fotobücher, abkürzung.

hätte ich die möglichkeit, würde ich es kaufen, und hätte dann bald überhaupt keinen platz mehr für bücher, dann würde ich also noch wesentlich viel mehr spielgeld benötigen, um eine grössere wohnung beziehen zu können, und dann hätte ich vermutlich mehr platz, aber eben auch mehr spielgeld und bald wäre wieder alles so voll und in der menge wäre das buch auch nichts besonderes mehr. dann bleibt es lieber etwas besonderes, nur eben nicht in meinem besitz, not?

kw 38

mit der schwester ein paar tage verbringen, sie begleitet ihre tochter, die nach berlin gezogen ist. wunderbar, wir verstehen uns wortlos und sehen uns viel zu selten. wir spazieren herum, mitte und prenzlauer berg, ich wundere mich über die touridichte und die menschenströme auf den strassen. die kunstwerke lassen uns und andere vorzeitig in ihre neue ausstellung, etwas über die sehnsucht nach dschungel, gelungen ist sie, eine empfehlung, ein paar sehr sehenswerte arbeiten über phantasie, natursehnsucht und modernes leben. einen laden für hundezubehör entdecken wir, mit eleganten leinen und schönem anderen kram, kaufe nix, weil ich alles schon habe und in einem soliden pragmatismus lebe.

ein abend mit freunden, einer mit docbuelle und s., in alter tradition im due forni, sehr schön und warm. freut mich immer, wenn ich meine römische schwester mit in meine zusammenhänge bringen kann.

gestern dann ein paar museen, die ausstellung im dhm zu homosexualität_en, sehr lehrreicher überblick über den umgang mit schwulen, lesben und transmenschen in den letzten 200 jahren, mit vielen sehr persönlichen videozeugnissen (wie heissen selfies als video?) übers coming out, jeder menge teils so skurriler wie finsterer objekte aus der langen geschichte der gesellschaftlichen ächtung. leider war der katalog sehr chaotisch aufgebaut, bild nach bild nach bild, ohne eine erkennbare struktur, ansonsten hätte ich den für die jungs mitgebracht, die sind ja noch ein bisschen in limbo und bestimmt neugierig. großartiger neubau von i.m. pei ums zeughaus herum, war da irgendwie noch nie mit vollem bewusstsein drin, sehr repräsentativ und großzügig, elegante toiletten, mit glastüren und marmorbecken, alles sehr edel da, klar hab ich als mutter sofort die schulen und ihre miserable ausstattung im kopf, aber das dhm ist ja eine stiftung des bundes und steht ausschliesslich in der öffentlichkeit, anders als die schultoiletten, in die ja nicht mal die schüler gehen.

über die linden ging eine größere gruppe menschen mit weissen kreuzen, abtreibungsgegner, of all things, dass die immer noch so laut werden wollen! es waren sogar frauen dabei, und sehr viele polizisten. bei der abschlusskundgebung, die wir hören, als wir uns vor dem dhm noch vor dem regen unterstellen, spielen sie eins der schöneren kirchenlieder, „von guten mächten wunderbar geborgen“, weil bonhoeffer sich wohl in seiner ethik gegen schwangerschaftsabbrüche geäußert hat, was mich überrascht. aneignung von schönen liedern übers aufgehobensein, um eine praxis der entrechtung und lebensverändernder übergriffigkeit zu propagieren, sehr unangenehm manipulatives vorgehen.

hab mir für den tag mein rennrad vom großen ausgeliehen, fand es schwer bremsbar (bremsen viel zu weit vorne am lenker) und war wahnsinnig schnell damit, auch beim bergauf fahren alle überholt, wie von selber ging das, meine langsamkeit liegt wohl doch am ollen tourenrad und nicht nur am alter. es hat geregnet, doof ohne schutzbleche, habe aber mein guccitäschchen über dem hintern platziert und so stilvoll mich und die anderen geschützt, rennradfahren ist schon etwas für eher zierliche gesäße.

