blixa bargeld und teho teardo in der volksbühne

Blixa Bargeld, Volksbühne, 6.6.16
foto: gaga nielsen

blixa bargeld und teho teardo in der volksbühne gesehen, die songs fast alle auf italienisch! sehr schön. ein mann, eine stimme. und seine kleine tochter vor mir in der ersten reihe, schaukelt hin und her, und wartet auf ihr lied.

im publikum die ganzen westberliner expunks, viele alte tattoos, viele italiener, wenig bekannte gesichter, neben eins hätte ich mich fast gesetzt, aber der platz war nicht frei. die stimmung vorher ein bisschen aufgeregt.

Teho Teardo, Volksbühne, 6.6.16
foto: gaga nielsen

die texte lakonisch und klar, so an der welt entlang, die begleitung durch teardo passt dazu, nimmt sich zurück, ist repetitiv bis monoton in der linienführung, es klingt aber nach einer entscheidung, als wäre alles andere schon gesagt oder gespielt. da stehen sie jetzt und können (da stehen sie jetzt und können anders, hätt ich fast) tun und lassen, was sie wollen.

Blixa Bargeld, VOlksbühne, 6.6.16
foto: gaga nielsen

musste an frühe blogs denken, natürlich, das ist ja mein liebster referenzrahmen für dies art text, denke, so könnte man auch ein paar der alten blogger vertonen (kann man das eigentlich noch nachlesen irgendwo? es ist alles weg.). klare sätze, wenig adjektive, unprätentiös, dabei trotzdem bischen elegisch, durch bargelds stimme und die vielen ausrufezeichen in teardos begleitung, der text ist nur ein element im konzept, ton, stimme und diese berliner juninacht tun genauso viel dazu. der mit zurückhaltendem drama  gesungene einfache satz – der mit nachdruck gesagte einfache satz – na, mir fehlt noch das richige bild. bei mir funktioniert das sofort, weil ich die ganzen szenen und momente wiedererkenne, die pioppi vor einem italienischen haus, von denen bargeld singt, die gegend hinter dem bahnhof in rom, die er beschreibt in seinem glitzeranzug. wie gut er italienisch spricht, auf der bühne mit weniger akzent als in den videos. er bleibt warm und bisschen ironisch-verspielt, mit seiner großen stimme, die jederzeit auch ganz anders könnte, wütend werden kann, ein raubtierorgan, mit dem er krieg oder frieden herbeibrüllen kann. drei zugaben, die mittlere für seine tochter, gesungen wie ein kinderlied, unbekümmert romantisch, over and over. und wie er zu ihr hinsieht beim singen, mit einem wirklich schönen lächeln.

Blixa Bargeld, Volksbühne, 6.6.16
foto: gaga nielsen

im hintergrund vier streicher live dabei, die waren beim spielen auch publikum, anfangs bisschen fremd, wie eine bestellte hochzeitsband, dann haben sie sich gewundert und gefreut beim spielen. die beiden hatten außerdem ein schwarzes cello mit einer cellistin (namen vergessen), ihr ganzer fankreis im publikum, und eine veritable baßklarinette auf der bühne. mehr jazz gucken muss ich.

gaga, krieg ich dafür wieder ein bild? (gaga verdanke ich den abend und einen platz in der zweiten reihe. sie kann sowas.)

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weiter mit musik

ein zwilling hat seine gitarre neu entdeckt, 4, 5 mal am tag schliesst er seine zimmertür und spielt. er möchte neue literatur, „mit songs, die man richtig singen kann“, er übt läufe, nutzt youtube, ich soll nicht zuhören, aber er spielt richtig gut inzwischen. die gitarre soll unbedingt mit in die sommerferien. er ist über den berg, das spielen ist bei ihm angekommen. bei den klavierkindern ist es ähnlich, nur der grosse ist noch ein bisschen im limbo, er saust fehlerreich über die tasten, will aber keinen unterricht mehr und macht eher wettläufe als musik, der klavierzwilling spielt am liebsten filmmusik und vergisst darüber die zeit, flucht über die auszüge, die es gibt und will bessere, und erfindet manchmal so vor sich hin. schöner moment, mit den instrumenten, obwohl es ja ein entwicklungsschritt des kindes ist, aber ich hab sie auf dem weg gehalten, freu mich mit. die zwillis haben allerdings auch wunderbare lehrer, ohne wär nix davon möglich gewesen, cormelia maaz und tobias schmidt.

