kocht sich noch schnell was, ich räume bisschen herum, um halb sechs fahren wir los, nur bisschen später als vorgenommen. die strasse geht am see entlang, mir fällt der sehr dichte verkehr auf, vielleicht berufsverkehr? die kombi arbeit in der schweiz/ wohnen in italien ist recht beliebt. endlich die grenze, wie meistens komplett verlassen, ich fahre langsam durch. dann gibt es noch 12km autobahn, nach der ausfahrt in die stadt sofort auf parkplatzsuche, bin generell eher frei von orientierungssinn und bei der weit verbreiteten verkehrsführung mit unmengen von einbahnstrassen, kreisverkehren und fussgängerzonen schnell überfordert, trotz navi („kehren sie in 5m um“; „BITTE WENDEN“, etc.) bin kurz gestresst, dann einen der gesuchten parkplätze gefunden, die ab 19 uhr nix mehr kosten, kurz mit zwei jungen frauen geschnackt, die eine hatte eine feine kette über dem nasenrücken, zwischen zwei kleinen ringen an den nasenlöchern, das hab ich noch nie gesehen, nicht mal in berlin. danach gemütlich am see lang zur piazza grande gelaufen.

reihen von gelben plastikstühlen, hinten mit aufdruck "locarno film festival"

der platz ist noch relativ leer, sehr viele gelbe und schwarze plastikstühle sind dort aufgereiht, bis zu 8000, lese ich, aber das scheint mir doch etwas übertrieben. die leinwand ist wirklich riesig, die projektoren sind so groß wie ein container, schick in schwarz am ende des platzes, da reiche ich noch fotos nach. wir kommen von der leinwandseite des platzes um ca halb 8, es gibt eine taschenkontrolle, bei der ich mein mückenspray nicht deklariere, es hat nämlich ein „vorsicht brand“-zeichen an der seite und dürfte eigentlich nicht mit rein.

schwarzes sitzpolster mit aufdruck, ein leopardenkopf und aufschrift "prix du public UBS"

wir bekommen so sitzpolster mit werbung für teilnahme am publikumspreis („die größte jury der welt“ sagen entweder festivalsleitung oder einer der ubs-sponsoren später) und ziehen dann nacheinander noch einmal los, um kaffee und einen kleinen imbiss zu besorgen. es gibt viel zu gucken, der platz füllt sich rasch, mit dem großen versuchen wir die altersmischung zu schätzen, er meint „eher alt“, ich meine „eher jung“. schön angezogene, lächelnde menschen überall jedenfalls. wir hören, wie bei ein paar stühlen die lehnen abbrechen mit lautem knacks, da hat sich wohl jemand zu beherzt angelehnt.

dann gehen die lichter aus, der himmel ist noch nicht ganz dunkel, aber leinwand und film sind sehr gut sichtbar. nach den ersten szenen enttäuschung, die untertitel sind auf italienisch, sooo international sind die dann doch nicht, denke ich. sage dem großen, dass wir jederzeit gehen können, wenn ihn das nicht verstehen nervt, aber der film last dance ist auch so gut und nachvollziehbar verständlich, wir bleiben bis zum schluss.

filmleinwand an der liazza grande in locarno, vor dem film wird das publikum gezeigt

achtung, es folgen spoiler:

germain ist 75 und lebt in glücklicher ehe mit seiner frau lisa, die begeistert bei einem tanzprojekt von la ribot mitmacht, ihm filmchen schickt, viel erzählt. dann stirbt sie, germain wird von seiner familie und nachbarn aufgefangen, bekocht, begleitet, jeder übernimmt eine der rollen, die alle auf einem großen kalender in seiner wohnung farblich markiert werden. ihm ist es etwas zuviel, die vielen speisen bekommt die katze, bald mehrere katzen, weil es sich herumgesprochen hat.

das paar hat sich versprochen, für den anderen dinge zu ende zu bringen, falls eine/r früher gehen muss, er besucht also eine probe von la ribot und fragt, ob er mitmachen darf, findet sich so eher ausversehen in einer mehrmonatigen und sehr intensiven täglichen probezeit wieder, wo er langsam vom „pinguintanz“ (der große) in eine gewisse ausdrucksfähigkeit hineinfindet. er erzählt keinem davon, es gibt einige lustige missverständnisse deswegen, weil er nie zu hause ist und sich alle sorgen machen. der film endet mit der aufführung, die familie im publikum, die aufführung ist uns ein bisschen zu einfach gelöst, andrerseits sieht man die lücke, die seine frau gerissen hat, das passt dann wieder. schöner leichtfüßiger film.

heute beim googeln erst gemerkt, dass ribot eine bekannte choreografin ist, sie hat 2020 einen goldenen löwen für ihr lebenswerk erhalten, und diese art arbeit mit biographischen elementen, dem körper wie er eben ist, mit professionellen und amateurstänzer/innen gleichzeitig auf der bühne, das passt zu ihren konzepten.

wir reden über die raubtiere bei festivals, bär und löwe waren halt vergeben, sind aber auch naheliegender, wie auch die palme für cannes. mal nachforschen, welche bedeutung ein leopard für stadt und gegend (tessin) hat, vielleicht nur die pelze der damen im nahen ascona um die jahrhundertwende? das festival gibt es seit den vierzigern, ich weiß nicht, ob es immer den leopard für den besten film gab.

es ist den ganzen abend schön warm, wir bleiben im t-shirt.

dann durch die stadt zum auto spaziert, um kurz vor mitternacht losgefahren. unterwegs noch fast kein benzin mehr, hat mich gewundert, an einer minitanke mit selbstbedienung noch den tank gefüllt. strasse jetzt fast leer, die dörfer und städte noch voller menschen, es ist august, da arbeitet niemand in italien. um eins ca zu hause.

beim austeigen ohrenbetäubendes grillenzirpen.