 

die surrealisten von hinten

 

wie man in einem moment der schwäche die nicht aufgehängten surrealisten hervorkramt und mal nach preisen guckt, wenn nach einer um etliche hundert euro teureren renovierung auch noch der geschirrspüler den geist aufgibt, wie immer unmittelbar vor einer feier mit >30 gästen, und die fenster sind auch schon sehr, sehr überfällig. rechts ein E/A, der andere auch vor der auflage – zu schade, oder?

ich kannte ja den drucker, also so, dass er mich auch kannte, meine ich, mein vater war mit der frau des druckers seit ganz früher befreundet, die uns damals in einem korb unseren ersten hund ins haus brachte, der würde morgen eingeschläfert, nein, sie würde ihn nachher wieder abholen, ob wir kurz aufpassen könnten? ein cockerspaniel, 18 jahre alt geworden.

so richtig warm werde ich mit lam nicht mehr, trotzdem tut man sowas nicht, nicht bei arbeiten, mit denen man ein bisschen familiär verwachsen ist, die für vielleicht ein paar tausend über den tisch gehen würden, wenn sich denn ein käufer findet, noch in meinem rahmen bleiben irgendwie, privatwirtschaftlich sinnlos wird das behalten ja bloss, wenn der wert deutlich größer ist als das eigene vermögen. ich kann sie ja erstmal aufhängen.

 

songbook

die bilder sind groß, schwarzweiß, besonders die grösse überrascht mich, weil ich sie bisher nur im bildschirm- oder buchformat gesehen habe. jetzt nimmt die qualität der drucke einen großen raum ein und gibt ihnen das kunstding, das im kleinen format nicht so dominant ist und mir hier fast zu aufdringlich ist, bei aller klasse und qualität. die ästhetik ist plötzlich ein selbstständiger aspekt und wirkt fast verfremdend, wie ein kommentar hinterm rücken, ich weiss noch nicht, ob ich das mag oder nicht, aber die bilder haben kraft und diese leichtigkeit, die ich so großartig finde, das zeitlos dokumentarische, menschheit, wie sie eben ist, in diesem unprätentiösen einszueins-stil, lauter wunder vor landschaft. nur die größe ist mir zu ausrufezeichen, hindert aber nicht daran, minutenlang begeistert davor zu stehen, wenn sie verstehen, was ich meine.

2004 in der vorvorgängergalerie von loock, der wohnmaschine, ausstellung zum buch sleeping by the mississippi, da waren auch kleine drucke dabei, die alle auf eine wand passten, vollkommen andrer eindruck und anderer schwerpunkt.

soth ist in den letzten jahren mit dem autor brad zellar ein paar jahre regelmässig durch die USA gezogen, immer so ein paar wochen lang, sagt er, die beiden haben mit bild und text portraits der provinz zusammengestellt und in din-a3 papierzeitschriften veröffentlicht, im eigenen verlag. die wurden für jeweils 18$ direkt auf der verlagswebseite verkauft, in einer auflage von jeweils 2000, weil das eine runde zahl war, wie er sagte. die letzte über georgia war die letzte, heisst es, die bilder aller sieben hefte sind mit anderen im neuen buch versammelt, songbook, nach dem great american songbook, im buch fehlen allerdings die meisten der sehr schönen texte. er wollte raum für die bilder, hat er bei der buchvorstellung erzählt, ich finde es schade und vermisse die texte sehr, ich hoffe, die beiden haben sich nicht verkracht. das buch erscheint bei mack, weil es dort richtig beworben und gut verkauft werden soll. ist es jetzt ein buch zur ausstellung oder eine ausstellung zum buch?