habe die instrumente anfangs einfach gesetzt, so normal und selbstverständlich wie sport oder gemüse, hab ihnen gesagt, sie müssten noch ein paar jahre weitermachen, wenn sie zwischendrin mal keine lust mehr hatten, und sie ans üben erinnert, mich bemüht, keine große sache daraus zu machen. sie haben allerdings auch nie ernsthaft protestiert. sie sind normal begabt, nicht drüber und nicht drunter, sie sind inzwischen viel besser geworden, aber nicht so gut wie kinder, die jeden tag eine stunde üben. ich habe im vorteeniealter so eine 15 minuten- regel als praktikabel erlebt, das geht ohne stress, sie spielen oft länger, ohne es zu merken. nicht immer. bei einer stunde müsste man bei gymnasiasten schon vor dem aufstehen anfangen. (es ist wie das fahrrad- oder autofahren: können sollte man es, tun muß man es nicht.)

 

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known as prince

unfassbar. der mann, der in sekunden zehntausende in seinen bann holen konnte, mit links hinten und drei riffs. „auf einer skala von eins bis zehn, wie traurig bist du?“ fragt der große. bei bowie hat er das nicht gefragt, aber er war halt schon mal auf einem konzert von prince. „15“ sage ich. weiss gar nicht genau wieso, prince war der helle teil von gestern, das starke, schnelle, perfekt inszenierte, kraft und irgendwie nur musik, das herz davon. das glitzern der achtziger, die gute seite davon. trauer ist es natürlich auch, aber es ist wut dabei, und so eine taube benommenheit. so verdammt jung und schön und stark. er wird sehr fehlen und war einzigartig. ach, ach.

der new yorker sammelt stimmen. gleich die erste, von amanda petrusich, ist sehr wunderbar: “The song’s opening lyric is preceded by an ecstatic “Oooh!” that contains, as far as I can tell, everything there is to know about the deeply hysterical moment in which a person suddenly recognizes that—oh, God—he or she is really done for.“

die letzten platten waren für mich, but who am i, schwierig zu hören, fand sie eher privat, selbstgespräche eines genies. immer gedacht, das er seinen master noch nicht gefunden hat, sein thema, außer dem strahlenden love&sex natürlich, und der musik als reine nackte lebensenergie. immer die genuine neugierde, weil ich nie wusste, was da kommt. so traurig, dass er aufgehört hat – keinen punkt setzen wollen, nicht hinter prince

konzert 2010

und prince mit tante ursel.

the day prince's guitar wept the loudest

podcast: making guitars for prince

 

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15, murmeln

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65 muffins, aber nur einen kuchen für den 15. zwillingsgeburtstag. alle zufrieden. so große jungs, aber sie strahlen noch wie babies, wenn sie sich freuen. sie bekommen seit immer zwei tischchen in den flur gestellt, eins mit kuchen, eins mit geschenken. dies jahr zum ersten mal gemerkt, dass sie da seit vermutlich 10 jahren rausgewachsen sind, und ebensogut einen fein gedeckten esstisch mit tischdecke drunter würdigen können. rituale machen blind. mehr als 30 kerzen passen nicht auf einen kuchen, ob sie wieder zwei bekommen ab 16?

das hier gelesen, oh boy gedacht.