#wmdedgt steht für: was machst du eigentlich den ganzen tag?

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nach hause

angekommen, bei fast allen gemeldet, sehr entspanntes zuhausegefühl. heute bei nils minkmar (über draussen nur kännchen) eine beschreibung gefunden, in der ich mich wiederfinde, die ferien in italien sind bei mir jedes jahr eine „rückkehr ins eigentliche leben“. ich merke so eine tiefenentspannung, weil die anpassung an berlin wegfällt, an die stadt, ans komplexe allerlei des alltags. gut, vielleicht ist das einfach „ferien“ und nicht italien, wobei ich das miteinander hier als viel angenehmer und frei von diesem andauerndem subliminalen vergleichen wahrnehme. die leute droppen eher küsschen als namen. niemand fragt, was du denn so machst im leben*, wobei das hier natürlich alle schon wissen, vielleicht ist das auch meine gute bubble am see, und nicht die italienische allgemeinheit, für solche aussagen bin ich eigentlich viel zuwenig hier. und kriege nichtmal mehr eine zeitung! es gibt kaum noch welche zu kaufen, ich habe die repubblica im online-abo, mag aber den spaziergang in die bar am see, mit cappuccio und brioche und zeitung.

*ich hab, wobei das klar nur mein problem ist, ein paar jahre gebraucht, um in deutschland ohne scham über meinen nicht akademischen job reden zu können. neuerdings erzähle ich mit begeisterung und rede eher ein bisschen zu lang, wenn mich jemand fragt, eine wirklich erfreuliche veränderung. in italien hatte ich nie solche gefühle, hier sind jobs und selbstwert nicht so eng ineinander verflochten vielleicht. oder ich bins nur.

ich brauche immer 2,3 tage, bis mein italienisch sich wieder genauso anfühlt wie mein deutsch. ich rede mit leichtem mailänder akzent, den ich allerdings nicht wahrnehmen kann.

noch nicht am strand gewesen, in berlin auch keine neue bademode mehr gekauft, gestern dann bei lektüre eines gesprächs zwischen frau gedankenträger und herrn ix das überraschende gefühl bekommen, zuwenig zu wiegen, weil man mit einem bmi von 27 wohl die beste lebenserwartung hat (auf mastodon), jetzt wieder entspannt mit meinen röllchen.

halt: beim suchen im netz zum thema allerdings einen 9 jahre alten artikel aus dem ärzteblatt gefunden, der zu einem anderen ergebnis kommt: bmi ≥ normalgewicht ist mit höherem sterberisiko verbunden, für männer mehr als für frauen, in einem ärzteblatt-text von 2018 (mit anmeldung, und unangenehmem foto) wird das noch einmal bestätigt.

bei allem der hinweis, dass statistik nur statistik ist, und die lebenswege immer das ergebnis einer vielzahl von bedingungen, geschichten, ereignissen und beziehungen sind, und genen, in krankheit und gesundheit.

schade, hatte mich schon auf mehr pasta und mehr von dem großartigen italienischen käse, vor allem, gefreut, die ich kaum noch esse, weil ich schon immer mit leider extrem wenig kalorien auskomme.

immerhin schleppe ich meine dicken bücher herum, zwei ziegelsteine mitgenommen, den murakami, auf den ich mich richtig freue, und den vuong, den ich als herausforderung empfinde, vor allem wegen des schriftbildes allerdings. die bücher sind so groß, eigentlich brauche ich eine neue handtasche dafür, ausrufezeichen!

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kw 30 2025

upsi, ich wollte doch mehr bloggen. zuviel los, dann ist der tag rum und ich schlafe, dann sind die dinge wieder weg, dann kommt der nächste tag. frage mich, wie die anderen (mek, buddenbohm, kaltmamsell) das hinkriegen neben dem alltag, vermutlich brauchen sie weniger schlaf oder haben mehr disziplin.

heute ist die schwester meiner mutter ebenfalls 90 geworden, sie liegt leider im krankenhaus mit einer art schwächeanfall. meine cousine ist bei ihr, fast die ganze familie checkt ein, fragt, grüßt, 3 generationen, wir sind ein bunter und lauter haufen. sie lebt noch alleine, in stade, der geburtstadt meiner mutter, kennt dort alle und jeden, ist tief verwurzelt in der stadt. ich weiß nicht, wie es jetzt weitergehen wird mit ihr, sie hat zwar hilfe, lässt aber wie ein käptn auf hoher see niemanden an die segel, der nicht alles genau so macht, wie sie es will. sie ist eher resolut vom typ her. drücken sie bitte die daumen.