die fotos bei loock zielen schon auf die grosse marktmaschine kunst und deren wohlhabende käufer ab. ich habe soth bisher als eher dem markt abgewandten künstler gesehen, vielleicht ist jetzt einfach der richtige moment für den großen sprung ins geld, oder er hat von anfang an den internetz- und den kunstmarkt mit unterschiedlichen strategien bespielt, weiß ich ja nicht. ich wünsche dem mann jedenfalls erfolg und viele käufer mit leeren wänden und bin zufrieden, ich kann mir kein großfoto leisten (preis erfragen, hab ich vergessen gestern), habe aber viele der inzwischen vergriffenen kleinen preziosen im haus, bei denen es um die sache ging, und nicht um den möglichen mehrwert. macht die armen wie die reichen glücklich. well done.

die kids sehen ihre schaumparty endlich mal in ganzer fläche, der große entscheidet sich für eines der abschlussballbilder, ein zwilling nimmt das, auf dem ein stein zwischen zwei arbeiterhänden fliegt, der andere schmollt und will nach hause. gregor macht ein selfie mit sich und soth, es war seine idee, er ist erst losgesaust, als ich ihm gesagt habe, der mann sei berühmt. er hat das auch soth erzählt, „because my mom says your’re famous“, daraufhin wollte soth von ihm wissen, wo ich denn sei? – zum glück woanders. das hab ich nu davon. finde es aber auch interessant, als ob ruhm die versuchte grenzüberschreitung zum berühmten von vorneherein impliziert und damit leichter macht, weniger blosstellend, weil der bittende in eine rolle schlüpfen kann, die ihn tarnt. der große fragt soth nach einem der bilder, dem mit der frau mit den beiden plastiksäcken mit getränkedosen über den schultern, und er erklärt es dem kind, geht mit ihm hin, zeigt zusammenhänge zum bild davor, dem vom rennplatz. netter typ. geht hin, die ausstellung lohnt sich, es ist galerienweekend am 2./3. mai.

unter der theke am counter haben sie auch einen schatz, ein exemplar des lange vergriffenen (es wird auch nicht mehr nachgedruckt, hat soth gesagt) broken manual, man kann es sich anschauen, wenn man die dame fragt, wirklich schönes buch, sag ich jetzt mal so in den raum. hat mir ein lehrer der kids gesteckt, den wir da getroffen haben, schon deshalb gut, dass ich die jungs dabei hatte. schöner abend.

 

eins null

twoday

10 jahre hotelmama, wer hätte das gedacht. vielen dank fürs lesen und kommentieren und verlinken, für die freundschaft und für die drinks!

ein paar gute texte sind dabei, vielleicht kommen auch noch ein paar, ich bleib dran und mache einfach immer weiter. bloggen ist die perfekte form der öffentlicheit für solche wie mich.

KW 5

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die frage, ob ich die eher überraschend geschossene teetasse aus der knaufzeit benutzen soll. ihr porzellan ist dicker als das heutige, sie ist sehr groß und hat eine untertasse, von der sie auch nach einigen tees mit schuß nicht runterrutschen wird, für solide hände, sie hat zwei sehr hinreißende kleine reliefblättchen an den enden des henkels, sie passt gut zu der einen verbliebenen silberkanne im hausstand. beim herumstehen als objekt ginge der teetasse ihr daseinsgrund verloren, er wird geopfert für den neuen, sagen wir mal wertneutral: die zierde, sie ist damit als trinktasse praktisch tot. das ist doch zu bedauern, not? sie wurde für den postweg auch schon verpackt wie eine mumie. wär doch nett, sie durchs verwenden langsam fürs wohlbefinden auf- und dabei für den markt zu entwerten, nutzwert vs sammlerwert, und ich will und muss doch im jetzt leben. vielleicht bleibt sie ja auch heile, wenn ich die jungs nicht dranlasse. die kanne wird bei etwa gleichem alter auch noch viel benutzt, schon ein bisschen als eine art lebenszierde in einem alltag, der sonst eher pragmatisch als kostbar eingerichtet ist (arzberg), aber die ist ja auch massiv und eher unkaputtbar, wenn man sie nicht auf den heissen herd stellt, wie der exmann eine zweitkanne. ich hab so eine zärtlichkeit für das neue stück, wie es hier angespült wurde nach einer langen existenz, bin bisschen unentschlossen, ob ich es mehr als einmal, zum einstand, verwenden möchte, obwohl respekt und stil das erlauben.

