KW 48 – 50

grade sehr stolz auf die jungs, war 3 wochen hintereinander 11 stunden täglich weg, und sie machen es mit mäßigem maulen mit, „das kochen hat mir gefehlt, wie schön, dass du wieder da bist“, sagen sie, nachdem es eine weile fast nur hamburger und tiefkühlpizzen und schawarma oder stullen gegeben hat. nein, nach dem medienkonsum habe ich nicht gar nicht erst gefragt, hatte aber überall frische passwörter drauf. viel gelobt und einmal laut gebrüllt, hat den druck rausgelassen, bei mir und den kindern. jetzt freies wochenende, abends sehe ich, wie der große fast 10 klimmzüge schafft (ich bin immer noch bei 0,5, aber in diesem jahr beginnen auch meine arme zu altern, ich muss da also ran, demnächst), samstags um zehne schlafen die zwillis noch und der große brummt in der dusche, hund will kuscheln, kaffee im bett, sehr bewußtes wohlbefinden meinerseits.

mich hat die wenige zeit für den haushalt effektiver gemacht, ich schaffe bad und küche vor 8 morgens, also nicht gut, aber in ordnung, nur der schreibtisch quillt über, abends schaffe ich gar nichts mehr, nicht mal gitarre, nur noch ein paar serien. zum glück bin ich auch zum grübeln (zukunft, gegenwart) zu müde. tinnitus jetzt auch auf dem anderen ohr, aber der kommt und geht, ich nehme tabletten dagegen, drückt mir die daumen.

die fortbildung ist überraschend intensiv, sehr viel stoff, der anspruch angenehm hoch, keine unterforderung, ja, ich hatte ein paar vorurteile, dabei weiß ich ja, wie jedes thema sich aufblättern und öffnen kann, wenn man genauer hinschaut. sehr tolle leute kennengelernt, und die dozenten zb im praktikum der letzen anderthalb wochen sind wirklich großartig, fachlich wie menschlich, viel inhalt, viel lachen, viel selber machen, es ist ihnen eine herzensangelegenheit, alles notwendige zu vermitteln, sie haben viel erfahrung im thema, humor und selbstironie im umgang mit sich und uns lernenden. ich wollte trotz erschöpfung gleich weitermachen. empfehlung.

hab das ipad mit goodnotes und tastatur und sonem stift gar nicht immer dabei, riesenspass am schreiben mit der hand, mit dem alten caran d’ache – kuli und einem bleistift für die skizzen und marker für die struktur. es ist die ganze zeit selbstbelohnend, schreibe wieder flüssig und lesbar inzwischen. kugelschreiber leergeschrieben. füllfederhalter ist leider unpraktisch, bin linkshänderin. ein notizbuch mit seitenzahlen und inhaltsverzeichnis gefunden, sehr gute idee, damit entfällt das ewige blättern bei blättern oder anderem. goodnotes ist trotzdem großartig, um pdfs zu kommentieren.

„Hallo, in Ihrem Profil glücklich schauen Sie. Können wir Freunde sein? Bitte antworten!“

 

 

kraftstoff

der zustand zwischen schockstarre und hamsterglück, wenn man mit supervollem einkaufswagen an der supermarktkasse steht. 3 teenagerjungs. sie wollen braten und bratensauce, steaks und steaksauce, sie wollen richtige lasagna mit ragù und bechamel, oder weißwürste, und nachtisch. danach torte. wenn sie nachmittags nach hause kommen, gibt es immer erstmal spiegeleier und speck, salamibrote und kekse, dazu ein paar kilo äpfel am tag, und ein pfund möhren, getunkt in knoblauchöl mit petersilie. wenn der kühlschrank bei schulschluss leer ist, machen sie auf dem absatz kehrt und kaufen sich erstmal schawarma oder falafel, und vielleicht noch einen hotdog für den weg. ich weiß nicht, wo das alles hingeht, der große ist hoffentlich ausgewachsen, die zwillis sind noch vor dem schub. ich kaufe ihnen kein buntes junkfood zum frühstück, von den normalen müslikram essen sie halt mehr, es gab cornflakes mal in kilopackungen! das war praktisch. und für das dünnste kind immer noch den sahneschwapp mit rein, wenn es nicht hinguckt, leckere weihenstephaner, in halbliterflaschen. sehr große goudastücke, die über nacht verschwinden, von den aus italien mitgebrachten leckeren salamis ist schon keine mehr da („die schmeckten komisch, aber ich hab sie dann trotzdem gegessen“ – trüffel-, steinpilz- und fenchelsalami. seufz), die paar kilo erdbeermarmelade vom sommer sind auch schon arg dezimiert, da bleibt nichtmal was zum verschenken übrig. das schulessen schmeckt ihnen nicht mehr, ich habe sie abgemeldet und überlege grad wieder, bentos mitzugeben, zu den schulbroten dazu, damit die organismen durch den tag kommen.

