der mai schaffts immer wieder, alles scheint sich zu fügen, wie lauter wasserläufe bergab in einem größeren zusammenkommen, schau hin, sag ich mir, und freu mich am kleinsten großartigen detail, es ist sehr zentrierend, wenn lauter nebensächlicheiten als sinnhaft zusammenkommen, dinge gut werden, lauter kleines stimmige muster bildet, obwohl das große sich nicht groß verändert hat, aber ich schau mich dann an und denke nu, einfach mitlaufen lassen, bestimmt nur ein kleiner tritt, dann bin ich auch wieder im fluss. sehen lernen. es gibt diese ein, zwei momente am tag, wo das leben schmeckt wie himbeertorte plus abendsonne plus kindergackern. bestimmt die unlängst explodierte grüne magie hier am platz. (dazu: alter gute laune song)
Kategorie: summend ab
kleider finden
ein kleiner rundgang durch den kleinen laden, da hing es an der stange, mein kleid, genau so, wie es sein sollte. es passt wie angegossen und ist ohne jeden zweifel das richtige kleid für mich, es wurde für mich geschneidert, es ist schlicht taubenblau mit ein paar extras, und ich bin zuhause darin, „ja!“ haben verkäuferin und ich zeitgleich gesagt, als ich es anhatte. ach hätte ich, ach wäre ich doch gleich in diesen laden gegangen, und nicht zuerst in ein paar andere, bei denen es auch je ein kleid gab, das irgendwie in ordnung, eigentlich okay, kann man tragen war, so dass ich es mitgenommen habe, weil wann geh ich schonmal shoppen.
das schöne stück im lieblingsblau wird sicher länger durchhalten als der reissverschluss daran, ein langer reissverschluss über die ganze seite des kleides, arm bis hüfte sozusagen, der kurz nach beginn einer wunderbaren feier den geist aufgab und fortan den rest der nacht offen stand, sodass niemand das schöne kleid sehen konnte, weil ich die ganze zeit einen nicht dafür gedachten pullover drüber tragen musste. die von praktisch veranlagten mitgästen angebrachten klebestreifen haben irgendwie der schönen maienluft nicht standgehalten.
zwei ballkleider hängen ja auch noch im schrank, es sollte also unbedingt ein partysommer werden, und mindestens eine veranstaltung, auf die ich ein cremeweisses, seidenartiges und eher elegantes („festlich“) sommerkleid anziehen kann, am liebsten ein fest ohne kinder, hunde oder erdbeerbowle, am besten im diesjährigen sommer, weil es ist schon einen tick eng so obenrum.
leichtes misstrauen der 16jährigen gegenüber, die beim shoppen das kommando übernommen hat. wo kommt die her? wo war sie solange? wo ist sie jetzt? ich muss ihr die kreditkarte wegnehmen.
mal wieder schwimmen gehen
ach lass den sommer mal wieder etwas eigenes werden, bisschen größer, bisschen tiefer, näher am staub, als wärs nicht schlimm, auf die nase zu fallen, als wäre nie was passiert. manchmal kann ich sehen, wie schnell das leben läuft, immer weiter, und wir sind könig und können kurz stehenbleiben, sonne im gesicht, für einen blick, der alles trifft und versteht, was man verstehen soll, und sonst nichts, weil da ist auch nichts, mein lieber schwan. und dann der nächste schritt, der nächste tanz, in&out of the blue.