gestern noch ein geburtstagsgeschenk eingelöst, mit 2 freundinnen ins freiluftkino, ich dachte, wir gucken diesen bob-dylan-film. dann kam eine sehr explizite werbung, junge tänzerin oben ohne und unten fast ohne, tische, männer, ein striplokal, aber es war dann keine werbung, sondern der hauptfilm, in dem eine prostituierte einem reichen berufssohn begegnet, er sie für eine woche kauft, spontan in vegas heiratet, sie sich an den obszönen reichtum gewöhnt, bis der vater des jungen mannes seine gehilfen schickt, um die sache zu beenden, was ihnen natürlich gelingt. ich kannte keine der schauspielerInnen, sie waren alle sehr gut, besonders das gesicht von mikey madison ist als lolita perfekt, eine schöne, glatte maske, fast zu glatt für mimik, bis auf die augen. mochte das nebeneinander des verwöhnten jungen, der immer alles bekommen hat und den sehr klar sehenden zynismus der frau, und wie sich beide dann in kleinen momenten erkennen im biblischen sinne, herz zu herz, beide gleich verloren und verlassen, der freiraum für die absurde hoffnung, dass es doch eine liebe werden könnte, und nicht nur ein kurze berührung in einem geschäft. und wie sie dann beide in ihre rollen zurückkippen, sie hoffnungslos und traurig, er bedröhnt und abwesend, den preis zahlt sie, weil ihr leben danach wieder im club stattfindet, und seins im jet. die clichees kullern da nur so, pretty woman blablubb, sry! ich war halt vollkommen hinterm berg dies jahr, was filme angeht, dabei war anora der gewinnerfilm der oscars. guter film, aber zuviel sex. männer sehen das bestimmt anders. (merke, ich komme mit mehr feminismus aus dem film raus, als ich reingegangen bin)

bin mit frisch überwundener blasenentzündung in decken eingerollt, es ist wolkig, aber bleibt ganz knapp über 20°, sehr feiner abend, die freundinnen nehmen mich seit jahren regelmässig mit ins freiluftkino, es gibt einen tisch, erdnüsse und ein bierchen dazu, mit viel luft und himmel drumherum. nachher radelt man durch den dunklen park wieder nach hause.

heute dann vorfreude auf den urlaub, morgen gehts los. beim packen die versuchung, gitarre, ukulele, das klavier und zeichenzeug mitzunehmen, weil ich ja eventuell in der freien zeit mal wieder etc. beim zeichnen habe ich eine reelle chance, mein job gibt mir gelegenheit dazu, das mit kindern zu machen, hätte fast noch ein lehrbuch gekauft, hoffe, das internet hilft da weiter. ich kann die erste ebene halbwegs, den reproduktiven teil, ein wiedererkennbares tier aufs papier bringen, habe aber keine ahnung, wie ich von da in eine kreative, interessante darstellung kommen kann, oder wie so ein weg vermittelbar ist.

habe nur ein bisschen respekt vor der langen horrorfahrt über deutsche autobahnen, mit all den geisteskranken rasern. die geschwindigkeit ist so ein typisch phantasieloser männerfetisch, passt gut ins land (und ja, am see brauchte ich ein auto, es gibt keinen nahverkehr.)

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jugend reist

der gregor-zwilling fliegt morgen nach amman, für ein praktikum. bin aufgeregt und habe stellvertretendes reisefieber, mein mutterherz flimmert etwas. was ist denn bitte falsch an so einem klassischen praktikum irgendwo im schwäbischen? als angehender ingenieur müsste da doch was zu finden sein! im sächsischen hat er nix gefunden, trotz langer suche, das tiefere westdeutschland ist ihm schlicht nicht eingefallen. wenn ich mich dann kurz konzentriere und die frau casino von früher erinnere, kann ich meine neugierde auf den rest der welt ein bisschen reaktivieren, die vorfreude auf andere kulturen, sprachen, regionen, bevor alles verdeckt wurde durch die mediale flut an informationen, bildern, vorurteilen. die eigene person mit haut und haaren ins andere, fremde, unbekannte bringen und schauen, was passiert. der spass an entdeckungen. drücken sie dem g.-zwilling die daumen auf seinem weg zum weltbürger.

ich war nie im arabischen raum, ich möchte da eigentlich wirklich gerne mal hin, bin träge geworden, fahre immer nur an den see im sommer, dabei geht ja reisen auch ohne viel geld oder zeit, dann ist der impakt viel intensiver, diese klimatisierten großen hotels sind ja auch entfremdung pur von der umgebung. habe frau ziebarth immer dafür bewundert, dass sie überall mal war, „jedes land nur einmal„, mit ihrem kleinen köfferchen, sie hat auch die buddha-statuen in afghanistan sehen können, bevor die taliban sie gesprengt haben. der kleine gregorzwilling macht das nu einfach, bewundere ihn sehr. frage an die kundige leserschaft: soll er seinem kurzzeitchef irgendwas kleines mitbringen, ich dachte an italienische kekse oder taralli oder sowas?

ansonsten habe ich diese maikälte langsam satt, es wird und wird nicht wärmer, besonders, da sie auf die aprilkälte folgt, die ja direkt auf die märzkälte gefolgt ist. ich denke dann an rahmstorfs these, dass es in mitteleuropa ebensogut richtig kalt wie viel zu heiß werden kann, und befürchte schlimmes, bin als absolutes sommerkind einstweilen aber einfach traurig darüber. die klematis verblüht auf dem balkon, ohne dass ich mich abends raussetzen wollte, zu ungemütlich. immer noch wollpullis, mir ist aufgefallen, dass ich sowieso kaum halbwegs elegante tragbare leichte alltagskleidung mehr habe, weil ich über alles einen pullover ziehen muss. meine garderobe ist leider anders als geplant noch nicht ganz geupdated, immerhin nehme ich langsam aber irgendwie unaufhaltsam etwas zu und kann dann zu engen kram einfach direkt entsorgen.