acqua passata

am see die möglichkeit gehabt, einen vergleich zwischen zwei lebensmitteln aus meiner kindheit zu ziehen. wir hatten in mailand eine große wohnung mit zwei ausgängen, einer ging aus der küche zum treppenhaus, der andere aus dem flur zum fahrstuhl. über den kücheneingang kam in abständen der getränkemann mit wasser und wein, ich erinnere nur jeweils eine kiste mit, eine ohne  und jeweils eine mit weiß- oder rotwein, den es jeden abend zum essen gab, nicht für uns kinder natürlich, darum kann ich mich an die weine nicht erinnern, aber das wasser war immer das gleiche: fiuggi und s. pellegrino (san pellegrino meint wohl heute den ort).

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ich mochte die blaue farbe des etiketts beim wasser mit, und fand in der jugend auch den roten stern darauf irgenwie yeah, und wenn es mal spannungen gab bei tisch, dann konnte man eine weile auf dem etikett herumlesen und musste nicht aufsehen. das wasser ohne sollte gesund sein, sagte mama, weil es nicht nur keine kohlensäure, sondern auch sonst kaum etwas enthielt und den körper durchspülen sollte, fast ein heilwasser. das stimmt auch heute noch, der festkörpergehalt bei s. pellegrino ist 8x höher als bei fiuggi, die wasser sind wohl noch gleich.

vorstellung, wie seit jahrzehnten wasser mit konstanter zusammensetzung aus einer quelle sprudelt, wie macht s. pellegrino das nur? die liefern doch heute ein vielfaches aus, oder kann man bei quellen einfach das loch größer machen? –  seit jahrhunderten: in fiuggi seit 63 v.c., erwähnt von michelangelo buonarotti vor über 500 jahren, in san pellegrino seit 1482, erwähnt bei leonardo da vinci, 1:o für die ungassierten, würde ich sagen.

acqua di fiuggi wird seit 1907 abgefüllt, von einer aktiengesellschaft, die firma s. pellegrino gibt es seit 1899, das wäre dann eher 0:1.

bei beiden hat sich das design nur wenig verändert, bei s. pellegrino gar nicht, bei fiuggi wurde es, wie man wohl sagt, vorsichtig modernisiert, bestimmt neuerdings, weil sie laut hp den verkaufsradius vergrößern wollen. die quelle von san pellegrino liegt bei bergamo, der ort hat eine bewegte geschichte, von den guelfen/ghibellinen über venetien, von napoleon bis zu den österreichern. fiuggi scheint ruhiger geblieben zu sein, es heißt erst seit 1911 so, davor hieß es anticoli, bekannt seit der römerzeit, es liegt im lazio, vielleicht hatten wir es deswegen, weil mein vater in rom aufgewachsen ist und es vielleicht aus seiner kindheit kannte? das würde mir gefallen, aber vermutlich waren das einfach die sorten, die der händler vertrat.

 

 

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früher haben wir nicht dauernd trinken müssen wie heute, niemand nahm getränke mit, weder zur schule noch zum park, es gab allerdings auch noch kaum plastikflaschen, meine ich zu erinnern. wir tranken nicht dauernd, sondern zum essen, wenn wir getränke mitnahmen, dann auch nahrung, und planten damit einen ernsthaften ausflug in die berge oder an den see oder so etwas. dann gab es meistens sowas wie diesen frischkäse da oben, der sich ohne kühlung hält und sehr nach kindheit schmeckt, dazu cracker. die lehrer an unserer schule, fällt mir da ein, die hatten eine vollausgestattete bar vor der aula, mit barista, fauteuils und allem, in der oberstufe trauten wir uns da manchmal rein.