tomato
heute gospels gehört, auf dem rechner gefunden, tief vergraben, alter kram mit mahalia jackson und ella und so, ich hab das wohl doch nicht mit den LPs zurückgelassen. gehört in den achtzigern bei der tante, bei der alles anders war, die manchmal mitten im satz aufsprang und eine platte auflegte, weil es sein musste, die meine grenzen mit einem lachen aufgelöst hat. es lief immer musik, so kam es mir vor, aber nee: sie haben musik als herz-und-seelen-futter gehört, nicht wie bei uns, wo alles eher in den passenden schubladen blieb oder als brücke in die sentimentalität diente, also schlager, klassik war hochkultur und lief nur sonntags. ich war vor jahren noch sicher, sascha lobo hätte sich nach diesem berühmten lobo hier benannt, der jahrelang bei uns zuhause herumstand. bei der tante gab es einen querschnitt durch r&b, blues, liedermacher, kraut und rüben, gerne laut, gerne mit herumgespringe, gerne auch mal beatles, darum singe ich immer mit, wenn meine jungs morgens yellow submarine brüllen. die alten sachen liefen heute beim kochen und haben mich sofort wieder in dieses kleine wohnzimmer gebracht, wo gegackert und getanzt wurde, immerhin synchron mit dem universum, und wo herumblödeln und mitschmettern in ordnung ging. die songs kommen mir deswegen nie alt oder gar altbacken vor, es ist einfach musik, die immer funktioniert. heute kam dann beim essen let’s call the whole thing off, die jungs haben ihn natürlich noch nie gehört – allein das ist schon schräg, oder? ist auch wurscht, ob der song jetzt 47 oder 75 jahre alt ist, überlebt hat er auf jeden fall alles. mit dem bass-einsatz flogen die köpfe hoch und keiner blieb still sitzen. made my day.
einen award gewonnen! wie wunderbar, na endlich, freu. leider kann ich jetzt grad gar nicht, ich höre traurige lieder und rauche heimlich im bett und trinke vielleicht noch 1, 2 whiskys nachher, aber morgen, da sage ich gern sieben sachen, die ich noch nicht erzählt habe, wenn ich denn welche finde, ich erzähle ja immer eigentlich fast alles.
auf dem heimweg ein fast leeres geschäft, beim vorbeilaufen lese ich das schild: bentos! ich glaube, ich habe ein bisschen gekrischen, bin mit davidzwilling hinein und habe die verkäuferin angestrahlt, und nach ein paar weiteren begeisterten ausrufen mit dem angeben begonnen, weil ich ja auch bentos für die jungs zusammenstelle, wenn auch nicht mehr täglich. sie sagt, ja, „das ist unsere kultur, meine mutter hat auch immer gemacht“. „meine sind nie so schön wie ihre“ sage ich, sie hält den ball und erzählt, die bentos ihrer mama seien auch oft [sie kräuselt die nase und legt ganz leicht den kopf schief] soso gewesen, aber eben manchmal auch [augenbrauen heben sich, runder mund] so. die onigiri seien leider schon alle. wir nehmen eins der letzten drei mit, 4,50 €, die verkäuferin kommt um die theke herum und überreicht es david mit einer verbeugung. david verbeugt sich fast gleichzeitig, auf dem heimweg, der nur ein paar hundert schritte lang ist, ein bento-laden in unmittelbarer nachbarschaft, wie toll ist berlin? auf dem heimweg mache ich davidzwilling ein kompliment wegen seiner prompten japanischen verabschiedung, da sagt er mir folgendes: „ich hatte nur kurz angst, dass sie glaubt, ich würde mich über sie lustig machen, weil das ja nicht unsere kultur ist“. mein meta-kind, sage ich ihm stolz. meter fünfundvierzig, sagt er.
gregor sportet 101 mückenstiche und einen dicken husten nach der ferienwoche, david 41. ihre füße sahen aus, als würden sie seit jahren auf der strasse leben, sie fanden die woche okay, aber nicht so toll wie sonst, weil das wetter so schlecht war und sie im zelt untergebracht waren, „aber unseres wurde zum glück nicht so überschwemmt“.
beim abholen kommen lauter jungen und mädchen auf elias zu, um sich mit umarmung von ihm zu verabschieden, vorher kannte er nur ein paar von ihnen, ich denke an das nächste schuljahr mit lauter unbekannten kindern und freue mich.
den ganzen abend kommen geschichten und abenteuer ans licht, bis 22 uhr kommen die jungs immer mal wieder aus ihren betten zu mir rüber, weil ihnen noch was einfällt. bin sehr froh, das sie wieder hier sind, meine mäuse.
m.
deine unterarme wandern auf dem tisch herum, du redest mit den händen, starke hände, du hast nichts weiches, dein körper gibt noch nicht nach, er verändert sich nur. wir reden vom älterwerden und der nachlassenden unruhe, ich spotte ein bisschen über den marathon, deine fitness ist aber schon ein prächtiger ersatz für die jugend. du fährst rad und läufst viel, ich mag das festhalten an der kraft, nicht nur aus eitelkeit, sondern weil dein leben so voll und fordernd ist. dein blick ist stiller, wir grüßen uns, während du erzählst und erzählst.