Bildschirmfoto 2016-04-18 um 11.22.04neue, mich total überraschende habenwollenliebe. ich habe murmeln immer geliebt, mit den kids cuboro gespielt, bis sie nur noch mir zuliebe mitgemacht haben. jahrelang immer eine murmel in der hosentasche gehabt. am sonntag auf fb ein filmchen über kunstmurmeln gesehen, kleine universen, farbenprächtige winzige welten, auf zwei bis fünf zentimetern. gleich mitgeboten, nix gewonnen, die dinger sind sehr übertrieben teuer. mama! haben die kinder gesagt, das sind nur murmeln, das ist doch blödsinn! sie haben recht, vom ökonomischen standpunkt her, aber nicht vom künstlerischen, weil so eine vollkommen sinnfreie schönheit keine verankerung in der verhältnismäßigkeit benötigt. sie darf einfach sein. not? murmel pour le murmel.

 

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… /hamlet

wir sassen in der ersten reihe, auf dem orchestergraben, die bühne ragte neben uns noch anderthalb meter weiter in den raum. wir haben von schräg unten auf die szene sehen können, mit bester sicht auf alles, was es zu sehen gab. sehr intensiv. christopher nell ist einer der ganz grossen, oder wird es werden, er hat eine rasante vielseitigkeit, kann aber auch mal gleichzeitig wütend, traurig und hoffnungsvoll wirken, und eine sekunde später im diskant singend herumhüpfen, oder blitzschnell einen schmerz ironisch aufbrechen, um sofort danach wieder in ihn einzutauchen. virtuos, irisierend. er ist zu uns runter gesprungen in einer szene, nach dem polonius von ihm ausgeweidet wurde, frau ziebarth blieb gebührend todernst, der grosse und ich haben die gesichter unwillkührlich in ein grinsen verziehen müssen, vor schreck. das theater hatte in den vorderen reihen decken verteilt, gegen das theaterblut, der grosse hatte die decke hoch über seine helle hose gezogen, die gedärme sahen allerdings auch sehr echt aus. hamlet hat dem grossen die schutzdecke über den kopf gezogen, weil er gelacht hat, so frau ziebarth später, für mich wars eher ein kommentar: du willst das blut nicht? dann kriegst du gar nichts. alles oder nichts. ich hätte auch das blut genommen, habe aber später nur ein paar tropfen wasser und schweiss abgekriegt.

hamlet und nell sind zusammen wirklich mehr als eben figur und schauspieler, ich hab an seinen lippen gehangen und konnte auch die haußmannsche kunstfertigkeit vergessen, die bei den anderen acteuren sichtbar blieb, zb das perfekte schnellrednertum von hamlets vater, gespielt von roman kaminski, das trampelige/ hilflose der gertrude, gespielt von traude hoess, beide super, ihr spiel blieb aber eingeschlossen in diese künstlerischen entscheidungen des regisseurs, durfte kein eigenleben entwickeln, während nell all das hinter sich liess und wirklich lebendig geworden ist, sein agieren nicht mehr trennbar in haußmann, shakespeare oder BE. hamlet war lebendig. gut, es war ein tick mehr nell als hamlet zu sehen, bestimmt gewollt, es wurde um nell herum inszeniert, die anderen haben da weniger zu melden. meh, muss ich noch klarer ausdrücken. eine echte neue lebensform da auf der bühne, oder eben: theater. das mehrdimensionale und zerrissene vom hamlet wird nells begabung gerecht, würde ihn trotzdem gern mal in einer ernsten rolle sehen, wo also all seine fähigkeiten sich mehr zu einer einzelnen stimme vereinen könnten/müssten. geht hin, es lohnt sich sehr. next time: noch nicht bekannt.

 

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eins null

twoday

10 jahre hotelmama, wer hätte das gedacht. vielen dank fürs lesen und kommentieren und verlinken, für die freundschaft und für die drinks!

ein paar gute texte sind dabei, vielleicht kommen auch noch ein paar, ich bleib dran und mache einfach immer weiter. bloggen ist die perfekte form der öffentlicheit für solche wie mich.