jedenfalls. bis in die achtziger haben wir einen gleichstand in der geschichte und qualität dieser beiden marken, 1:1, sie schmecken auch heute beide noch gut, aber san pellegrino ist durch seinen erfolg miserabel zugerichtet worden, ordentlich abgelebt, würde man bei einem star sagen: in den flaschen ist ein viertel weniger drin, das macht in italien sonst niemand, es gibt im supermarkt glasflaschen mit einem oder plastik mit anderthalb litern inhalt, nur s. pellegrino benutzt diese albernen und würdelosen, sehr profitgiergeborenen 0,75l-flaschen aus plaste, und es muss sich das etikett mit einem anderen logo teilen, von einem motorradhersteller, keine ahnung wieso, aber ich muss es natürlich auch nicht wissen, solange das wasser nicht mit sachen versetzt wird, die auch in motoren vorkommen, also außer den stoffen, die sowieso schon drin sind. gut, es ist eine sehr feine motorradmarke, nichts gegen guzzi.

grund für den niedergang ist bestimmt der verkauf an nestle, die haben die marke für ein butterbrot ein paar brotkrumen ergattert (kann das sein? unter 50.000 euro im jahr für eine abfüllgenehmigung? bei einem millionenumsatz? ach italien.), und haben das produkt, naja, es ist die mangano in einer telenovela, so ungefähr. sie haben ein exempel statuiert.

kw 31

2 wochen kinderfrei, kaum aus dem quark gekommen. erdbeerquark. die karls-erdbeeren sind die besten der stadt, reif, süß, intensiv, gibt es heut zum letzten mal, saisonende. die ganze zeit kaum sinnvolles gemacht, auch das handwerkszeug nicht allzu ergebnisorientiert angegangen, lieber ausgegangen. gemerkt, dass mein hirn vollkommen untrainiert ist, nichts zuende gedacht, man kann das denken endgültig verlernen, dann ist alles zu spät, mir vorgenommen, texte zu lernen, dann kann ich zumindest ein bisschen durch schöne oberflächen navigieren. ich weiß nichtmal, ob ich jetzt erholter bin, oder ob ohne die kids nicht doch zuviel struktur fehlt, das alte-hasen-dümpeln-syndrom* unter alleinerziehenden, wollte mir ja eigentlich einen irgendwie-gefährten suchen für die beiden wochen, aber es gab eine so riesige auswahl, da wollte ich mich nicht entscheiden. sopranos erste paar staffeln geguckt, bis mir das einfach abknallen zu langweilig wurde, schlachtensee. fingernägel, halten aber auch ohne kinder nicht allzulange. maniküren lassen: ich könnte mich dem luxus so anschmiegen, wenn ich reich wäre, glaube ich, alles unangenehme machen lassen, jemanden kommen lassen, infinitiv passiv als betriebsmodus* bis das bezahlen können das gehirn tapeziert hat, mit lilien, und der luxus auf ne yacht umgezogen ist.

umsonst gesehen, ich weiß nichtmal, ob ich den jetzt empfehlen soll oder nicht, ich mochte die berlinbilder, der ganze film ist in einem radius von vielleicht 2km um das kino herum entstanden, in dem ich ihn gesehen habe, er zeigt einen dieser nachmittage, die wir alle mal hatten in dem alter, die ich heute mit etwas zwischen langeweile und wehmut betrachte, weil die unsicherheit und losgelöstheit der protagonistin sie zu nichts neuem führen muss, außer in den nächsten tag. der sprung in eine rahmenhandlung „filmdreh“ am ende des films ist in seiner beliebigkeit auch ein schönes berlinbild. klug und dicht war die mutter-tochter beziehung, über die man nach den paar szenen alles zu wissen glaubte.

diese nachmittage, an denen ich stundenlang auf dem rad durch mauerberlin gefahren bin, ohne schatten oder ziel, noch ohne den fortlaufenden inneren comment aus design oder ach oder kritik, überhaupt ohne absichten. inzwischen gibt es ja rhabarberschorle, da lohnt es den versuch wieder.