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(wenn das geschirr überhaupt echt ist, tasse und untertasse gehören nicht zusammen, sie haben verschiedene buchstaben unter den schwertern, die in der knaufzeit sowieso ungewöhnlich waren, der untertassenrand ist bisschen uneben, der blaustrich im inneren der tasse hat einen ansatzpunkt, die granatkerne am tassenboden haben bisschen geschmiert beim brennen. keine fachfrau bin ich.)

ich treib mich da rum, wo es diese sachen gibt, weil ich seit jahren nach einer ganz bestimmten untertassse suche, vielleicht ist suchen zuviel gesagt, ein schlendern im selbstgespräch, bei dem man seitenblicke auf die stände wirft, mingdrache mit gold, mit glattem rand, groß, purpur, für eine einzelne tasse, über die ich auch schon mal gebloggt habe. ich hab mich natürlich grad nicht an den text erinnert, sondern an die tasse. porzellan ist sehr tiefenentspannend, das prekäre, es kann jahrzehnte oder jahrhunderte halten und bei einer falschen bewegung zerbrechen, es wird nicht alt und knittrig wie ein vielgelesenes buch, sondern ist eben heil oder kaputt, wenn es kaputt gemacht wird. so ein leben für dinge scheint mir immer noch sehr verlockend, also neben dem für menschen.

heute will das wort eher in fast jeden satz, es gibt manchmal so worte, fast alle wieder rausgestrichen. es ist eher grau und eher schwierig, es ist eher gut gegangen, es war eher unfreiwillig, eher ist ein kleiner unterschied, relativ und unentschieden, aber nicht entscheidungsschwach unentschieden, sondern offen, für den schnee nach dem gewitter grade, eher das als den rest, der auch blöd ist, aber am liebsten eher die „[3] größere Wahrscheinlichkeit bei sehr unwahrscheinlichen Ereignissen„.

 

 

kunst kaufen können

mir sind die künstler, die ich mag, zu teuer geworden. die preise auf den messen beginnen inzwischen bei 4 – 5000, da ist es schon ziemlich wichtig, dass der künstler seinen preis halten kann, spontankäufe machen da keinen spass mehr, man muss diese unverhältnismäßigkeit aushalten oder genießen können, die behauptung von luxus, gegen den tod in der ferne und die armut der anderen, well, mit der kunst gerät man schnell OT.

in berlin gibt es gerade eine sehr schöne alternative zum großen kunstcasino, eine große auswahl an arbeiten für menschen wie dich und mich, die weder geld noch platz zu verschenken haben: anonyme zeichnungen werden für 150 euro das stück verkauft. sie passen auf ein din a 4 blatt und damit in jeden freien halben meter. und, blogger-bonus: eventuell hat herr schneck da selbst auch mitgemacht, weiß ich aber nicht.  es sind ein paar schöne arbeiten dabei.

seit jahren besitze ich die relativ unausgenutzte jahreskarte plus der smb, ich trage sie bei mir als talisman und weil man dann auch mal nur eine halbe stunde zwischendurch könnte, wenn man so unterwegs ist, das ist eine kleidsame vorstellung, ein rückfahrticket in die zeiten, als ich noch immer auf premieren und vernissagen usw.
wie die leute in den fördervereinen der museen immer sagen „wir haben das und das bild gekauft“.