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valentines

großer sohn hat erstes valentinsdate seines lebens, mit seiner freundin, sie gehen schlittschuhlaufen, nachmittags, und danach „mal sehen, weiß ich nicht“. er fragt mich, ob er sie einladen soll oder nicht, sie wünscht sich eine weiße rose, glaubt er, weil sie so nebenbei mal erzählt hat, wie sehr sie weisse rosen mag, „und das ist doch ein hinweis, oder?“ er versucht, es zu verbergen, aber er leuchtet ein bisschen, so in den mundwinkeln und im blick, ich bin still, was mich einiges kostet, vor allem wünsche ich mir, dass er nichts vergisst von all dem. er sammelt noch keine momente wie wir großen, es ist alles sehr undramatisch und auf eine geschützte art normal, keine erfahrungen und keine ängste, blanko, und sie wissen ja noch nicht, was wichtig werden wird von dem, was sie erleben. es macht ihm sorgen, worüber sie reden sollen, wenn es mal eine pause gibt, das beschäftigt ihn am meisten. es scheint, als ob die tvshows, das internet und das gerede genauso aussen vor bleiben wie die phantasien der erwachsenen, ich denke, also so von meiner position persönlicher ahnungslosigkeit, wenn sie mit ihren special ones allein sind, dann ist der raum gut gefüllt mit gegenwart und synchronizität, da passt kein gerede dazwischen.

abends rufen der reihe nach seine freunde an und wollen ihn sprechen, aber ich weiss nicht, wo er ist, ob bei ihr oder bei seinem vater, er hat sich bei meinen nachfragen vorher aus der antwort rausgehmmst.

ich selber hatte die zweitbeste art verabredung an so einem tag (es ist so einer, weil er einen daran erinnert, ob man will oder nicht), mit meiner besten freundin, es ist kaum ein wort über männer gefallen, vielleicht ein paar lakonismen in nebensätzen.

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kitchensurfing

„du wirst bekocht“ stand in der einladung, und die bitte, einen guten wein mitzubringen. zuhause bei der kekstesterin habe ich mich dann nicht nur über die anderen gäste gefreut, sondern auch auf das sehr, sehr große und dunkelrot-saftige stück entrecôte vom irischen rind, dass da auf ihrem küchenbrett lag, untern den händen eines freundlichen koches, den ich nicht kannte, ein weiterer gast, dachte ich, der das kochen übernehmen würde. gutes fleisch, mit feinen, weißen fettadern, der koch säbelte mit einem großen messer dicke streifen davon ab. hmmm. es sah nach einem richtigen essen aus, eine tüte carnaroli-reis lag auch auf dem tisch, fleisch und risotto = mindestens zwei gänge, das gildet in meinen unverwöhnten kreisen schon als eher ernstgemeintes dinner. mit koch sieben menschen in der wohnung, aber nur 6 plätze am tisch gedeckt? aber ja doch: kitchensurfing heißt das projekt für gastgeber, die sich mit ihren gästen den ganzen abend amüsieren wollen, ohne dafür in ein restaurant zu bitten oder die freunde die ganze zeit neben sich in der küche an der backe zu haben. der koch kommt zu ihnen nach hause, mit zutaten und fehlenden pfannen oder küchengeräten (ich hab zum beispiel nix, um irgendetwas zu flambieren, ich bin aber auch um fonduegeschirr, spargeltöpfe und pfannkuchengeräte herumgekommen, weil ich jahreland immer dieselbe zeitung abonniert habe), er hat einen plan, ein menue und viel spass an dem, was er tut. wir bekamen ein excellentes essen serviert, thomas hat jeden gang kurz erklärt, und ist dann bei einsetzendem aah- und ooh- lauten wieder in der küche verschwunden, um den nächsten gang vorzubereiten. es war so lecker, zwischenzeitlich wollte ich kurz den koch heiraten, aber der ist natürlich an seine küche vergeben.