berlin ist sehr heiß gerade, man mag nichtmal tanzen gehen, die luft ist im körper so warm wie draussen, bestes sommergefühl seit jahren. diffusion, osmose.*

es ist gar nicht so ein irrer gewinn fürs wohlbefinden, zeit für fingernägel zu haben, weil ich den lack nicht vermisse, wenn ich keine zeit dafür habe. alles wieder entfernt, liebe den geruch vom nagellackentferner.

morgen seh ich die kinder wieder und freue mich sehr auf sie. totally.

fast sechse, vielleicht doch mal packen? dicke kamera mit? nee, wozu, die neuen bilder legen sich auf die der alten jahrzehnte, da reicht die knipse, für die kids und freunde ist die auflösung nicht wichtig. jedenfalls bin ich ne weile am lago und ohne internet, kommen sie bitte wieder ende august!

*ich packe nämlich immer noch nicht, hier noch ein halbsatz, da noch eine metapher (ich liebe metaphern, im gegensatz zu den alk-leuten), der tinnitus sirrt so gemütlich, ich könnte wahrscheinlich ellenlange texte schreiben, eine elle internet sind zwei bildschirme hintereinander weg, wenn ich etwas anderes zu tun hätte.

 

licht geworden

ein vorteil des kinderhabens: dinge verschwinden, so dass man sie nachkaufen kann und sich dabei über die jahre deutlich nach oben verbessert. ich besitze im jahr 15 mit kindern einen sehr praktischen tesaroller, zu schwer für schultaschen, unwerfbar, und 3 haushaltsscheren pro zimmer. ähnlich sieht es mit anderen begehrten dingen aus, nur bei taschenmessern bin ich immer billiger geworden, damit die endlich mal keiner haben will, jetzt habe ich ein winziges mit blümchen, extra für mütter. dieses jahr versuche ich mich an der ultimativen haushaltstaschenlampe. wir haben über die jahre ca. ein dutzend davon verloren, weil sie von ausflügen nicht wiederkommen, hinter schränken steckenbleiben, keine ahnung, vielleicht haben wir irgendwo ein nest, dass die finsternis erleuchten könnte, würfe man batterien nach. nur die wirklich schlechten halten sich, wie die eine ohne batterien mit kurbel, die auch nach hektischem drehen nur leise glimmt. anstatt wie sonst üblich bei irgendeinem besuch des großartigen haushaltswareneckladens eine mitzunehmen, habe ich das netz bemüht und wie bei allen dingen sofort eine welt entdeckt. es gibt einen markt mit leidenschaften für taschenlampen, die foristen werfen mit lumen um sich, fast hundert leute bewerten modell x gegen modell y, ein großes auskennertum, nur männer, angler zbsp, jäger und so camper. ich mochte zuerst die fast militärisch aussehenden, kampf gegen die dunkelheit, sogar im wirklichen leben wie im flur oder keller! dann gemerkt, dass die waffenfirma walther die herstellt, nicht gekauft, aber war knapp. jetzt eine von einer firma, die fenix heißt, wegen dem phoenix, glaube ich, eine übersprungshandlung, weil ich fast was von walther – hat jemand von euch mal geschossen, fällt mir da ein? ich habe ein paar sekunden lang lust, es mal zu versuchen, eine waffe in der hand zu halten, bevor ich sofort die gezündete kugel sehe, die etwas lebendiges zerreißt und in absolut allem scheußlich ist, aber mal ein paar tontauben? natürlich genügt bei all den filmbildern die vorstellungskraft, doch diese neugierde darauf, mal zu schießen, teile ich vermutlich mit mehr menschen, als mir lieb ist. mit der neuen lampe den anfängerfehler gemacht, mir selber ins auge zu leuchten, ewig gar nix mehr gesehen. leute, sind die hell. man findet nicht nur alles in der kammer, man sieht auch den staub, sie macht sogar den schatten hinter den dingen heller, leider ist sie klein und schmal und jungsschick, sie wird vermutlich noch vor dem nächsten stromausfall eigene wege gehen. flugzeugaluminium.