am potsdamer platz die touristen und geschäfte hinter sich lassen und zur gemäldegalerie hinüberlaufen, vorbei an den skateboardern auf der betonfläche davor bergauf, es ist eine kunstfestung, was sollen da bäume und kleinteiliges, alles groß, und so kommt man ruhig und still in den räumen an, und muss nicht mal am einlass an geld denken, die gemädegalerie ist ein angenehm notwendiger ort. vielleicht immer mal nur ein paar bilder …

art forum

(die ganzen lustigen sachen vom art forum gibts hier.)

die bilder, die einen wie am faden immer näher dran ziehen, sind selten, überhaupt sind bilder auf der messe selten, alles ist grenzüberschreitend zum objekt oder einfach zum vodoo, und die auswahl verrät mehr über einen selber, als mir lieb ist. das lag aber auch an der menge: mich ziehts dann nach hause, sozusagen zu den stillleben, bildlich gesprochen, zur fotografie meine ich. es gab viel fotografisches, scheint mir so im rückblick, das auge erfreuts wg. verständnis. ich mag verstehen, also der werke, nicht nur des kontextes der werke, ich mag mitteilungen, die nicht nur meta sind. nein: ich hasse reines metazeug auf dem art forum.

man läuft dann so mit sperrangelweitem blick herum, alles kann alles sein, kein material muss stimmen, keine epoche ist eindeutig, keine technik oder nationalität, alles kann gemeint sein, hey, porno (von allen männern fotografiert, knips knips, nochmal nach links, nochmal nach rechts, dabei war das so doof, das bild) so super das ist, so genervt ist man dann auch nach 3, 4 stunden. außerdem sind die leute alle so gestylt, die männer alle so, dass ich denke, die verbreiten sogar sinn, wenn sie einfach nur herumstehen, die haben ihr kinn noch auf dem klo unter kontrolle, die frauen mit groß-artigen schuhen, wunderschön bis leicht drüber,

ich jedenfalls bin immer glücklich, wenn endlich kicken, eigen + art, contemporary fine arts sichtbar werden, und harry lübke hat mich bemerkt!, die haben nämlich immer kunst, und gar nicht nicht immer nur blumes (triptychon aus der vasen-ähm – geschichte, wie hieß die arbeit noch, vasenhysterie? 17.000 euro) oder bechers.

das schwierige mit den vorlieben ist mir erst aufgefallen, als ich am ende des rundgangs ein gemälde gesehen habe, das als gegengift zu einem der wenigen total autonom (ich musste hin) magnetischen bilder gewirkt hat.

es ist von ingmar alge, heißt o.t. und „Wanderung“ und kostet 11.000 euro. „na, das geht ja“ hab ich dem galeristen gesagt, aber nur, weil der so ein blondschopf war, ich fand nämlich viel, ca. 50% zu teuer. so, gebeichtet. würde ich niemals habenwollen, weil die aufmerksamkeit, die es hervorruft, nur durch den kontrast zwischen perfekter ölmalerei und dargestelltem ausgelöst wird und nicht lang hält, niemand muss sehen können, um das ding zu verstehen, es liegt alles in der oberfläche, aber es ist ein gut funktionierender gegenentwurf zu dem bild, das mich angezogen hat. wobei alges galerie, kuckei + kuckei, schon ziemlich tolle sachen macht.

diese andere wanderung, die ich gerne mitgenommen hätte, war ziemlich hinterhältig, großes bild, 175 mal 120cm, ein druck, man sieht ein panorama mit see, von den bergen aus, im vordergrund eine wandergruppe auf dem hang sitzend, die aussicht geniessend, auch diese wanderer alle von hinten dargestellt. die konturen sind verwischt und etwas unscharf, aber nicht überall, einzelne der figuren sind klar und scharf zu erkennen, das bild vibriert dadurch, es ist nicht klar einzuordnen, weder die technik noch die landschaft. nach ner weile fällt auf, dass die frisuren und kleidung der menschen sehr altmodisch aussehen, blonde zöpfe, wandertaschen, saubere kurzhaarschnitte mit scheitel bei den männern. irgendwas erinnert an die 40ziger und 50ziger des letzten jahrhunderts, und plötzlich erkennt man das idyllische-heimat-motiv, die verklärung und den kitsch der kriegs- oder frühen nachkriegszeit. dann kommt man vom anderen wanderungsbild wieder, das mit den flüchtlingen, schüttelt sich ein bisschen und denkt nee, mein gott, bergfilme, hör mir auf, und guckt dann doch nochmal hin, weil es so schön aussieht, das bild. ebbe stub wittrup (ein toller dänischer dänenname) hat für seine arbeiten wirklich alte dias zur vorlage genommen, ha! erkannt, das ergebnis ist schon verführerisch. eine gefährliche arbeit. 9.500 euro.