unser menue, nur um mal einen eindruck zu vermitteln:

Kräuterblattsalat
mit Zuckerschoten, Schluppen und Crostini mit Erbse und Ziegenkäse
Spargel-Limettenrisotto
Geeiste Melonensuppe mit rosa Beeren
Tranchen vom Entrecôte mit grüner Sauce und Pilzmix
Avocado Creme Brûlee

die küche sah danach aus, als wäre zuletzt eine putzfrau dringewesen. sehr, sehr feine idee alles. es gibt menues für viele anlässe (muttertag!)

 

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15:00

himmel sehr grau, licht dämmrig, drei uhr nachmittags. ein zwilling hat 39,5° fieber, ist ein bisschen aufgeregt darüber, trinkt tee, geniesst den kühlen lappen auf der stirn und hat es sich mit decke auf dem sofa gemütlich gemacht, vor batman auf watchever, der andere geht zu einem freund. emma bleibt vor dem kranken auf dem boden liegen, der große sohn flucht und jauchzt abwechselnd über einer partie fifa ’13,  „ich bin grad sehr gereizt und kurz davor, den rechner zu zerschlagen. nicht lachen, mama! geh lieber schnell raus“ – eltern von teenagern werden verstehen, warum mich das freut. ich sitze im sessel, auf einer bildschirmhälfte alte serien, auf der anderen schwärmereien von so männern über alte gitarren, dazu milchkaffee. der moment, an dem nichts fehlt und die baustellen alle nicht zählen, ich freu mich über meine lebenserfahrung, ohne die ich solche nachmittage vielleicht nicht als das wahrnehmen könnte, was sie sind: perfekt.

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grela/federico

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gestern auf facebook kurz mit jemandem gechattet, die dann loswollte, zum tango! tango hab ich im ernst noch auf platte, aber ich weiß nicht, wo sie stehen, hier oder woanders, hab mal einen meter LPs nach italien mitgenommen, und da stehen sie nun. die eine kassette gesucht und gefunden, die ich noch habe, einsam unter lauter dvds und cds. ohne hülle. federico und grela sind drauf, kennen sie diese vage erinnerung a einen ohrwurm und wie das hirn versucht, sich mit haut und haar in diese vergessene form zu legen, als wärs erst gestern gewesen? aber sie ist weg, denn ich bin nicht davidzwilling, dem jede melodie wieder einfällt, egal was los ist.

grela finde ich überraschend auf itunes, aber das ist ein anderes stück, lange nicht so perfekt wie das alte, ich hab ja die kassette seit 18 jahren nicht mehr gehört. stellen sie sich eine nacht im meistersaal vor, morgends um 3 oder vier, die meisten sind schon gegangen, sie sind müde und der alkohol hat sich gelegt, sodass sie besser durch die kurven kommen, es ist zu spät für alles und immer noch zu früh, um allein nachhaus zu gehen, da kommt aus einer dunklen ecke charles bronson, und geht durch den fast leeren saal zur bar, das nächste stück beginnt, es ist der grela, sie stehen auf und fragen ihn einfach, sie müssen das tun, ganz schnell, weil jeder ungetanzte takt dieser milonga nie wieder kommen wird, und sie will nur mit genau so einem mann getanzt werden, am besten auf einem staubigen boden unter alten glühbirnen, aber hier ist jetzt halt parkett, eine riesenfläche, draußen ist es still und dunkel, denn der potsdamer platz ist noch gar nicht gebaut. die milonga ist lässig und sehr aromatisch, mit feiner klasse, wie der tänzer, der sie sonst nie auffordern würde, aber es ist nacht, und niemand sieht zu, und der mann sagt „ja, warum denn nicht“, und sie werden leicht und genau, er reißt ein paar witze, er tanzt besser als sie, und er ist so gut, dass sie das nicht merken, er macht nur ein paar schnelle andeutungen, was möglich wäre, und lehnt dabei kurz seine stirn an ihre.