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kw mai 25

versuchsweise eine kleine leselampe für um den hals bestellt, damit ich vorm einschlafen statt handy auch mal wieder ein buch lesen kann, die nachtischlampe macht mehr atmo als licht.

das neue buch von ocean vuong macht den einstieg schwer, der text ist winzig, ein hunderte seiten langer fußnotentext schreckt mich etwas ab. seine sprache ist bildreich, hätte es vielleicht lieber als ebook geholt, um wörter nachsehen zu können beim lesen, das mache ich gern bei den ersten seiten, wenn der lesefluss dann trägt, gibt der umliegende text genug bedeutung ab für die nicht verstandenen wörter, die werden dann mitassimiliert.

zweite seite: „Down our back roads, the potholes are so deep and wide that, days after a summer downpour, minnows dart freely in the green-clear pools.“ ohne google hätte ich nicht gewusst, um welches lebewesen es sich handelt, hatte aber schon etwas lebendiges assoziiert. minnows sind jedenfalls elritzen, die elritze lebt in „klaren sauerstoffreichen gewässern in ufernähe“, ich kenne diese silbrigen kleinen fische, ein bild, dass mich noch eine weile begleitet, überhaupt ein bildreicher einstieg ins leseerlebnis, zuletzt hatte ich etwas ähnliches bei arundhati roys „god of small things“, ich habe aber auch eine schwäche für lebendige landschaftsbeschreibungen. das buch bis jetzt voll mit kleinen glitzernden stellen.

im blog nach dem gott der kleinen dinge gesucht, nix gefunden, bestimmt, weil es ja schon 1997 erschienen ist, ich habs vermutlich vor der bloggerei gelesen. weiß aber noch, wie meine freunde damit nix anfangen konnten, nee, die eine freundin, die bücher für ihr seminarangebot suchte, die fand es uninteressant, und ich zweifelte dann sofort an meiner wahrnehmung, obwohl ich ja wusste, dass eine reise nach indien in den achtzigern mich geöffnet hatte für den text, in den ich jetzt allerdings auch nicht mehr reinkomme. unfassbar, wie die zeit vergeht.

zweite woche in der neuen arbeitststelle verbracht, es ist eine sehr außergewöhnliche grundschule, an der ich gelandet bin, montessori-orientiert, kinder und kollegium so sprühend vor energie, ideen, kreativität und talent, ein sehr lebendiges mobile, wo eins ins andere greift, es abholt, weiterbringt, in bewegung und in beziehung bleibt. ich habe das erste mal in diesem beruf das gefühl, ich könnte da alles von mir einbringen, jeden aspekt, jede minibegabung, die man so entdeckt an sich über die jahrzehnte, meine person als gesamtpaket. sehr aufregend und am anfang etwas anstrengend, ich muss die in den letzten jahren festgetrampelten schutzschichten erstmal ablösen, die scheu überwinden, ins handeln kommen, das wird ein bisschen dauern, aber diese schule ist eine großartige chance. drücken sie mir die daumen bitte.

merke grade, wie ich die fischchen aus dem emperor of gladness, ihr schnelles hin und her, ihre leichtigkeit, als assoziation auch bei den zeilen über die schule noch im kopf hatte. fascinating.

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kw neulich

am tag vor dem 1. mai lustiges supermarkterlebnis, ich konnte wieder lachen, weil ich auf einem diebstahl durch kartenbetrug wohl nicht sitzenbleiben werde, den tag darüber aber verloren habe, deshalb zu spät doch noch einkäufe für muttern und mich, und es war wie beim minigolfen mit lauter großfamilien, alles rannte komplett ziellos durcheinander, im kreis, hin und her, viele mittelalte männer, die in den gängen stehenbleiben und laut äähm sagen, große gruppen teenager, die sich aneinander festhalten und dann dramatisch innehalten, weil sie gummibärchen wollen. allgemein besonders viel herumgeirre in diesem besonders labyrinthisch angelegten rewe in der kulturbrauerei, in den ich selten gehe, weil es keine fahrradparkplätze gibt und ich mich dauernd verlaufe in dem doofen durcheinander an versperrten durchgängen und fehlender sardellenpaste.

(eine woche später habe ich mein geld immer noch nicht wieder, die reiseagentur, bei dem der/die betrügerIn es ausgegeben hat, kriegt die rückbuchung nicht auf die reihe, es könnte noch „tage oder wochen“ dauern, bis sie das hinbekommen, so schreiben sie. werde die bis dahin anlaufenden dreistelligen dispozinsen dann auch ihnen aufbürden. echt, wie schwer kann das sein?)

zwischendrin ideen, vielleicht doch nicht ewig in berlin zu bleiben. die stadt hat sich ein bisschen abgenutzt über die jahrzehnte. vielleicht nach bayern? oder in den freiburger raum? möbel und bücher hier lassen, einfach losziehen, der freundeskreis ist eh seit jahren mobiler als ich, lebt paar jahre hier, paar jahre dort, meistens woanders jedenfalls. ich bin ungebunden.

oder endlich ans meer.