 

kw 30

kinder für 14 tage weg. der trubel vor der abfahrt ist voller einzelner socken, aber sie packen alleine inzwischen, ich muss bloss noch gegenchecken. sie sind 15 und 13, ich gebe dem großen tatsächlich den fänger im roggen mit („yo, ist ja nicht so dick“) und den zwillis zu adams zeiten und einen band stephen king, den der vielleser grade verschlingt, weil ich die männer-auf-segelschiff-bücher grad nicht finde, auf die sie lust haben. der hund ist vor und nach dem abschied unruhig, ich auch, vermisse sie wie jeden sommer. ertappe mich seitdem beim vollkommen leeren vormichhinstarren, ohne meditation, ein geschenk. die zeit steht still seitdem, alles bleibt liegen, wo ich es hinpacke, und der kühlschrank leert sich nicht. woran merkt man denn, dass die zeit verstreicht, wenn man keine kinder hat?

versuche, nicht alle geschenkten bücher jetzt schon zu lesen, ein paar für die kinderferien aufzuheben. jetzt zwei wochen zeit, zumindest mal wieder konzerte, theater hat ja leiderleider sommerpause. umsonst gesehen, ich weiß nichtmal, ob ich den jetzt empfehlen soll oder nicht, ich mochte die berlinbilder, der ganze film ist in einem radius von vielleicht 2km um das kino herum entstanden, in dem ich ihn gesehen habe, er ist ein bisschen langweilig, weil er einen dieser nachmittage zeigt, die wir alle mal hatten in dem alter, die unsicherheit und losgelöstheit der protagonistin wird zu nichts neuem führen, außer dem nächsten tag. habe mir das dann ein paar radfahrten lang orgestellt, dass all die passanten der sprung in eine rahmenhandlung „filmdreh“ am ende des films ist in seiner beliebigkeit auch ein schönes berlinbild. klug und dicht war die mutter-tochter beziehung, über die man nach den paar szenen alles zu wissen glaubte.

diese nachmittage, an denen ich stundenlang auf dem rad durch mauerberlin gefahren bin, ohne schatten oder ziel. das macht jetzt mehr spass, weil es rhabarberschorle gibt.

berlin ist sehr heiß gerade, man mag nichtmal tanzen gehen, die luft steht und die tage schmelzen so dahin.

kids + wm

diese wm war meine erste mit ernstzunehmenden fans an meiner seite. bei der letzten und vorletzten waren die kinder noch klein, bei der hier im land waren sie, mit 5 und 7, lustig wie all die kinder, die plötzlich zur überraschung ihrer eltern lauter fahnen auseinanderhalten können und gelernt haben, wo welches land liegt und welche farben es trägt, und dann vor der zweiten halbzeit auf dem sofa einschlafen. die letzte hab ich vergessen, wo war die noch? südafrika! erinner ich kaum, ich schaue fußball ja nur während einer wm.

bei dieser hatte ich drei fachleute neben mir, die laufend kommentierten, alles wussten, spielerbiografien kannten, strategien verfolgen konnten, während ich wie immer manchmal mitten im spiel vergessen habe, wer da jetzt spielt und ob das noch vorrunde ist, oder einfach nicht mehr hingeguckt hab, ohne das zu merken, und auf dem tablett was anderes gelesen hab. ich hatte 2014 drei ein paar mal laut und begeistert gröhlende teenager auf dem sofa oder neben mir auf der bank vorm araber unten an der ecke, so laut, dass es mich erschreckt hat, einfach, weil diese leidenschaft in den kindern steckt und sonst nicht zu sehen ist, und weil die freude am lärm genauso wichtig war wie der grund dafür. keine ahnung, woher sie all das wissen haben, staunend das eigenleben der söhne wahrgenommen, sie kennen sich aus und ich war nicht dabei, das „och mama“-sagen haben sie genossen. sie waren ausgelassen und laut, für italien, bis naja, mit tränen, dann für deutschland, es war beim draußen schauen auch wichtig, mit anderen männern laut zu werden und dabei mit allen partei zu ergreifen, die jungmann-tonlage vom großen und die jungsstimmen der zwillis dabei noch ein stück tiefer gedrückt. oleeee. ihr glück darüber, dass eine sonst nur mit kumpeln geteilte liebe für den fußball plötzlich von allen geteilt wird, dass fußball so wichtig wird für ein paar wochen, das hat den großen schon so gefreut, als wir mal mit dem mek zu einem spiel gegangen sind. es hängt auch mit ihrer männlichkeit zusammen, ich weiß nicht, ob das durchs alleinerziehen verstärkt wird, der hunger nach dem mann, oder ob der bei teenagern normal ist. mal sehen, was die nächste frauen-wm mit ihnen macht. die zwillis wollten fahnen fürs auto, no way, hab ich gesagt, und vom nationalismus geredet, mama! das ist doch fußball, kein krieg, bis du etwa nicht für deutschland? ich würde ja auch keine italienfahnen kaufen, sage ich, fahnen sind für mich kaputt, es sind zeichen für was anderes, nicht für fußball, die fahnen habe ich also verweigert, was keinen gestört hat, weil es ihnen ja nichts bedeutet, die sind nur ein mögliches zeichen ihrer begeisterung, das größere ist ihr wissen und mitfiebern und der spass, dabei zu sein. das mitbrüllen hätte ich nicht verbieten können.