außerdem berührend und aufregend eine arbeit von astrid klein, ein sehr großaufgezogener ausschnitt eines irgendwie bekannten gebäudes, wand mit fensterlöchern, beton, grisselig durch die vergrösserung, oben und unten paar linien wie drähte oder telefonleitungen oder ein riss im bild, vor der häuserwand eine weiße shilouette, wie ein aussriss, figurenähnlich, fallend, das ganze 5 meter lang und zweieinhalb groß. 60.000 euro, „Nachtmaterial“, bei kicken, glaube ich. ein freund meinte, er würde das kaufen, sofort, mit kredit, wegen der geschichtsdarstellung, aber hey, sowas deprimierendes gehört ins museum.

sehr schön war auch chris larson mit seinem gefrorenen zimmerchen, dickes weißes eis liegt auf all dem vertrauten zeug, dass täglich benutzt wird, einer brille, wecker, alles eis. dickes ich-bleibe-jetzt-für-immer-eis. schöne idee. zu teure bilder, 6.000 für aus einem eisfilm gewonnene fotografien, na, die trauen sich alle was heute, die galerien. vielleicht ist der aber auch schon berühmt, alle sind berühmt, alle haben schon ausstellungen, biographien, museumskäufe vorzuweisen, lauter kleine galaxien, die galeristen erzählen jedesmal so, dass man den nächsten rauch vor sich hat, den man kaufen sollte, auch wenn er scheiße aussieht, wegen der anlage.

die schrägsten, also im sinne der verbindung von markt und phantasie: eine japanerin verkauft bilder einer roten schreibmaschine, der die tasten fehlen, für 38.000 euro, bestimmt auch von wem berühmten, die sachen so uninteressant, dass ich nicht mal mehr fragen wollte, vom wem das ist. das what ever- die galerien nennen die arbeiten immer nur noch „projekte“ – also die hubschrauberreichen projekte von alain bublex hätten meinen kindern gefallen. oder albert weis („Der große Wurf – Faltungen in der Gegenwartskunst„), der faltet leichtmetall zu schachteln. mei.

gern gekauft hätte ich wie jedes jahr einen odermatt bei springer und winckler (diesmal vier fröhliche ältere herren, die in einem käfer über eine überflutete brücke fahren), die kosten immer 4.500 euro. die bilder sind eine perfekte form der fotografie, zu einem ganz anderen zweck entstanden, dokumentarisch, verspielt, auch wieder auf eine idylle zeigend, ich muss da mal hin, in eine idylle. hab mal auf einer vernissage mit odermatt sprechen können, wie er sich gewundert hat über seinen erfolg, verschmitzt war er und aufgeregt und hat sich über die ganzen frauen gefreut, die mit ihm reden wollten, so jemandem gönnt man natürlich jeden euro. aber man kommt sich beschränkt vor, wenn man sowas echtes auf dem art forum kaufen will, das ist wie ein paar unzen gold gegen derivate, es bleibt immer irgendwas übrig von den odermatts, die sind einfach schön. und den bergausflug, den hätte ich auch.

kunstmarkt, ts.