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konzert im pianosalon am 28. april ’25

es gibt ja so punkte auf der bucketlist, die tauchen vor ihrer erledigung gar nicht auf, ich hab die chance ergriffen und hab einen platz in der zweiten reihe ergattert, und sass vielleicht 2, 3m von der bühne entfernt, auf der júlia pusker und julien quentin ihr konzert gaben, mit stücken von brahms, bartok und franck, gespielt auf einer stradivari und einem bösendorfer flügel.

blick auf die bühne im pianosalon christophori, man sieht einen flügel im vordergrund und ein paar andere im hintergrund
blick auf die bühne im piano salon

so schlecht kann es um die menschheit gar nicht bestellt sein, wenn ein instrumentenbauer vor fast 300 jahren ein paar geigen baut, die noch heute klingen wie am ersten tag, oder besser? absolut herrlich, ich kanns nicht anders beschreiben, tief, voll, eine klangdichte, dabei fein und glasklar in den hohen lagen. die geigerin ist sehr vertraut mit dem instrument, sie trägt es in einer hand, hält sie nur oben an den wirbeln oder unten am ende, ich hab etwas angst bekommen, dass sie sie fallen lässt oder gegen den flügel schlägt damit, mochte aber das selbstverständnis: die geige wird gespielt, es ist ein instrument. sie spielt virtuos, fehlerlos, mit einer intensität, dass ihr die haare vom bogen reissen. zum glück gab es als zugabe noch ein andante von bela bartok, da konnte ich den körper der geige mal hören, mir ist ja das sportlich virtuose nicht mehr so wichtig. ich mochte die zugaben fast lieber hören als die stücke im konzert, wobei „lieber“ jetzt kein urteil sein soll, das konzert war sehr aufregend und abenteuerlich beim zuhören, mit diesen minimomenten der fassungslosigkeit, das sekundentiefe verständnis von allem, was musik sein kann. der pianist kongenial dabei, den möchte ich auch noch mal als solist hören, in der kammermusikreihe musica litoralis spielt er im quartett nochmal am 1. juli, ebenfalls im pianosalon christophori.

(er nutzt ein gerät zum notenlesen, das ist einmal hängengeblieben und die beiden mussten neu ansetzen, „never happened before“, sagt er am ende zu pusker, es könnte ein großes ipad gewesen sein.)

beim heimradeln immer noch nicht ganz wieder in der welt gewesen, hauptsächlich dankbarkeit verspürt.

es gibt noch 282 stradivaris auf der welt, die englischsprachige wikipedia spricht von 450 bis 512, diese heißt massart und ist von 1714, die geigen gehen über die jahrhunderte von hand zu hand, die meisten sind leihgaben, die massart wurde von ihrem besitzer györgy pauk an pusker verliehen, von lehrer zu schülerin.

es gibt viele theorien über die gründe für den großartigen klang, unter anderem soll eine sog. kleine eiszeit dazu beigetragen haben, dass das holz eine höhere dichte aufweist als in den jahren danach und davor, stradivari hat das holz eventuelle mit borax behandelt (gegen holzwürmer), oder es liegt an der lackierung, vielleicht beeinflussen über die jahrhunderte ja auch die spielenden, die endnutzer, den klang? mit vielen teils sehr lustigen methoden wird versucht, die qualität der geigen zu reproduzieren, ich mochte die idee eines schweizers, einfach ein stück knetmasse am steg zu befestigen, um irgendein gewicht zu verändern.

es gibt wohl auch einen bias bei der wahrnehmung, bei einem blindversuch mit 4 verschiedenen geigen wurde die stradivari nicht verlässlich erkannt. ich weiß nicht, ob ich sie erkannt hätte, vermutlich deutlich nicht, ich habe jedenfalls die außergewöhnlich excellenz des instruments erkannt als ein extra, neben der excellenz der geigerin, es war eine vierte dimension des hörens.

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ostertage 2025

den letzten tag im alten job gehabt, wirklich wunderbar verabschiedet worden, von der gruppe, in der ich war, und von den anderen kolleg*innen. sie sind mit einem großen pott blumen vorbeigekommen, alle zusammen, ich bekam eine grußkarte mit einem leopardi-zitat und einen theatergutschein. fühlte mich gesehen und gewertschätzt. hab nicht damit gerechnet und mich sehr gefreut.

am samstag nach ihrem geburtstag kommen die zwillis und der große, der mit den beiden gefeiert hat. wohnung schön gemacht, osterstrauss erst am samstag geschmückt, wie es sich gehört. den zwillis ihre geschenke gegeben, darunter das buch von mek, es war nicht leicht, das rechtzeitig zu bekommen, weil die post eine sendung verloren hat. den jungs eine vegetarische lasagna gemacht, die im nu weg war, zweiter gang danach brote und dinge aus dem zum glück sehr vollen kühlschrank, habe den kaloriendurchlauf der söhne irgendwie nicht mehr im kopf.

mit den jungs auf dem sofa, einen film gucken. einer wird krank und hat sich seine matratze geholt, wir drei essen kekse, nüsse und kommentieren den film. mir ist er zu laut, wegen den hörgeräten, ich versuche, mit der app alles besser einzustellen und finde dabei eine art richtigen equalizer, am ende knirscht das parkett beim drüberlaufen so laut, dass ich mich erschrecke und mich überempfindlich fühle. über wahrnehmung nachgedacht, welchen bruchteil von allem bekommen wir mit, was ist mit dem rest? das tosen der welt. ich versuche, in meinen tinnitus hineinzugehen, welche frequenzen hat er, gibt es neben dem pulsschlag noch andere rhythmen darin, kann ich ihn visualisieren? er ist ein kleines eisgedicht vorm horizont, linien in einem frei schwebenden verhältnis zueinander, unverrückbar vorhanden in allem, was ich höre.