der große kam heut nacht strahlend vom public viewing in der kulturbrauerei zurück und hat mir im spreeblick-stil das wichtigste nochmal nacherzählt, er ist zum ersten mal überhaupt nach mitternacht nach hause gekommen, aber es ist ihm zum glück nicht aufgefallen, die kids haben ja einen gutsortiertes regal für präzedenzfälle. er trug ein mannschaftsshirt und einen hut, er war mit freunden da, er ist 15, das allerbeste alter für einen wm-sieg, not? ich mochte die mannschaft nach dem pokalsieg, mit den ganzen kindern auf dem arm, dem strahlen, den vielen umarmungen, dem hemd von dem einen, der nicht dabei war, und mann, haben die alle schöne rücken! ich steh grad auf rücken. und nee, keins meiner kinder ist ein nazi. nazis sind nazis, wie jemand auf twitter schrieb. bei fussball gibt es halt eine gemeinsame schnittmenge, der man sonst aus dem weg gehen kann. schöne spiele, großer spass. nur nicht für den hund.

 

„gutartig“

der gute arzt ist der mit den richtigen prioritäten: es ist gutartig, sagt er nach dem mrt, ein klarer befund, es ist eine cartilaginäre exostose, dann erklärt er genau, was das bedeutet, was wir tun sollen, wo wir hinkönnen damit. ich küsse den gregorzwilling, der sich wegduckt und sehr cool bleibt. der nicht so gute erste arzt stand vor zwei wochen vor dem röntgenbild und sagte minutenlang gar nichts, die große stille im raum, dann sagt erzählt er, mir und dem kind: „hm, weiß ich jetzt auch nicht, es ist ein tumor, das müssen wir klären, warten sie mal, ct oder mrt? machen wir lieber ein mrt.“ das kind: „ein tumor? damit kann ich angeben!“ der arzt: „nein, das läßt du lieber“ bevor er auf den überweisungsschein schreibt: unklarer tumor tibia. ein arzt aus der familie sagt nach dem guten ausgang noch, sicherheitshalber: er wird sich mal erkundigen, ob man das wirklich so gut unterscheiden könne, das gute und das böse. kann man, bin ich sicher, also der röntgenarzt, der den ganzen tag nichts anderes macht, der kann das, ich meine auch, er hat das extra  so deutlich formuliert.

ich jedenfalls bin sehr leicht grade. gregorzwilling auch, denke ich, er singt wieder, was er die letzten beiden wochen gelassen hat.

(diese leere, während man im warteraum sitzt und das kind in der röhre liegt, sogar die liebe ist ganz still, alles ist still. die seitenblicke vorher vom kind, mama, ist was? du atmest so komisch, oder: „wohin guckst du?“ ich bin sein seismograph, meine gelassenheit ist seine und muss also halten, sie ist zum glück wirklich sehr solide, ein bisschen hysterie ab und zu sollte man sich vielleicht doch mal gönnen. nur mit 13 ist coolness erlaubt.)