diese kassette wurde mir geschenkt von einem, der es sich, als er dann arzt geworden war, noch einmal anders überlegt hat und doch lieber eine tangoband gegründet hat, diese hier.

nein, das geht nicht weg, der tango, der ist eingeschrieben und simmert tief drinnen so vor sich hin, fast vergessen, aber hey, nur fast, wie die anderen schönen dinge. ich erinnere auch nicht mehr genau, ob es so war oder anders, die nächte waren ja genauso dunkel wie heute, aber sie waren viel länger.

 

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basic skills

die gesellschaft auf einem anderen planeten, die alles mit fein differenzierter musik ausdrückt, das abstraktionsniveau über die jahrtausende verfeinert, eine kultur, die so viele opern hat wie unsere filme, die ohren zentraler als der blick, das leben eine große sinfonie, schönheit ist ein klang. getwittert wird wirklich, in 12 noten oder 3 takten, die helden habe alle das absolute gehör. diskriminiert werden die unmusikalischen,  aktivisten treten dafür ein, dass jede stimme schön ist, nicht nur die voluminösen, umfangreichen volltöner, auch die krächzigen, leisen, unsicheren. das hören von geschichten ist dort weit verbreitet, es gibt hörbücher und lesungen, ein paar aus guter familie können selber lesen, die begabten davon auch schreiben, aber das zählt als eine knopflochblumenwissenschaft. texte zu schreiben lernt nur, wer einen besonderen drang dazu verspürt, literaturgeschichte ist was für spezialisten, grammatik nur für nerds.

gut, die kindererziehung läuft als fuge oder kanon, soweit trägt das bild noch, aber seriously finde ich es traurig, dass in unserer sprachwelt die musikalische erziehung nicht einfach so im schulunterricht mitvermittelt wird. im gymnasium der kinder gibt es 12jährige, die keine noten lesen können, die kids sollen in ihren „keyboardzeiten“ immerhin kurze stücke komponieren, können die dann in der mehrzahl aber nicht aufschreiben, das stört auch keinen weiter. aufnehmen, gut, aber wenn der strom mal ausfällt? bleibt doch nüscht vom menschen, abgesehen von müll und kultur.

ich hab ein bissken klavier gespielt als mädchen und viel gesungen in diversen chören, konnte demnach noten lesen, allerdings weder vom blatt spielen noch sofort fehlerfrei singen, aber ich habe recht genaue vorstellungen von tonverläufen, sagen wirs mal so. sonst nix, keinerlei kenntnisse über tonarten, ihre unterschiede und gemeinsamkeiten, zwischen dur- und mollakkorden konnte ich nicht unterscheiden, vom quintenzirkel hatte ich nichts, nichts und nochmal nichts gehört. meine teilhabe an der musik bis aufs singen eher passiv, aaaber: bei all den angeboten im netz zählt da jetzt keine ausrede mehr, es gibt apps für jeden schritt.

 

IMG_0642nagut, ich übe das notenfinden meistens so:

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viel vergnügen macht zb musicopoulos, weil da viele verschiedene aspekte geübt werden können, vom schlichten notenlesen auf klavier, gitarre, bass oder violine bis zu fragen über ionische, dorische und andere modi, erst kann man die erklärung lesen, leider weiß auf grau, dann gibts testreihen für alle möglichen lernschritte. liefert eine gute grundlage, glaube ich, auf englisch! ich hätte so gern ein paar deutsche sachen für die jungs.

musicopoulos bietet auch einen ear trainer an, das würde ich mir zur abwechslung auch mal für zb reimschemata wünschen. gibts schon, oder?

 

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von octavian bin ich noch ein wenig überfordert, aber ich habs verstanden inzwischen: es zeigt alles zu allen tonarten. schon praktisch, wenn man dann mal soweit ist.