am sonntag dann schönes osterfrühstück. mit leckerer colomba, aus dem laden, ich kann keine hefe. nachmittags nonnabesuch, ich lasse david fahren, er und ich dabei nur ein bisschen aufgeregt, sie müssen ja üben, die jungs. sie freut sich sehr, wir gehen mit ihr einmal durchs karree in ihrem seniorenheim, sie macht sogar ein paar witze, wie der große bemerkt, und geht mit ihrem rollator langsam, aber sicher durch den park. 90 jahre sind 90 jahre. sie fragt ab, was die jungs machen, recht genau, sie ist wirklich beneidenswert fit, auf dem gruppenfoto sieht sie sehr klein aus. ich halte es inzwischen für durchaus möglich, dass sie länger lebt als ich. abends gibts quiche und salat, danach sind die kids satter als nach der lasagna.

gestern dann noch das konzert von julian lage (mit jorge roeder am bass und dave king am schlagzeug), mich dabei unangenehm alt gefühlt. die anfahrt mit der bvg war grotesk, dauerndes umsteigen wegen pendelverkehr, warten, dann andere strecke genommen, am ende eine halbe stunde länger gebraucht als erwartet, das geht eigentlich noch bei berliner verhältnissen. konzert im metropol dann ohne stühle, also halbe stunde vorher stehen in der schlange, dann halbe stunde vorm beginn stehen, dann 2h im konzert stehen, gemerkt, dass mir das keinen spass mehr macht. das metropol arbeitet wohl mit dem gretchen zusammen, da hab ich ja das letzte konzert gesehen und mich auch schon über das setting geärgert, andrerseits toll, dass eine agentur so hochkarätige und eher spezielle musiker aufnimmt und ihnen konzerte organisiert. schlechte luft im raum, kurz vorne an eine säule gesetzt. der zauber war irgendwie gebrochen, hab ich betrauert, fand die stücke eher leistungsorientiert, also schnellste läufe, freie impros, zu wenig von dem, was mich so glücklich gemacht hat bei den ersten konzerten, zu wenig magie, sie haben wenig zusammengespielt, die passagen sind auseinandergefallen, es war mehr hinter- als miteinander sozusagen. das rockstarsetting ist schwierig für diese art musik, aber das publikum war mehrheitlich jung, viele musikstudis, denke ich, erst heute fällt mir auf, wie altmodisch meine wahrnehmung ist, berlin hat einfach ein riesiges publikum für jazz, und lage ist ein star inzwischen, lieblingsstücke wie nocturne werden nach den ersten tönen bejubelt, das war sehr nice. freue mich, von anfang an dabei gewesen zu sein, eventuell habe ich das stück schon kurz vor der veröffentlichung gehört, 2016 in mailand, auf meinem ersten konzert von lage.

heimfahrt andere strecke, ein sehr bleicher junger mann kotzt mir vor die füße, umgesetzt. in der tram ein paar, dass im konzert direkt vor mir stand, ich erinnere sie auch von anderen abenden mit lage, beim aussteigen gesagt, dass ich die konzerte immer wieder auf völlig andere weise toll finde, aber da hab ich eher einen wunsch geäußert, so hätte ich es gern gehabt, jetzt bisschen verkatert, weil das eventuell mein letztes lage-konzert war, zumindest mein letztes ohne sitzplätze.

das war ein sehr intensives wochendende, kurz vorher beim planen gemerkt, dass ostern genauso gut gefüllt ist wie die weihnachtszeit, verabredungen mit freunden wieder abgesagt. natale con i tuoi, pasqua con chi vuoi (etwa: weihnachten mit der familie, ostern mit wem du willst) gilt bei uns auch, ein geschenk, wenn die söhne dann alle kommen.

die zwillis sind schon gestern abgereist, heut früh noch mit dem großen gefrühstückt, er ist jetzt auch wieder auf dem heimweg. seufz.

(mein fantum: märz 2016 im bluenote in mailand, april 2018 im zig zag club in berlin, august 2018 in empoli, november 2019 in der tonne in dresden, april 2024 im gretchen in berlin, und gestern im metropol. 6 konzerte über verdammt noch mal 9 jahre, es gibt niemanden, den ich so oft live gesehen habe.)

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dingliches

wie viele berliner*innen stecke ich grade in der anfallsweisen entsorgungs- und aufräumaktion zum start der neuen saison. kleider, die ich nicht verkaufen werde, sondern einfach in die kleidertonne werfe, weil das mit dem verkaufen ja doch nix wird, und es ist ja berlin, da gibt es überall klamotten umsonst. nagut, bis auf die joop- oder burberry-blusen, die verschenke ich lieber direkt. eigentlich hat von allen alten dingen nur der kasten mit der coboro- murmelbahn, den ich auch ganz hinten in der kammer wiedergefunden habe, seinen den wert erhalten oder sogar steigern können, die murmelbahn wird aber auch noch genau so verkauft. merke den generationenwechsel am sinkenden wert all der dinge, die vor nicht einmal 20 jahren noch wertvoll oder sogar kostbar waren, wie diese sasha-puppen aus meiner kindheit, oder wie die eine leica-kompakt kamera, die ich auch gefunden habe, es ist alles nur für knapp übern hunni irgendwo im netz zu verscheuern. nicht geschafft, die puppen zu entsorgen, weil ich ja vielleicht doch einmal großmutter, usw. usw., no pressure, sagt gregorzwillling, und die kamera will der davidzwilling, also filme ge- statt kamera verkauft, denn der markt kennt eh keine gnade und nein, auch für biedermeier-möbel ist es vorbei, das wird sich nicht mehr zurückdrehen lassen, seien wir ehrlich. der zirkus ist weiter gezogen. dann in der langen schlange vor der einfahrt der entsorgungstelle gestanden, die besteht allerdings unabhängig von jahreszeiten. (nein, ich habe keine biedermeiermöbel weggeschmissen, natürlich nicht.)