 

80

den beiden schwestern beim schnellen herumhopsen durch uralte döntjes zugehört („doch, das weiß ich noch genau, da war ich doch schon acht“), eine heute achtzig geworden, eine im nächsten jahr, kaffee, kuchen und blumen, am wochenende kommen die anderen frauen der familie dazu. die zahl ist bemerkenswert, sie waren 11 und 10 bei kriegsende, ihre kindheit war satt an geschichten und menschen, vater konditor mit eigenem café, vielen gesellen und lehrlingen und kellnern, einer backstube im haus, mit eigenen schweinen im hof. der vater hatte außerdem noch seidenraupen dort, eine passion, die privat geblieben ist und von der es wenig anekdoten gibt, sie überlebt seit jahrzehnten hartnäckig im nebensatz, „er hatte da ja auch seine seidenraupen“. die schwester erzählt von ihrer arbeitszeit 1956-57 in bayern, mit anfang zwanzig, wie sie wandern gingen an den wochenenden und bei plötzlichem schneefall in einer almhütte unterkamen, „die stand da so, da haben wir dann übernachtet, vier männer, drei frauen, du, gefroren hat keiner.“

heute einem eichhörnchen beim überleben zugeguckt (über SZ), dann nochmal einer krähe beim bespieltwerden, zufrieden. die selbstverständliche antwort auf alles tierische ist ja, ohne zweifel oder umwege, rührung oder andere gefühle sind schon wieder entfremdung, nur bei capybaras nicht.

gregorzwilling, der seine 4 jahre alte schwester am telefon beruhigt, die angst vor ihrem ersten flug hat, „beim starten hast du so einen druck im rücken, aber der geht vorbei, du musst einfach aus dem fenster gucken.“

alle jungs singen abends vor sich hin, jeder ein eigenes lied, der einzige moment, an dem ich wahnsinnig gern richtig ausfallend werden würde, dieses spezielle genervtheit, nach der etwas besser sofort aufhören sollte. auf mein ruhe! höre ich dann: „schulz“ „schulz“ „schulz“, und bleibe allein im gelächter mit dieser sehnsucht nach ruhe im hirn, ohne kids, ohne tinnitus, ohne pegel.

 

contest

der eine zwilling flucht mittellaut vor sich hin, seine stimme gewinnt langsam an tonlage und rhythmus, er gerät ins singen, 4/4 auf der drei, der andre zwilling, der beschimpfte, singt nach einer weile „halt dein maul, halt dein maul, halt dein maul“, 3/4 auf der eins, über einen quartakkord. der moment, wenn sie beide das ein, zwei minuten lang vor sich hin machen, und es gut klingt: pure magic.

 

kw mai

ausflug am ersten mai ohne ein einziges kind, keins hatte lust, alle woanders, mit freunden, deren kinder auch alle unterwegs sind, das unrenovierte schloß petzow am schwielowsee angeschaut, tief verwunschen, das parkett trüb, die türkisgrüne samttapete am boden, die hoffenster nur angelehnt, eine riesige linde im innenhof, unter der wir alle sitzen werden in 20 jahren, um uns unsere geschichten zu erzählen. fast unbemerkt hat die phase begonnen, in der die kinder eigene wege gehen, wie sich dann das familienbild plötzlich verändert und öffnet zu einem rahmen, der anders zusammenhält. anderes zusammenhält? beides. die jungs genießen es, entscheiden zu können, die grenzen werden neu gesteckt – aufräumen nach wie vor, mitkommen nicht immer, das austesten der grenzen läuft im gespräch und in der diskussion, dabei müssen wir lernen, das überzeugt werden nicht mit aufgeben identisch ist.

(sitzt man dann und salbadert so herum in friedlicher maientrunkenheit, dabei knallen schon wieder die türen, aber es gab diesen moment, in dem alles glatt war, grad eben noch)

heilandkirche

auf einem der pfeiler am eingang zur heilandkirche in sacrow steht zu unserer überraschung das hohelied, 1 cor 13, gut lesbar, der bau ist ja grad mal 170 jahre alt. sich vorstellen, wie ein paar meter von diesem text enfernt 40+ jahre lang die mauer stand, natürlich ist der brief älter als diktaturen und steht fester in der zeit als die moderne, er stört ja auch nicht weiter, aber selbst diese verspielte und romantische kleine kirche in 1a-lage kann ihn nicht kleiner machen, er setzt sich mühelos  in beziehung. … und hätte der liebe nicht, so wäre ich nichts steht da, zeitlos auf eine übersehene weise.