(mmmh.)
„sag mal, auf was für einem konzert warst du mit elias neulich? ach prince! david garrett war ja auch da, du das war toll, mit orchester, der spielt ja so großartig, das glaubst du gar nicht, das hab ich gesehen zufällig. das ist ja ein toller musiker. und mit prince, damals als die shermans noch da gewohnt haben, also bevor die nach amerika zurückgezogen sind, die waren bei den baptisten, und die baptisten hatten so einen gebetsraum, einen recreationroom, im – wie heißt das noch, was war noch die großmutter, wart mal, im diakonissenhaus war das. weil die kirche, das ist alles privat in amerika, und wenn die kirchenmitglieder geburtstag haben, werden die persönlich aufgerufen, und wenn jemand hilfe braucht, dann wird dem geholfen, und da machen immer alle mit. die shermans hatten mich mitgenommen an dem tag, und prince kam da hin, der war wohl grad in hamburg, und da wurde mir der vorgestellt, ich hab noch gesagt, was für ein prinz? du, der war nett. die baptisten haben immer einen chor und jim war da natürlich auch drin, und der prince hat da bei dem gottesdienst auch mitgesungen.“
die tante ursel, eine sehr energiereiche lieblingstante kurz vor ihrem 75., erzählt aus dem fernen jahr 1998.
ich bin gar nicht da grade, also unter anderem in den ferien. hier ist der oleander gewachsen und jetzt über 5 meter hoch, es ist immer heiß, bis auf nachts, dann kommt so eine angenehme frische über den see gezogen. der rasen auf dem handtuchgarten ist grün und dicht dieses jahr, weil die bewässerung endlich funktioniert hat. die kinder haben entdeckt, dass es über satellit deutsches fernsehen gibt, und sie haben versäumt, mir das sofort mitzuteilen. ich habe die kabel entfernt und auch versäumt, ihnen das mitzuteilen. vielleicht lege ich sie aber auch wieder hin, das muss ich noch entscheiden. es ist gut möglich, dass hier ein paar wochen lang nicht neues dazukommt.
Leben, Tod, und der Weg drumrum
Schulkind Elias neulich: Die Sonne explodiert auch mal und dann irgendwann wird sie ein schwarzes Loch mit Anziehung, man sieht das nicht und kommt nie mehr raus.
David: Ja, aber früher war das Loch zu, und Luft war drin.
Elias: Aber dann ist es für immer offen und verschluckt alles, auch die Luft.
David (bricht in Tränen aus): Ich will nicht sterben, ich will nie sterben.
Sehr lang gebraucht, um ihn zu trösten, vor allem wegen meiner Aussage, dass jeder mal sterben wird. Sind halt immer nur ein paar Sätze zwischen seiner Angst und dem Schluss meiner Rede …und dann erst, viel später, wirst du irgendwann sterben (David, Wallace/Gromit-erprobt: Ich erfinde eine Hose, in der man nicht sterben muss.)
Dann, heut abend, bei Lektüre eines der mitgebrachten Bücher (Bibelgeschichten in der Malerei, oder so, Kunstgeschichte für Kinder): Gott ist aber schon alt.
Ich: Äh, ja.
David: Und die Bilder sind auch schon alt.
Ich: Ja, über 400 Jahre alt.
David: Dann stirbt Gott nie?
Ich denke Mönsch, wat kaufste auch so Bücher und weiß nicht weiter.
Elias: Ja, der lebt ewig, aber nur, wenn du an ihn glaubst.
David: Ich werde Gott, wenn ich groß bin.
Gregor: Ich auch.
Elias: Ich werde Bauarbeiter.
Also, das wird noch heiter.