neben der murmelbahn und den puppen auch eine weinkiste mit schleichtieren und matchbox-autos behalten, jahrelang besuchspielzeug für freundinnen mit kleineren kindern, aber all diese kinder sind inzwischen ebenfalls lange aus dem haus. eine schwere kiste mit holzbausteinen steht auch noch herum, fällt mir ein. es ist verrückt, wie schnell die zeit vergeht.

ich bin müde dieses jahr, nur ganz langsam macht der frühling den alltag wieder etwas leichter. zu wenig sport gemacht vielleicht, ich bin aus dem training. letzte tage im alten job, den ich nicht vermissen werde, mit den netten kolleginnen bleibe ich ja in kontakt, dann etwas urlaub in der stadt, die auch überall wieder lebendig wird, schön gekleidete menschen, klackerschuhe! statt winterstiefel, hurra. mehr schlendern als eilen, flanieren mit schönem mantel und geraden schritten, wie gestern frau wortlaute, mit der ich spazierengegangen bin. viel mehr fahrräder leider, da genieße ich die leere im winter, jetzt wird wieder gedrängelt, zu eng überholt, mit lastenrädern der radweg blockiert, und so weiter.

sehr schön: zur zeit mal wieder einen gasthund im haus, ein scheues und zurückhaltendes exemplar. inzwischen kommt sie hallo sagen und lässt sich den hals kraulen, das ist sehr nett. ich hatte ja immer den plan, spätestens in ein paar jahren wieder einen hund ins haus zu holen, aber einer der söhne hat eine allergie entwickelt, da werde ich mir was einfallen lassen müssen, die jungs sollen ja immer und ohne eine minute planung nach hause kommen können. vielleicht kann ich die hundeliebe generalisieren, also auf die persönliche beziehung verzichten und hunde von anderen ausführen? da würde wenig übrig bleiben, fürchte ich, ich möchte einen hund ja auch gegen das alleinsein, als familienmitglied. naja, es wird sich was ergeben. der sohn ist da zum glück auch tiefenentspannt, ein wochenende hat er mit dem gasthund schon ohne niesen überstanden.

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springweg brennt

heut nachmittag hab ich mich auf den balkon in die sonne gesetzt, um meks buch anzufangen, springweg brennt, und dann ging es mir so wie den anderen leser*innen: plötzlich war es ein paar stunden später und das buch ist zu ende, es liest sich sozusagen von selber. ist mir schon lange nicht mehr passiert. beim lesen sofort wieder in dieser zeit gewesen, als alles noch so offen war, das leben, die wege, entscheidungen, jetzt sind meine kinder gerade noch in dieser lebensphase, und ich bin mek wirklich dankbar dafür, dass ich dem modus, dieser unmittelbarkeit der jugend mal wieder näher bin.

im buch wird ein altes haus in utrecht besetzt, mek und seine truppe gehören dabei schon zu einer art von profis, es gibt bestimmte abläufe beim besetzen, dann beginnt eine art rollenspiel mit der stadtverwaltung, wo jede seite abwechselnd schritte macht, wie bei einem gesellschaftstanz. die gespräche, die verschiedenen persönlichkeiten, wie entscheidungen mal getroffen werden und mal einfach passieren, die totale offenheit von situationen, es liest sich sehr lebensnah und hat einen intensiven zeitreiseneffekt. und oft ist es lustig, wie die hausbesetzer ihre strasse vor der räumung an beiden enden mit sofas abriegeln, so schön, und dann kam berta, aber das solltet ihr selber lesen. und es gibt überraschend viele hunde im buch!

beim lesen gleich gedacht, das wär ein würdiges ende auch für mein riesiges altes sofa, die jungs wollen es immer loswerden, aber ich sitze halt noch drauf.

mir waren hausbesetzer*innen lange zeit ewas unheimlich, so piratenartig, sie nehmen sich halt, was sie brauchen. in mailand gibt es das leoncavallo, von dem mek auch schreibt, da war ich in den frühen achtzigern auf demos und konzerten, ich hab mich aber eher als solidarische touristin gefühlt, nicht als teil der leute, hab mich nicht getraut, auf den diskussionsrunden zb zum thema feminismus was zu sagen, bin aber hingegangen. das leoncavallo gibt es noch, es steht schon wieder vor einer räumung, die am 15. mai stattfinden soll, irre. ich war ja immer mehr in der bürgerlichen ecke zuhause, und die besetzten häuser waren jenseits der grenze, also die gründe dafür waren alle richtig und nachvollziehbar, aber der weg war mir zu kämpferisch, vielleicht, weil die häuser immer nur kurz vor oder nach den räumungen in meiner wahrnehmung auftauchten. dann sind freunde von mir in welche einzogen, dann war es normalisiert, der jetzt tote freund martin hat eine zeitlang in der rigaer str. gewohnt, weiß gar nicht, ob es das haus da noch gibt.

jedenfalls. lest das.