unter blühendem flieder zurück zum auto, der park funktioniert mit seinen wiesen und sichtachsen wunderbar, lammfromm nehmen wir emma an die leine und unterhalten uns über die kirschblüte, die kinder, das leben, als flaneure, spaziergänger mit allem im rücken, das biedere als entspannung. it works. wir werden alle älter.

gilgamesh

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die erste oper für die zwillinge. gregor saß neben dem mischpult und fand den platz toll, die jungs gebannt und begeistert die ganze zeit, sie haben am längsten von allen geklatscht, gut, war ein wette bei ihnen zum schluss, aber sie haben noch die ganze rückfahrt geredet und gutgelaunt beim interpretieren mitgemacht. die frau im langen schwarzen glitzerkleid, ob sie eventuell den tod dargestellt haben könnte, frage ich. nein, sagt david, seiner meinung nach eher die angst vor dem tod, am ende sei sie ja wie die anderen gekleidet gewesen, als gilgamesh seine angst verloren hätte, und sei nicht mehr zu erkennen gewesen.

wir erwachsenen fanden die musik eher so lala, die songs zu sehr nach der horror vacui-methide (bei dem verschreiber immer matilda im kopf) – methode geschrieben, rhythmisch und melodisch wenig differenziert, fast alles laut und zu schnell, aber die inszenierung hat die kids abgeholt, wo sie waren und sehr viel daraus gemacht, der regieteil des projekts war sehr gelungen also.

die faszination darüber, dass ein ca. 4000 jahre alter text so mühelos lesbar und zeitgenössisch bleibt.

kw weiss nimmer

beim vietnamesen ums eck gibt es grosse büchsen mit mangopüree, mit milch und yoghurt und einem hauch zimt wird daraus im nu wunderbares mangolassi, ein grosses kinderglück! man benötigt nicht einmal einen mixer, ein löffel genügt zum umrühren. und ich bin da nie drauf gekommen, musste erst die nachbarin von erzählen, als wären wir provinz.

ein zwilling ist neulich vor der schule allein zum arzt gegangen, um sich einen splitter herausschneiden zu lassen. ich hatte einen klaren ochnöö-moment, als er mit einem küchenmesser in der einen und mit pflaster in der anderen hand auf einem bein abends um neune vor mir stand. muss ja nicht alles selber machen. der arzt hat wider erwarten nichts i.s. von „das hätte deine mutter aber wirklich alleine … “ kommentiert.

der zeitpunkt im jahr, an dem die diversen über den winter angesammelten haufen in der wohnung sich selbständig machen, keine durch logik gegebenen verortungen mehr, diese feine schwelle zur ernsthaften unordnung, wenn man beim suchen überall nachsehen muss, ungelesenes nicht mehr nur auf dem schreibtisch, socken zwischen den sofateilen, hier gürtel, die über nacht zu eng geworden sind, auf dem hundehaus taschenlampen und wärmflaschen, ein beunruhigend großer kabelsalat vorm kleiderschrank, altbatterien im kartoffelkasten. finde nix mehr wieder. leider erstmal keine zeit zum ausmisten.

freitags nach einer 30std.- woche um 15uhr zuhause und das kurznickerchen ruft, eigentlich steht der hausputz noch an, morgen lieber besuch, morgen abend das gilgamesch-abenteuer, ich bleibe also besser in bewegung und erledige noch den großeinkauf, hund und menschen. in einer umkleidekabine einen rundumblick auf mich as i am ergattert, sehr ernüchtert nix gekauft, weil wozu? ab jetzt nur noch schuhe. bei real eine mutter mit vier kleinen kindern hinter mir in der schlange, ob ich meinen einkauf auf ihre payback karte? klaro. sie hat das gleiche fake-gucci-portemonnaie wie ich, wir grinsen uns an, oder war ihres echt? als ich um fünfe mit vollem wagen vorm haus parke, wollen die kinder alle grad los, zum klavier, zu einem kumpel und (-vergessen), halte sie auf und lasse sie beim hochtragen helfen, sie tun es fröhlich schimpfend und schnatternd. emma setzt sich im hausflur vor die tüte mit dem hundefutter und freut sich, ihr schwanz geht hin und her, hin und her. wie immer freitags total erledigt und mit jeder zelle im leben zuhause, zufrieden. einen caol ila.