 

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spass haben wir auch mit read rhythm, grad weil man als anfängerin viel mehr im ton drinhängt und der rhythmus schnell mal aus dem blick gerät. die app ist sehr einfach aufgebaut und zeigt erschreckend fein, wann ich im takt bin und wann nicht mehr, und wie wenig genau mein „ungefähr richtig“- gefühl in wahrheit trifft.

 

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sehr schlicht und für diese angenehmen leeräume im kopf kurz vorm einschlafen: note-a-lator, mit übungen zum erkennen von akkorden und tonarten, nebenbei wird das gehör geschult. auch viel basales wissen, ein kenner der materie langweilt sich dort bestimmt schnell, aber ich habe den unterschied zwischen verschiedenen akkordarten (zb dur/moll/vermindert/erweitert) tatsächlich dort hören und nicht nur verstehen gelernt.

(ich kann mir immer noch nicht merken, wo auf dem griffbrett die noten liegen, ich kanns mir mit den fingern erschließen [e-f-g-a- usw.], aber es sitzt noch nicht, wobei, für die e und a – seite schon, merk ich grad beim drübernachdenken, na immerhin, es geht voran. das klavier, mit 9 oder so gelernt, sitzt da bombensicher, ist aber auch viel viel einfacher. nichts geht übers frühe anfangen, im ernst, schulen.)

 

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große freude schöner g auch an der liebevollen app von der deutschen grammophon, die beethovens neunte auseinandernimmt und  kommentiert und dabei vier einspielungen vorstellt, man kann hin-und herspringen und sie direkt vergleichen, sehr großartig, mit komplettmanuskript oder einzelstimmen. ich hätte sowas gern für die großen werke der anderen b’s, bach, brahms, bruckner – die neunte hört ja niemand einfach so. das WO würde ich grad noch mal kaufen, vielleicht von richter, herreweghe und gardiner? die sind halt nicht alle bei der DGG.

ich freu‘ mich über weitere empfehlungen zur vermittlung der grundlagen, für kinder und für mich.

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creta

ein nachmittag tief in den achtzigern, keine erinnerung an etwas anderes als diesen klumpen ton, 2 handvoll. es wird ein samstag gewesen sein, drumherum wahrscheinlich die familie, jeder für sich, am lago, der schreibtisch geht auf den dunklen hinteren garten raus, die lampe war nicht an und ich weiss noch, wie das licht durch die zimmertür auf den hellen ton fiel. es gab noch keine form, das material war fest und sehr dicht, mit ganz feiner textur, es hat in der gegend über viele jahre eine gut laufende keramikindustrie gegeben, die am ende nur noch waschbecken und kloschüsseln hergestellt hat. wasser auf die finger, der ton wird nachgiebiger und kommt den händen entgegen, nach einer weile gab es eine direkte verbindung zwischen material und licht und kopf, ohne jede redundanz, es war alles eins, ohne jede unsicherheit wussten die finger, wohin es geht, vollkommen mühelos. es wird eine kleine figur, beim arbeiten habe ich jeden muskel und knochen ihres rückens, jede linie des körpers in den fingern und händen, bin restlos und mit jeder zelle aufgehoben im flow. er dauert ein paar stunden und ist seitdem ein verlässlicher masstab für glück, ich hab so etwas noch ein paar mal gehabt, beim tango und in ein paar nächten, bei einigen texten, selten bei der arbeit. die figur beim aufräumen gerade wiedergefunden, sie lag seit jahrzehnten in einer schublade, in blisterfolie eingewickelt. sie ist noch fast heil, ungebrannt,  viel kleiner, als ich sie erinnert habe, sie hält ihr versprechen nicht wirklich. ich werde sie wieder wegpacken zu den anderen schätzen und sie lieber so sehen wie damals, an ihrem ersten tag. (plüsch. well, november.)

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