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20 jahre hotelmama

worte, worte, worte. unfassbar viel text, mein blog wird am 1. april 20. als frisch alleinerziehende habe ich damals irgendeinen ort für mein glück gebraucht, und es war wahnsinig aufregend, einfach texte ins netz stellen zu können, ohne schwellen, ohne schwierigkeiten, in einem rutsch in die welt, press pubblish and go, das funktioniert für mich 2025 immer noch. inzwischen sind die kinder schon ein paar jahre ausgezogen und in ihren eigenen leben, aber die bloggerei ist für leute wie mich immer noch der schönste weg, text zu veröffentlichen. es gab ja damals eine richtige bloggerszene in berlin, mit treffen und parties, ich hab freunde und liebhaber gefunden, die liebsten davon sehe ich immer noch regelmässig. ihr leser und leserinnen seid meine bezugsgruppe, on- und offline. danke.

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ab jetzt abendrot

tiefblauer himmel, man sieht oben in der mitte einen winzigen roten kinderdrachen fliegen
blauer himmel mit kleinem roten drachen

ich war immer tiefblau, ozeanblau, ultramarin, bodenlos mit den paar pixeln bianchigrün dazwischen. das meer in allen schattierungen, der himmel, wenn er mal wie heute strahlend und voller licht ist, kobaltblau und lapislazuli, wenn es abend wird. wenn man die augen schließt und die sonne brennt, ein paar momente, bevor alles wegfließt, einfach nur die glorreiche sommerhitze, das gleissende meer, das kindheitsglück, wenn der himmel weit und der sommer endlos ist.

oben diesiger himmer, darunter hellblauer pazifik, im unteren drittel sieht man die schwanzflosse eines wals aus dem wasser schlagen. whalewatching 2012 vor monterey
whalewatching 2012, vor monterey

der strand zu heiß für nackte füße, also flipflops. und dann, ausrufezeichen, habe ich mir heute eine rote brille gekauft, obwohl ich auch diverse blaue probiert habe, eine war voll die frau-casino-farbe, durchsichtig wie flusswasser, oder eine mit leichtem türkisem glitzerdingens, aber nein, erst bei der roten war es ein klares ja. neulich habe ich schon eine korallenrote handyhülle gekauft, und einen roten pullover, ich erwäge sogar, meine roten lederstiefel mal wieder anzuziehen. ist das auch das alter? der farbwandel fühlt sich elementar und grundlegend an, wie ein abschied, also nicht nur gut. nur noch 80% sehkraft, sagt die optikerin.

ich schaffe das meer nicht, komme nicht hin, klebe hoffnungslos im grauen berlingetriebe fest, und kleide mich jetzt als rote ampel, vor sich hin blinkend, ein roter punkt im farbchaos der großstadt. die alten brillen weggeworfen.

blick von oben auf ein felsiges küstenstück am highway 1 in californien, man sieht gischt, aus dem wasser ragen schwarze felsstücke
bucht am highway 1

bevor alles den bach runter geht, lieber noch schnell für 1 euro ein haus am meer kaufen, echt, das war so knapp heute.

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circle games

mir ist ja neuerdings schwindelig, es fing eines morgens an, ich setzte mich im bett auf und kippte sofort und sehr überraschend wieder um, danach merkte ich, wie sich die wand vor meinen augen drehte, und in meinem kopf drehte es sich auch. nach ein paar sekunden ließ es nach. die hausärztin hat dann so tests gemacht, um einen schlaganfall auszuschließen (lächeln, beide arme ausgestreckt halten mit zuen augen), der hno-arzt, bei dem ich sowieso einen termin hatte, ließ mich den oberkörper so nach hinten und zur seite kippen, wovon mir sehr schwindelig wurde, was er an meinen augenbewegungen sehen konnte, weil das gehirn versucht, die welt wieder einzufangen. fand ich spannend. er meinte lagerungsschwindel rechts, weil die hausärztin ja den schlaganfall ausgeschlossen hat. es nervt ziemlich, besonders beim yoga, wenn es mich bei positionswechseln des oberkörpers/des kopfes aus dem gleichgewicht bringt oder direkt umwirft. in die knie gehen statt bücken geht auch nur bis zu einem gewissen grad, weil meine knie nicht mehr richtig knickbar sind. außerdem termin für ein hörgerät, bei fielmann, die machen sowas auch. habe beim altwerden die nächste stufe erreicht und nehme alles mit.

weiteren behandlungsansatz für typ einser im netz gefunden, von sernova biotherapeutics, da werden so kleine röhrchen implantiert, die sollen erst ins bauchgewebe einwachsen, dann kann man dort insulinzellen reinsetzen. die info hab ich über einen diabetes-vlogger, war mit fotos bebildert, (triggerwarnung: größere bauchwunden) fand ich weniger attraktiv als die methode von sana biotechnicals, habe aber dennoch aktien gekauft, 300 stück für unter 40€, ein kleiner preis für hoffnung.

außerdem nach vorbild von frau herzbruch, deren haltung angesichts der umstände absolut bewundernswert ist, mit dem regeln der verhältnisse begonnen, überschreibung der wohnung an die jungs scheitert noch an den notarkosten, darauf werde ich als nächstes sparen.

gemerkt, dass der heut früh gepostete klassiker durchaus auch anders gehört werden kann, weil „don’t critizise, what you don’t understand“ durchaus auch von den weltzerstörern in den usa gesagt werden könnte. es gibt noch keine songs, die das beschreiben.

(circle game ist ja eigentlich der titel eines anderen alten songs)

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