(pjaer war auch da, ich erkenn das sogar wieder, wie er das beschreibt)

Blogs und so

Absolut privat!?: Vom Tagebuch zum Weblog

Ausstellungseröffnung morgen in Berlin, im Museum für Kommunikation in der Leipziger. Was, schon morgen? Ja doch, und ich freue mich auch auf Kid und Gaga, die gehen nämlich auch hin. In diesen Zeiten, in denen alles immerzu verschwinden tut, haben die Kuratoren ein paar Texte aus dem Internet ausgedruckt, so dass man sie anfassen könnte wie ein Tagebuch.

Hier im Hotel Mama hätte ein auch räumlich existentes Tagebuch keine Chance, ich würde es verlieren unter all den Dingen, die genauso wichtig sind. Ich bin dem Internet dankbar, dass es nur als Benutzeroberfläche daherkommt, und dabei so klein und unverlierbar bleibt, das ist doch fast das zweittollste neben seiner Unendlichkeit. Wir werden natürlich hingehen, ich hoffe, die haben mein Teppichstück auch mit.

Es geht den Kuratorinnen bei ihrem Projekt um „die spezifische Form selbstbezogener Kommunikation als einer alltäglichen Kulturpraxis“ – wobei mich die Einflüsse der Öffentlichkeit auf die Form viel mehr interessieren würden, so als Bloggerin, Fragen der Verfremdung oder Anpassung, die Schneisen für Stil, grad bei den Weblogs mit privaten Inhalten. Ich weiß es nämlich selber nicht, warum diese Inhalte sich so wenig grenzverletzend anfühlen, glaube schon an die subliminale (Fischwort) Anwesenheit gewisser kompensatorischer Bedürfnisse, es gibt sonst keinen Grund für die Öffentlichkeit, und lande dabei immer wieder beim großartigen Herrn Sennett, denke aber auch, dass die Grenze zum Privaten sich seit den Sechzigern zum Glück sowieso verschoben hat, auch ohne pathogene Entwicklungen. Diese persönlichen Inhalte gehen ja auch nicht verloren im Öffentlichen Raum, sondern werden dort beantwortet, gespiegelt und benutzt, meinetwegen erst in der Privatsphäre des Lesers, also im Projektionsraum des Blogschreibenden. Aber es ist keine Entblössung, und ich begreife das als Fortschritt, dass man über manche Gefühle, Liebesunfälle oder nebensächliche Empfindungen schreiben kann, weil jeder sie kennt von sich selber, weil sie immer dann, wenn man nicht grade arbeitet oder schläft, so einen großen Raum im Kopf ausfüllen, weil sie der unverkäufliche und unökonomisierbare Teil der Person sind, den es zu verteidigen gilt. Ja, Empfindungen! Das klingt irgendwie noch seltsamer als Befindlichkeiten, und ich schreibe die auch lieber auf, als sie zu erzählen, weil sie ja tatsächlich nicht wichtig sind, sie sind ziellos mit vielleicht einem Erkenntnisgewinn, wenn man mal einen richtig guten Tag hat, und es gibt ja auch soviel Platz hier im Netz. Da ist eine angenehme Interesselosigkeit bei der Bloggerei, was soll denn auch passieren? Es soll bitte gar nichts passieren, es ist alles schon passiert, es soll nur jemand lesen.

Im alten Sinn privat ist vielleicht nur noch das klare Ja oder Nein von Körper, Geist und Herz, die Namen, die unreflektierten Gefühle, durch die Formulierung und das Versprachlichen werden die sozialisiert und irgendwie auch entkernt, und das kleine Ich bleibt ungenannt und unbeschrieben hinterm warmen Ofen, aber hey, vielleicht sind wir tatsächlich Narzissten auf dem Rückzug ins Glück (so ähnlich bei Sennett), und es sollte mir Sorgen machen, dass wir keinem was tun dabei.

Kann aber auch wirklich sein, dass ich da noch ein bisschen drüber nachdenken sollte, ich muss nämlich eigentlich, well, zu spät, schon eins.

(die ausstellung war september 2008)